fernen eisernen Willen, feine Hingabe an sein Land und seineunbeugsame Thatkraft und wir ergreifen gern die uns über denOzean entgegengestreckte Hand in herzlicher Freundschaft und imGefühl, das Blut dicker ist als Wasser. Meine Herren, ich trinkeauf das Wohl Seiner Exeellenz des Präsidenten der VereinigtenStaaten. Gott segne ihn und die Vereinigten Staaten.Tags darauf, am Sonnabend, wurde ein neuer großer Kreuzervom Stapel gelassen und auf den Namen„Roon" getauft. GrafWaldersee, der dem Kaiser diesmal die Tausrede abnahm,feierte den Generalfeldmarschall Graf Roon als den„treuenGehilfen"„Wilhelms des Großen":Was königliche und kaiserliche Huld an Gnadenbeweisen undAnerkennungen zu vergeben im stände sind, ist ihm geworden,aber das schönste Blatt in seinem reichen Lorbeerkranz ist wohldas, welches der Welt nicht so bekannt geworden ist, und seineBeziehungen zu seinem kaiserlichen Herrn darstellt. Er hatihm nicht allein treu und erfolgreich gedient, sondern er hatseinem Herzen sichtlich nahe gestanden. Wer das von sich sagenkonnte, muß ein sehr reiner, edler Mann gewesen sein.Wilhelm II. wohnte der Rede seines Freundes, dessen Be-Ziehungen zu seinem kaiserlichen Herrn allerdings noch der geschicht-lichen Aufklärung harren, bei. Sodann empfing Wilhelm II. eineArbeiterdeputation und verlieh an Arbeiter und Angestellte derkaiserlichen Werst Orden und Ehrenzeichen.Die toten Wähler.Die überzeugungslosen Preßbediensteten der kapitalistischen Pressehalten es selbstverständlich nicht für notwendig, aus Anlaß derWahlen umzulernen. Sie schmieren dasselbe Zeug nachher, wie siees vorher gethan haben. Warum sollten sie sich auch in geistigeUnkosten stürzen. Deshalb wird ihr Gehalt doch nicht erhöht.So ist es denn auch kein Wunder, daß die„Post"-Leute weiterin der Politik des dümmsten Denunzierens arbeiten. Vor der Wahlbelustigte uns die„Post" mit der grausamen„Interne", und nachder Wahl überträgt sie dieser Interne' die schaudervolle Aufgabe,tote Kaufleute und Referendare soeialdemokratisch wählen zu lassen.Nach einer Berliner Kommunal-Korrespondenz, die an zuständigerStelle Erkundigungen eingezogen hat, sind die Räubergeschichten der„Post" über die toten, verzogenen, kranken und inhaftierten soeial-demokratischen Wähler auf folgendes zurückzuführen: Es handeltesich um mehrere� Fälle, in denen für Wähler, welche verzogen oderabwesend waren oder sich im Krankenhause befanden, Stimmen vonUnberechtigten abgegeben worden sind. Jedenfalls dürste die Zahldieser Wahlfälschungen einige Dutzend nicht überschreiten.Solche Wahlfälschungen sind nicht nur unzulässig, sondern auchstrafbar. Und weil gegen sie durch das Gesetz bereits Schutz-maßregeln getroffen find, darum sind sie allerdings weit wenigerempörend als die massenhaften Wahlschwindeleien und Wahl-erpressungen, mittels deren namentlich die konservativen Parteiendas Wahlergebnis gefälscht haben und gegen die bei der bevor-stehenden Revision des Strafgesetzbuches Kautelen geschaffen werdensollten.Im übrigen hat die Soeialdemokratie natürlich mit den„totenWählern" nichts zu thun. Wir vermuten, daß sie aus den Kreisenderer stammen, die die Enthüllung deshalb bringen konnten, weil siefie arrangiert haben. Vielleicht hatte man in staatserhaltendenKreisen das Bedürfnis, wenigstens