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Nr. 273. 20. Jahrgang.

4. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 2. November 1903.

Der Oldenburger Justizminister.

Oldenburg i. Gr., 20. November 1903.

8 weiter Tag der Verhandlung.

Erster Staatsanwalt: Jch beanstande diese Frage, da sie nicht zur Sache gehört.

Bors. Ich sehe auch nicht ein, was diese Frage mit der hier zur Verhandlung stehenden Anklage zu thun hat.

Verteidiger Rechtsanwalt Sprenger: Es ist die Behauptung Der Vorsitzende fühlt sich veranlaßt, mitzuteilen, daß sowohl aufgestellt, daß der Nebenkläger eine Spielernatur ivar. er als auch der Erste Staatsanwalt, Vors.: Ich habe Bedenken gegen die Zulässigkeit der Frage. Bert.: Dann beantrage ich einen Gerichtsbeschluß und stelle die bestimmte Frage: Hat der Herr Zeuge dem Nebenkläger Geld geliehen? Bors.: Vielleicht äußert sich der Herr Minister. Minister Ruh strat: Ich habe nichts gegen die Zulassung der Frage. Vors. Haben Sie dem Herrn Minister Darlehen gegeben? Zeuge: Ja.( Bewegung im Zuhörerraum.)

Drohbriefe erhalten haben, in denen gedroht wird, wenn Biermann verurteilt werden sollte, so werde man uns die Fenster einschlagen und uns noch andre unangenehme Dinge passieren.( Bewegung.) Angeklagter Biermann: Ich habe wohl kaum nötig, zu versichern, daß es mir nicht im Traume eingefallen ist, derartige Briefe zu veranlassen.

Erster Staatsanwalt: Ich bin überzeugt, daß der An­geklagte Biermann die Briefe nicht geschrieben hat.

Verteidiger: Und auch nicht veranlaßt hat! Erster Staatsanwalt: Auch dieser Ansicht bin ich. Ich habe die Briefe der Polizei zur weiteren Verfolgung übergeben. Es wird danach mit der Beweisaufnahme fortgefahren. Der erste Zeuge, Landgerichtsrat Meyer- Holtgrebe, be­fundet, er habe gehört, daß Minister Ruhstrat einen verstorbenen fundet, er habe gehört, daß Minister Ruhstrat einen verstorbenen Ober- Landesgerichtsrat einmal im Civilkasino Oberschaf vom Ober­Landesgericht" genannt habe.

gespielt.

Der folgende Zeuge, Landgerichtsdirektor Niemöller, äußert fich in derselben Weise. Zeuge Ober- Landesgerichtsrat Burlage bekundet: Herr Brauereidirektor Franz Hoher sagte mir: ihm sei erinnerlich, daß ein solcher Ausdrud einmal gefallen sei. Im Civilkasino wurde viel Verteidiger Rechtsanwalt Greving: Ist nicht im allgemeinen, auch vom Minister Ruhstrat, viel kritisiert und geschimpft worden, wobei Ausdrücke wie Hornvieh" gefallen sind? Zeuge: Das gebe ich zu. Berteidiger: Herr Minister Ruhstrat ist etwas tempera­mentvoll, eine impulsive Natur?-3euge: Allerdings. Minister Ruhstrat: Wie in allen andren Kreisen, so ist auch in den unsrigen viel geschimpft worden.

gelegenheit Ende 1889 geschehen ist. Minister Ruh strat: Ich will noch bemerken, daß diese An­

Auf Befragen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Sprenger, be­fundet auch der Zeuge Rechtsanwalt Koch: Er visse nicht genau, was im hiesigen Civilkasino gespielt worden sei; er habe aber ge­hört, daß viel gepokert" worden sei.

Es gelangen mehrere Briefe zur Verlesung, die der Angeklagte Dr. Ries geständlich unter dem Pseudonym. G., Ingenieur" an den Angeklagten Biermann gerichtet hat. In diesen spricht der Brief­schreiber seinen Dank und Anerkennung aus, daß er den Mut habe, die Mißstände in Oldenburg   aufzudecken.

Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß der Antrag auf Ladung des Herrn Landgerichtsrat Niebuhr nicht abzulehnen ist. Der Gerichts­hof hat daher beschlossen: Herrn Landgerichtsrat Niebuhr als Zengen zu laden. Da die Ladung aber nicht so schnell auszuführen i, so hat der Gerichtshof beschlossen, die Verhandlung auf Montag, vormittags 10 Uhr, zu vertagen.

