Erscheint in Leipzig  Mittwoch. Freitag, Sonntag. Bestellungen nehmen an alle Postanstallen u. Buchhand- lungen des In-».Auslandes. . Filial- Expeditionen sür die Vereinigten Staaten: F. A. Sorge, Box 101 Hobokcn, N. J. Peter Haß, S. W. Corner Thirtl and coates str. Philadelphia  . Abonnementspreis für ganz Deutschland  16 Sgr. pro Quartal. Monats-Abounciueuts werden bei allen deutschen Postanstaltcn ans den 2tcn ü. Zten Monat und auf den 3ten Monat besonders an- genommen; im Kgr. Sachsen u. Hrzglh. Sachs.-Altenburg auch auf den ItenMonat des Quartals a ö'/a Sgr. Inserate, die Abhaltung von Partei-, Verein?- und Volksversammlungen, sowie die Filial- Expeditionen und sonstige Partei- Angelegenheiten betreffend, werden mit 1 Ngr., Privat- und BergnllgungS- Anzeijjen mit a'/a Ngr. die dreigespaltene Petit-Zeile berechnet. Nr. 109 Kreitag, 18 Septemöer. 1874. ABC des Wissens für die Denkenden. (Fortsetzung.) Aber mehr noch. Wer da weiß, daß eS Bäume gibt ohne ächte Wurzeln(Misteln) oder mit bloßen Luftwurzeln(Orchideen), andere Bäume ohne Stamm, mit einem Schaft statt desien(Palmen), andere ohne Aeste, oder Blätter, oder Zweige zc. der findet, daß sein hergebrachter BegriffBaum" gar lehr berichtigt werdm muß, wenn er auf alle Bäume anwendbar sein soll. Unsere abstrakten Begriffe find also sehr unvcllkomume Gedankenbilder, welche steter Berichtigung nach Maßgabe der fortschreitenden Erfahrung und Wiffenschaft ausgesetzt sind und durchaus keine höhere Bedeutung haben, als die bloßer Abbreviaturen(Abkürzungen), kurzer Be- Zeichnung einer Vielheit von Vorstellungen durch einen Ausdruck, ein Gedankenbild. Wir können und muffen, der Abkürzung des Denkens und jede neue Erkenntriß nur dazu, denfrommen Glauben" tiefer zu entwurzeln, wie denn unsere größten Naturforscher lauter Ungläu- bige sind, und wenn sie nur ganz freimüthig reden dürften ihren Unglauben am lautesten eingestehn würden. ES ist auch aus zwei Ursachen nicht die mindeste Aussicht, daß künftige Naturforscher je wieder gläubig, in irgend einem Sinne werden könnten. Erstens nämlich deswegen nicht, weil jeder von ihnen aus der Geschichte der Naturforschunz weiß, daß diese erst seit der Zeit so herrlich aufgeblüht ist, da der Bannstrahl der Kirche nicht mehr geachtet, eine Versöhnung des Glaubens mit dem Wissen nicht mehr versucht, die Wiffenschaft nach ihren eignen Gesetzen, statt nach den Satzungen einer Kirche betrieben wird. Nock ist dies nicht 200 Jahre her; aber in dieser kurzen Zeit ist die Wissenschaft weiter fortgeschritten, als in Jahrzehntausenden vorher. TaS was die Wsssenschaft Wahres festgestellt hat, solange sie noch vomfrommen Glauben" bevormundet wurde, ist gegen- Sprechens halber, solche abstrakte Begriffe bilden, wie Schönheit, gber der unübersehbaren Masse der Erkenntnisse des letzten Jahr- Wahrheit, Tuaend, Größe, Stärke und viele mehr. Willem hundert� vollständig unbedeutend, ftst nichts. Dazu kommt aber in der ganzen Wirklichkeit außer uns finden wir keine Dinge, welcken diese Begriffe entsprechen: wir finden nur einzelne uns sckön vorkommende Dinge, nicht die Schönheit selbst; einzelne wahre Aussprüche, nie die Wahrheit selbst; einzelne tugendhafte Hand- lungen, aber nirgend die Tugend selbst; Dinge verschieden groß, aber nicht die Größe als ein ablösbares Einzelne-c. Es ist von der größten Wichtigkeit, daß dies allgemein verstanden werde; denn um ! solcher bloßer Gedankendinge willen brechen die Menschen einander am liebsten den Hals, während ste in Fri.dcn und Einklang leben würden, wenn nicht fast Jeder unter demselben Begriffe etwas Anderes verstünde als der Andere. Wir kommen hierauf später Zurück. Zu diesen abstrakten