einige schlichte Männer ausdem Volke als bekehrte Soeialdemokraten zu— fabrizieren!Das konnte man eben nur, indem man Tote auferstehen ließ.Eine andere Teufelei kündigen die Blätter vorsorglich schon fürdie nächsten Wahlen wie folgt an:Ueber einen eigenartigen Plan der Berliner Soeialdemokratenwurden in einer Vertrauensmänner-Versammlung interessante Mit-teilungen gemacht. Es drehte sich um die Frage, auf welcheWeise"bei den nächsten Reichstagswahlen auch der erste BerlinerWahlkreis, der jetzt an den Freisinn fiel, für ganz sicher derSoeialdemokratie zuzuführen sei, denn ein Abfallen der übrigenfünf Wahlkreise Berlins, die jetzt in soeialdemokratischem Besitzsind, sei, das habe das Stimmenverhältnis erwiesen, ein Ding derUnmöglichkeit. Folgender Vorschlag soll der Parteileitung unter-breitet werden: Da der sechste Wahlkreis mit seinem enormenArbeiterbestand totsicher der Partei verbleibt, sollen etwadreitausend bis viertausend Wähler des Kreises amt. April 1908 auf ein halbes Jahr in den Bereich desersten Wahlkreises ziehen, und zwar auf Kosten der Partei. Aufdiese Weise würde es gelingen, ohne weiteres den soeialdemo-kratischen Kandidaten vielleicht schon bei der Hauptwahl durch-zudrücken. Die Kosten würden sich nicht allzu hoch stellen, da imsechsten Wahlkreise weniger Agitation entfaltet werden könne.Wir können den Plan ergänzen! Wir werden uns natürlichnicht damit begnügen, daß wir einige soeialdemokratische Schlaf-burschen vorübergehend in die Ministerhotels des ersten Wahlkreiseseinquartieren. Nein, wir werden die Ungleichheit der Wahlkreiseganz allgemein dadurch beseitigen, daß wir den soeialdemokratischenUe�erfchuß in den großen Städten ins ganze Reich verteilen. Sowird das nächste Mal unsre Fraktionsstärke der Stimmenzahl ziemlichentsprechen!—_Der Katzenjammer. Nach der großen Orgie der Lüge, die denErfolg der Soeialdemokratie nicht aufzuhalten vermochte, fangen diegegnerischen Parteien an einzusehen, daß es für den Kampf mitgeistigen Waffen keineswegs genügt, wenn man über die Soeial-demokratie ohne Kenntnis wissenschaftlich festgestellter Thatsachen ein-fach das Blaue vom Himmel herunterphantasiert. Ein parlamen-tarischer Mitarbeiter der„Danziger Zeitung" hat sich jetzt über diesenPunkt geäußert, und selbst die„Kreuz-Zeitung" muß dazu sagen:Nicht ganz mit Unrecht tadelt der„Parlamentarier" die nichtimmer kluge Polemik gegen die Soeialdemokratie. In diesemPunkte ist durch Uebertreibungen und unbegründeteBehauptungen noch immer viel gesündigt und de» SoeialdemokratenAnlaß zu erfolgreicher Selbstverteidigung geboten worden.Wenn die„Kreuz-Zeitung" dazu bemerkt, es gebe genug„ein-wandfreies Anklagematerial" gegen die Soeialdemokratie, so er-wächst ihr die publizistische Pflicht, das Anklagematerial gegen dieSoeialdemokratie ehestens kritisch zu sichten, damit wir dann mit ihrgemeinsam untersuchen können, wie viel„einwandsteies Material"noch übrig bleibt. Auch die polemische Stärke'der„Kreuz-Zeitung"hat bisher in unbegründeten Behauptungen beruht.—„Die revolutionäre Jugendeselei" abzuschwören, rät uns wiedereinmal Herr Barth. Wir denken, daß die Erfahrungen, die derLiberalismus mit dem Abschwören der revolutionären Jugendeseleiengemacht hat, gerade jetzt nicht sehr ermutigend sind!