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Ir. 252. 17. Jahrgang. 2. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. Sonntag, 28. Oktober 1900.

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Der Alkoholismus   und seine Bekämpfung.

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Kennzeichen des chronischen Alkoholismus sind: fitt Da die Trunksucht eine Krankheit ist, sollten die Kranken liche Entartung, Steigerung der Reizbarkeit, geistige Verstimmung, tassen verpflichtet sein, für die Behandlung Trunksüchtiger zu Abnahme der Willenskraft und der geistigen Leistungsfähigkeit. Dazu sorgen. Auch die Invaliditätsanstalten müßten dazu an­tritt Eifersuchtswahn, Kopfschmerz und Benommenheit, Störungen gehalten werden, da bei rechtzeitiger Fürsorge der Kranke geheilt der Sinnesapparate, besonders Illusionen und Halluzinationen im und so vor Arbeitsunfähigkeit bewahrt wird. Gebiet des Gesichts- und Gehörsinnes, die sich zu Sinnes­( Der nachstehende Artikel ist dem im Erscheinen begriffenen Lieferungs- täuschungen steigern, welche auch zu Gewaltthaten Anlaß geben Gesundheitsschus in Staat, Gemeinde und Familie" fönnen, da sich im Rausche alle Vorstellungen leichter in Hand­Ferner zeigen sich Das Branntweintrinken ist, wie ein Blick auf die von Emanuel Wurm  ( Verlag von J. H. W. Die Nachf. in lungen umsezen als im normalen Zustand. Stuttgart  ) entnommen. Wir können das betreffende Wert unsren Störungen der Bewegungsnerven, die zum Bittern an Zunge, Länder und Bevölkerungsgruppen zeigt, in denen es herrscht, in Lesern nur angelegentlichst empfehlen.) Lippen, Gesicht und Händen führen, besonders im nüchternen erster Linie und in überwiegender, mitunter ausschließlicher Weise Schnaps Zustand, während es sich nach Alkoholgenuß mäßigt. Auch bedingt durch die sociale Lage der Bevölkerung. Alloholische Getränke fönnen, in mäßiger Menge genoffen, für Badenträmpfe und Lähmungen, namentlich der Gesichtsnerven und in trinkt im allgemeinen nur derjenige im Uebermaß, der un­Er will die erwachsene Personen als Reizmittel zur Förderung der Verdauung den Beinen treten auf, außerdem Neuralgien, Abnahme des Geschlechts- genügend und schlecht genährt wird. dienen; dagegen führt Unmäßigkeit in ihrem Genuß zur Bertriebs und der Begattungsfähigkeit. Mängel seiner Kost durch ein ihm mundendes Getränk verdecken. oder auch rüttung des Körpers und Geistes. Je alkoholreicher ein Getränk Durch den beständigen Reiz, den der Alkoholgenuß auf das Tagaus, tagein Kartoffeln und trocenes Brot oder ist, um so rascher und stärker wirkt es, deshalb ist Branntwein Gehirn ausübt, entzünden sich allmählich die Hirnhäute und als erste reichhaltigere, aber nicht schmackhaft zubereitete Nahrung, wie sie ( gewöhnlicher mit 33 bis 45, Cognac mit 40 bis 70, Mahnung des bevorstehenden geistigen Verderbens zeigt sich der in den billigen Gastwirtschaften und noch mehr von des Kochens Arrak mit 60, Rum mit 52 bis 75 Prozent Alkohol) am ver- Säuferwahnsinn, das Delirium tremens( das zitternde Delirium), unkundigen Arbeiterfrauen geboten wird, treiben dazu, durch derblichsten, während Bier, dessen leichtere Sorten 3 bis 4 und so genannt, weil es von heftigem Gliederzittern begleitet ist. Nach Schnaps die Mahlzeit wohlsch medender zu machen. Und dessen schwerere 4 bis 6 Proz. Alkohol enthalten( Weiß- und Braun- irgend einer schwächenden Gelegenheitsursache, einem schweren Rausch da der Branntwein wie das Bier um so schädlicher wirken, je schlechter bier nur 1½½ bis 3 Proz.) und Wein( Mosel   mit 6, Rheinwein bis oder irgend einer inneren Krankheit, namentlich Lungenentzündung, genährt der Körper ist, so wird gerade der Widerstandsunfähigste am 13, Champagner, Bordeaux   und Burgunderwein bis 14, Portwein, aber auch nach plöglicher Entziehung des gewöhnten Alkohols meisten in Versuchung geführt und am schlimmsten geschädigt. Madeira  , Malaga 15 bis 24 Proz.) erst in größeren Mengen be- bricht der Wahnsinn aus; schredende Hallucinationen quälen den Kranken, Die ungenügende Ernährung des Volts wird aber nicht nur rauschende Wirkungen äußert.