Neuer Vorwärts

Sozialdemokratisches Wochenblatt

Verlag: Karlsbad  , Haus Graphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite

rungen

Nr. 156 SONNTAG, 7. Juni 1936

Aus dem Inhalt:

Integraler Sozialismus Die russischen   Erfahrungen

Die Tragik des Konservatismus Liebesgaben für Konzernführer

Währungssorgen des Dritten Reichs

Der Kurs Schachts geht zunächst weiter

es

be­

inflationistisch

ihre

Die Verschärfung der wirtschaftlichen An sich haben natürlich solche kleine Steuerergiebigkeit auf. Entweder müßten, Verringerung des Einzahlungsüberschus­Schwierigkeiten Deutschlands   drückt sich Mittel der Kapitalflucht ebensowenig Be- also finanzierten ses eingetreten war. Die Auszahlungen im Diktaturstaat aus durch eine noch ge- deutung, wie die Maßnahmen zu ihrer Be- Staatsaufträge auch in diesem Jahre noch sind im März um 62 Millionen gestiegen, steigerte Unterdrückung aller wirtschaft- kämpfung.. Von anderen hört man aber erheblich vermehrt werden, was einerseits die Einzahlungen dagegen sind um 26 Mil­lich bedeutsamen Nachrichten und Erörte- nichts. Noch ist die Art, wie die neue Ab- Wachsen des ungedeckten Defizits bedeu- lionen zurückgegangen. Beide Erscheinun­in der deutschen   Presse. Um gabe von einer Milliarde RM zur Subven- tete, andererseits aber an die Schranken gen, bemerkt die» Frankfurter Zeitung  << da­Schacht, dessen Politik so heftig um- tion der Ausfuhr aufgebracht werden soll, der Rohstoffbeschaffungsmöglichkeiten zu, sind offenbar zum Teil saisonbedingt; schon kündet merkwürdig nicht bekannt und kämpft war, ist der stößt, oder aber, es müßten neue Steuer- offenbar werden aber auch die bei den still geworden. Das bedeutet natürlich Staatssekretär im Reichsfinanzministerium erhöhungen vorgenommen werden, werden, und Sparkassen angelegten Spargelder stärker nicht, daß der Konflikt beendet ist. Hinter Reinhart an, daß das Steuerauf- das ist schon, als Schacht und Krosigk es für eigene Bedürfnisse und Göring  , bei dem jetzt die letzten Ent- kom men für das laufende Fi- forderten, dem bisher unüberwindlichen wirtschaftliche Aufgaben ein­scheidungen über die Währungs- und Wirt- nanzjahr um eine Milliarde ge- Widerstand der Partei begegnet. gesetzt. Zum Teil aber ist die Abnahme schaftspolitik liegen, steht der preußische steigert werden müsse. Das Auch mit den Versuchen, wenigstens der Einlagen auch auf die zunehmenden Finanzminister Popitz  , Schachts alter stätigt zunächst unsere Angabe, daß das einen Teil der kurzfristigen Schulden in Währungsbesorgnisse zurückzuführen. Die Feind, und noch gefährlicher vielleicht am 1. April abgeschlossene Etatjahr trotz langfristige Anleihen umzuwan- Bevölkerung weiß allmählich, daß kann ihm Herr Keppler werden, der zu der gestiegenen Einnahmen wieder ein De- deln, ist Schacht in letzter Zeit nicht mehr Einlagen nicht mehr den engeren Vertrauten Hitlers   gehört fizit im> ordentlichen Haushalt von min- recht vorangekommen. Nicht nur die Ver- schaftskrediten und Hypotheken angelegt und überzeugt ist, daß er zur Rettung der destens einer Milliarde aufweist. Es ist sicherungsgesellschaften, sondern auch werden, sondern in einem wachsenden und deutschen   Wirtschaft viel eher berufen aber nicht recht zu erkennen, woher die viele Industrieunternehmungen, die Ban- schon längst ungesund gewordenen Um­sei als der Reichsbankpräsident aus der neue Milliarde herkommen soll, Daß, wenn ken und Sparkassen sind mit Reichs- fang in Reichsanleihen, deren Wert immer man innerhalb dreier Jahre 30-40 Milliar- anleihen voll gestopft und die Zu- problematischer wird, und sie zieht es des­Unterirdisch gehen so die Intrigen zwi- den künstlich geschaffener Zahlungs- und flüsse bei den Sparkassen verlangsamen halb vor, die Ersparnisse, soweit sie solche schen den Anhängern Schachts und den Kreditmittel in die Wirtschaft pumpt, die sich deutlich. Die Spareinlagen sind bei angesichts der zunehmenden Teuerung Befürwortern der Devalvation fort. Zu- Steuern höhere Beträge liefern müssen, den deutschen   Sparkassen im März um überhaupt noch erübrigen kann, in wert­nächst allerdings scheint das System ist selbstverständlich, aber diese Zunahme 22.2 auf 13.954.9 Mill. gestiegen, aber nur beständigeren Gütern als den Reichspapie­der Devisen zwangswirtschaft hat Grenzen; denn hat die durch Zinsgutschriften, Umbuchungen ren anzulegen. aufrechterhalten zu werden. Denn| Expansions der Wirtschaft einmal einer usw.; ohne diese hätte sich ein Aus- Da Schacht mit der Fundierung der gerade jetzt sind einige Verschärfungen bestimmten Umfang erreicht, so hört da- zahlungsüberschuß von 8.9 Mill. schwebenden Schuld nicht vorwartskommt, weitere Vermehrung der ergeben, nachdem bereits im Februar eine sucht er wenigstens die Ansammlung

