Dr. 59. 18. Jahrgang 2. Beilage des„ Vorwärts" Berliner Volksblatt. Sonntag, 10. März 1901.
Abgeordnetenhaus.
Es folgt das Kapitel: Elementar- Unterrichtswesen.
Abg. Jm Walle( C.)
begründet einen Antrag, der die Regierung auffordert, nicht deshalb politischen Gemeinden die Erlaubniß zur Errichtung von Volksschulen zu entziehen, weil sie den fonfeffionellen Charakter wahren wollen. ( Die Ausführungen des Redners bleiben auf der Tribüne im Zusammenhang unverständlich.) Dem Volfe fann die Religion nur erhalten bleiben, wenn der Unterricht auf streng religiöser Grundlage erteilt wird. Diese Grundlage kann aber nur erhalten bleiben, wenn der konfessionelle Charakter der Schule gewahrt bleibt. Minister Studt
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Theater.
doch nicht im geheimen vor sich gegangen. Die Verbindung der Die weitere Beratung wird hierauf auf heute abend 428 Uhr unteren Instanzen mit der Regierung ist gestört. Der vertagt. Schluß 334 Uhr. 45. Sizung vom 9. März 1901, 11 Uhr. Apparat funktioniert wohl in von oben nach der Nichtung unten, aber nicht umgekehrt. Woran liegt das? Daran, Am Ministertische: v. Miquel, Studt. daß die Kreis- und Lokal Schulinspektion hauptsächlich in Zunächst wird in der zweiten Lesung des Kultusetats das den Händen der Geistlichen liegt. Je besser ein Seelsorger ist, Kapitel ,, Höherce Schulwesen" erledigt. desto weniger Zeit wird er haben, sich nebenamtlich mit der Ver- Ueberbrettl. Im Erfrischungsraum waren Riesentränze auswaltung der Schulen zu beschäftigen. Die Herren glauben, ihre Auf- gestellt, die zur Feier der 50. Aufführung dem„ genialen" Direttor gabe sei erschöpft. wenn sie die Verfügung von oben nach den v. Bolzogen gestiftet waren. Am Theater pflegen die Kränze groß einzelnen Schulstellen befördern. Dadurch fühlen sie sich als Herren. und die Ansprüche an die Genialität gering zu sein. In der Das ist aber ja nur die Hälfte ihrer Aufgabe. Die andre Hälfte Welt der falschen Brillanten und des bunten Scheins verliert wird vernachlässigt. die Berichte über die Zustände der Schule nach man leicht die Fühlung mit der Wirklichkeit und fegt das gleichgültigste oben. Familienfest mit allem Theaterpomp in Scene. Das Ueberbrett! Der Seelsorger follte auch nicht in Konflikt mit seiner Gemeinde sollte sich von diesen Gebräuchen, die Theater und Theaterleute in Konflikten mit den Gemeinden. geraten. Aber gerade die Kreisschulinspektion führt leicht zu Verruf bringen, fernhalten. Seine Mitglieder müßten zu viel Künstlerzu geringe Leistung des nebenamtlichen Kreisschulinspektors kann trop finden und zu viel Zigeunerblut, um sich durch kostbare Blumens Die naturgemäß für die Schule blut in den Adern haben, um an derlei Aeußerlichkeiten Geschmack zu opferwilliger, anerkennenswerter Thätigkeit der Provinzialschulfollegien arrangements feiern zu lassen. Der ganze Klimbim wirkte nicht ausgeglichen werden, weil in ihnen wohl Juristen, Philologen philiströs und erinnerte sogar ein wenig an Geschäftsberliest eine lange Erwiderung, von der nur einzelne Teile auf der und Theologen sigen, aber keine praktischen Pädagogen. Nur so erklärt reflame. Jm Ueberbrett! muß man viel zu leichtsinnig Tribüne verständlich sind, da der Minister in die Blätter feines es sich, daß z. B. in der Provinz Sachsen den Schulen ein großer sein, um