Was wird aus dem Bereinignugs- Congretz geschehen?"1) so fragen bereits heute sich Taufende deutscher Arbeiter. Die Erwartung ist auf daS Höchste gespannt, ob auf dem Kongreß daS bis heute so segensreich gediehene Werk der Einigung denselben ungestörten Fortgang nehmen wird, wie bisher, oder ob die Delegirten, in zwei getrennten Lagern, sich gegenüberstehen und gewissermaßen diplomatische Unterhandlungen mit einander pflegen werden. Offene Verbrüderung oder kluge Kompromiß- Schließung wird diese oder jene stattfinden? ES ist nicht zu verwundern, ja sogar mit Freude zu begrüßen, daß die alte Garde der Parteigenossen, welche in zehnjährigen Stürmen aller Art sich erprobt hat, derartige Fragen stellt; denn e« ist eben da« Kennzeichen der bewußten sozialdemokratischen Arbeiterbewegung, im Gegensatz zu allen anderen unklaren Partei- strömnngen, daß die Masse der Parteigenossen nicht einer Führer- parole blindlings folgen, sondern selbst denken, selbst handeln muß. Schöne Demokraten und Sozialisten wären wir, wenn wir Staat und Gesellschaft auf Grund der Volksherrschaft organisiren wollten und nicht einmal uns selbst demokratisch regieren könnten! Frei und offen gesprochen, was wir befürchten und wa« wir hoffen! kein Blatt vor den Mund genommen! und sicherlich werden Klarheit, Einmüthigkeit und Förderung unserer großen Sache die Folge davon sein. Schreiber diese«, welcher nunmehr acht Jahre in der Partei- presse gewirkt hat, ist durch die damit verbundenen, so zahlreichen Erfahrungen zu der festen U-berzeugung gekommen, daß es das allein Fruchtbringende sein wird, wen» alle Unklarheiten, welche biS zum Bereinigungskongreß auftauchen könnten, in ungeschminkter Weise besprochen und gelöst werden. DaS Licht der Oeffent- lichkeit ist für unsere Partei daS allein Geziemende, und nimmer darf sie eS scheuen. Geheimnißkrämerei führt nur zum Jntri» Suiren, Schweifwedeln und Vcrläumden, zur Stellenjägerei, Be- echlichkcit und Korruption, und deshalb wollen wir sie ganz und gar den Jesuiten  , Reptilien und sonstigem im Dunkeln schleichen- den Gewürm überlassen. So mag denn hier heute die Frage frei erörtert werden, ob Befürchtungen für den Verlauf deS VcreinigungSkongresses zu hegen sind. Schreiber dieses antwortet daraus mit einem entschiedenen «Nein- der Kongreß soll redliche Verbrüderung schaffen, und er kann e«. Bedenken wir doch vor Allem, daß der Drang zur Ber- einigung der ganzen großen Sozial-Demokratie, welcher schon jetzt die trüben Erinnerungen an alten Zwist gänzlich hinwegge- spült hat, das Werk der Ueberzeugung aller Parteigenosse» ist, daß derselbe nicht aus einem künstlichen Kompromisse beruht, bei welchem die eine'Seite diesen, die andere jenen Theil ihrer Grundprinzipien aufgibt, sondern daß dasselbe Ziel und dieselben Mittel und Wege vor Aller Augen schweben. Die logische Folge ist, daß es nichts weiter als des guten Willens der auf dem Kongreß erscheinenden Delegirten bedarf, um ein wirklicde« Verbrüderungswerk zn schaffen. Und wer ein echter Sozialist ist, dem darf eS an diesem guten Willen nicht fehle» in dem Augenblick, wo um Wohl und Wehe der ge- sammte» deutschen   Sozial-Demokratie es sich handelt. Wa«, sollten Schlagworte uns trennen, während wir über die Prinzipien einig sind, sollten wir unseren Feinden den Triumph bereiten, daß wir un« zanken, während eS gilt, gegen die zahllosen Verfolgungen die gcsammte K-aft der Sozial-Demokratie in die