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Nr. 68 BEILAGE
Neuer Vorwärts
30. September 1934
Frauen im Konzentrationslager
Aus dem bei der Verlagsanstalt ander. Sitzgelegenheit und Bewegungsmög-| Waschfaß oder in unzulänglicher Kleidung bei| sein, wenn sie sah, wie die Männer verprügelt » Graphia< in Karlsbad erschienenen lichkeit war bei voller Belegung nur für die grimmiger Kälte die Wäsche im Freien auf- wurden! Buch» Konzentrationslager< drucken wir im folgenden ein Kapitel aus dem Hälfte der weiblichen Gefangenen vorhanden. hängen. Im Waschhaus wurden die braunen Im Januar kam ein neuer Transport, Bericht über das Konzentrationslager Zu meiner Zeit waren die folgenden Frauen Uniformen und alle Leib - und Bettwäsche der Hohenstein ( Sachsen) ab: in Hohnstein: Marianne Seifert, eine Sekre- SA- Besatzung gewaschen , außerdem ein Teil Die Regierung Hitlers hat nach den ersten tärin der Roten Hilfe, Erna Kühn, Sekretärin der Gefangenenwäsche und alle Handtücher. Mitteilungen über die Einrichtung von Kon- der kommunistischen» Arbeiterstimme« aus Alles ohne Waschmaschine, auf dem Waschzentrationslagern amtlich erklärt, Frauen kä- Dresden, Hilde Gladewitz, geb. Janka, die brett.
dem auch ein Ehepaar angehörte. Als der Mann beim»> Empfang« von einem SA- Mann geprügelt wurde, geriet die noch in der Reihe stehende Frau in große Erregung. Sie stürzte sich auf den SA- Mann und hat ihn geschlagen. Die Frau wurde abgeführt und ausgepeitscht. Wir hörten ihre furchtbaren Schreie.
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nien nicht in Konzentrationslager, sondern nur Schwester des kommunistischen Reichstags- Den männlichen Gefangenen des Lagers in Gefängnisse. In Hohnstein waren in der abgeorneten; Eva Knabe- Schulze, eine be- war es unmöglich gemacht, mit den Frauen Zeit vom November 1933 bis Juni 1934 niekannte Kunstmalerin der Dresdener Aka- zusammenzukommen und strengstens verbomals weniger denn 25 Frauen als Gefangene demie; Erika Grögerchen, ein junges Mäd- ten, mit ihnen zu sprechen. Im Lager Hohnstein waren schon vor meiim Lager. Oft stieg deren Zahl auf vierzig. chen mit Lycealbildung, Tochter eines Dresner Einlieferung im November vier GefanVom Waschhaus aus konnten die Frauen Die Frauen wurden bei der Einlieferung dener Kaufmannes; Dorle Sledg, sie hatte die alles beobachten, was vor der Geschäftsstelle gene einer Familie, Vater, Mutter, Sohn weniger schwer mißhandelt, als die Männer . und Tochter, Teich aus Kamenz. Nur die Volkshochschule besucht und war die Frau vorging. Die SA- Leute führten oft auch Ge- 85jährige Großmutter war in Freiheit. Aber auch sie erhielten Die eines Schuhmachers und etwa dreißig andere, fangene unter die Fenster des Frauenhauses, Mutter wurde im Januar, die Tochter im deren Namen ich nicht kenne. um sie dort zu peinigen. Wie mag es da man- März, der Vater Ende April oder Anfang Auch die ältesten Frauen mußten mit ans cher Mutter oder Gattin zumute gewesen Mai und der Sohn etwa Ende Mai entlassen.