Begriffen gehört nun auch der Gottes, oder der Gottheit, oder deS Absoluten, oder Unbedingten, oder 'chlechthin Vollkommenen, Unendlichen u. s. w. Wir haben kein geistiges Vermögen, um unS den Inhalt dieses Begriffs vorzu- stellen, oder in der Wirklichkeit ihn wiederzufinden. Wollen wir dies aber durchaus, so verfallen wir in unauflösbare Widersprüche. So sitzen wir z. B. Gott von der Welt verschieden, als ihren Schöpfer, als unstnnliches, reingeistiges Wesen. Indem wir ihn aber mit demselben Denkversahren als allgegenwärtig setzen, im i Gegensatz zu allen weltlichen Dingen, welche nur einen bestimmten Raum aus einmal ausfüllen, setzen wir ihn in der That als den ganzen Raum erfüllend, d. h. als Weltall  . Wir vermögen diesen Selbstwiderspruch nickt aufzulösen. Wir erklären Gott   weiter für ! allmächtig im Gegensatz zu der beschränkten Kraft, welche überall in der Welt in die Erscheinung tritt, und bedenken nicht, daß eine solche Allmackt mit der Entwicklung innerhalb der Welt in un- i versöhnlickem Widerspruch stehen würde. Denn die Allmacht muß ewig fertig sein mit ihrer Arbeit, d. h. mit der Weltschöpfung nie angefangen haben, durch welche sie ohnehin nichts erreichen konnte, was ste nicht schon besaß. Wir nennen ihn auch allwissend. Ale solcher weiß er von Ewigkeit voraus, was wir Menschen thun werden, und da er bei seiner Allmacht verhindern kann, daß wir seine Gebote übertreten und dadurck in die ewige Verdammniß kommen, und da er uns trotzdem Freiheit gibt, seinem Willen zu-' widerzuhandeln, so machen wir ihn selbst zum Hauptschuldigen, d. h. zu einem unheiligen Wesen, wie z. B. den Teufel. Solcher Widersprüche gibt eS in der religiösen Weltanschauung überaus viele. Sie ist ein einziger großer Selbstwiderspruch, wie David Strauß   in seinerDogmatil" unwiderleglich nach- gewiesen hat. Alle« Reformiren an derselben, um sie mit der fortgcschrittnen Wissenschaft in Einklang zu bringen und unfern zweifclsücktigcn Zeitgenossen ansprechender zu machen, ist vergeblich, weil der Menschengeist kein Vermögen hat, das Uebcrsinnliche zu begreifen. Es ist dies ebenso, als wenn der Freiherr von Münch- Hausen sich selbst an seinem Schöpfe auS dem Sumpfe zieht, oder als wenn eine Lustschiffahrt eingerichtet werden soll, um die For- scher von einem Sterne zum andern durch daS Weltall   flidgen zu lassen. Wir müssen hier einem Einwände unklarer Köpfe begegnen. Diese machen geltend, daß der Mensch ein unendlich fortschrittS- fähiges Wesen sei und als solches keinerlei Erkenntnißschranken sich gefallen lasse. Sie sagen: wer hätte vor Erfindung des Fernrohrs erwarten können, daß wir Heutigen die Milchstraße als aus Mil- lionen Fixsternen bestehend erkennen würden? wer vor Erfindung der Spektralanalyse, daß wir mit fast unumstößlicher Gewißheit er- Mitteln würden, auS welchen Stoffen unsere Sonne und andere Weltkörper zusammengesetzt sind? wer vor Erfindung deS Mikro- ffops, daß wir wissen würden, wie alle Gewebe aller Pflanzen und Thiere zusammenhängen? wer vor Erfindung der Wage, daß wir einmal alle Urstoffe gesondert herstellen würden? wer vor Er sin- dung deS höheren CalculuS, daß wir einmal Sonne, Erde, Mond und alle Planeten bis auf das Pfund genau wägen würden? Folglich wäre es Unsinn, zu zweifeln, daß weitere Vervollkomm- nung unserer SinneSwahrnehmung durch weitere Erfindung feinerer Werkzeuge unS bestätigen werde, was unS der fromme Glaube sagt, daß u. s. w. u. s. w. Soweit die unklaren Köpfe. ES ist Alles richtig, was sie da von der steten Zunahme unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse sagen nur die Folgerung daraus ist grundfalsch. Denn unsere wissen- schaftlichen Forschungswerkzeugc