—„Eine Fälschung ersten Ranges", eine„Bosheit", eine„dumm-freche und gemeine Verleumdung",„eine Irreführung der von ihmgeleiteten Hammelherde" soll das„Riesenlästermanl"— nämlich der„Vorwärts"— begangen haben, so erzählt in ihrer holdseligenWeise die katholische„Germania". Warum?Ein Centrumskretinisches Blatt hatte behauptet, daß die BelgraderBestialitäten vorbildlich für die Soeialdemokratie seien. Wir hattengeantwortet, daß die Königsschlächter gute Katholiken seien, die voneiner Fügung Gottes so stomm reden, wie nur irgend ein Centrums-kaplan IDie„Katholiken" sollen nun die Fälschung sein.Die Serben lehnten sich an die„griechisch- s ch i s m a t i s ch e"Kirche an.Wir können der„Germania" nicht dienen. Wir werden unsgestatten, die durch GotteS Fügung siegreichen Königsschlächter nach wievor g ut e K a t h o li k e n zu nennen. Die katholische Christenheitumfaßt sowohl die r ö m i s ch- katholische wie die griechisch-katholische Konfession! Katholiken sind aber beide Zweige. Wenndie Serben keine guten Katholiken find, dann sind es auch die Re-dakteure der„Germania" nicht, sondern sie sind vom Standpunkt derandren Richtung nur„römisch-schismatisch". Zudem besteht der ganzeUnterschied zwischen den griechischen und römischen Katholiken nur inetlichen unbedeutenden dogmatischen Spitzfindigkeiten!—Disziplin und Menschenleben. Der Fähnrich Hiissener stach ohneGrund einen Soldaten tot und erhielt dafür 4 Jahre Gefängnis.Das Kriegsgericht in Hannover verurteilte am Donnerstag denMusketter Lindemann aus Braunschweig zu 6 Jahren und denMattosen B r i e s aus Wilhelmshaven zu 7 Jahren Zuchthaus, weilsie gemeinschaftlich in einer Wirtschaft in trunkenem Zustande einenUnteroffizier und einen Sergeanten geprügelt hatten.—Jachtklub und Kriegsmarine. Bei der großen Kieler Segel-regatta find die Torpedoboote der Kriegsmarine in Aktion getreten.Sie wurden dazu verwendet, die großen Segelyachten an den Startzu schleppen. Daß die Startlinie von Schiffen der Kriegsmarinenicht gekreuzt und zuwiderhandelnde Kapitäne bestraft werden, istschon aus ftüheren Jahren bekannt.—Wählt» mult in Thorn. Das„Wolffsche Bureau" meldet ausThorn vom 27. Juni: Gestern abend ging das Gerücht, der deutscheKandidat Graßmann sei gewählt, worauf sich Tausende von Polenin den Straßen ansammelten und unter Gejohle und Geschrei vordie Redaktion der„Gazera Torunska" zogen, wo sie Hochrufe auf denpolnischen Kandidaten BrejSki ausbrachten. Die Schutzleute wurdenthätlich angegriffen und mußten blank ziehen; mehrere Personenwurden verhaftet.—Wahltnmult in Hagen. Auch in Hagen soll es am Abend des2S. Juni zu Excessen gekommen sein, über die die„FreisinnigeZeitung" sehr ausführlich berichtet. Die Wache soll genötigt gewesensein, von der Waffe Gebrauch zu machen, da sie mit Steinen be-warfen worden sei.Wie weit diese Nachricht richtig ist, wird sich ja bald heraus-stellen. Daß Ausschreitungen aller Art von geschulten Anhängernder'Soeialdemokratie streng vermieden werden und daß niemandExeesse so lebhast bedauert wie die soeialdemokrattsche Partei, unter-läßt die„Freisinnige Zeitung" ihren Lesern mitzuteilen.