In Deutschland   ist nlles besser jeworden" 90 Prozent der Hausgehilfen gegen die Arbeitsfront   $6 Prozent der Holzarbeiter gegen Nazipresse Unter Führung von»Kraft durch Freude  « haben, wie die Deutsche Arbeitsfront   be­richtet, 50 Griechinnen eine Fahrt durch die deutschen   Gaue gemacht, und ihre Wort­führerin hat beglückt ausgerufen: »Heute ist alles so froh und lebendig, daß es ohne weiteres klar wird, daß im neuen Deutschland   alles besser geworden ist.« Die Berichte der sozialistischen   und der ge­werkschaftlichen Vertrauensleute spreche® eine andere Sprache. Aber selbst die Mit­teilungen der Arbeitsfront lassen zwischen den Zellen erkennen, daß die Lage der Ar­beiter und Angestellten nicht besser, sondern schlechter geworden ist. Dabei bedient man sich folgenden Tricks; Im ersten Teil der DAF-Artikel wird an den sozialen Zuständen von früher eine vernichtende Kritik geübt, dann wird sachte zugegeben, daß es immer noch»Querulanten« unter den Unternehmern gibt, und schließlich wird festgestellt, daß die heutigen unsozialen Zustände auf das Schuldkonto der früheren Epoche zu ver­buchen sind. Nol der äUeren Angestellten So befaßt sich die»Deutsche Arbeits- Korrespondenz« mit dem Stellenmarkt der Angestellten und faselt von der himmel­schreienden Not der älteren Angestellten in der Zeit vor Adolf Hitler  . Und heute? »Wenn der Kreis der Aelteren noch nicht restlos eingebaut werden konnte, so ist das der Auffassung einer vergan­genen Epoche zu verdanken, die die Ware als das Wesentliche ansah, jedoch den Menschen erst in zweiter Linie im Spiel der Zahlen wertete.« Das Institut für Konjunkturforschung teilt in seinem Wochenbericht mit, daß die»Not- und Grenzgebiete immer noch eine verhältnis- nismäßig hohe Arbeitslosigkeit ausweisen« und bemerkt: »Dasselbe gilt auch für die älteren arbeits­losen Arbeiter und Angestellten, deren Zahl ebenfalls außerordentlich hoch ist.« Warum beharrt der Direktor darauf,»daß der 25jährige Buchhalter dem 50jährigen vorzuziehen ist?« »Weil der Herr Besserwisser oder Herr Trauerweide an die Zeiten von vor sechs oder vier Jahren ergebenst erinnert wird.« Hausgehilfen pfeifen auf die Arbeitsfront  Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit be­ruht, soweit es sich um die Hausgehilfen handelt, auf dem Geheimnis, daß arbeitslose junge Mädchen in großer Zahl den wohl­habenden Familien ohne Lohn und lediglich gegen Gewährung des Unterhalts aufge­zwungen werden. Die DAK wundert sich nun über die Klagen der Hausfrauen, daß ihre verzweifelten Hausgehilfinnen»die Stel­lungen ohne Kündigung« fluchtartig verlas­sen. Die DAK richtet daher an die bedau­ernswerten Hausfrauen die Bitte, für den Beitritt der Hausangestellten zur Deutschen  Arbeitsfront sorgen zu wollen. Die DAF allein verbürgt»die Zuverlässigkeit der zu Vermittelnden«. »Nach genauer Prüfung der Dinge konnte festgestellt werden, daß 90 Prozent dieser Hausgehilfen der Deutschen   Ar-' beitsfront nicht angehörten.« Um dem Uebel abzuhelfen, hat die»Reichs­fachgruppe Hausgehilfen« eine Reorganisa­tion durchgeführt und drei Fachschaften für Küche, Haushalt und Wirtschaft errichtet. Die letzte hat fünf Sparten; 1. Gärtner, 2. WirtschaftsgeMlfen, 3. Kraftfahrer, 4. Die­ner, 5. Diener, Kutscher  , Kraftfahrer. Nun werden die»Herrschaften« der Volks­gemeinschaft dafür sorgen, daß ihre Bedien­ten alle Mitglied der DAF   werden. Die Fachschaft könnte ihre umständliche Gliede­rung vereinfachen und drei Gruppen schaf­fen: Diener, Knechte und Mägde. Holzarbeiter lehnen die Arbeitsfrontpresse ab Die Arbeitsfront gibt in ihrer Propaganda meist nur Gesamt-Mitgliederzahlen an, die sich zwischen 22 bis 25 Millionen bewegen. Da es sich um Zwangsmitgliedschaften han­delt, geben die Zahlen auch keinerlei Auf­schluß über die innere Einstellung der Ar­beiter