Verteidiger: Jch beantrage, als Zeugen zu laden Re­gierungsrat Mußenbecher, Amtsrichter Bott, Regierungs- Assessor Pralle, Regierungs- Assessor Müde und Rechtsanwalt Ruhstrat. Diese haben dem Zeugen Rechtsanwalt Koch Mitteilungen gemacht. Ich beantrage weiter als geugen zu laden Bürgermeister Mahlstedt­Eutin, Amtsrichter Streßmann- Brafe und Regierungs- Assessor Muß. Vors.: Was sollen diese Zeugen bekunden?

Vert.: Jch bitte, mich nicht immer zu unterbrechen, sondern mir zu gestatten, meine Anträge zu begründen. Diese Zeugen sollen gefragt werden, ob sie das Vorkommnis selbst erlebt, oder van ivem es ihnen erzählt worden ist.

Erster Staatsanwalt: Ich habe durch Stellung dieser Anträge die Auffassung gewonnen, daß der Angeklagte Biermann das Bestreben hat,

die Sache hinauszuziehen.

Ich beantrage daher, nicht nur diese Anträge abzulehnen, sondern auch bezüglich der Ladung des Herrn Landgerichtsrats Niebuhr noch einmal in eine Beratung einzutreten.

Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Jch bemerke, daß eine Verschleppung in feiner Weise beabsichtigt ist, zumal dieselbe gar nicht im Interesse der Angeklagten liegt. gar nicht im Interesse der Angeklagten liegt.

Der

Beuge Zahnarzt Wolffram: Dr. Ries habe seine Eltern und Geschwister stets nach besten Kräften unterſtügt und mit einer feltenen Liebe an seinen Eltern und Geschwistern gehangen. Der Nach sehr langer Beratung des Gerichtshofes nimmt das Wort Bater ſei infolge langer Strankheit und seiner zahlreichen Familie in der Verteidiger Rechtsanwalt Greving: Ich erkläre in meinem schlechten Vermögensverhältnissen gewesen. Dr. Ries habe 3000 M. und auch im Namen des Dr. Ries, daß die sogenannte Oberschaf auf einmal für ſeinen Vater und 600 M. für seinen Bruder an Bemerkung, wenn überhaupt gefallen, nicht in der Absicht geschehen kaum im Bett selbst aufrichten. Dr. Ries habe viele Nächte am Bett Minister erklärt darauf, daß er nunmehr den Strafantrag be­Schulden bezahlt. Der Vater habe an Asthma gelitten, er konnte sich ist, um den Ober- Landesgerichtsrat Tenge zu verletzen. seines Vaters gewacht und ihn in der sorgsamsten Weise gepflegt. Als züglich dieses Punktes zurückziehe. Die gestellten Anträge erledigen Dr. Ries nach Jever versetzt wurde, sei im Elternhauſe großer sich nunmehr. Jammer gewesen. Die alte Mutter habe ausgerufen: Es ist Die Verhandlung wird auf Sonnabend vertagt. einfach schandbar, daß man einen so guten Sohn von den Eltern entfernt". Inzwischen ist von dem die Untersuchung führenden Amtsrichter der Befehl eingetroffen: den Angeklagten Biermann zwecks Antritts da ist ebenfalls viel geschimpft worden. der bereits rechtskräftig gewordenen Strafe von sechs Monaten Ge­Vert.: Wenn unbar gespielt wurde, wurden dann Schuld- fängnis wegen Beleidigung des Landrichters Haake sofort in Haft zu scheine ausgestellt? nehmen.

Ich war eine Zeitlang in Berlin  ,

Zeuge: Das weiß ich nicht. Minister Ruhstrat: Die Herren Biermann und Sprenger scheinen Wert darauf zu legen

G

Vert. R.-A. Dr. Sprenger( den Minister unterbrechend): Ich muß mir entschieden verbitten, in diesem Tone mit Biermann zufammen genannt zu werden. Es ist dem Herrn Nebenkläger genau bekannt, daß ich mich weder mit der Person Biermanns, noch mit der Tendenz seines Blattes identifiziere.

Minister Ruh strat: Die Herren Biermann und Sprenger fcheinen Wert darauf zu legen, ob bar oder unbar gespielt worden ist. Ich bemerke: Es ist bar und unbar gespielt worden.

Kaufmann Lohse Oldenburg  : Ich bin Offizier der Landwehr und habe mehrfach an den im Civilkasino stattgefundenen Offizier Liebesmahlen teilgenommen. Zu meinem Leidwesen habe ich gehört, daß von den jüngeren Herren dort sehr viel gespielt wurde. Ich habe in meiner Eigenschaft als älterer Offizier es nicht geduldet, daß Offiziere in Uniform spielen.

Bert.: Haben Sie auch Spielern Geld geliehen? 3euge: Jawohl.- Vert.: Wer waren diese? Zeuge: Muß ich darauf antworten? Ich möchte nicht gern Namen nennen.