mögen noch so sehr verbessert wer- den, so bleiben sie doch stets unvollkommen, endlich, beschränkt, und mit jeder neuen Verbesserung derselben entstehen neue Räthsel- fragen, weil ein neues Gesichtsfeld eröffnet wird. Solange wir keine unendlichen, schlechthin vollkommenen Werkzeuge erfinden kön- ven und das ist endlichen Wesen unmöglich so lange dient für gesorgt hat, daß wir eS nie erkennen undfeineSWillenS um nicht ver- noch, daß die Wissenschaft an der Tecknik eine Bundcsgenossin er- halten hat, welcke sie vor aller Feindsckaft der Kirche völlig schützt. So wenig die Welt wieder ohne Dampskraft, Telegraphen, ver- mannigfachte Maschinerie und chemische Präparate wird arbeiten wollen, zu welcken die Wissenschaft der Technik verholfen hat, so wenig können die weltlichen Mächte, welche von der Technik und ihrer Großproduktion schlechthin abhängig sind, der Wissenschaft wieder einen Maulkorb anlegen. Zweitens aber ist es die Forschungsweise(Methode) der Wissen- schast, welche zu der Methode desfrommen Glaubens" und der ganzen alten Weltanschauung in geradem Gegensatze steht. Die letztere fing beim Ausbau ihres Gebäudes in der Luft an, um von da aus zum Grundbogen hinabzukommen. Sie suchte unter den abstrakten Begriffen, welche das Eigenthum des menschlichen Geistes sind, herutzt, besah sie darauf, wie sie unter einander paßten, rich- tele sie auch wohl so zu, daß sie zusammen paßten, und wenn sie eine angemessene Grundlage gefunden zu haben glaubte, so war das Prachtgebäude fertig. Dies war die sogenannte deduktive Methode. Die heutige Wissenschaft verwirft von vornherein jedes Bauslück, bis es genau auf seinen Werth untersucht ist und nimmt zur Grundlage ihres Gebäudes lauter bewiesene Thatsachen, That- fachen, welche Jedermann durch sein Sinncnzeugniß bewahrheiten kann. An diesen prüft ste die noch unbewiesenen, und nur wenn ste mit ihnen völlig übereinstimmen, läßt sie sie als Werkstücke zu. So findet sie Gesetze, welche allen Thatsachen zugrunde liegen und führt die verschiednen Gesetze, soweit sie zusammenstimmen, auf eines zurück, welches dann der Gipfel des Gebäudes wird. Wohl wag sie hier und da eine Zeitlang irren und einen Theil deS Baues wieder einreißen und umbauen müssen; auch wird sie nie ganz mit der Spitze fertig. Allein die Grundlage ist unerschütter- lich und bewährt sich immer auss jNeue. DieS ist die induktive Methode, die der wahren Wissenschaft. Jene Methode führt, weil sie auf abstrakten Begriffen fußt, welche von fast jedem Menschen nach Maßgabe seiner Erfahrung verschieden aufgefaßt werden, mit Nothwendigkeit zum ewigen GlaubcnSkampfe, zur Ketzerverbrennung, zum JnguisitionSgericht, zum Despotismus jeder Art und was vielleicht daS Schlimmste zum leeren Wortstreit. Diese führt, weil sie Jeden von der nnbedingten, auf Sinneswahrnehmung begründeten Richtigkeit ihrer Ergebnisse überzeugen kann, zur gegenseitigen Duldung, zur Ach- tung des Menschen als solchen, zur allgemeinen Menschwerdung, also zum Staate und der Gesellschaft der Zukunft, dem Bruder� reiche, dem Himmelreiche auf Erden. Diese Methode kann von der Wissenschaft nie mehr aufgegeben werden das wäre ihr Selbstmord. Die Anhänger jener Methode und der frommen Weltanschaw ung haben also gut reden, daß die Naturforscher bei weitem nicht alle Dinge erklären, nicht alle Räthsel deS Daseins lösen, nicht das letzte Wesen der Diuge erkennen können.Ihr Frommen so können die Naturforscher frohlockend rufen, ihr habt noch nie ern einziges Ding richtig erklärt, noch nie ein einziges Räthsel des Daseins gelöst, uns dem Wesen der Dinge nie einen Schritt näher, sondern nur immer in die Irre der Einbildung geführt. Die ganze Geschichte