Weimarer Zeit  .

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Danziger Volksstimme zwei Monate verboten

verfügt worden, deren wirtschaftliche Be- mit auch die deutung nicht mehr weitgehend ist, die aber um so bezeichnender sind für die große Devisennot einerseits, für den Drang zur Flucht in die Sachwerte andererseits. Zunächst wird die Freigrenze, innerhalb ohne derer Zahlungen an das Ausland Beschränkungen möglich sind, weiter ver­engt. Bei Einführung der Devisenzwangs­wirtschaft nach der Bankenkrise von 1931 betrug der Reichsmarkbetrag, bis zu dem Auslandszahlungen genehmigungsfrei blie­ben, 3000 RM: er wurde sukzessive auf 1000, dann 200, dann 50 RM vermindert und schließlich bei Einführung des> Neuen Plans Schachts im Herbst 1934 auf 10 RM herabgesetzt. Jetzt hat man die Ver­wendung auch dieses geringen Betrages hauptsächlich für Bezahlung von Waren handelte es sich um den Bezug von Bü­chern und Zeitschriften aus dem Auslande und für Unterstützungen an Auslän- der Zusammenbruch der, die mit dem Einzahler nicht

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Ein Erfolg Mr. Edens

trauen.<

Als der Völkerbundsrat sich zum letz- den, 80 wie es das Schicksal menzustehen und auf den Führer zu ver­ten Male mit den Danziger Angelegenhei- wolle. ten befaßt hat, hat Mr. Eden als Bericht- Alle Kritik, die man an dem National- Die erste Wirkung dieser Rede war, erstatter in leise drohendem Ton den bösen sozialismus übe, fechte ihn nicht an. Die daß der Vertreter Polens   beim Danziger Buben Greiser zur Ordnung ermahnt. Der Nationalsozialisten arbeiteten nach Anweisung Senat vorstellig wurde, die zweite, daß hat nach bewährtem Muster Besserung ge- einer höheren Stelle. die>> Danziger Volksstimme<

lobt und vor allem versprochen, daß die Danzig  , das auf Vorposten stehe, auf zwei Monate verboten nationalsozialistische Methode der Presse- habe es schwerer als das Reich, das die wurde. Warum? Weil sie angeblich knebelung in Danzig   aufhören solle. Nie- Hauptarmee bilde. Wenn man von der Greiser> Formulierungen in den Mund ge­bekomme, so legt hat, die er nicht gebraucht hats. mand, der die Dinge näher kennt, nimmt Hauptarmee keine Munition solche Versprechungen für bare Münze. müßte man sich eben einrichten, damit man Welche Formulierungen er gebraucht Inzwischen ist mancherlei geschehen: nicht die eiserne Ration anzubrechen brauche. haben will, das wird wohlweislich ver­Dieser Umstand habe dazu beigetragen, daß schwiegen. Rheinlandbesetzung, und das systematische der Gulden abgewertet werden mußte, denn Die Rede und das Verbot zeugen beide wandt sind, verboten, so daß die Frei- Sichtotstellen des Völkerbundes. Auf der hätte Danzig   genug Munition gehabt, dann von der tiefen Achtung, die der Danziger

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ver­

Abessiniens, die

dem Völkerbund entgegenbringt.

den Reiseverkehr anderen Seite gewinnt die Danziger hätte es heute keine Arbeitslosen mehr und Senat besäße genau 90 schöne Chausseen wie Der Erfolg Mr. Edens in Danzig   ist ebenso

