Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

Nr. 177. 17. Jahrgang. 1. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. Donnerstag, 2. Auguſt 1900.

arbeit.

Internationaler Arbeiterschuh- Kongreß.

leisten können.

-

Abg. Motte, Textilfabrikant in Roubaix , befürwortet das Vor­gehen auf nationalem Wege für die einen, auf internationalem für die andern Industrien. Kein Sentimentalismus( Gefühlsduselei), solle die Nachtarbeit in der Textilindustrie beseitigt werden. man müsse positiv sein und die Anstrengungen begrenzen. Zunächst Damit schließt die Diskussion.

Ein Votum findet wiederum nicht statt. Der Vorsitzende kon= statiert mur, daß der Kongreß für ein Verbot der Nachtarbeit nach der Maßgabe der Möglichkeit" fei. Einige Abänderungsanträge, die sich gegen letzteren Ausdruck richten, gelangen nicht zur Abstimmung. Prof. Jay versichert aber, jener Ausdruck wäre nicht leisetreterisch gemeint.

*

Zweiter Verhandlungstag. Nachmittag.

Un=

In den Bergwerten tamen auf 10 000 Arbeiter tödliche Unfälle: 1833-1842: 41 jährlich im Durchschnitt 1853-1862: 34"

1863-1872: 29 1873-1882: 20 1883-1892: 1893-1898 ca. 11

"

"

"

"

"

18

"

"