*( Näheres über die Zusammensetzung der von Unruhe und Schlaflosigkeit verfolgt wird. Gelingt es, ihm durch zu niedrige Löhne bedingt, sondern auch durch zu hohe der Getränke siehe bei Genußmittel".) Schlaf zu verschaffen, so erfolgt in 85 Proz. der Fälle Nahrungsmittelpreise, wie sie u. a. durch Zölle auf lebermäßiger Wein- und Biergenuß führt eben- Genesung. Demnach ist der Säuferwahnsinn als eine heilbare Getreide und Fleisch veranlaßt wird. Alle Nahrungs­falls zu schweren Erkrankungen, besonders zu Herzverfettung und Geisteskrankheit zu betrachten, vorausgesetzt, daß der Säufer gleich mittelgölle tragen zur Verbreitung der Schnaps­Leberleiden, schließlich zum alkoholischen Insinn. Das Fettherz der zeitig auch seine Leidenschaft bezwingt. Meist aber gelingt ihm das pest wesentlich bei! Biertrinker und die geistige Stumpfheit der gewohnheitsmäßigen letztere nicht und dann verfällt er dem dauernden alkoho Eine zweite Ursache des Umfichgreifens der Trunksucht ist die Bertilger größerer Biermengen, wie sie sich besonders bei der lichen Frresein, in dem Geist und Körper des Säufers rasch übergroße Anstrengung der Arbeitenden, sowohl durch zu studierenden Jugend bemerkbar macht, sind nicht wenig verbreitet. gänzlich verfallen und er rohe Gewaltthaten, besonders gegen die lange Arbeitszeit wie zu schwere Arbeitsleistung. Am schädlichsten ist der sogenannte Frühschoppen", der Bier- oder Familie begeht, da er beständig von Verfolgungswahn und Schreck- Freilich giebt der Alkohol nur scheinbar neue Kraft; im Gegen Weingenuß am Vormittag. Noch schlimmer ist die in so vielen bildern gepeinigt wird, so daß er in höchsten Grade gemeingefährteil, der Schnapstrinker wird hinter dem enthaltsamen Arbeiter auf Industriegegenden übliche Unfitte, daß die Arbeiter früh Morgens, lich ist. Schließlich verblödet der Alkoholiker vollständig. die Dauer zurückbleiben. Denn der Alkohol wirkt nur als Reiz­wenn sie zur Arbeit gehen, anstatt eines warmen Getränks( Kaffee Die Trunksucht ist ein um so furchtbareres Uebel, als sie vermittel wie die Peitsche auf das Pferd. Weder durch Prügel oder Milch) bereits Bier trinken. erblich ist und ganze Generationen verelenden kann, gleich noch durch Schnaps wird die Müdigkeit dauernd beseitigt; wenn zeitig treten bei den Kindern Anlage zur Epilepsie und Nerven- der Anreiz verschwunden ist, der Alkohol seine anregende Wirkung schwäche auf. geäußert hat, tritt nur noch größere Ermüdung ein, da ja nun noch die betäubende Wirkung des Alkohols dazu tommt. anlaßt, eine noch größere Portion des verderblichen Reizmittels zu nehmen und so fort, bis Trunkenheit eintritt. Die Uebermüdung der arbeitenden Bevölkerung ist also die zweite Ursache der Schnapspest! Ein gutgenährter Mensch, mit kräftigem Mustel bau, tann bei beginnender Ermüdung durch einen Schluck Branntwein seine Leistungsfähigkeit vorübergehend steigern. Über er verbraucht dann auch mehr von den Stoffen, durch deren Um­segung er überhaupt Arbeit leistet, das heißt noch mehr gute, nahr­hafte soft. Hann er sich diese bieten, so wird ihm ein fleiner Schluck Branntwein nicht schaden; der ermüdete, übermüdete und ungenügend genährte Arbeiter wird jedoch stets vom Branntweingenuß feinen Vorteil ziehen.