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hat Herr

zu

Wenn auch immer die Rede von dem

grenze nur mehr für und die Verwandtenunterstützungen be- Volksstimme, das Organ der Sozial­und das demokratie, immer mehr an Boden in der Deutschland  . glorreich wie sein Erfolg in Abessinien. nutzt werden darf. Denn, sagt ist das Interessante die Begründung, Danziger Bevölkerung. Also Greiser beschlossen, die Volksstimme Zehnjahrespakt zwischen Das Gesetz des Dschungels die Belastung der Devisenbilanz hat er benutzt Deutschland   und Polen   sei, so ein Maß erwürgen. Der Anlaß, den durch diese Bagatellzahlungen!- ein Maß erwürgen. Europa   befindet sich in einem Zustand sagen, daß dieser Alle inter­erreicht, das angesichts des Ernstes der hat, ist bezeichnend: Greiser hat als stell- könne man doch nicht Vertrag ewig dauere. Die Nationalsoziali­Die Nationalsoziali- völliger Rechtsunsicherheit. Alle Devisenlage nicht mehr» tragbar er- vertretender Gauleiter der NSDAP  nationalen Verträge sind mehr oder weni­Danzig am 28. Mai 1936 in Schidlitz eine sten hätten 15 Jahre lang gewartet. War­wert al pari stünde. Rede gehalten, in der er mit nationalsozia- um sollten sie jetzt nicht auch ger devalviert, es gibt keinen, dessen Kurs­noch 5 bis 10 Jahre warten? listischer Dreistigkeit seine Folgerungen Die sogenannten Friedensvorschläge Präsident Greiser ging dann kurz auf die Hitlers   vom 7. März existieren nicht mehr. aus der Ohnmacht des Völkerbundes ge­

scheint!

noten

von

Eine andere Bestimmung dehnt das Verbot der Einfuhr und der Annahme aus dem Ausland stammender deutscher   Bank­auf die deutschen   zogen hat. Ueber diese Rede hat die Dan- Januarsitzung des Völkerbundsrates ein und Der englische   Fragebogen an Hitler inter­Scheidemünzen aus, um dem zuneh- ziger Volksstimme am 29. Mai das fol- erklärte, daß man den damaligen Streitfra- essiert die deutsche Diplomatie nicht. Hit­menden Schmuggel entgegenzuwirken. gende berichtet: Viel symptomatischer aber noch ist eine weitere Anordnung, die die Versendung nichts gegen eine Naturgewalt tun könne, so Netz über von Edelmetallwaren ins Ausland, die wenig werde man auch in Danzig   den Na- Die anderen üblicherweise nicht aus diesen Edelmetal- tionalsozialismus stürzen können. Das Dan- Deutschland sich

> Greiser versicherte, daß, wie der Mensch ben hätte.

gen einen außenpolitischen Charakter gege- ler sitzt in Berchtesgaden   und pfeift auf Es hätte sich schon wieder ein den Fragebogen und die Engländer, die auf Deutschland   zusammengezogen. Anwort warten. Die Engländer wieder wissen, daß sie Staaten hätten geglaubt, daß einmischen werde, aber angesichts der Agonie des Völkerbundes

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wenn sie in einem spä­

len hergestellt werden, an eine Genehmi- ziger Parlament verglich Präsident Greiser Deutschland brauche Ruhe. Der Völker- und der Verlegenheiten ihrer eigenen Po­gung der Devisenstellen bindet. Um was mit einem> Affentheater.( Bekanntlich sind bund befinde sich augenblick- litik nicht auf eine Antwort zu rechnen es sich dabei handelt, erfährt man aus die Abgeordneten in ihrer Mehrheit Natio- lich in einer schweren Krise. Das haben und daß einem Runderlaß der Reichsdevisenstelle, nalsozialisten! Die Red.) Es sei richtig, daß könne sich einmal auch auf die teren Stadium eine Antwort erhalten wer­in dem festgestellt wird, daß Gardinen- auch manche Gegner des Nationalsozialismus   Garantie des Völkerbundes in be- den sie ungünstig sein wird. ringe und Autonummernschilder aus Gold  , ein nationales Empfinden besäßen. Bei die- zug auf die Danziger Verfassung sowie Spiegel aus Platin hergestellt und sen könne das noch geweckt werden, aller- auswirken. Jetzt würde zwischen Genf   sitz, Oesterreich führt seine Wehrpflicht

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Italien nimmt Abessinien fest in Be­

Man müsse hoffen, durch und rüstet auf. Alle rüsten fieber­bald zwischen Berlin   und Warschau   haft. Und der Völkerbund? Nun, er tritt am 16. Juni zusammen.

ins Ausland verbracht werden ein in- dings nicht bei den Führern. Aber auch sie und Berlin   verhandelt. teressanter Beitrag dafür, welche Wege würden eines Tages verschwinden. Er, der daß eingeschlagen werden, um Vermögensteile Redner, wolle als Präsident nicht sagen, daß verhandelt werde. Zum Schlusse forderte der Präsident.des Praktisch lebt Europa   heute bereits un­noch rechtzeitig aus der blühenden deut- sie an die Wand gestellt würden, aber kaltgestellt würden sie wer- Senats alle Parteigenossen auf, treu zusam- ter dem Gesetz des Dschungels. schen Wirtschaft zu retten.