-

Deutscher Arbeiter- Abstinenten- Bund, Drtsgruppe Berlin  . Sonn­tag, den 22. November, abends 6 Uhr, im Englischen Garten, Alexander­straße 27c: erwegh- Abend. Den Vortrag sowie die Recitationen Vor und hat der Schriftsteller Genosse Georg Davidsohn   übernommen. nach dem Vortrag musikalische Unterhaltung. Um recht zahlreichen Besuch bittet Der Borstand. Arbeiter- Samariterkolonne. Morgen, Montagabend 9 Uhr: Nebungs­Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger richtet an den stunde in der Centrale Dresdenerstr. 45. Bortrag über Senochenbrüche, Ber­Gerichtshof und den Ersten Staatsanwalt die Bitte, die Verhaftung renkungen und Verstauchungen. Nachher: Praktische Uebungen. Neu­wenigstens bis zum Schluß der Verhandlung verhindern zu wollen. aufnahmen können in jeder Lehrstunde erfolgen. Gäste willkommen. Der Angeklagte Biermann wird in Haft ge- Aderstraße 123 bei Diefe und Mariannenstraße 48 bei Liebehenschel von Allgemeine Familien Sterbekaffe zu Berlin  . Heute Zahltag: nommen. 3-6 Uhr.

Direktor Hans Hoyer bekundet: Der jezige Minister Ruhstrat erzählte einmal im Civilkasino einen, interessanten Fall". Dabei legte sich Minister Ruhstrat über den runden Tisch und sagte laut: Schaf" oder Oberschaf", genau wisse er das nicht mehr. Worauf sich dieser Stationen Ausdruck bezogen habe, wisse er nicht.

Vert. Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Ich bin leider genötigt, den Antrag zu stellen, Herrn Landgerichtsrat Niebuhr als Zeugen zu vernehmen.

Erster Staatsanwalt: Jch beantrage, den Antrag als un­erheblich abzulehnen. Nach noch längeren Auseinandersetzungen zwischen dem Ersten Staatsanwalt und den Verteidigern zieht sich der Gerichtshof zur Beratung zurüd.

Nach sehr langer Beratung des Gerichtshofes verkündet der

Vorsitzende:

Barometer- 1

stand mm

richtung

Wind

Windstärke

Wetter

3 heiter

Swinemde. 745 W Berlin   748 28 Frankf.a.M. 756 S München   757 28 Wien  

Hamburg   747 23 4 bedeckt

755 2

Temp. n. T.

5° C. 4° R.

Stationen

Barometer

stand mm

richtung Wind

Windstärke

2 Haparanda 736 S 3 Petersburg 4 Cort

Better

Zemp. n. C.

5° C. 4° 9.

4 bedeckt

2wolfig

4 Aberdeen  

7 bedeckt

5 Regen

1 Paris  4

766 N 761 3

6 bedeckt 7bedeckt

1

12

3 bedeckt

9

Wetter Prognose für Sonntag, den 22. November 1903. Beitweise heiter, jedoch sehr unbeständig mit Niederschlägen und ziemlich starken westlichen Winden; Temperatur wenig verändert.

Warenhaus A.Wertheim

Extra- Preise

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½ D. 90,

Stangen- Spargel II Stangen- Spargel I 1.40,

Stangen- Spargel stark Riesenbruchspargel 1.30,

Bruchspargel I

23

Bruchspargel ohne Köpfe ,, Abschnittspargel

Schoten und Karotten 55,

12

1/1

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Reineclauden Dose 85, Dose 48 Pt.

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1.15, 63 Pf.

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Aprikosen Frucht, 1.25, 68 Pf.

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gemischt

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Marmelade misca, 10 Pfd. 2 Mk. 8 Pfd. 85 pr.

23

1 Dose 38 pr 45 P. 45 Pl. 35 Pr. Delikatess- Heringe, D. 78, D. 50 P.

¼ D. 50 Pf.

50 Pf.

Erdbeeren

27

1.15,

39.

63 Pf.

halbe

93

"

extra

99

"

2

70 Pf.

75 Pf. 1.65, 88 Pf. Pflaumen 1, Dose 48 Pf.

85,

48 Pf.

93

19

60, 35 Pf. Heringe in Aspic  

45,

35

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28 Pf. Bratheringe

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19

32 P. Bismarckheringe

Gemischtes Gemüse

60,

"

99

Karotten I

60,

35 Pf.

29

39

Sardinen

Junge Schoten

48 Pf.

35

Feine Schoten

95

Schoten I

53, 75,

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80,

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Kaiserschoten

27

1.15, 45,

99

93

23

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18 Pf. Sardinen u. Tomaten: Dose 80 Pf.

Schoten extrafein

Pfefferlinge Kohlrabi

33

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Appetit- Sild

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