nahmen, und die Ausdehnung des französischen Gesezes von 1900 Arbeiterinspektoren. Im Gegensatz zu Laporte zieht er gewählte auch auf die Männer, die in nicht gemischten Betrieben arbeiten. Arbeiterdelegierte als Hilfsinspektoren vor, denen das Vertrauen Prof. Jah erklärt namens der großen Mehrheit der Organi - der Arbeiter gesichert sei und durch deren Vermittelung die Paris , 28. Juli. sationskomitees des Kongresses, daß in ihrem Geiste die vorgeschlagenen Arbeiter selbst eine Kontrolle ausübten. Die Arbeiter hätten das 8 weiter Verhandlungstag. Vormittag. Schußmaßregeln unabhängig von jeder internationalen Regelung Recht, sich über die Sicherheitsbedingungen durch eigne Vertreter zu seien. Jedes Land könne für sich vorgehen, da der Arbeiterschuß vergewissern, sobald der Betrieb einen gewissen Umfang habe. Die Vorsitzender Scherrer St. Gallen. II. Verbot der Nacht auch im Interesse der Industrie, ihrer Stonkurrenzfähigkeit auf dem mit den französischen Arbeiterdelegierten in den Bergwerken gemachten Weltmarkt, liege. Prof Pic Lyon berichtet über den Stand der bezüglichen Gesetz­Erfahrungen seien nicht zu verachten, obwohl bei einer Griveitering Reüffer, Sekretär der Buchdrucker- Gewerkschafts- Föderation, dieser Institution bessere Resultate zu erzielen wären. Der Bergwerks­gebung in Frankreich . Die Nachtarbeit von 9 Uhr abends bis 5 Uhr konstatiert die Widernatürlichkeit der Nachtarbeit auch für sein Ge- delegierte sei nur Besucher und Berichterstatter, das Auge der morgens ist nur für Minderjährige bis 18 Jahren und Frauen ver- werbe. Aber ein Verbot von heute auf morgen sei unmöglich. Man Arbeiterschaft. Er dürfe von sich aus nicht einmal gefährliche Ar­boten. Für Männer kann das Verbot nur indirekt abgeleitet werden aus dem 12- Stundengesetz von 1848. In Wirklichkeit machten die müsse mit der öffentlichen Meinung, dem Widerstand der Unternehmer beiten unterbrechen lassen. Die Delegierten beschwerten sich, in der und selbst der Arbeiter rechnen. Die Ansprüche der Kundschaft seien Erfüllung ihres Amts gehemmt zu sein. Immerhin sei ihre zahlreichen Ausnahmen das Verbot auch für die erstere Kategorie das schwierigste Hindernis. Redner lobt die Errungenschaften des Wirksamkeit gewachsen. Insgesamt hätten sie 1898 20 199 illusorisch. Das Gesetz von 1900 ändere in Bezug auf die Männer erstattet gegen 17 523 im Jahre 1891. nichts, da es, wie dasjenige von 1848, über die Nachtarbeit der Deutschen Buchdruckerverbands. Ferner verlangt er höhere Strafen Berichte Männer schweigt. Zahlreiche Fabrikinspektoren und selbst einige für Uebertretungen des Nachtarbeitsverbots. zweifelhaft hätten sie die hygienischen Bedingungen günstig beeinflußt. Unternehmer die Zahl der leichteren Unfälle verringert, dagegen keinen nachweis­verlangten ein generelles Verbot der Nacht baren Einfluß auf die Verminderung der schweren Unfälle gehabt, arbeit für alle Kategorien. Wäre das aber ohne ein inter­vielleicht deshalb nicht, weil diese ohnehin wegen andrer Ursachen nationales Einvernehmen möglich? Der Handelsminister Millerand glaube das nicht. Der vollständige Mißerfolg der Berliner Konferenz rasch abnähmen. Das zeigte folgende Tabelle: 1890 in dieser Beziehung ermuntere aber nicht zu neuen internatio nalen Unterhandlungen. Redner glaubt jedoch, daß man auf inter­nationalem Wege von neuem etwas versuchen sollte. Seit 1890 hätten die internationalen Kongresse den Boden vorbereitet. X115= besondere werde das zu schaffende internationale Bureau vieles Dr. Mar Hirsch, der einen gedruckten Bericht über die Nachtarbeit verteilt hat, behandelt die Frage vom Standpunkt Die Abnahme der tödlichen Unfälle vor und nach der Ein­Deutschlands. Die Folgen der Nachtarbeit seien in jeder Hinsicht führung der Arbeiterdelegierten( 1891) fomme also sehr nahe der schädlich auch für die Produktion. Aus Anfragen bei Industriellen regelmäßigen arithmetischen Progreffion: 41, 35, 29, 23, 17, 11. Für die andren Industriezweige empfiehlt Redner gewählte nun wisse er, daß die Nachtarbeit mur 75 und sogar 60 Proz. des Tages- Borsitzender Prof. v. Philippovitsch- Wien . III. Die Gewerbe- Arbeiterdelegierte, die nicht nur, wie in den Bergwerken, über die arbeits- Ertrages in der gleichen Zeit liefere. Deutschland gehöre, Inspektion. wie die meisten Industrieländer, zur Ländergruppe, in der die Nacht- Brust, Vertreter des Deutschen Knappschaftsverbandes, be- Sicherheitsbedingungen, sondern über die Durchführung der ganzen arbeit für Frauen und Minderjährige verboten ist, für Männer dauert, daß Deutschland , im Gegensatz zu Frankreich , England und Gesetzgebung zu wachen hätten. Die Delegierten müßten ein Gehalt hingegen nur in einzelnen Fällen. Für erwachsene Männer befür- Belgien , noch keine Grubeninspektions- Delegierten aus der Arbeiter bekommen, um von den Unternehmern unabhängig zu sein. Eine wortet er die gesetzliche Beschränkung der Nachtarbeit auf 8 Stunden schaft befize. Die Mitwirkung der Arbeiter bei der Inspektion ſei Reihe ähnlicher Gewerbe könnten einem Delegierten anvertraut werden. Vielleicht könnte man auch nach englischem Beispiel die mit einem wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Wechsel der umentbehrlich. Tages- und Nachtschichten. Am besten aber wäre die Frage Girsberger, Vertreter der deutschen katholischen Arbeiter- Arbeiter- Inspektoren fakultativ machen für diejenigen Gewerbe, in auf privatem Wege zu regeln, durch das Koalitionsrecht und vereine: Die Gewerbe- Juspektion sei ohne das Vertrauen der denen die Arbeiter einen Delegierten wählen wollten. Einigungsämter, sei es mit den Prinzipalen oder gegen Arbeiter zu derselben unmöglich. Praktisch erfahrene Arbeiter müßten sie. Da Nachtarbeit umentbehrlich, so könne man nichts dagegen zur Inspektion herangezogen werden, nicht nur in den Bergwerken, fagen, wenn die Männer freiwillig sich dazu verständen. Redner sondern auch im Baugewerbe. Ferner seien Inspektorinnen not­lobt den Buchdruckertarif von 1891 als ein mustergültiges deutsches wendig, die mehr als Männer das Vertrauen der Arbeiterinnen Privatgesetz", wodurch auch die Nachtarbeit geregelt ist. Die Buchdrucker, erwerben tönnten. Preußen habe endlich das eingesehen, aber nur die meist zu den radikalsten" Arbeitern gehörten, seien doch nicht zwei Inspektorinnen ernannt. Der Vorsitzende erklärt, Baumés Resolution werde dem Protokoll Gegner der Nachtarbeit. Vor einigen Wochen habe ihm der Vor- Privatdocent Goldstein Zürich wendet sich gegen die am fizende des Buchdruckerverbands geschrieben, er wäre nicht für Vormittag gefallenen Aeußerungen, die moralische Erziehung der beigefügt werden, aber, wie alle andern Resolutionen, zur Abstimmung ein gesetzliches Verbot der fondern für eine Kundschaft wäre zur Durchführung der Schutzgeseze unentbehrlich. nicht vorgelegt werden. private Vereinbarung. Weiter lobt Hirsch die im Buchdrucker- Das fomme auf eine Entschuldigung der Unternehmer hinaus. Einstimmig sei die Unentbehrlichkeit des Vertrauens der Arbeiter zur Hierauf resumiert der Vorsitzende die Ergebnisse der Debatte: tarif vorgesehene höhere Bezahlung der Nachtarbeit. Also Wären im Gesetz keine Ausnahmen vorgesehen, dann würde die Gewerbe- Inspektion betont worden. An Fortschritten auf dem Gebiet feien gute Resultate auch ohne den Staat zu erzielen. Kundschaft keinen Unternehmer bevorzugen können und so sich an der Inspektionen habe man verlangt: Ernennung von Inspektorinnen, Doch solle nicht alles der privaten Vereinbarung überlassen werden, gesetzliche Bedingungen gewöhnen. auch in Bezug auf die Nachtarbeit der Männer, wie schon früher ausgeführt. Bei ungefunden Gewerben hätte das Gefeß die Nacht arbeit der Männer noch auf weniger als 8 Stunden festzusetzen. Laporte, Fabrikinspektor in Paris , kritisiert in scharfem Tone die mißbräuchliche Nachtarbeit, die besonders in den Pariser Mode­geschäften, bei den Zeitungsfalzerinnen und in den Broschier werfstätten praktiziert wird. Er führt u. a. einen Fall an, wo ein Modegeschäft am Vorabend des Grand Prix- Wettrennens auf Grund der Erlaubnis, bis 11 Uhr abends zu arbeiten, die Arbeiterinnen bis 2 Uhr nachmittags des folgenden Tages an der Arbeit festhielt. Er verlangt auf Grund seiner amtlichen Er­fahrung die unbedingte Beseitigung aller Ausnahmen in Bezug auf die Nachtarbeit.