Die traurigsten Folgen verursacht aber die Trunksucht in den jenigen Bezirken und Ländern, in denen der Branntwein das Boltsgeträut ist. Sie ist hier in so erschreckendem Maße verbreitet und greift so rapide um sich, daß man von einer Schnaps pest reden tann. Ob der Branntwein mehr oder weniger frei von Fuselölen ist, spielt dabei keine so große Rolle, auch ist der gewöhnliche, in Deutschland   hergestellte Kartoffelschnaps davon freier, als man lange Zeit annahm. Nur der Absynth   wirkt nicht nur durch seinen höheren Alkoholgehalt, sondern auch durch feine ätherischen Dele noch zerrüttender auf das Gehirn als der gewöhnliche Schnaps.

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Die Kinder trunksüchtiger Eltern neigen, teils in­folge der erblichen Belastung, teils infolge der durch die Trunksucht hervorgerufenen Zerrüttung des Familienlebens entschieden mehr als andre Personen zum Verbrechen. Deshalb ist der Vorschlag be­achtenswert, daß bei Belasteten der Staat die Erziehung mehr als bisher überwache, und wenn das Kind eines Trinters fich eines Ver­gehens schuldig macht, der Staat dann sofort die weitere Erziehung unter seine Kontrolle stellt, indem das Kind entweder bei den Eltern bleibt, aber unter staatlicher Ueberwachung, oder in eine Ganz entseglich sind die Wirkungen des Aethers( Schwefel- Erziehungsanstalt überführt wird. Freilich dürfte die Ueber­äther's), der dort, wo der Branntwein durch Steuern verteuert wachung nicht den dazu ganz ungeeigneten Polizei- Organen über­ist, als Berauschungsmittel benügt wird, so unter der ostpreußischen wiesen, sondern müßte durch freiwillige Pfleger aus Bürgerkreisen Landbevölkerung. Der Aethergenuß erzeugt krankhaften Stumpffinn, ausgeführt werden. auch Herz- und Gehirnschlag. Um dem Aethergenuß Einhalt zu thun, ist im Deutschen Reich im Oktober 1900 die Steuerfreiheit des zur Wetherbereitung dienenden Spiritus aufgehoben und dadurch

der Aether verteuert worden.