—Majestätsbeleidignng. Vor der Strafkammer in Halle stand amFreitag der verheiratete Jnsttumentennmcher Franz Lehmann wegenMajestätsbeleidigung.L. erschien am Abend des 21. April ds. Js. in angetrunkenemZustande in einem hiesigen Restaurant, um dort mit einemArbeitskollegen noch ein Glas Bier zu winken. Als ein dort an-wesender Handwerksbursche sich an das Klavier setzte undaufgefordert wurde, das Kaiserlied zu spielen, machte derAngeklagte in Beziehung auf den Kaiser eine unüber-legte Bemerkung. Em Mensch, dessen Namen in der Verhandlungleider nicht genannt wurde, benachrichtigte sofort die Polizei,worauf Lehmann festgenommen wurde. Hierbei leistete er Wider-stand und stieß dem Polizisten gegenüber eine beleidigendeRedensart aus. Der Angeklagte erklärte, am genannten Tage sehrviel Bier getrunken gehabt zu haben und stark angetrunkengewesen zu sein; er wisse nicht mehr, was er überden Kaiser gesagt habe. Absichtlich habe er aber keineMajestätsbeleidigung begangen, denn er sei Soldat gewesen undWiste genau, welche Folgen drohten. Der geladene Sachverständigebekundete, daß der Angeklagte nicht im unzurechnungsfähigenZustande gehandelt haben könne. Beantragt wurden wegender Kaiserbeleidigung 6 Monate und wegen der übrigenDelikte 2 Monate Gefängnis. Die Verhandlung fand wegen Ge-fährdung der öffentlichen Ordnung hinter verschlossenen Thüren stattund endete mit Verurteilung des Angeklagten zu 6 Monaten Ge-fängnis. Der unglückliche Verurteilte, dem Thränen in den Augenstanden, wurde an einer Handkette durch die Straßen insGefängnis geführt.Unstatick.Oestreich-Ungar«.Das neue ungarische Ministerium. Wien, 27. Juni. GrafK h u e n- Hedervarh legte Vormittag dem Kaiser die Ministerlistevor, lvelche vollinhaltlich angenommen wurde. Die Ministerv. Lukacs, Daran yi, v. Wlassies, Lang und P I o ßbehalten ihre Portefeuilles. Graf Khuen-Hedervary übernimmt nebendem Ministerpräsidium die Leitung des Ministeriums des Innernund interimistisch das Ministerium a latere. Generalmajor Kalos-v a r y übernimmt das Honvedministerium und Professor T o m a s i c sdas Ministerium für Kroatien.—Frankreich.Mit knapper Mehrheit. Paris. 27. Juni. Bei der gestrigenAbstimmung in der Deputierteukammer über die Genehmigungsgesucheder weiblichen Kongregationen haben 30 Mitglieder der ministeriellen„Union republicaine", der Aufforderung des früheren Unterrichts-Ministers Leygues entsprechend, gegen die Regierung gestimmt. SechsMinisterielle enthielten sich der Abstimmung, außerdem befinden sichII Ministerielle im Urlaub. Die oppositionelle Presse erblickt in dieserAbstimmung den Beweis dafür, daß der Block erschüttert sei und daßer bald zerfallen werde. Ein Ministerium, das in einer für seinePolitik so einschneidenden Frage nur eine Mehrheit von 16 Stimmenerlange, unter denen sich 6 Stimmen von Ministern befänden, könnenicht mehr lange bestehen.—England.Eine neue englische Niederlage im Somalilaud. Dschibuti,27. Juni. iMeldung der„Agenee Havas".) Der Mullah hat fünfPosten zwischen Burao und Bohotle vernichtet; 39 englische Offizieresind gefallen, 2000 eingeborene Soldaten wurden gefangen ge-nomine».Dagegen ist das„Reutersche Bureau" amtlich ermächtigt, diePariser Meldung von einer Niederlage der Engländer im Somali-land zu widerlegen. Das Kriegsamt habe eine aus Bohotle vom26. Juni datierte Depesche von General Manning erhalten, nachwelcher derselbe in Bohotle eingetroffen sei. Der Mullah habe mitseinen Kriegern die Linie zwischen Dainete und Bohotle wegen derfesten englischen Stellung im Mudug-Distrikt, und weil ihn die vonSüden vorrückenden Abessynier bedrängten, überschritten. Die Fluchtdes Mullah hätte sich zu einer Niederlage gestalten können, wenngenügend Streitkräfte von Bohotle hätten vorgeschickt werdenrönnen. Gefangene sagen aus, die Anhänger des Mullah seien des-organisiert.