Frl. Dr. Käthe Schirmacher bedauert, daß auf dem Kongreß nicht mehr Frauen und insbesondere Arbeiterinnen zugegen feien. Der neuliche internationale Frauenrechtlerinnen- Kongreß, wo allerdings die Französinnen in der Mehrheit waren, habe sich für Schutz­gesetze zu gunsten der Männer ausgesprochen, abet gegen jedes Schutzgesetz für Frauen. Das erkläre sich daraus, daß die Frauen in den Schutzgesetzen eine Beseitigung der Frauenkonkurrenz erblickten. Die Buchdrucker seien besonders grausam" gegen die Frauen. Ein französischer Redner spricht für die 6 stündige Nachtarbeit und gegen jede Ausnahmen. Pourcines, Fabrikinspektor in Nanch, begründet im Ein­verständnis mit Baumé und Thierrart eine Resolution, betreffend das Verbot der Nachtarbeit auch in der Wohnung des Arbeiters, wenn dieser für den Unternehmer arbeitet.

Leblanc, Vorsitzender des Unternehmerverbands der Leinen­industrie des Nord- Departements, verlangt die vollständige Abschaffung der Nachtarbeit in der gesamten Textilindustrie, mit einigen Aus­

Eine Goethe- Stiftung.

Auf eine Anregung hin, die der verdiente Ferdinand Avenarins fm Sunstart" gegeben, haben etwa hundert Schriftsteller und Künstler eine Betition an den Reichstag unterzeichnet, in der die Schaffung einer Reichsstiftung zu gunsten der deutschen Dichtung, einer Goethe- Stiftung, gefordert wird. Die Petition geht von dem Grundgedanken aus, daß das Deutsche Reich nicht nur die ideale Verpflichtung, sondern auch das höchste kulturelle Suteresse daran habe, durch eine direkte Unter­stützung sowohl wie durch gesetzgeberisches Eingreifen dem wertvollen dichterischen Schaffen den gegenwärtig so ungemein schwierigen Eriſtenzkampf gegenüber der alles überschwemmenden und den litterarischen Geschmad verseuchenden wertlosen Unterhaltungslitteratur zu erleichtern. Die Petition hat folgenden Wortlaut:

Der Reichstag wolle die verbündeten Regierungen ersuchen, einen Gesetzentwurf betr. Errichtung einer Goethe- Stiftung auf folgender Grundlage dem Reichstage zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorzulegen:

I.