und Angestellten. Ein Gradmesser für die Ablehnung dieser Arbeiterkaserne ist In der Zahl der Leser der einzelnen Fachblätter zu finden. Hier kann der Ley z. B. bei den Holzarbeitern folgendes Fiasko feststellen: Nach der letzten Berufszählung umfaßt das Holz- und Schnitzgewerbe an Erwerbstätigen  insgesamt 866.737 Personen. Die Auflage des Fachblattes aber wird jetzt mit nur 124.000 angegeben. Trotz Zwang und Ter­ror lehnen also 86 Prozent der Berufsangehö­rigen das Fachblatt und damit den ganzen Schwindel der Reichsbetriebsgemeinschaft offen ab. Ehe»Auslandsvertretimg der deut­schen Gewerkschaften« schreibt treffend: »Die Holzarbeiter mögen weder die Natio­nalsozialisten noch IhreLeistungen".« Eine dieser»Leistungen« ist der Schwund der Löhne bei gleichzeitiger Verminderung der Kaufkraft. Die amtliche Lohnerhebimg in der Holzindustrie zeigt bei aller Unvollstän- digkeit der Nazi-Statistik: Nettolohn 1931..... 40.78 RM 1985..... 38.86 RM Elffausend Berliner  Budidrudter arbeitslos Die faustdicke Lüge über den angeblichen Rückgang der Arbeitslosigkeit wird wieder einmal von der Arbeitsfront selbst enthüllt. Der»Korrespondent« gibt die Zahl der ar­beitslosen Buchdrucker für ganz Deutsch­ land   mit nur 15.000 an. In einem Gerichts­bericht aus Berlin   aber heißt es; »Kreis-Verwaltungsgericht Niederbamim. Einer der 11.0 00 Berliner   Buch­drucker. der 59jährige Ernst Heinze, der in der Siedlung an der Persantestraße in Bernau   ein kleines Anwesen sein eigen| nennt, möchte sich durch Eröffnung einer Schankwirtschaft eine neue Existenz schaf­fen... Kr.-Verw.-Gericht Niederbarnim   be­schloß...« Wer lügt? Leistungen der Arbeitsfront Während so das Elend der Arbeiter aller Berufe weggelogen wird, übt sich die Ar­beitsfront in»Schönheit der Arbeit  «: »Kraft durch Freude   im Spiegel der Woche. Die bekannte Großdruckerei Hendes in Köslin   hat in gemeinschaftlicher Arbeit sämtliche Fenster ihres Betriebsgebäudes mit Blumenkästen geschmückt« Da die bunt geschmückten Fenster der Be­triebsstätten aber keinen genügenden Unfall­schutz bieten können, muß die DAK zugeben, daß die Schadenverhütung in der deutschen  Wirtschaft nicht funktioniert. Die»Reichs­arbeitsgemeinschaft Schadenverhütung« hat feststellen müssen, daß der Verlust an sach­lichen Werten und an menschlicher Arbeitskraft im Jahr rund fünf Mil­liarden betragen hat. »Das Beklagenswerte dabei ist, daß 75 Pro­zent des Schadens durch Selbstver­schulden verursacht ist.... Ganz un­ersetzlich ist für die Volkswirtschaft der Verlust an Arbeitskraft, wobei einmal ganz davon abgesehen sein soll, wieviel Lebens­glück dabei im einzelnen zerstört wird und wieviel menschliches Leid dadurch verur­sacht wird.« Sie reden von der»Schönheit der Arbeit  « und haben in ihrer Erziehung zur»Volks­gemeinschaft« die profitlichen Unternehmer noch nicht einmal zur Beachtung der Unfall­verhütungsvorschriften bewegen können. Aber e i n»Erfolg« der Deutschen Ar­ beitsfront   soll nicht verschwiegen werden, denn er kennzeichnet sie. Bis zum 1. Sep­tember werden 2 1.6 Millionen Arbeiter und Angestellte mit dem Arbeitsbuch ausgestattet sein. »Von diesem Tage ab darf kein Arbeiter und Angestellter beschäftigt werden, der nicht im Besitz des Arbeitsbuches ist.« Das Dritte Reich hat zur höheren Ehre der Arbeit die mittelalterliche Ge­sindeordnung wieder hergestellt. Und noch eine Freude des Lebens weiß die Ar­beitsfront den Hörigen in Deutschland   be­kanntzugeben. Auf der Freilichtbühne des Reichssportfeldes Ist die»Kraft-durch- Freude<-Großtanorgel den deutschen   Schaf­fenden vorgestellt worden. Tonerzeugung, Klangfarbe und elektrische Schwingungs­erzeuger werden den Arbeitern genau erläu­tert.»Der Großtonorgel sind in der Laut­stärke kaum Grenzen gesetzt.