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Das

Mitunter tritt der Alkoholismus nicht als danernde, sondern als Ganz ähnlich verhält es sich mit der erwärmenden periodische Erkrankung auf, d. h. es wechseln Zeiten vernünftiger Wirkung des Alkohols; auch diese ist nur eine scheinbare. Lebensweise mit denen des ausschweifendsten Altoholmißbrauchs ab; warme Blut aus dem Innern des Körpers strömt bei Alkoholgenuß man nennt diese Erscheinung den Quartalsuff, die Dipsomanie( vom reichlicher in die Haut und verursacht dadurch das Gefühl der Durch fortdauernden Alkoholmißbrauch werden förper- griechischen dipsa, Durst). Es zeigt sich von Zeit zu Zeit ein unwider Wärme, in Wirklichkeit aber entsteht wegen der Abkühlung des liche und geistige Störungen hervorgerufen, die, anfänglich wenig tehlicher Drang nach dem Genuß alkoholischer Getränke, auch nach Störpers ein Wärmeverlust, der durch eine vermehrte Wärme­oder gar nicht bemerkbar, schließlich zur völligen Zerrüttung des Effig, ja nach Petroleum, wobei Schlaflosigkeit, Appetitmangel, Un- produktion ausgeglichen werden muß. Da diese aber wie die Geistes und Körpers führen. Zunächst zeigen sich nur leichte Ver- ruhe auftreten. Selbst bedeutende Mengen Alkohols führen dann Arbeitsleistung nur durch die im Körper stattfindende Verbrennung. dauungsstörungen, dauernder Magentatarrh mit Appetitlosigkeit, der nicht Trunkenheit herbei. Nach Ende des Anfalls tritt geistige von Nahrungsstoffen stattfindet, so muß der Körper den Wärme­durch scharf gewürzte Speisen zu überwinden gesucht, aber dadurch Stumpfheit ein, auf die eine Zeit geringer geistiger Widerstands- verlust durch gesteigerte Nahrungszufuhr sofort ersetzen. Stann er dies, noch verschlimmert wird. Es folgt Leberverfettung, Herzschwäche, Ver- fähigkeit und Reizbarkeit folgt. Bei häufiger Wiederkehr entwickelt dann findet allmählich ein Ausgleich statt. Wenn aber ein schwacher, schlechterung des Bluts und dadurch der Ernährung des Störpers wie fich chronischer Alkoholismus. schlecht ernährter Mensch Brantwein trinkt, um sich zu erwärmen, des Nervensystems. so erreicht er damit das gerade Gegenteil, er wird nur infolge des Wärmeverluftes noch mehr frieren, darauf hin zu aber­bis sich schließlich alle schlimmen Wirkungen der Alkoholvergiftung maligem Branntweintrinken getrieben und dann noch mehr geschädigt, bei ihm einstellen und er zum Gewohnheitstrinker wird. Was an­fänglich ein selten gebrauchtes Genußmittel, eine Arznei war, ist zum Lebensbedürfnis geworden!

in

Wein

*) Der Verbrauch alkoholischer Getränke betrug Die Heilung der Trunksucht ist sehr schwierig. Sie nach einer in Conrads Handwörterbuch der Staatswissenschaften" hat zunächst die Umgestaltung der socialen Berhältnisse des Kranken zur Voraussetzung, ebenso die seiner geistigen. Ver­1899 mitgeteilten Tabelle in Litern Bier, Wein, Branntwein und leitung und Gelegenheit zum Trinken muß nicht nur genommen, den in diesen Getränken enthaltenen Mengen sondern ihre Beseitigung vom Kranken selbst gewollt werden, wenn wasserfreien( hundertgrädigen) Alkohol jährlich pro nicht Rückfälle eintreten follen. Dann versuche man, dem Kranken Kopf der Bevölkerung: Etel vor Branntwein beizubringen, indem man ihm alle Speisen Brannts Gesamts und Getränke mit demselben versezt oder man mische ekelerregende wein Alkoholtonfum Mittel( Brechweinstein oder Ipecacuanha) in den Branntwein, den man anfänglich dem Trinker nicht ganz entziehen kann. Dazu gebe man ihm leichte Biere und Kaffee oder Thee als Anregungsmittel, ferner leichtverdauliches, reizloses Essen, veranlasse ihn zu regelmäßigen Spaziergängen, Turnen oder Zinmergymnastik und täglichen lau­warmen Abreibungen( 23 Grad Celsius), Dampfbädern mit nach folgender Packung oder lauwarmen Bädern mit nachfolgenden kalten, turzen Douchen; nachts gebe man einen Leibumschlag, um einen ruhigen Schlaf zu erzielen. Mitunter muß zu diesem Zwecke auch zu chemischen Schlafmitteln( Opium oder Chloral) gegriffen werden, selbstverständlich nur nach Anordnung des Arztes!