Waagschale zu Wersen? Unsere Parteigenossen mögen nur einmal den ganzen Ernst der Lage überdenken, und sie werden sich sagen, daß die gesammte Arbeiterklasse Den als Verräther in Acht und Bann thun würde, der mit nichtigen Gründen für eine neue Spaltung intriguirte. Aber, allerdings es genügt nicht, wenn offener Hader verhütet wird. Der VereinigunzSkongreß muß, wenn er seinen Zweck nicht verfehlen soll, mehr schaffen; er muß nicht lose zwei Bruchtheile mit einander verkitten, sondern ganz und gar alle Sozial- dcmokraten mit einander verschmelzen. Die Parteigenossen haben schon ihr letztes Wort gesprochen; schon sind sie ver- schmolzen, im Wupperthal, in Hannover  , in Frankfurt  ; schon ist die Frage des gegenseitigen Iaeiuanderaufgehen« für Berti» und Hamburg  , für alle anderen großen Städte, sowie für da» flache Land entschiede»; unter solche» Umständen würden die Delegirten, wenn sie, in zwei Heerlager getrennt, wie kriegführende Parteien mit einander verhandeln wollten, sich Uber den Willen ihrer Wähler hinwegsetzen. Wer zum Kongreß kommt, wird nicht dorthin gesandt alsLassalleaner", um für den«Allgemeinen deutschen Arbeiterverein  -, und al«Eisenachcr-, um für dieSo- zialdem akratische Arbeiterpartei- zu wirken, sondern alsSozial- demokrat-,»m für das gemeinsame Parteiwohl thätig zu sein. Existirten prinzipielle Grundverschiedenheiten beider Richtungen heute noch, statt blo» Unterschiede bei der praktischen Agitation, dann wäre eine Vereinigung überhaupt ein Unding; abcr da zur Genüge festgestellt ist, daß die Mitglieder beider Richtungen dasselbe wollen und nur diesen oder jenen Punkt mehr zu betonen pflegten, da ist diese gemeinsame Grundlage von selbst auch gegeben, und die Delegirten haben nicht« Anderes zu thun, als diese Grund- läge vereint auszubauen; da kann der Eine so gut wre der Andere den geschicktesten Wurf thun. Also vor allen Dingen keine Voreingenommenheit! E« sind keine Feinde, welche auf dem Kongreß verhandeln werden, fondern Freunde, verbunden durch den sozialen Nothstand, ver- Kunden durch den politischen Kampf'und verbunden durch die Erhabenheit de« sozialistischen Gedanken«. Wer in einem Augen- blick von weltgeschichtlicher Bedeutung, wo die Sozialdemokratie ihre Kräfte concentrirt und ihre Macht dadurch verzehnfacht, aus Rechthaberei oder gar aus persönlichen Rücksichten spräche:Ich spiele nicht mit, wenn man mich nicht beachtet-, der zeigte so kleinliche» Geist, wie der Spießbürger am Tage welterschütlernder Revolution. Und so bemitleidenswerchen Sinn wird des sind wir sicher kein Sozialist als Delezirter zum Kongreß mit- bringe». Dann zum Uebrigen noch, sind e« denn nicht die Parteigenossen selbst, welche al« souveräne» Volk die Delegirten wählen? Liegt c» nicht in ihrer Hand, den rechten Mann an den rechten Platz zu stellen? Können sie, wenn sie mit Begei­sterung die Bereinigung der Sozialdemokratie fordern und da« geschieht allerort« nicht den Maua finden, der rein ist von alle» Hintergedanken? Gewiß, da« könnt Ihr, Parteigenossen, wenn Ihr nur wollt! In Eurer Hand liegt die Delegirtenwahl! Und des­halb fort mit allen Zweifeln, ob aus dem Kongreß nur Halbe» ') Dem NeuenSozialdemokrat" entnommen. geleistet werde! Verbrüderung, Entgegenkommen und Aufrichtigkeit von vorn herein, das sei die Losung, und wahrlich, Erfolg wird unser Werk dann krönen. Politische Uebersicht. Der Staat al« Arbeitgeber. Eine Abfertigung. In Nummer 47 