V

Baumé, Sekretär des Pariser Gewerkschaftsverbands, beantragt eine Resolution betr. Wahl der Arbeiterdelegierten durch die Gewerk­schaften. Die Arbeiter selbst müßten über die Schutzgesetze wachen. Es gebe zahlreiche Inspektoren, die nur den Speisesaal der Unter­nehmer fennten.( Rufe: Namen nennen! Verleumdung!) Redner hält seinen Ausdruck aufrecht.

Guyon, Fabrikinspektor in Montréal ( Kanada ), dankt dem Einführung von Arbeiterinspektoren, Schaffung einer ärztlichen In­ehemaligen Mutterland" für den wohlthätigen Einfluß der fran- gejeze. Außerdem sei noch die private Mithilfe bei der Überwachung fran- spektion, Erhöhung der Strafen für die Uebertretung der Schuß­zösischen Gewerbe- Inspektion auf die kanadische. der Schutzgeseze betont worden.

Laporte, Fabrikinspektor in Paris , schließt sich den Aus­führungen Girsbergers an. Mitterand hätte ihn über die Heran­ziehung der Arbeiter zur Inspektion befragt. In seinem dem Minister unterbreiteten Entwurf spreche er sich gegen Arbeiterdelegierte nach dem Muster der Bergwerksdelegierten( délégués- mineurs) aus, weil für jede Industrie besondere Fachleute nötig wären, die in so großer Zahl nicht zu beschaffen seien.

Quillant Paris , Arbeiterbeisiger im Gewerbegericht, verlangt insbesondere wirksamen Schutz der Lehrlinge gegen Neberarbeit, und macht auf den Verein zunt Schutz der jugendlichen Arbeiter auf merksam, der der Gewerbe- Inspektion nüzliche Dienste leisten könne. Fräulein Bouvard Paris spricht über die straflose Ueber­tretung der Schutzgeseze in den Klosterwerkstätten und Waisenhäusern und beantragt eine Resolution auf Beseitigung jeder industriellen Lohnarbeit in den genannten Anstalten.

Dubois, Direktor des belgischen Arbeitsamts, bringt ein­gehende Angaben über die Organisation der belgischen Gewerbe­inspektion. Laporte habe bereits von den Schwierigkeiten der Arbeiter inspektion gesprochen. In Belgien wäre sie undurchführbar. Dort gebe es jetzt bloß 11 Jnspektoren, es wären aber 20 bis 25 Arbeiter inspettoren erforderlich. Die 11 Inspektoren seien Ingenieure ver­schiedener Specialitäten, außerdem gebe es 4 Arbeiterinspektoren, die ebenfalls von der Regierung ernannt würden und dieselben Rechte hätten wie die ersteren, sowie die gleiche Achtung bei den Unter­nehmern genössen. Allerdings sei ihr Gehalt niedriger. Fontaine, Direktor des französischen Arbeitsamts, fommentiert feinen im Kongreß verteilten gedruckten Bericht über die Frage der

*

Dritter Verhandlungstag. Vormittag. Vorsitzender Nyssens, ehemaliger Arbeitsminister in Belgien . In der fünften und letzten Sizung wurde behandelt der 4. Punkt der Tagesordnung: Internationale Vereinigung für den gejeglichen Arbeiterschuß.

Prof. Ma haim Lüttich , Berichterstatter der Kommission, die den Organisations- Entwurf der internationalen Vereinigung aus­zuarbeiten hatte: Die Kommission habe auf Grund gegenseitiger Bugeständnisse den Entwurf einstimmig votiert. Sie bitte daher, von jeder Aenderung abzusehen. Zwei Hauptpunkte kennzeichneten den Entwurf. Erstens die Schaffung eines engen Bandes zwischen den Arbeiterschutzfreunden aller Länder. Welch großartige Thatsache sei diese Einigung von Menschen aller Klassen, Parteien und Ländern, von Priestern und Kollektivisten, von Bourgeois und Arbeitern! Eine neue Internationale sei entstanden, eine Internationale des Friedens, während die alte dem Kampf gegolten habe. Zweitens sehe der Entwurf ein privates, internationales Arbeitsamt vor, da die Er­fahrung gezeigt habe, daß auf ein offizielles Arbeitsamt nicht zu hoffen sei. Redner erinnert an die bezüglichen Aeußerungen Millerands in der Deputiertenkammer und in der Eröffnungsfizung des Kongresses.