eurer Forschung ist hohles Wortgeklingel, Verdummung der Massen und immer neuer Rückschritt, so oft wir euch einen Schritt vorwärts gegängelt hatten. Wir wollen gar nicht den letzten Urgrund der Dinge erforschen, denn der ist un- fern Geisteswerkzeugen schlechthin unzugänglich. Wir haben aber bereits zahllose Erscheinungen beftiedigend erklärt, welche ihr bloS stumpfsinnig angestaunt habt; wir haben viele Räthsel gelöst, welche ihr für unlösbar ausgegeben hattet; wir werden, wenn erst alle Menschen genügend erzogen sein werden, um uns forschen zu hel- fen, noch ungemein viele Thatsachen erkläre» und Räthsel lösen. Wir werden in nicht allzuferner Zukunft die Millionen der Erd- bewohner mit dem unaussprechlichen Glück beseligen, in dem Pracht- bau der Wissenschaft und Kunst völlig sich heimisch zu fühlen und das Weltall tiefer und umfassender zu erkennen, als jetzt noch die kühnste Einbildungskraft sich vorstellen mag. Ha, welcher Hoch- genuß, recht viel Wahres zu wissen und immer mehr die Wirklich- keit selbst zu erforschen!" Es gibt noch sehr Viele, welche den Glauben an Gott   fest' halten zu müssen glauben, obschon sie mit den bestehenden Kirchen und Glaubensbekenntnissen gebrochen haben, da sie sehen, wie wenig austichtige Anhänger dieselben noch zählen. Mit diesen müssen wir noch ein besonderes Wort reden. Wir müssen sie zu- erst fragen: ist es Recht, kann es Pflicht sein, ein höchstes Wesen zu verehren, welches durchaus nicht verehrt sein will? welches da- gewissern können? Denn wenn wir irgend etwas Gewisse? von ihm wissen, so ist es dieses, daß es in unserm beschränkten Er- keuntnißvermögen eine unübersteigliche Schranke zwischen ihm und uns errichtet hat, während doch in jeder andern Rich- tung unserer Erkenntniß keinerlei Schranke gesetzt ist? Wenn es für den Vernünftigen irgend einen Fingerzeig gibt, ist eS nicht dieser letztere? Wenn derHöchste" unsere Verehrung, unsere Liebe, unsere Annäherung an ihn wollte, würde er nicht so dafür sorgen, daß wir als gehorsame Kinder sie gar nicht umgehn könnten? Und doch hat er nicht nur nicht dafür gesorgt, sondern durch die entsetzlichen Religionsstreitigkeiten und die Glaubens- entzweiung allenthalben genügend sür eine Warnung gesorgt, daß wir uns gar nicht um ihn bekümmern sollen! Wollt ihr seine Warnung nicht achten? Wollt ihr daS Folgende nicht bedenken? Wenn es eine Möglichkeit gäbe, von Gott   daS Mindeste zu erkennen, also eine Offenbarung Gottes, so müßte sie entweder eine allgemeine, allen Menschen gleich zugängliche sein, oder eS fände die größte aller denkbaren Ungerechtigkeiten statt. Wie kämen dann die Hunderte von Millionen Chinesen, Japanesen und manche andren Völker dazu, daß sie nie einen wirklichen Gott und seine Verehrung gekannt haben? Und wenn gar eine der bestehenden Religionen, vielleicht die christliche, die wahre Gottesoffenbarung wäre, wie kämen die mehr als drei Viertel aller Menschen, welche noch heute nicht Christen sind, und alle vor Christo verstorbenen und seit Christus dagewesenen, aber mit seiner Lehre unbekannt gebliebenen Tausende von Millionen wie kämen sie dazu, die große Heilswahrheit haben entbehren zu müssen? Und wenn eS eine Offenbarung von solcher Parteilichkeit durchaus geben soll, was ist dann noch gegen die Unfehlbarkeit deS Papstes, gegen die Inquisition und die Ketzergerichte, kurz gegen alle Greuel deS Mittelalters einzuwenden? Wenn wirklichViele berufen, aber Wenige auSerwählt" sind wer hält es noch mit einer solchen Weltregierung? Nein, an der in der Menschenbrust lebenden sittlichen Natur scheitert jeder Versuch, eine solche Parteilichkeit deS höchsten Wesens zur Anerkennung zn bringen. Der