ans Geschäft zu denken. Wolzogen eröffnete Manuskripts hineinspricht. Redner scheint darauf hinzuweisen, daß Memorierstoff aufgebürdet wird, so 240 Gesangbuchstrophen dann mit einer Rede, in der er nicht gerade amüsant das preußische Volksschulwesen sich historisch auf konfessioneller Grund-( Hört! hört! lints. Ruf rechts: Während der ganzen Schulzeit.) erklärte, was er eigentlich wolle. Man dente: ein Ueberbretil, das lage entwickelt habe. Die Verfassung schreibe vor, möglichst die Das wohl, aber dieser ganze Memorierstoff muß aber stets präsent etwas" will", etwas andres will als eben nur da sein! Ein ziel Lonfessionellen Berhältnisse zu berücksichtigen. Aus der Statistit er fein. Das geht noch über die Mühlerschen Regulative hinaus. Auch bewußtes Ueberbrett!! Ein nügliches Ueberbrett!! Im Gegenteil: es sollte gebe sich, daß der Staat dies in umfassendem Maße thue. Aus die Organisation des Kultusministeriums ist veraltet. Der so nichtsnußig sein, wie die Polizei nur irgend erlaubt und sollte diesem Grunde liege fein Anlaß vor. dem Antrag Im Balle Folge hatein Miniſter bas umfangreiche Ressort übersehen fönne. pfeift darauf, ob sie dieses hebt" oder jenes fenft"; fie springt Jm frühere Kultusminister v. Bedlig nannte b. Zedlig nannte es ein Monstrum, alles übrige getrost der Krititsüberlassen. Eine fesche Chansonnette zu geben. Reſſort Alle Nufe nach Decentralisation, und zu den Rufern gehörte auch auf die Bühne und tanzt ihren Cancan. Sie sezt sich selbst der Abgeordnete Miquel sind bis jetzt erfolglos geblieben. Wes- wie Fichte. halb sind Kultus und Unterricht vereint? Da gilt der alte Vers: „ Hört Ihr Herren und laßt Euch sagen,
Die Stellung meiner politischen Freunde zur Konfesstonalität der Boltsschule ist so oft schon zum Ausdrud gekommen, daß darüber kein Wort weiter gesagt zu werden braucht. Wir halten daran fest, daß die Konfessionalität der Volksschule gesichert sein muß. Ich hätte gewünscht, daß die Erklärung des Herrn Ministers auch für die Zukunft präciser gelautet hätte wie für die Vergangenheit. Daß er gegen den Antrag Bedenten hat, weil er einen Eingriff in ein Staatshoheitsrecht darstellt, halten auch wir für berechtigt. Minister v. Studt:
Ich fann die Erklärung vorbehaltlos abgeben, daß auch in Zufunft der fonfeffionelle Charakter der Volksschule gesichert sein wird. Ich hoffe damit die Bedenken des Vorredners beseitigt zu haben. Abg. v. Beblik( freit.)
hält es für völlig unmöglich, den Antrag Jm Walle anzunehmen. Abg. Jm Walle( C.):
Nachdem der Herr Minister in präcifer Form erklärt hat, daß der tonfessionelle Charakter der Bolksschule auch in Zukunft gewahrt bleiben soll, aiehe ich meinen Antrag zurüd.( Heiterfeit links.) Abg. Kopsch( frs. Bp.):
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Der Kultus hat den Unterricht erschlagen." Jedenfalls sollte die staatliche Aufsicht den Gemeinden mehr Freiheit laffen. Die Art der Behandlung durch die vorgesetzten Behörden ist von großem Einfluß auf die Qualität der Lehrer. Da ist das Vorkommnis in einem Hannoverschen Kreise sehr lehrreich, wo der Landrat die Lehrer durch die Gendarmen überwachen lick, ob und wie sie die Zweihundertjahrfeier seierten.( hört! hört! links.) Unser Volksschulwesen ist vorbildlich gewesen. Sorgen wir dafür, daß es wieder vorbildlich wird.( Bravo ! links.)