Faustschläge in das Gesicht. Beim Lauf nach dem oberen Burghof stellten ihnen SA- Leute das Bein und freuten sich, wenn sie fielen. Oft wurde Frauen der Rock über den Kopf zusammengebunden. Dann trieb man sie im Hofe herum. Die SA- Leute Putzler und Stachowsky haben einer Frau den Rock hochgehoben, ihr ein Glas Wasser zwischen die Beine gegossen und sie dann gehöhnt:
Die Lauten und die Stillen
Frauenbewegung im Dritten Reich
> Du Schwein hast Dich wohl bepiẞt?< Am 2. oder 3. April traf ein Gefangenen- Am 7. August sollte die Totenfeier für Transport aus Bautzen ein. Darunter waren Hindenburg in Szene gehen. Am 5. August zwei Frauen. Die eine war offenbar von der übersandte eine starke Gruppe nationaler Straße weg verhaftet worden , denn sie trug Frauen dem deutschen Reichsinnenminister lediglich eine Einkaufstasche und eine Gram- Frick folgendes Telegramm: mophonplatte bei sich. Die zweite der beiden Frauen aus Bautzen war ein ergrautes zartes Mütterchen. Sie wurde am Abend nach Erledigung der Einlieferungsformalitäten erneut in die Geschäftsleitung bestellt und danach Aber als die Beisetzungsfeierlichkeit bevom SA- Trupp führer gann, zeigte es sich, daß» wegen Raumman
wurden ihr
Lehmann die Röcke über dem Kopf zusammengebunden. Lehmann führte dann die alte Frau an einer Hundeleine, zum Gaudium der SA- Leute, um die Burglinde!
an
Seelisch haben diese Frauen im Konzentrationslager Hohnstein sicherlich noch mehr gelitten, als wir Männer. Wir waren Beschimpfungen gewöhnt und fürchteten nur Prügel und Mißhandlungen. Was die Frauen jedoch unter den Beschimpfungen litten, läßt sich kaum darstellen. Marxistenhure!<> Du Tripperschwein!<<>> Stinkiges Loch!<<>> Perverse Sau!<
Das
» Du
waren Anreden von SA - Leuten für
Frauen im Lager Hohnstein.
Für die Frauen gab es kein weibliches UeberwachungsperBonal! Sie wurden ebenso wie die männjungen SA- Leuten
lichen Gefangenen von
überwacht, nach dem Abort gebracht und
Deutschlands Frauen und Mütter wollen und müssen bei der nationalen Totenfeier am Tannenbergdenkmal vertreten sein! Vieltausende deutscher Frauen.
Zellen kontrollieren lassen! Es war nicht das Ein Mord ist ein Verbrechen
mindeste an Einrichtungen und Vorschriften
vorhanden, die Gefangene in Frauengefängnissen schützen!
men.
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es
ihm bestens empfohlene Kollegin:» Ich Die Proletarierfrauen müssen schweigen möchte die Dame wegen ihrer guten Leiaber ihre Rechtlosigkeit unterscheidet sich stungen, die ich ja kenne, so gern annehAber was meinen Sie wohl, wie ich von der des vorigen Jahrhunderts in einem in Teufels Küche käme, wenn ich jetzt eine wesentlichen Punkte: ist organisierte Frau auf meiner Abteilung einstellen Rechtlosigkeit. Die Frauen von damals durfwürde!<< Andere schreiben von vornherein ten nicht organisiert sein, die Arbeiterinnen in die Stellenangebote:» Keine Aerztin!<... Die Stellen in den Krankenhäusern sind inzwischen von ganz jungen männlichen Kollegen besetzt, die größtenteils weder in ihrer persönlichen Einstellung zur Sache, noch in ihrer bisherigen Ausbildung dem
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V.Name
von heute müssen es sein. Die Führerin der deutschen Frauen«, Gertrud ScholtzKlink, gewährte unlängst den Zeitungen ein Interview. Sie orakelte:
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß es da für uns Frauen ein ausgezeichnetes Mittel gibt: wir wollen nicht mit lauten Forderungen kommen und auch nicht mit langen Programmen. Wir wollen durch die täglichen und stillen Leistungen beweisen, daß wir da sind und wozu wir da sind. Damit unterstellen wir uns den natürlichen Gesetzen und Gegebenheiten. Dann brauchen wir nicht mehr um Rechte zu kämpfen, dann ergeben sie sich von selbst> aus der Situation<<.