« Wenn es auf die Lautstärke ankäme, wäre die soziale Frage im Dritten Reich   schon gelöst. Die Folier Durch die nationalflozialistische Presse geht ein Artikel»Zweikampf oder Folter?«. Darin heißt es: »Die nationalsozialistische Regierung hat das Recht auf den Zweikampf zur Reinhaltung der eigenen Ehre wieder­hergestellt. Nur wenige wissen, daß der Zweikampf nicht etwa eine Erfindung der studierenden Jugend oder der alten Stu­dentenverbindungen war, ja, daß er nicht einmal auf das ritterliche Turnier zurück­gehen dürfte, sondern daß seine älteste uns bekannte Form bäuerlichen Ur­sprungs ist und aus der Rechts­pflege unserer Altvordern stammt. Man betrachtete den Zweikampf als eine Art Gottesurteil des Freien. Erst im 13. Jahrhundert, als infolge fremder Einflüsse die führenden Schichten des Volkes dem alten Geiste ent­fremdet waren und als das Römische Recht über die alte deutsche Rechtsauffassung gesiegt hatte, drang von Italien   her die Folter in unsere Rechts­pflege ein, die dem Angeklagten die Möglichkeit nahm, sich zu verteidigen, und die ihm in der grausamsten und unmensch­lichsten Welse der Willkür sadisti­scher Schergen auslieferte. Wer sich den Unterschied zwischen dem Zwei­kampf vor Gericht und der grausamen, von elenden Henkersknechten vollzogenen Fol­ter klar macht, kann ungefähr begreifen, welcher unsagbare Unterschied besteht zwischen der alten germa­nisch-deutschen und der spä­terhin eingedrungenen frem­den, römischen Rechtsauf f as- s u n g.< Daß es Inzwischen einmal eine Recht­sprechung gab, die ohne den»Zweikampf der Freien« und ohne die Folter(etwa in den Gestapokellern oder im KZ) auskam, kann sich ein richtiger brauner Neugermane gar nicht mehr vorstellen. Nicht arbeiten" marsdiieren! Zu den Besonderheiten der Nürnberger  Parteitage gehört es, daß größere Gruppen von jungen Leuten aus den verschiedensten Teilen des Reiches nicht wie die übrigen Teil­nehmer mit der Eisenbahn verfrachtet, son­dern z u F u ß nach Nürnberg   entsandt wer­den. Manche Propagandamärsche dieser Art dauern wochenlang. Die ostpreußischen Burschen z. B.»stramme Söhne des deutschen Ostens« werden sie in den braunen Zeitungen genannt kehren erst nach 1% Monaten in ihre Heimat und an ihre Arbeitsplätze zurück. Der Beruf wird einfach so lange an den Nagel gehängt, denn die Arbeit ist ohnehin Nebenberuf geworden, der Parteimmmel ist die Hauptsache. Die ostpreußischen Naziblätter schreiben aller­dings: »Kein Betriebsführer wird einen Lehr­ling leicht sieben Wochen entbehren, und doch ist es so, daß es Teilnehmer der Marscheinheit Ostland gibt, die für den Adolf-Hitler-Marsch frei bekommen haben, weil ihre Leistungen eben so gut sind, daß die anderthalb Monate Urlaub ihrer Ausbil­dung nicht schaden können!« Und das könnte ja beinahe so aussehen, als läge die Entscheidung bei den Arbeit­gebern, die ihren tüchtigsten jungen Leu­ten freiwillig»freigeben« dürfen. Eine Notiz in den Berliner   Zeitungen rückt die Angele­genheit allerdings in ein anderes Licht: »Die Reichswirtschaftskam­mer hat an die Betriebsführer die Auf­forderung gerichtet, den Gefolg­schaftsmitgliedern, die laut Beschei­nigung der zuständigen Partei­stellen für die Teilnahme an dem dies­jährigen Reichsparteitag in Nürnberg   aus­ersehen sind, den hiefür erforderlichen U r- laub ohne Anrechnung auf den den Gefolgschaftsmitgliedem sonst zustehenden vertraglichen oder tariflichen Urlaub zu gewähren.