Belgien  

Bier

Liter

Liter

169,2

3,7

Liter 14,1

Frankreich  

22,4

103,0

12,4

Dänemark  

33,3

1,0

26,7

Liter 11,68 11,12 10,30

Deutschland  

106,8

5,7

13,2

Großbritannien  

145,0

1,7

8,4

Schweiz  

37,5

55,0

9,3

9,01 8,73 7,90

Destreich- Ungarn  

35,0

22,1

12,45

7,09

Italien  

0,9

95,2

2,01

6,42

Holland

29,0

2,6

14,1

Rußland

4,7

3,3

14,1

5,15

Norwegen  

15,3

1,0

12,0

Vereinigte Staaten

47,0

Schweden  

11,0

1,8 0,4

7,74 4,8

6,14

4,68 4,60 2,07

Die Beobachtung und Heilung eines Truntjüchtigen kann wirt. fam meist nur in geschlossenen Anstalten( Trinkerasy I en) durchgeführt werden. Ihre Errichtung macht sich in steigendem Maße

ge=

und arme

Eine dritte Ursache, die den von früh bis zum späten Abend fich abarbeitenden Proletarier zum Schnapsgenuß treibt, ist das geistige wie törperliche Unbehagen, das er durch einen Rausch betäuben und vergessen will. Namentlich ungenügende, überfüllte und unschöne Wohnräume geben vielfach dazu Ver­anlaffung, daß ihre Bewohner das Wirtshaus aufsuchen. Die stetig wachsende Wohnungsnot trägt viel zur Verbreitung der Trunks fucht bei. Im unfreundlichen, ungemütlichen Heim sucht der Arme entweder nach der Tagesarbeit bald seine schlechte Lagerstatt auf und nimmt die Schnapsfllasche mit, aus der er trinft, bis er ent­schlummert und sein Elend nicht mehr fühlt. Oder er geht ins Wirtshaus, wo er mit Kameraden zusammen sich über die Dede feiner Existenz hinwegtrinkt. Hierzu kommt noch der berechtigte