Was die Fabriksarbeiterin anlangt, SO macht sich die Frauenführerin wenig Kopfzerbrechen:
Selbst an der Maschine wird die Frau, alles, was ihr Wert gibt, bewahren können, solange die ihr innewohnende Kraft die Arbeit bestimmt und sie nicht» Arbeitssklavin« wird.
Und wie fängt man es an, daß sie keine Sklavin wird? Erhöht man die Löhne, damit sie außerhalb der Fabrik ein menschenwürdiges Dasein führen, nicht in täglichen Kleinsorgen ersticken, ihren Blick weiten kann? Nein, das wären ja» laute Forderungen<<. Tausend Morde sind Frau Scholtz- Klink weiß ein viel einfacheres
Weltgeschichte
die
» Leistungsprinzip< gerecht werden, aber den Vorteil haben, männlichen Geschlechts geboren zu sein.<<
Die letzte Bemerkung wirft ein interessantes Licht auf die Zustände in den deutschen Krankenhäusern. Diese» ganz jungen Daß auch hier wieder die Mütter des Kollegen« sind nämlich nicht nur Männer, sie
Junge und ältere Frauen wurden eingelie- gels« nur männliche Teilnehmer eingeladen fert, meist ganz unpolitisch denkende. Die worden waren. In der» Deutschen Kämpfemir bekannt gewordene jüngste Gefangene, rin«<, einer durchaus nationalistisch eingeErika Hergesell, eine Kommunistin aus Dres- stellten Frauenzeitschrift, ertönte darob ein den, war sechzehn und die älteste, deren Klagelied: Name ich vergessen habe, annähernd sechzig Jahre alt. Dina Schmidt, war früher Nationalsozialistin gewesen und ist dann nach einer Rußlandreise übergetreten. Sie war schon vor meiner Ankunft im Lager Hohnstein. Frau Schmidt ist schwer tuberkulös, bettlägerig und muß von ihren Kameradinnen an die frische Luft geführt werden. Aerztliche Behandlung erhält
zu den Kommunisten
sie nicht. Unter die Frauen hatte man auch eine befahrte Landstreicherin gesteckt. Im NoIvember war sie schon im Lager. Sie trug| Männerstiefel und führte den Spitznamen die » Vierpitzige<.
waren bei der Totenfeier für den> Vater des Vaterlandes« vertreten
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aber für die Dritte
Reich
nicht gewollt, sie
Mittel:
Ich sagte vorhin: bei der berufstätigen Frau kommt alles nur darauf an, daß ihre Fraulichkeit nicht unter der Arbeit verkümmert so stellen wir ihr heute>> soziale Betriebsarbeiterinnen<< und» Vertrauensfrauen« zur Seite, die sie mit nationalsozialistischem Geist erfüllen sollen.<<
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Und nationalsozialistischer Geist ersetzt ohne weiteres ein warmes Mittagessen.