Im folgenden die Hauptbestimmungen des Entwurfs: Es wird eine Internationale Association für den gesetzlichen Arbeiterschutz ge­bildet, deren Sitz in der Schweiz ist. Der internationale Arbeiter­

Der Petition ist eine eingehende Begründung beigegeben, deren Es ist unbestreitbar, daß die deutsche Nationallitteratur fich in wichtigste Punkte furz wiedergegeben werden mögen. Die Begrün- einer überaus traurigen Lage befindet. Die Unterhaltungslitteratur dung zu I. erläutert zunächst den Gegensatz zwischen dem Tages- seichten und seichtesten Genres überwuchert auf der Bühne wie auf Marktwerte einer poetischen Produktion und ihrem idealen Werte dem Büchermarkt und in den Journalen alles und beraubt die ge­für die Nation. Beide Werte seien meist grundverschieden. Eine haltvolle Litteratur fast jeder Entwicklungsmöglichkeit. Die Leih­seichte Produktion, die dem ungeläuterten Geschmack der Masse ent- bibliotheken thun dann noch das Ihrige zum Stuin des Geschmacks spreche und derem schlechten Instinkt schmeichle, befize einen unendlich und der Poesie. viel höheren Marktwert, als das ernste, alle Konzessionen verschmähende Nur einzelnen echten Talenten gelingt es, sich aus den Wert eines echten Dichters. Oft erhalte auch ein derartiges Werk erst Niederungen des Unbeachtetseins und der materiellen Not zu den nach dem Tode des Autors einen erheblichen Marktwert, gerade erst dann, Höhen der Berühmtheit und der glänzenden Tantièmen und wenn das Urheberrecht der Hinterbliebenen des Verfaffers bereits Honorare emporzuarbeiten. Aber selbst sie verdanken, es oft erloschen sei. Die Goethe Stiftung solle diese Mißstände nach nicht der alle Widerstände niederwerfenden Kraft ihres Genies, Möglichkeit beseitigen, und zwar dadurch, daß sie durch Erwerbung sondern äußeren Zufällen oder einer gewissen Anpassungs­des Urheberrechts an wertvollen Dichtungen, deren Marktwert ein fähigkeit, die gerade die stärksten und ehrlichsten Talente geringer sei, dem Dichter einen Kaufpreis oder eine Rente gewähre, nicht besigen. Hauptmann wäre vielleicht nicht geworden, als was Sie ihn der materiellen Not enthebe und seinem ferneren Schaffen er heute überall bekannt ist, wenn ihm seine Vermögensverhältnisse die Wege ebne; eine Art der Unterſtüßung, die auch den Hinter- nicht Unabhängigkeit und Siegeszuversicht verliehen hätten. Suder­bliebenen noch über das 30. Jahr nach dem Tode des Autors hinaus mann besaß einen glücklichen Instinkt für aktuelle Stoffe und für au gute tomme. Die Goethe Stiftung als Verleger habe aber die Grenze, bis zu der er sich die moderne Technik zu eigen machen nicht nur die Interessen des Autors wahrzunehmen, sondern auch durfte, ohne selbst für Theaterbesucher gewöhnlichen Schlages durch Vertretung wohlfeilerer Ausgaben den litterarischen Kon ennuyant zu werden. Mindestens ebenso Begabten war ein minder sumenten entgegenzukommen und für Läuterung des Geschmacks der- glückliches Los beschieden. Liliencron , dem bedeutendsten Lyriker der felben Sorge zu tragen. lezten Jahrzehnte, brachte der reiche Ertrag eines sechzehnjährigen Schaffens nicht so viel ein, daß er auch nur die nackte Gristenz von seinem Schriftstellerhonorar hätte fristen können, so daß schließlich eine Sammlung für ihn veranstaltet werden mußte, deren Ertrag freilich ebenso deutlich die litterarische Jntereffelosigkeit des zahlungsfähigen Publikums bewies, wie der mehr als mangelhafte Abfaz seiner Werke. Auch für Arno Holz mußte gesammelt werden, einen Lyriker, aus dessen feuriger Jugendlyrik dem Leser Genieflammen entgegenzungelten. An diesem legten Dichter läßt sich auch der melancholische Nachweis führen, daß die materielle Misere dem Dichter nicht nur das Leben zu Der Goethe- Stiftung wird aus Reichsmitteln eine jährliche Da der Reichszuschuß von 250 000 M. zur Verwirklichung der verbittern, sondern ihm auch die Schaffenstraft zu fuiden vermag. Beihilfe von 250 000 Wt. gewährt. Das Urheberrecht an Dichtungen Aufgaben der Goethe Stiftung nicht ausreiche, empfehle es sich, die Holz hätte nur ein wenig mehr Beifall und ein wenig flingenden ferner erlischt fortan nicht mehr zu einem bestimmten Zeitpunkt, Verleger durch eine Aenderung des Urheberrechts insofern zu einer Lohn für sein Jugendwerk zu finden brauchen und er wäre nicht sondern geht dreißig Jahre nach dem Tode des Urhebers Steuer heranzuziehen, daß sie auch noch nach dem Erlöschen des unter die verkannten Erfinder gegangen. in das Eigentum der Goethe Stiftung über. Dieses jedoch gegenwärtig geltenden Urheberrechts, also nach dem verflossenen Das Elend der Litteratur ist nun nicht etwa einer in der mensch­mit der Beschränkung, daß die Goethe- Stiftung nicht das Recht zur 30. Jahr nach dem Tod des Autors, etwa 1 Proz. des Netto- lichen Natur liegenden Stumpfheit des Durchschnittsmenschen gegen­der Offenbarungen Genehmigung oder Verweigerung irgendwelcher Neudrucke oder gewinns oder 2 Proz. des Reingewinns an die Goethe- Stiftung ab- über dichterischen Ingenien ge= Aufführungen, sondern nur das Recht zu einer mäßigen Gewinn zuführen verpflichtet seien. Eine Verteuerung der Schriften durch schuldet, sondern wesentlich den kapitalistischen Bu beteiligung daran haben soll. eine so geringfügige Steuer sei nicht zu befürchten, dagegen er ständen. Es wird vermutlich zu allen Zeiten und in jeder III. scheine es als ein ermutigender und belohnender Gedanke für noch Gesellschaftsordnung erlesene Geister geben, zu deren einsamer Höhe einfame Geisteskämpfer, daß ihre Werke dereinst noch den Dichtern nur wenige verwandte Geister mit bewunderndem Verständnis tommender Jahrzehnte auch zur petuniären Befruchtung dienen emporzuschauen vermögen, allein das heutige litterarische Banausen­könnten. tum, die gegenwärtige geistige Indolenz ist unzweifelhaft in den Selbstverständlich sei, daß die Goethe- Stiftung fich nicht in gesellschaftlichen Zuständen begründet. Aus welchen Kreisen soll sich den Dienst einer bestimmten Geistesrichtung zu stellen, sondern denn die litterarische Gemeinde die litterarische Gemeinde der zeitgenössischen Dichter starte Talente aller Richtungen zu fördern habe. refrutieren? Da das akademische Studium im wesentlichen ein