—Dänemark.Die Einigkeit der Soeialdemokratie.Der Umstand, daß unsre dänischen Parteigenossen auf ihremletzten Kongreß ihren früheren Bundesgenossen, den Liberalen, einegründliche Absage erteilten, und trotzdem bei den Wahlen Fortschrittemachten, hat die liberale Presse veranlaßt, eine Mitteilung zu ver-breiten, wonach es innerhalb der Soeialdemokratie nur einige ein-flußreiche radikale Elemente gewesen sein sollen, die jenen Beschluß,entgegen dem Willen alter und besonnener Parteiführer, durchgesetzthaben. Diesen unzutreffenden Darstellungen gegenüber hat derParteivorsitzende P. K n u d s e n, der dänischen Presse folgendeErklärung durch Ritzaus Bureau zustellen lassen:„Politiken" schreibt, daß„innerhalb der Soeialdemokratie einegemähigte und eine radikale Richtung besteht", wovon die„letztere aufdem Kongreß zu Aarhus durch den Bruch mit der Linken in Kosten-Hagen siegte". Zu der ersteren Richtung werde ichselbst und mehrere andreReichstagsmänner gerechnet, zu der letzteren Wiinblad und andre.Diese Darstellung ist gänzlich unwahr. Die Aufstellung vonKandidaten in Kopenhagens 7. Kreis und in Valby durch die Soeial-demokratie war eine Folge der ganzen Regierungspolitik und Wahl-Taktik der Linken. Es erhob sich dagegen auf dem Kongreß zuAarhus keinerlei Widerstand, und die Aufstellung wurde einstimmigbeschlossen, gerade so wie das von mir ausgearbeitete Manifest, dasdie ganze Taktik der Partei bestimmte. Die Wahl am 16. Juni hatdurchaus die Berechtigung der Kandidatenaufstellung im 7. Kreiseund in Valby bewiesen."—Serbien.Der Revolver für die Monarchie.Daß man nach der Ermordung Alexanders so wenig überrepublikanische Neigungen der Serben zu hören bekam, dafür ließensich sehr einschneidende und einschietzende Gründe denken. Das Ge»dachte wird jetzt bestätigt durch eine Mitteilung, die der Berliner„Volks-Zeitnng" aus Belgrad zugeht. Gleich nach dem Attentathatte der Chefredakteur Gregor vom„Odjek" Stimmung fürdie Republik zu machen begonnen. Von Schabatz, Palanka,Nisch, Pirot und Kragujewatz waren Zustimmungsbriefe,Telegramme und Boten eingettoffen. Es setzte die Bewegungmächtig ein, als Herr Gregor vom„Odjek" von drei Offizieren aufseiner Redaktionsstube einen Besuch erhielt; die drei Uniformträgerbenahmen sich überaus liebenswürdig und arttg, zeigten HerrnGregor höchst zuvorkommend ihre Revolver mit dem stahlblauenLaufe und eröffneten ihm mit großer Höflichkeit:„Wenn Sie mitIhrem„Odjek" republikanische Politik treiben wollen, so müssen wirfür heute Nacht ein neues Grab besorgen."So wurde Serbien durch den Offiziersrevolver nicht nur voneinem Tyrannen befteit, sondern auch vor den Greueln der thron-stürzenden Demokratie bewahrt, und die Monarchen Europas kamenin die glückliche Lage, einen neuen Kollegen begrüßen zu können.