ang zur Geselligkeit, der das Kneipenleben veranlaßt. Und da ein Wirt nicht mit Gästen bestehen kann, die wenig ver­zehren, andrerseits in Gesellschaft einer den andern zum Trinken an­reizt, ebenso der Dunst und Rauch in der Wirtsstube, so endet die Unterhaltung nur zu oft mit Völlerei, wie dies ja nicht nur bei den Die Länder mit größtem Branntweinverbrauch sind demnach in ausreichendem Maße zu erfolgen. Im Deutschen Reiche ist bis ärmisten und daher am wenigsten unterrichteten Voltsschichten zu feineswegs auch stets diejenigen, in denen der meiste Alkohol in den jetzt von diesen nichts geschehen. Die zur Zeit in Deutschland   be- beobachten ist, sondern auch bei den Wohlhabenderen, nament verschiedenen Getränken konsumiert wird. Nur in Belgien   fällt der Private, zum größeren Teil durch die Vereine für innere Mission, bedingt, folglich ist er auch nur durch sociale Maß­stehenden Trinker heilanstalten sind zum Teil durch lich den Studenten und Studierten. Der Alkoholiißbrauch wird also durch sociale Ursachen größte Alkoholkonsum mit sehr starkem Branntweinkonsum zu den Deutschen   Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke und nahmen zu beseitigen! Borzubeugen und zu verhüten, daß fammen, in Frankreich   ist es der große Weinverbrauch, der es in den Mäßigkeitsverein des Blauen Kreuzes" ins Leben die zweite Linie der alkoholverzehrenden Länder stellt. Den stärksten rufen. Für bemittelte" Trunksüchtige bestehen zur Zeit in die Bevölkerung der Trunksucht in die Arme getrieben Branntweintonjum hat Dänemark  . Der Biergenuß aber ist in Groß- Deutschland 9 Anstalten, für wenig bemittelte wird, ist die große Aufgabe, die von der hygiene britannien größer als in Deutschland  , das gewöhnlich als das bier- Trinter und Trinkerinnen 18 Anstalten( in Bayern   und Württemberg  der Socialpolitit gestellt wird! feligste Land gilt. Dafür ist dort der Branntweinkonsum, Dank der feine einzige). Die Verpflegungspreise in den Anstalten für wenig große und beständig wachsende. Die Zahl der Opfer des Alkoholismus   ist eine erschreckend Allein in Berlin   verfallen jährlich burchschnittlich besseren Lage der Massen, niedriger als in Deutsch   bemittelte und unbemittelte Trinter schwanken zwischen 150 und etwa 800 Personen dem Delirium tremens; in Deutschen Reich land! Rußland, das man gern als das trinkfesteste Land hinstellt, 1800 m. jährlich. Eine kostenlose Heilstätte hat Graf Kurt zur Lippe liegen jährlich an 12 000 Personen infolge ihrer Trunksucht in den tommt erst in zehnter Linie, jein Branntverbrauch steht weit hinter im Sommer 1900 zu See( im Kreise Rothenburg   in Schlesien  ) Krankenhäusern, 32 000 fallen der Armenpflege zur Last, 14.000 dem Dänemarks   zurück und ist nur wenig höher als der deutsche, eröffnet, doch müssen hier die Aufgenommenen einen einjährigen Arbeits- Trinter find in Strafanstalten, 6000 in Frrenanstalten. Ein Viertel doch sind hier die statistischen Angaben nicht ganz zuverlässig. kontrakt abschließen.*) In sämtlichen vorhandenen Anstalten ist In der veranschlagt v. Beller auf im Ganzen 1911 Millionen Mark jährlich füchtige Platz vorhanden. Nun sind aber 1895 allein in Preußen welche ergeben, daß von allen im Alter von 20 bis 40 Jahren er­nur für etwa 400 männliche und 120 weibliche minder bemittelte Trunk sämtlicher Geistesgestörten find durch den Trunt erkrankt. Schweiz   find genaue statistische Erhebungen angestellt worden, und pro Kopf der Bevölkerung auf 37.21 M.( davon 22,16 M. für 1356 Fälle von Säuferwahnsinn in den Irrenhäusern und 10 983 Fälle folgten Todesfällen 11,2 Proz., und von den im Alter von 40 bis Bier, 18,20 W. für Branntwein, 2,85 M. für Wein), eine Ausgabe, von Trunksucht in den Krankenhäusern behandelt worden. Nur diejenigen 60 Jahren erfolgten 15 Proz. den Folgen des Alkoholismus zuzu­die nicht viel hinter dem Wert der deutschen Getreide- Ernte Personen, welche geistestrant waren, bevor sie Trinker wurden, so­zurückbleibt! Das beste Mittel zur Vertreibung der Schnapspeſt wie die, welche durch den Trunk unheilbar verblödeten, sollten in schreiben sind, das heißt also: daß jeder zehnte Mann ist gutes, bekömmliches, nicht zu leichtes und nicht zu schweres Bier. Zutreffend sagt C. v. Stein in seiner Finanzwissenschaft: Unsere Irrenanstalten untergebracht werden, während für alle andern die an den Folgen des Trinkens zu Grunde geht! Trinterasyle bei längerem Aufenthalt( mindestens ein In welchem Zusammenhang Alkoholgenug und Zeit, die auf allen Punkten die geistigen Kräfte im Verhältnis zu Jahr) Heilung bringen können. Bisher wurden bis zu 60 brechen stehen, zeigen u. a. die im Jahre 1874 gemachten Bes den physischen mehr anstrengt, bedarf eines Gleichgewichts gegen die Aufregung und Bier und Tabak erfüllen daher jetzt schon eine Be- bon etwa 100 Aufgenommenen als geheilt entlassen. Bei der bis bei Berlin  , die sich auf 32 837 Strafgefangene in Preußen erstrecken. stimmung, welche weit über die Ernährung, ja über den Genuß her meist kurzen Behandlungsdauer find aber Rückfälle sehr häufig. Von diesen waren 42 Proz. Trinker, und zwar 22 Proz. Gelegenheits­zumal wenn die Trinker, wie dies vorwiegend der Fall, in dieselben focialen Berhältnisse zurückkehren, durch die sie zur Trinksucht getrieben