des»BolkSstaat" erwähnten wir de« Rund- schreibe»«, welches der preußische HandelSminister Dr. Achenbach an die Oberbergämter erlassen, und in welchem er sowohl eine Herabsetzung der Löhne al« zugleich eine Verlängerung der Ar- beitSzeit verlangt. Wie wir au« derDortmunder   Zeitxng- vom 5. d. MtS. ersehen, fand dieses Rundschreiben vergangenen Sonn- tag auf einer große» Bergarbeiterversammlung zu Dort- mund verdiente Beleuchtung und Abfertigung. Besagte» Blatt schreibt:Vergangenen Sonntag fand in dem Lokale de« Wirth« Herse hier unter vcrhältnißmäßig großer Betheiligung eine Ver- sammlung hiesiger Bergleute statt. Die Versammlung sollte den Zweck haben, den von dem HandelSminister Dr. Achenbach an die Verwaltungen der fiskalischen Berg- und Hüttenwerke ergangenen und in Nr. 97 unserer Zeitung wörtlich gebrachter Erlaß einer Kritik zu unterziehen und über geeignete' Abwehrmittel, fall« von den Gewerkschaften hiesiger Z-chen in ähnlicher Weise vorgegangen werde» würde, zu berathen. Der betreffende Erlaß fordert näm- lich die Verwaltunzen fiskalischer Industriezweige auf, daß die Löhne, besonder« die Gedingsätzc bei den Bergwerke», allmählig herabgesetzt und die Arbeitsleistungen erhöht werden. Hervorge- rufen ist diese Aufforderung au» dem Grunde, daß trotz der in den letzten Jahren sehr gestiegenen Arbeitslöhne die Leistung der Arbeiter eine geringere geworden und unter den jetzigen Koojnncturen eine Störnng des Verhältnisse» zwischen Einnahme und Au«gabe eingetreten sei. Dieser Erlaß war es, der in der Versammlung auf da» heftigste angegriffen und verdammt wurde. E« wurde geltend gemacht, daß eine Erhöhung deS Arbeitslohnes den Ar- beiter nicht träger, sondern fleißiger und freudiger zur Arbeit mache. Weniger dürfe nicht verdient werden, da im Lande bereits ö.OOO.OOV stelbstständige Personen seien, die eine Einnahme von jährlich unter 140 Thalern hätten. Von den Steuerzahlern müsse ebenfalls noch V» auf cpecutivischem Wege zur Zahlung gezwungen werden. Die günstigen Verhältnisse seien hauptsächlich von den Gewerkschaste») für sich ausgebeutet worden, da« beweise unter Anderem die veröffentlichte Bilance der Zechen Hibernia und Shamrock. Von jedem Scheffel Kohlen, welchen diese Zechen geliefert, sei ein Reingewinn von ö Sgr. pro Scheffel erzielt worden; die beiden Zechen beschäftigen zusammen 1709 Arbeiter. Jeder der Arbeiter habe im Durchschnitt einen Lohn von 21 Sgr. erhalten und so habe sich der Verdienst der Verwaltungen aus täg- lich 3990 Thlr. gestellt. Wenn dieses alle den Arbeitern zuge- fallen wäre, so hätten sie eine Einnahme von durchschnittlich täg- lich drei Thlrn. erzielt, folglich hätten die Gewerkschaften an jedem Arbeiter täglich 2 Thlr. 9 Sgr. verdient. E« sei vorgekommen, daß bei gefährlicher Steinarbeit von Einigen monat- 79 bis 89 Thlr. verdient worden feien, diese« sei aber nur aus kurze Zeit geschehen und müsse da« Ersparniß in schlechten Zeiten sowie in Krankheitsfällen wieder zugesetzt werden. Bei Ver«a- glückungen sei es schwer, die Existenz ver Familie zu erhalten, da da» Hastpflicht-Gesetz bei den Bergwerken ganz ander« und viel nachtheiliger zur Wirkung komme, als bei den Eisenbahnen. Ge­rade die viele Arbeit habe die jetzige Kalamität hervorgerufen, in- dem durch die Ueber-Produkti»n alle Lagerhäuser gefüllt feie» und jetzt der Konsum mit der Produktion, weil von dem zu viel Ge- schafften verbraucht würde, nicht mehr gleichen Schritt