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ipl Beauftragen, tunlichst Bald Untersuchungen über die Verhältnisse des deutscheu Bergbaues anzustellen, durch Vernehmung Co» Berg­werksbesitzern und Bergarbeitern, sowie durch Einziehung sonstiger geeigneter Informationen, zum Zwecke der Vorbereitung etwaiger reichsgesetzlicher Maßnahmen, Abg, Sachse lSoz,): Das hohe HmiS hat sich ja schon drei Tage mit dem Bergarbeiterstreik beschäftigt. Ich brauche also nicht mehr auf die Ursachen einzugehen. Es handelt sich jetzt bielmehr darum, uns schlüssig zu macheu, was zu tun sei. Der bergbauliche Verein ruft nach der Regierung nur, wen» er das Einschreiten von Militär wünscht, sonst kümmert er sich nicht um sie. Die Regierung hat deshalb einen anderen Weg eingeschlagen und bereitet ein preußisches Berg-Notgesetz vor. Aber vom Dreiklassen-Parlameut ist nicht viel zu erwarten. 1889 1892 hat es seine Versprechungen auch nicht gehalten.<Hört I hört I und Sehr richtig! links.) Die Sache muß daher vor dieses hohe Haus kommen. Die Reichs- regierung muß eingreifen. In unserem Antrag verzichten wir nicht auf ein einheitliches Reichsberggesetz. Aber zunächst soll wenigstens das nötigste durchgesetzt werden. Die parlamentarische Kommission des Abgeordnetenhauses ist in Tätigkeit getreten. Der Minister Möller hat erklärt, daß diese Kommission mit der Siebener- Kommission, d. h. der Revier-Streikkommission, in Verhandlung ge- treten ist, und daß die Regierung für Erfüllung von fünf Arbeiter- forderungen nach Möglichkeit eintreten werde. Darauf hat das Zentrum sich zurückgezogen und hat aus das Ein- schreiten des Reichstags verzichtet. Das widerspricht dem eigenen Interesse des Zentrums. Die Arbeiter können doch auf die gänzlich unverbindlichen Versprechungen hin die Arbeit nicht wieder auf- nehmen. Auch die christlich organisierten Arbeiter stimmen durchaus nicht mit dem jetzigen Verhalten des Zentrums überein. In Zeutrumskreisen selbst hat man ja Zweifel, ob die Regierung ihr Versprechen mit der nötigen Geschwindigkeit erfüllen wird. Zum Bei- spiel schreibt dieKöln  . Volksztg." in diesem Sinne, die Erfahrungen von 1892 seien nicht gerade ermutigend. 1892 ging ja nicht mal die Regierungsvorlage durch, Konservative und Zecheniuteressenteu hinderten es. Aehnlich ging es mit der Knappschaflsgesetz- Novelle. Es blieb auch hier bei Entwürfen. Der Verband der Kuappschaftsvereine hat sich schon x-mal damit beschäftigt. Wir müssen fürchten, daß die Re- giernng die Novelle wieder zurückzieht. Deshalb stehen die Arbeiter aller Richtungen den Bersprechnngen der Regierung misstrauisch gegenüber. Will die preußische Regierung zeigen, daß es ihr ernst ist, mag sie sofort handeln. Sie ist seit 15 Jahren mit der ganzen Materie vertraut, kennt die Forderungen der Organisationen seit 12 Jahren und kann gewiß nicht den Mangel des nötigen Materials vorschützen. Aber statt dessen hat man die Forderung aufgestellt, die Arbeiter sollten schon auf diese Versprechungen hiu zur Arbeit zurückkehren. Nicht nur wir haben das abgelehnt, sondern die Bergarbeiter aller Parteien haben erst den Sperling in der Hand haben wollen, nicht bloß wie jetzt, an die Wand gemalt, ehe sie auf die Taube verzichten. Wir bitten daher das Zentrum, nicht unnötig auf die Wiederaufnahme der Arbeit hinzuwirken, sondern lieber klar und scharf auszusprechen, daß nur ein Neichs-Berggesetz die