Abg. Dittrich( C.):
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Recht peinlich war auch die Art, wie Wolzogen für eine hübsche Bagabundenscene von Sans Ostwald gleichfam um Verzeihung bat. Sie fei ja nicht anmutig, sei vielmehr recht häßlich usw. Was soll uns das? Wenn die Philister sich ärgern, so laßt sie doch! Wenn das Ueberbrettl ihnen erst gefällt, tann es einpacken. Ich fürchte, man hat zu gute Geschäfte gemacht und hat zugenommen an bourgeoisem Wohlstand und vorsichtiger Weisheit. Im einzelnen gab es manche hübsche Sachen. Olga Wohlbrüd trug sehr hübsch vor, vor allem Mädchenträume" war luftig. Ein Wiener Recitator Herr Marcell Salzer . war im ersten Gedicht etwas laut, fand aber bald Natürlichkeit und Wirkung wieder. Herr Koppel trug einige famose Sachen vor, so beispielsweise ein Scherzgedicht von Liliencron . Frl. Bradsky erzählte eine anmutige Geschichte von Wenn der Staat auch die Schule erhält, so muß doch die Kirche einer kleinen Chansonnette, die einen Prinzen heiraten wollte. Kurz: namentlich auf die Erteilung des Religionsunterrichts den bestimmten im einzelnen hatte man oft seine Freude. Auch mit der Pantomime Einfluß haben. Unser Jdeal ist eine auf christlichen Grundsäßen auf hab ich mich diesmal befreundet; sie war sehr graziös und hatte jene gebaute Schule, in der Staat und Kirche harmonisch zusammenwirken. leichte Sinnlichkeit, die dem„ Ueberbrettl " überhaupt wohl ansteht. wegen des christlichen Charakters der Schule ist die geistliche Schul- Es verdient erwähnt zu werden, daß Wolzogen selbst eine harmlose chriftlich, sie muß auch konfessionell sein. Das ist eine Forderung gefunder tretener liest so gut, daß er sich neben seine besten Mitglieder inspektion durchaus notwendig. Die Schule muß aber nicht nur Fabel brillant vortrug. Er sollte als Recitator etwas mehr hervorPädagogit, die den altpreußischen Traditionen entspricht. Redner stellen darf. Im allgemeinen muß leider gesagt werden, daß die beschwert sich darüber, daß in Bosen und Westpreußen zu biel poetischen Beiträge mäßig waren. Was man aus„ Simplicissimus" Simultanſchulen bestünden, die in den Dienst des Staats, der Politik und Jugend" genommen hatte, war durchweg gut. Was man und des Nationalitätenstreits gestellt würden. Redner fordert den aus eigenen Mitteln bestritt, war es feineswegs. Ganz Minister zum Schutz der Minoritäten auf. deplaciert und langweilig war ein fogenannter Spaß" von Schnigler, in dem lebendige Menschen wie Marionetten erwidert, daß es einer solchen Aufforderung nicht bedürfe. In erster agieren mußten. Das fiel bös auf die Nerven und verscheuchte einen Linie müsse der Staat allerdings das allgemeine Unterrichtsbedürfnis Teil des Publikums noch vor Schluß der Vorstellung. befriedigen, und beim Fluttuieren der Arbeiterbevölkerung in den Der Erfolg war nicht so start wie bei der ersten Aufführung Industriebezirken fei es nicht möglich, sofort allen tonfeffionellen der Reiz der Neuheit ist hin und so haben sich die der ist hier Sonderwünschen Rechnung zu tragen. Dem Abgeordneten Kopsch Ansprüche ganz von selbst gesteigert. Wenn das Ueberbretti erst erwidert der Minister, daß der Landrat des betreffenden Hannover - längere Zeit besteht, werden sich hoffentlich auch die Talente finden, schen Kreises ausdrücklich erklärt habe, an der Behauptung, Gendarmen die gesteigerte Ansprüche befriedigen fönnen. Wenn Wolzogen fleißig feien beauftragt worden, die 8weihundertjahrfeier der Lehrer zu Umschau hielte, müßte er heute schon mehr bieten tönnen, als er gestern bot.
Kultusminister Dr. Studt
Rein Gebiet der preußischen Verwaltung wird wohl derartig von politischen Strömungen beeinflußt als das Gebiet der Volksschule, obwohl gerade die Volksschule der Ruhe und Stetigkeit bedarf. Wir müffen bei jeder Etatberatung fragen: Geht es rüdwärts mit unsrer Boltsschule oder vorwärts? Bei der Besprechung meiner Interpellation über den Lehrermangel hat sich leider herausgestellt, daß unsre Schulorganisation nicht so beschaffen ist wie sie sein sollte, um Fortschritte im Boltsschulwesen zu gewähren. Der Herr Kultusminister hat unter anderm den Lehrermangel auch mit der unerwarteten Vermehrung der Schulen in den Industriebezirken erklärt. Er hat felber gesagt, daß die Verwaltung von dem Lehrermangel überrascht worden sei. Daraus geht hervor, daß in der Schulverwaltung nicht alles in Ordnung ist. Das Wachstum der industriellen Bezirke ist überwachen, sei tein wahres Wort.
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