—Die soeialistische Presse über dieStichwahlen.Daß sich die Bourgeoisie von rechts und links zusammenscharenwürde, um der Soeialdemokratie den Sieg in den Stichwahlen inmöglichst vielen Kreisen streitig zu machen, war nach den ausgegebenenStichwahlparolen klar; in welchem Umfange sie es gethan hat.zeigen recht eigentlich erst die Mitteilungen unsrer Parteipresse ausden einzelnen Kampfcentren. Zweifelsfreier als je zuvor ist auSdiesen Mitteilungen ersichtlich, daß in der That das deutsche Prale-tariat wie wohl in wenigen andren Ländern zu kämpfen hat gegeneine einzige reaktionäre Masse.So schreibt die„Märkische Volksstimme" in Forst:„Die Resultate von Kottbus, Äalau-Luckau, Landsberg undFrankfurt sind geeignet, dem Blödesten die Augen hell zu machen.Wie ein Fanal in dunkler Nacht, so ist weithin sichtbar der schmäh-liche Verrat, den allenthalben der Freisinn übte. Nie zuvor hateine Partei so alles im Stich gelassen, auf das sie früher schwor,wie dieses tief unter dem Judas stehende„oppositionelle" freisinnigeBürgertum. Das Sorau-Forster Wahlresultat hatte viele verblüfft;jetzt werden die Genossen erkennen, daß Sorau-Forst nur signalisierte,was überall eintreten wird. Die Klassengegensätze spitzen sich immerschärfer zu. Das kleine Unternehmertum hat sich einschüchternlassen durch die Politik der Soeialdemokratie; diese Leute erschreckenvor den Arbeiterschutz-Forderungen unsrer Partei und vor ihremEintreten für die Organisation der Lohnarbeiter; sie zahlen alsoden höheren Lebensmittelpreis und tragen die Lasten des„herrlichenKriegsheeres" als unvermeidliche Versicherungsprämie gegen die„Begehrlichkeit der Arbeiter". Uns bleibt nur übrig, abzuwarten.bis diese Leute gescheit oder— vom Kapitalismus gefressen werden.Und im übrigen muß unsre Agitation sich vorzüglich an die Prole-tarier wenden; aus den indifferenten Proletariermassen müssen wirdie Truppe erziehen, die in fünf Jahren die geeinten Gegner aufSHaupt schlägt. Unsre Aufklärungsarbeit wird wesentlich erleichtertdurch den Zusammenschluß der Gegner. Sinnenfälliger wie beidieser Wahl konnte nicht demonstriert werden, daß Arbeiterfeindlichkeitdas Wesen jeder bürgerlichen Partei ist."lieber den Wahlsieg in Magdeburg läßt sich die dortige„Volks-stimme" ans:„Der Erfolg unsrer Partei ist, wie die Wahlstimmen beweisen,ein enormer. Das Wahlkartell der vereinigten Gegner von denKonservativen bis zu der Magdeburger Speeialität des„Freisinns".dem Centrum und den Polen wurde getreu gehalten; ja, die Gegnerbrachten es auf 1043 Stimmen mehr, als Liberale, Centrum undPolen zusammen in der Hauptwahl aufgebracht hatten. Ueber92,2 Proz. der eingeschriebenen Wähler haben sich diesmal an derWahl beteiligt; noch nie war die Wahlbeteiligung in Magdeburgso groß wie bei dieser Wahl, und noch nie ist daher der Wille unddie Anschauung der Magdeburger Bürgerschaft so vollkommen zumAusdruck gelangt wie bei dieser Wahl. Aus eigner Krafthat die Magdeburger Arbeiterschaft, hat die sieggewohnte Soeial-demokratie den Ansturm der gemeinsamen Feinde abgewehrt.....Das wichtigste aber an dem Ergebnis der Magdeburger Wahlenwar, daß die Bourgeoisie ihr wahres Gesicht gezeigt hat. daß siesich nicht mehr hinter ideologischen Theorien, hinter angebliche„Ideale" versteckte, sondern sich zur Wahrung ihrer gemeinsamenInteressen zusammengeschart hat. Nur ihre Geldinteressen kenntdiese Klasse: Was da Klerikalismus und Kulturkampf, was daPclentum und alldeutscher Chauvinismus!