halten könne. Wenn z. v. auf einer Zeche 890 Mann bei 3stündiger Arbeit täglich den Bedarf lieferten, so würden bei 9stündiger Arbeit 75 Arbeiter entlassen werden müssen und diese hätten dann daS traurige Laos  , falls sie nicht auf der Straße liegen wollten, sich anderSwo um jeden Preis anzubieten; so würde dann auch dort wieder eine Verringerung der Löhne eintreten. Bon der Verringerung der Löhne würde dann hauptsächlich der mittlere GeschäflSstand be- troffen, da diese den Theil, den der Arbeiter weniger verdiene, auch weniger verkaufe. Würden die Arbeiter, wie man eS von einigen Seiten verlangt, da« verdiente Geld weglegen und der Geschäfts- welt nicht zukommen lassen, so würden schon nach ganz kurzer Zeit alle Geschäfte stocken und der Kaufmann seine» Laden schließen können. Dieses sind in den Hauptzügeu die sachlichen Gründe, welche zur Bekämpfung deS genannten Ministerial- Erlasses angeführt wurden. ES wurden demnächst Resolutionen dahin angenommen, daß eS Pflicht der sämmtlichen Bergleute sei, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, daß der betreffende Erlaß ohne Wiikung bleibe, namentlich eine Lohn-Reduzirung, die bereits zwischen 3069 pCt. eingetreten, entschieden zurückzuweisen. Der Erlaß selbst könne nur au» dem gänzlichen verkennen der be- stehenden Verhältnisse sowie auf eine oberflächliche Jnformirung zurückgeführt werden. Die den Bergleuten vorgeworfene Beschul- digung, daß sie gegen früher träge geworden, enthalte eine Ver- läumdung, die ebenfalls zurückgewiesen werden müsse. Hierauf wurde ein Comits, bestehend au« 7 Mitglieder», er- wählt, welche« die Borbereitung zu einer Vereinigung sämmtlicher Bergarbeiter Deutschlands   treffen soll. Eine zweite Versammlung soll noch vor Pfin gsten in einem größeren hiesigen Lokale statt- finden--.- So weit der sachliche Theil de« Bericht» derDortmunder Zeitung-. Um nun zu verhindern, daß der Eindruck ein den Arbeitern günstiger werde, fügt da»liberale- Blatt, unfähig die Gründe der Arbeiter zu widerlegen, eine Schmäh-Nachschrift an, also lautend: Die Art und Weise, wie die angeführten Gründe vorgebracht wurden, ließen deutlich erkennen, daß die Leiter und Redner in der Versammlung hiesiger Sozialdemokraten diese Gelegenheit be­nutzt hatten, um für ihre Sache Progaganda zu machen. Die Aeußerungen worden an verschiedenen Stellen wieder wahrhaft chnisch(!) nnd aufrührerisch(!). so daß jedenfalls nur der Eiser, mit dem die Anwesenden dem Hauptthema folgten, eine» Unwillen hierüber n cht auskommen ließ. Es sind ja eben die Sozialdemo- kratea, die in manchmal wahrhaft diplomatischer Wesse alle« opfern, um nur dem Hauptzweck ihrer Bestrebungen, de« Umsturz aller bestehenden Ordnung, näher rücken zu können. WaS die unserer Zeitung, i» Hinsicht de«, derB. Z.  - ent­nommenen Artikel« gemachten Vorwürfe anbetrifft, so antworte» wir daraus nicht; die Art und Weise, wie für die beiden ans- rühr«rischen(!!) Blätter, denNene» Sozialdemokraten- und den Votksstaat- agitirt wurde, war denn doch zu plump, als daß sie wirklich ein annehmbarer Köder für die Zahörer fein könnte.