Volkes sich durch eine weithin sichtbare sind vor allem auch S A- Männer von AnbeEs ist» organisierte Rechtlosigkeit« im Geste ausgeschlossen sahen von der GeGroßmütter wurden meinschaft der Nation, ist von allen leiden- ginn. Und das zählt mehr als jede Leistung. wahrsten Sinne. Die schaftlich deutschbewußten Frauen in Die enttäuschten Hitlerwählerinnen der daran gehindert, sich zusammenzuschließen, schmerzlicher Ueberraschung und unter oberen Stände finden wenigstens noch hier damit sie nicht etwa das Denken erlernten. dem niederdrückenden Gefühl verletzter freier GeistesEhre hingenommen worden... und da Gelegenheit, ihre Stimme zu erhe- Die Enkelinnen, die Jahre Zahllose Vertreter fremder Regierungen, deren jede, ben, sich zu beschweren. Viel grausamer ist schulung hinter sich haben, werden gezwunwenn es ihr beliebt, uns übermorgen wieder das Los der Frauen aus dem Proletariat. gen, sich zu organisieren, damit sie das Denin alle Abgründe des Krieges reißen kann, Sie haben in ihrer übergroßen Mehrheit das ken wieder ver lernen, damit sie, vom Phrasind senschwall der» Vertrauensfrauen« betäubt, Mütter des Vaterlandes war» kein Raum«. nicht mitschuldig an Deutschlands Zusam- ihre eigene Meinung aufgeben. Diejenigen weiblichen Volksgenossen, die menbruch wie ihre bürgerlichen Schwestern. Doch das Mittel zieht nicht. Die Frauen sich in bedingungsloser Hingabe am Schicksal der Nation beteiligt und verant- Aber sie leiden am schwersten. Sie werden der oberen Stände meckern ein wenig in ihren wortlich fühlen, buchen in schmerzlicher gezwungen, unbezahlte oder schlechtbezahlte Zeitschriften und bekennen sich im übrigen Ihre Mitgefangenen litten Erschütterung diese neue Erfahrung.<< Haus- und Landstellen anzunehmen, wenn nach wie vor zu jedem» Führer«, der bereit furchtbar unter deren Verhalten. Sie beKlasse vor dem BolschewistenEine neue Erfahrung«, nicht die erste, Entlassungen vorgenommen werden, so sind ist, ihre schmutzte täglich ihr Bett, benutzte die nicht die letzte zu und wahrlich nicht die sie zuerst an der Reihe, wenn neue Stellen schreck retten. Die Proletarierfrauen ordinärsten Ausdrücke und führte obszöne schlimmste. Millionen Hitlerwählerinnen haben zu besetzen sind, so kommen sie gewöhnlich schweigen aber ihr Schweigen ist für das Gebärden und Bewegungen aus. Erst im Mai sich das Dritte Reich ganz anders vorgestellt nicht in Frage, denn die ganze weibliche Dritte Reich gefährlicher als die Unzufriedurch SA- Truppführer und der Dank des Vaterlandes schmeckt Konkurrenz ist» nicht erwünscht«. Aber sie denheit der bürgerlichen Frauenrechtlerinkeine Zeitung öffnet nen, denn sie wissen, daß die Frau allein sich >> Die Aerztin< beschwert sich eine junge ihnen ihre Spalten, keine Frauenzeitschrift nicht befreien kann, so lange das MenschenGeistig hochstehende Frauen waren zum Medizinerin: erhebt für sie Anklage. Es gibt wieder eine recht in Ketten liegt. Und sie sind tapfer. engsten Zusammenleben mit diesem bedauWir alle haben es erlebt, dieses Von- Art» Frauenbewegung, die dem Lette- Ver- Was sie in der Freizeit tun, erzählen sie den ernswerten Geschöpf gezwungen. Die Frauen nicht. Aber ein um 1870 gleicht, jenem exklusiven Klub,» Vertrauensfrauen« bestimmt Krankenhaus- zu- Krankenhaus-, Von- Chefdes Lagers lebten Tag und Nacht in einem| zu- Chef- Rennen und immer wieder die teils der in den Statuten eine Bestimmung hatte, wenn einst das Hohelied der stillen, der einzigen Raum, den sie nur zur Arbeit verhöflich ummäntelte, teils deutliche Aus- daß über das Los der Arbeiterinnen, Dienst-» illegalen« Arbeit im Dritten Reich geschriekunft erhalten, daß weibliche Aerzte jetzt boten nicht und Wäscherinnen debattiert ben wird, so wird den Frauen mehr als ein sigen Krankenhauses äußerte sich über eine werden dürfe. Kapitel gewidmet sein.
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Schupp in eine Korrektionsanstalt über - ihnen bitter. In einem deutschen Fachorgan müssen schweigen
führt.
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lassen durften.
Die Betten standen in dem
beschränkten Raum in zwei Etagen überein-|
nicht erwünscht seien. Der Chef eines hie
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