Mensch ist besser als seine Götter. Er lebt sich durck sein Denken hinaus über diese seine vorzeitigen Geschöpfe. Die menschliche Sittlichkeit ist immer der jedesmal geheiligten GlaubenSmoral voraus. Ein parteiischer Gott ist durchaus unverehrungSwürdig. Die gänzlich Ungläubigen un- serer Tage sind bessere, sittlichere Menschen, als die Anhänger der Kirchenmoral sein können. Ihr sittliches Ziel ist höher als daS aller Religionen: sie wollen volle Gerechtigkeit hier auf Erden; sie wollen es lieber mit der ewigen Verdammniß wagen, als zu den Bevorzugten und AuSerwählten gehören, die sich an der alleinwahren Religion" und der Gnade weltlicher Großen sonnen. Sie sagen mit Cato von Utica  :«Den Göttern hat die siegreiche Sache gefallen, die besiegte, dem Cato." Üebrigcns hat die heutige Naturforschung manche religiöse An- schauung zerstört. Bis vor Kurzem noch kannten die Anhänger der sogenannten Naturreligion sich in dem Traume wiegen, daß Alles in der Welt so ungemein weise und zweckmäßig eingerichtet sei und so viel liebende Fürsorge für alle Geschöpfe verrathe, daß man an dem Vorhandensein eines zwcckesetzenden, weisen, allgütigen Weltenvaters nicht zweifeln könne. Erst seit ein paar Jahrzehnten hat dieser Zweifel wirklich be- gönnen, und heute schon kann er auf unwiderlegliche Beweise sich stützen. Wenn man erst einige Tausend Jahre ebenso eifrig die Unzweckmäßigkeit, wie bisher die Zweckmäßigkeit der Natur, wird erforscht haben, wird der Beweis für erstere überwältigend sein. Nur Einiges davon hier! Gesetzt, der Zweck, zu welchem die Welt sich entwickelt, wäre der denkbar sittlichste, liebevollste: da» Wohl möglichst vieler belebter Geschöpfe und deren stufenweise Vervollkommnung wie stimmen damit die Thatsachen überein? Von der ganzen Oberfläche der Erde ist nur ein Viertel Land, und von diesem Viertel ist noch nicht ein Zehntel solches Land, auf welchem wahrhafte Menschenbildung einigermaßen gedeihen kann. Neun Zehntel des Landes beherbergen armselige Wilde oder doch Halbwilde, denen jede Möglichkeit des geistig-sittlichen Fort­schritts gänzlich verwehrt ist, weil Boden und Klima, weil Wüsten, Sümpfe, riesige Hochebenen und Gebirge oder regenarme Land- striche die Menschen übermäßig mit dem Kampfe um das Dasein beschäftigen. Ja, es ist streng nachweisbar, daß vor Jahrtausenden mehr als dreimal soviel culturfähiger Erdboden vorhanden war als jetzt, daß also in Hinsicht der Breite kein Fortschritt der Cultur- entwicklung stattgefunden hat. Und zu dieser Verwüstung seiner Schaubühne hat der Mensch nur wenig, die Natur aber bei weitem das Meiste beigetragen. Von Asten sind jetzt über zwei Drittel Wüste, Steppe, Sumpf oder sonst anbauunwürdig, welche vor Zeiten zahlreiche Millionen culturfähiger Menschen ernährten. In ganz Amerika   lehren die Ausgrabungen und Entdeckungen von Alterthümern, daß dieser Erdtheil vor Zeiten eine viel weiter fort- geschrittene Menschenrasse beherbergte, als hie europäischen Entdecker dort vorfanden. Und ähnlich in Australien   und Afrika  . Gesetzt aber, was den Menschen abgezwackt ist, habe den Thieren und Pflanzen zugute kommen sollen: wie dann mit den ungeheuren Wüsten, welche an beiden so arm sind? mit dem Meere, dessen größter Theil nur die allerniedersten Geschlechter von beiden be- herbergt? den Riesengebirgen, wo nahezu alleS' Leben auf Strecken so groß wie Europa   aufhört? und den polaren Eiswüsten, wo e» nur unter dem Eise im Waffer noch ziemlich reich andauert? Daß diese 39/4o der Erdoberfläche so unfähig zur Fortentwicklung ihrer Geschöpfe hätten bleiben müssen, um das letzte Vierzigstel desto mehr zu begünstigen, diese wohlfeile Annahme ist weder ein Com- 'i