Unter dem Namen" Goethe- Stiftung" wird eine nationale Stiftung errichtet zur Unterstützung des wertvollen dichterischen Schaffens im Wettbewerb mit der bloßen Unterhaltungsliteratur. Indem die Goethe- Stiftung einerseits das dichterische Schaffen vom Tages- Marktivert unabhängiger macht, soll sie andrerfeits gediegene dichterische Schöpfungen auch der Gegenwart für die Allgemeinheit leichter zugänglich und somit schneller nuß- und fruchtbar machen.

II.

Ueber die Einrichtung und Verwaltung der Goethe Stiftung werden die Einzelheiten beschlossen, nachdem hierüber Gutachten eingeholt sein werden von einem Ausschuß, dessen 30 Sach­verständige zur Hälfte vom Vorstande der Deutschen Schiller­stiftung", zur andern Hälfte vom Vorstande des Deutschen Schrift steller- Verbandes" ernannt werden.

Zu II wird darauf hingewiesen, daß das Reich sich den Ver­pflichtungen um so weniger entziehen könne, als z. B. im preußischen Etat ungleich beträchtlichere Summen für Zwecke der bildenden Kunst bereit gestellt jeien. Allein der Etat der Kunstmuseen zu Berlin betrage 1 663 779 M., der des dortigen Kunstgewerbemuseums 506 862 M. Wenn man ferner die im Etat vorgesehenen Summen für Aus grabungen, die der Wissenschaft über eine frem de Kunst dienten, zum Vergleich heranziehe, werde man die Forderungen als äußerst bescheidene bezeichnen müssen.

den

ganz