« Also nicht die gute Meinung des Be­triebsführers, sondern die»Bescheini­gung der Parteistelle« gibt den Aus­schlag. Da der übliche Urlaub neben dem Parteitagsurlaub bestehen bleibt und da auch sonst viele Wochen für»Schulungs­lehrgänge«,»Uebungen« und andere »Dienstobliegenheiten« draufgehen, ist so ein junger Bursche einen be­trächtlichen Teil des Jahres unterwegs. Die Lehrlinge marschieren und der im Dritten Reich   viel beklagte Facharbeitermangel marschiert auch. Wo so viele Entgleiste an der Spitze eines Staates stehen, muß die Achtung vor plan­mäßiger und ausdauernder Arbeit sinken. Enttausdite Handwerker Unter der Ueberschrift:»Die Belebung und das Handwerk« ist in einem Artikel in der»Frankfurter Zeitung  « u. a, zu lesen: »... Von den Schlossereien verzeich­nen die kleineren Betriebe eine gerin­gere Beschäftigung... Insbeson­dere hört man Klagen, daß die Heeres- Bauämter die Schlossereien bei der A u f- t r a g s v e r g e b u n g noch zu wenig bedenken... Auch im Handwerk blei­ben diejenigen Zweige zurück, die aus dem Sondercharakter der allgemei­nen Belebung mittelbar oder unmittelbar nur wenig Nutzen ziehen können. Ueber schlech­te Beschäftigung klagen allge­mein die Bürsten- und Pinselmacher, die Musikinstrumentenmacher und die Drechs­ler... Die ländlichen Stellmacher und Schmiede klagen über Zurückhal­tung der Bauern in der Auf­tragserteilung... Außerordent­lich schleppend sei auch die Bezah­lung der Arbeiten durch die bäuerlichen Kunden... Bei den Korbmachern hat sich die Lage dadurch verschlechtert ... Eine ständige Einbuße be­deutet hier die Gefängnisarbeit... Bei den Buchdruckern hat die Auflösung vie­ler kleiner Z e i t u n gs b e t ri e b e einen empfindlichen Auftrags­ausfall verursacht. Im Nahrungs­mittelhandwerk sei die Lage der Bäckereien noch immer sehr ange­spannt; die Verschuldung wird als recht hoch bezeichnet. Bei den Uhr­machern ergibt sich ein Ausfall an Re­paraturen... Ganz ähnlich bringt die Ausbreitung des billigen Gebrauchsschuh den Schuhmachern einen erheb­lichen Ausfall an Reparaturen.. So sieht also die»Belebung« des deutschen  Handwerkes aus! Kaum ein wichtiger Zweig, der nicht über geringere Beschäftigung, über Auftragsrückgang, Verschlechterung der Lage oder über Verschuldung klagt. Diese Schilderung kommt der Wahrheit viel mehr näher, als jene rosig gefärbten Darlegrungen, die zu Propagandazwecken ge­geben werden. Sie deckt auch die Ur­sachen der wachsenden Unzufrie­denheit auf, die gerade die Handwerker, die sich von der Hitlerherrschaft sehr viel versprochen haben, in breitem Umfang er­faßt hat. Grabdenkmal-Inschriften unter Zensur! Die»Frankfurter Zeltung« meldet: Das Konsistorium der Provinz Branden­ burg   hat im Hinblick auf unliebsame Vor­kommnisse angeordnet, daß für alle In­schriften auf Grabdenkmälern auf kirchlichen Friedhöfen die vorherige Zustim­mung des zuständigen Geraeindekirchen- rates einzuholen sei. Melodik In den sogenannten Wehrbeilagen der Hit­lerpresse macht ein Aufsatz, gezeichnet Dr. A. Büchner, die Runde, in dem es wört­lich heißt: »Fragt ein Kind, wie die Wanduhr spreche, es wird sagen:»Tik-tak!« Die Glocke vom Kirchturm?»Bim-bam!« Und das Mühlrad?»Klipp-klapp!« Aber wie spricht der Schuß? Unser Kind wird antworten»Plff-paff!« oder »B u m m!< Der Kämpfer des Weltkrieges faßt den Gewehrschuß lautlich in verschiedenster Weise auf:»Päng! Päng!« hört der eine, der andere»Pitsch! Pitsch!«, »Krach, krach!«,»P a m, pam!« »Zim, zim!« So geht es drei Spalten lang weiter, alle erreichbaren kriegerischen Lautmalereien be­kannter und unbekannter Schriftsteller von Lillencron bis Schmidkunz werden zitiert (»taktaktaktak, i- i- hi- hi, bau- u- u- lululululu ch- sch- ach, trachtarararach!«), und überschrie­ben Ist das Ganze:»Harmonik und Me­lodik unserer modernen Feuer­waffe n.« Noch ein paar Jährchen so weiter und die Musiker werden Maschinen­gewehre im Konzertsaal auffahren müssen, wenn sie deutschen   Ohren schmeicheln wol­len. "HjucrUormnrfs 6ojiaW»mpfraHfc!)«»odjcnblaH Herausgeber: Ernst Sattler  ; verant­wortlicher Redakteur: Wenzel Horn; Druck:>G r a p h i at; alle in Karlsbad  . Zeitungstarif bew. m. P. D. ZI. 159.334/VII-1933. Printed in Czechoslovakia  . 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