Den Wert des Getränteverbrauchs in Deutschland  

hinausgeht." Im so ungerechtfertigter ist es, Bier und Tabak durch Steuern und Abgaben zu verteuern!

wurden.

Ver

trinker und 20 Broz. Gewohnheitstriuker; Mord war in 46, Tod­schlag in 63 Broz. der Fälle im Zustand der Trunkenheit begangen. Ferner hatten von den wegen Körperverletzung Bestraften 81 Proz., In einzelnen Städten Europas   beträgt der Bier­berbrauch in Litern auf den Kopf der Bevölkerung: München   566, von den wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt 89 Proz., von Ingolstadt 521, Frankfurt   a. M. 428, Augsburg   400, Nürnberg   321,*) Die Aufnahme ist kostenlos. Seinen Unterhalt hat der Pfleg- den wegen Hausfriedensbruchs Bestraften 94 Proz. ihr Vergehen in an Stuttgart   292, Würzburg   246, Lille   232, Karlsruhe   217, Breslau 180, ling zu verdienen, wozu ihm Arbeitsgelegenheit durch die Anstalt getrunkenem Zustand verübt. 150000 Deutsche   kommen jährlich vor den Prag   172, Berlin   160, Kassel 160, Wien   145, Straßburg   136, geboten wird, und zwar in der Handelsgärtnerei, der Landwirtschaft, Strafrichter, weil sie in der Trunkenheit sich irgendwelcher Bergehen Heidelberg   120, Best 48, Moskau   28, Marseille   14, Paris   11. im Steinbruch, an der Kleinbahn, in Thongruben und im Walde. schuldig gemacht haben! Die Hälfte aller Verbrechen und drei Viertel Der Branntweinverbrauch im Deutschen Reich ist nach Dadurch wird er zunächst wieder an geregelte Arbeit gewöhnt. Er der Verbrechen gegen die Person geschehen unter dem Einfluß des den amtlichen statistischen Nachweisen, die seit 1888 zuverlässig sind, muß sich auf ein Jahr der Anstalt verpflichten. Im ersten Halbjahr Alkohols. Unter den tödlichen Verunglüdungen werden Von den Selbst= feitdem bis 1897 von 4,5 auf 4,2 Liter pro Jahr und Kopf der Be- hat er seinen vollen Lohn abzugeben als Entschädigung für Auf- bis an 6 Proz. durch Trunkenheit verursacht. völkerung gefallen, der Bierverbrauch von 1878 bis 1897 von enthalt, Verpflegung und Behandlung, im dritten Vierteljahr wird morden sind ein gehutel bis ein Fünftel, in Rußland   sogar ein 87,4 auf 123,1 Liter pro Jahr und Kopf gestiegen. 1897 betrug er ihm sein ganzer Verdienst abzüglich 6 M. für Soft gespart, und im Drittel, auf übermäßigen Alkoholgenuß zurückzuführen. pro Kopf der Bevölkerung in Bayern   243,5, in Württemberg   194,8, legten erhält er wieder Geld zur freien Verfügung in die Hand, um in Baden 154,8, in Elsaß- Lothringen   76 und im übrigen Deutschland   fich daran zu gewöhnen, Ausgaben zu machen und vernünftig zu Sommermonaten häufiger auf als im Winter. Die Ursachen sind zweierlei Art. Abgefehen davon, daß das Durstgeführ wirtschaften. 108,5 Liter.

Die durch Alkohol bedingten Erkrankungen treten in den