- *) Unter Gewerkschaften   der Ausdruck kehrt wieder find hier die Aktiengesellschaften zu»erstehen, denen die Werke gehören. A. d. B. Scheint aber doch einannehmbarer Köder- gewesen zu sein, sonst wäre da« Dortmunder   Reptil nicht so erbost. Jedenfalls danken wir ihm für den lehrreichen Lesestoff, den es in seinem blinden Zorn uns geliefert hat. Den Dortmunder   Arbeitern rathen wir zum Schluß, auf ihrer nächsten Versammlung eine Denkschrift auszuarbeiten, in der sie Herrn Achenbach bitten, mit derHerabsetzung des Lohn» und der Verlängerung der Arbeits- zeit-, bei sich selbst anzufangen. Dr. Achenbach'« stilistische und sonstige Leistungen sind derart, daß etwas mehr darauf ver» wandte Arbeit ihnen zu großem Vortheil gereichen würde, und sie stehen zu der Höhe de«Lohn«- in solchem Mißverhältniß, daß eS einerLohnherabsetzung- von 50, ja von 75 Prozent bedürfte, um nur einigermaßen daS Gleichgewicht zwischenArbeit-»nd Lohn- herzustellen. Und dieselbe Bitte ist auch an die würdigen College» de« Herrn Acheubach zu richten, insbesondere an den Millionär und Huugerapostel Camphauscn. Wucher mit Arbeitslohn. DieVosstsche Zeitung­hatte kürzlich über den langen Credit, w-lcher von den GeschäfrS- leuten gewährt werden muß, geschrieben und der Berliner  Agitator-, hierzu bemerkt, daß die Arbeiter von diesem Vorwurfe jedenfalls freizusprechen, da sie weder Credit geben könnten noch erhielten. Der Jahresbericht des Essener BergwerkSocrein, König Wilhelm, belehrt un« eines Anderen. Hier heißt e«:Der Bruttogewinn beträgt 213,331 Thlr. 12 Sgr. 7 Pf., wovon 52,996 Thlr. auf Abschreibungen, 34,326 Thlr. zur Dotation de« Reservefonds und 120,099 Thlr. 4 Proz. de» 3 Millionen Thlr. betragenden Aktienkapital« an die Aktionäre vertheilt werden. Ja der Bilanz figuriren noch 30,733 Thlr. bis 31. Dezember 1874 fäl» liger aber noch nicht ausgezahlter Löhne.  - Man erinnere sich der Katastrophe de» Bergwerks Ritterburg, wo circa 14,000 Thlr. Arbeitslöhne in die Brüche gingen. Bis uns der Essener Berg- werksverein König Wilhelm genügende Aufklärung giebt, sind wir gezwungen anzunehmen, daß derselbe mit dem sauren Schweiße seiner Arbeiter, mit ihren Arbeitslöhnen, seit über 4 Monaten schnöden Wucher treibt. Beilänfiz würden diese 30,733 Thlr. seit ihrer Fälligwerdnng bis zum 1. April, nur zu 5 Proz. ge- rechnet, über 590 Thlr. Zinsen ausmachen. Fälle, wie der ange- führte, stehn nicht vereinzelt da. Ueberdie» ist zu bedenken, daß der Lohnkredit auf 8, 14 Tage und längere Z:it welchen der Arbeiter regelmäßig dem Arbeitgeber gewähren muß, den Profit de» letzteren enorm vermehrt. Es stiebert ganz gewaltig, seitdem die Sozialdemokratie Deutschlands   zu einem Conzreß einberufen ist, auf welchem die Einigung der beiden sozialistischen   Fraktionen vor sich gehen soll. Selbstverständlich ist der Bourgeoisie vor einer Vereinigung der beiden Fraktionen nicht wenig bange, und da sie selbst nicht weiß, wie sie es anfangen soll, um die Vereinigung der beiden Frat- tionen zu hintertreiben, so flüchtet sie sich zu dem Einzigen, zu dem sie in dieser Sache Vertrauen fühlt, zu Herrn Stieb er. So wird denn in allen Reptilienblättern eine gleichlautende Cor- respondenz aus Berlin   abzedruckc, worin mit großer W:chtigthuerei angekündigt ist, daß wieder für die Internationale Propaganda gemacht werde. Es heißt dabei: Bor Kurzem   ist an sämmtliche Sektionen der Jnternatio- nale in und außerhalb Deutschland  « ein von den deutschen   Häup- teru der Partei, Lrebkaecht, Bebel und Hasenclever obenan, unter- zeichneteS Schreiben ergangen, welche« zur Beschickung eines dem- nächst in Berlin   abzuhaltenden Delegirtentage« oer Internationale einladet. Zugleich unterbreitet die Berliner   Sektion in einem von Herrn Hasenclever unterzeichneten