— zusammen mit jenemrückständigen Teile des„Mittelstandes", den das gemeinsame Aus-beutungsinteresse gegenüber der Arbeiterklasse mit dem groß-kapitalistischen und den Mittelstand vernichtenden Bürgertum ver-bündet, thaten sich alle zusammen, um das aufstrebende und nacheinem menschenwürdigen Dasein ringende Proletariat nieder-zutreten. Hie Bourgeoisie— hie Proletariat! Hie Arbeit, hieKapital!— Das war die Losung."Ueber die Kampsesweise der Freisinnigen in Stettin urteilt der„Bolksbote":„Wir sind ja von den Freisinnigen vieles gewöhnt, aber wieman diesmal von jener Seite agitiert hat, übertrifft alles Da-gewesene. Die Freisinnigen haben nicht nur das Mandat ver-loren, sondern auch ihre politische Ehre, soweit sie solche nochbesessen haben..... Der Freisinn ist hier an seinen Sünden ge-storben. Während 1893 Herr Brömel in der Stichwahl noch mit14 211 gegen 12 590 socialdemokratischq Stimmen siegte, brachteer es gestern nicht zu dieser Stichwahlzifser. Dagegen ist die gestrigeStichwahlziffer für die Soeialdemokratie um 4000 höher als vorfünf Jahren. Die gestrige Wahl ist das Volksgericht über dieThaten des Freisinns. Gewogen und zu leicht befunden."Das Bürgertum in Schleswig-Holstein scheint nicht völlig sokorrumpiert zu sein wie anderwärts, wenigstens haben nach der„SchleSwig-Holsteinischen Volkszeitung" in Kiel die bürgerlichenParteien dort teilweise den Mut gehabt, unsre Genossen im Kampfegegen die Reaktion zu unterstützen.„Eine Reihe von Wahlkreisen," schreibt das genannte Blatt.„in denen wir diesmal zum erstenmal in Stichwahl standen, sindunter Umständen verloren worden, die unsren Genossen für daSnächste Mal den Sieg sichern. In einigen wenigen Wahlkreisenerrangen wir den Sieg, weil dort linksstehende Parteien— eineglänzende Ausnahme— sich darauf besannen, daß fürLeute auf der Linken allemal eine Partei der Linken das kleinereUebel ist. Solcher löblichen Ausnahmestellung, die der Mehrheitder Dänen wie einen Teil der Freisinnigen in jenem Kreise Ehremacht, verdanken wir den Sieg unsres Genossen Mahlke in FlenS-bürg und auch den Lesches in Lauenburg.Hätte der Freisinn in Schleswig-Eckernförde sich ebenso ver-halten, so wäre es unmöglich gewesen, daß da eine politische Nullim Dienste des Brotwuchers siegen konnte. Aber heute schon läßt sichfeststellen, daß dort nur wenige Freisinnige auf dem flachen Landeden Mut hatten, socialdemokrattsch zu wählen, daß aber weit mehrfür den Brotwucher eingetreten sind. Daß wir den 5. Wahlkreistrotz der glänzenden Thätigkeit unsres Kandidaten und unsrerdortigen Genossen nicht erlangten, lag an dem Umstand, daß wirmit dem Freisinnigen und nicht mit dem Brotwucherer in Stich»wähl kamen. Wie die Dinge nun einmal lagen, wäre MüllersSieg ein Wunder gewesen. Ueber das Ergebnis im 10. Wahl-kreise liegt uns, während wir dies schreiben, noch keine genauereMeldung als die allgemeine Siegesnachricht vor. Anscheinend hatder Freisinn in jenem Kreise seine Schuldigkeit gegen den Brot»Wucher gethan. Die Freisinnigen haben dann den Mut der Kon»seguenz gehabt, mit dem wir dem Kandidaten des Freisinns im viertenWahlkreise, Dr. Leonhardt, zum Siege über den Brotwucherer ver-Holsen haben."