und vom 7. März da- tirten Manifest den auswärtigen Sektionen zur Begutachiuag und ichriftlichen Meinungsäußerung ein Programm, welches vre zunächst in sämiytlichen Parlamenten aufzustellenden Forderungen der So- zialdemokratie wie folgt formulirt: 1) Allgemeine» Stimmrecht; 2) Volksbewaffnung(Milizspstem und Bürgerwehr) und Recht der Volksvertretung, über Krieg und Frieden zu entscheiden; 3) Ein- iührung der allgemeine» und progressiven Einkommensteuer unter Aushebung aller anderen Steuern; 4) Verbot der Kinderarbeit und Beschränkung der Frauenarbeit; 5) Einführung de« Normal- arbeitStageS; 6) Verbot der SonntagSarbeit; 7) Staatliche Auf- steht über Bewegung und Lage der Industrie; 3) Gesetzliche Be- stimmungen über da« Berhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeit- nehmer. An diese« Programm schließen sich allgemeine Jnstruk- tionen. Wir erhalten obige Mittheilang au« sehr zuverlässiger Quelle und unser Gewährsmann hatte Gelegenheit, beide Schreiben im Original zu sehen, wie sie von einer italienischen Sektion nach Berlin   zurückgesandt waren allerdings an eine durchaus nicht sozialdemokratische Adresse.- Wir hätten auch ohnedies gewußt, daß die Adresse de» Hrn. Stieber eine durchaus nicht sozialdemokratische ist. Im Uebrigen weiß jeder Sozialdemokrat, daß in Berlin   niemals eineSektton der Jnter» nationale- bestand, bei welcher Herr Hasenclever Mitglied war. Da«Circulär- scheint also eine polizeiliche Mystifikation, welche da« der Polizei und Bourg-oisie so verhaßte SchreckgespenstIn- ternationale- emporzaubert, um einen Druck bezüglich des Eini» gungScongresse» auszuüben. Dumm hat der Spiyel seine Sache indcß angefangen, indem er geglaubt hat, die Sozialdemokratie setze ihre Hoffnungen auf den Parlamentarismus, und ihre Forderungen demgemäß formulirt hat. Er hätte wissen können, daß da» Repräsentatiosystem durchaus nicht unseren Aaschauungea entspricht. Sicher ist aber da» Eine: Alle Blätter, welche die betreffende Correspoudenz abgedruckt haben, stehen in Beziehung zum Reptilienfond, denn die Correspoudenz ist nicht« andere« al« ein Waschzettel aus dem Reichspreßbureau. Culturkampf. Ja Bingen   wurde am 5. d. der Redafteur eine«reichsfeindlichen- KatholikenblatteS von einem reichsfreund» lichea Fabrikantensohn meuchlerisch überfallen zur großen Ehre Bismarck  '». DaS in der Person seine« Redakteur« betroffene Blatt, derBinzer Anzeiger- schreibt darüber: Gestern Abend gegen 9 Uhr wurde der verantwortliche Re» dakteur unsere» Blatte« in unmittelbarer Rahe desEnglischen  HoseS- auf offener Straße von einem Individuum in bester Form der Wegelagerung überfallen und dem Nichts ahnend feines Wege» Gehenden ein Stockfchlag über den Kops versetzt. Ehe der oyne jede Veranlassung also Attaguirte sich vo» seiner Ueberraschung erholen und Anstalten zur Gegenwehr treffen konnte, hatte der feige, hinterlistige Angreiser, in dessen Person er e»aeo gewisse» Carl Gräff junior, Sohn deS bekannten hiesigen TabakSsabrikanten Carl Gräff, erkanute, bereit« eiligen SchntleS da« Werte gesucht. Indem wir von dieser niederträchug-gemelnen Handlungsweise al« derjenigen eine« rohen, insamen Buben hiermit gebührendermaßen Act nehmen und solche der öffentlichen Berachiuag preisgeben, be- halten wir un« weitere gerichtliche Schritte vor. Da« sind die Früchte modernerKultur", wie solche unser heutigerLiberaliS- maS" znligl; jenerLiberalismus-, der in heuchlerischen