Bergarbeiter befriedigen kann. Nun kurz zur Begründung unserer Forderungen. Wie in ganz Deusichland, so ist auch im Ruhrrevier der Gesundheitszustand der Bergarbeiter immer schlechter.geworden. Das durchschnittliche Lebens­alter der Bergarbeiter wird immer kleiner, der prozentuale Anteil der Kranken immer größer. Alles das nach den offiziellen Berichten des Bochumer   Knappschaftsvereins. Schon 1889 hatten die Zechenbesitzer versprochen, lleberschichten nur in dringenden Notfällen verfahren zu lassen. In Wahrheit werden selbst jetzt bei der schlechten Konjunktur die Arbeiter massenhaft zu lieberschichten kommandiert, ohne auch nur gefragt zu werden. So liegt ein Lohnbuch vor mir, nach dem ein Bergmann mit 45 lleberschichten in einem Monat 118 M. ver- dient hat.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Auch das Verbot des Wagennullens ist keine neue Forderung. Aber noch im vorigen Jahre spielten in diesem Punkte die preußischen Minister die besten Verteidiger der Zechenbesitzer. Es ist möglich, daß im Durchschnitt nicht mehr als 3 Proz. der Förderung genullt worden sind. Ich bezweifle diese Angabe der Zechenbesitzer um so mehr, als die jetzige Untersuchungskommission sie nicht durch die Aussagen der Arbeiter will nachprüfen lasse». Aher selbst wenn sie richtig wäre, blieb bestehen, daß die einzelnen Arbeiter schwer ge- troffen werden. Einer Ortsbelegschaft auf ZecheAchenbach" ist 35 Proz. ihrer Förderung genullt worden, obendrein wurde sie mit 55 M. Geldstrafe belegt. Ferner wünschen die Arbeiter eine frühere Auszahlung des Lohnes. Jetzt bekommen sie ihn erst nach sechs Wochen. Unerträglich sind ferner die Abzüge für Schießmaterial usw. Ein fleißiger Hauer auf der ZecheKonstantin der Große  " verdiente im Jahre 1994 nominell 1831 M., davon aber wurden ihm 539 M., und zwar 411 M. allein für Schießmaterial, abgezogen.(Hört I hört! bei den Sozialdemokraten.) Da kommen dann die Herren Bericht- erstatter derKöln  . Ztg."usw. und rechnen einen hohen Durchschnittslohn pro Tag, z. B. von 5 M. heraus. Aber der wirkliche Lohn ist viel geringer. Aus den Lohnbüchern geht auch hervor, daß den Arbeitern Strafen abgezogen werden nicht nur für Dinge, die sie selbst begangen haben, sondern auch für die anderer. In einem Falle sind einem Manne 26 M. in einem einzigen Monat für Strafen abgezogen worden. Dazu kommen die Abzüge für Versicherung usw. Einem Arbeiter ist im Monat 49 M. im ganzen abgezogen worden. Mau könnte der Negierung das Material nicht nur kistenweise, sondern bergeweise schicken.(Heiterkeit.) Sie soll es untersuchen, das ist nicht unsere Sache. Bei einer Schicht, bei der der Arbeiter vielleicht 34 M. verdient, werden ihm bisweilen l1/« M. abgezogen. Dem Antrag Gothein stehen wir fympathisch gegenüber, namentlich der darin ausgesprochenen Forderung obligatorischer Arbeiteransschüffe. Aber die Forderung geht uns in der Fassung des Antrages Gothein nicht Iveit genug. Eine gründliche Gruben- kontrolle kann nur von Arbeitern selbst ausgeübt werden. Aber solche Arbeiterkontrolleure dürfen nicht abhängig sein. Sie müssen vom Staate bezahlt werden, während der Antrag Gothein eine unentgeltliche Leistung dieser Delegierten vorsieht. Wenn aber die Arbeiter schon die Wagenkontrolleure aus ihrer Tasche zu bezahlen übernehmen, so kann man ihnen nicht zumuten, auch noch auf ihre Kosten Grubeukontrolleure anzustellen. Die Regierung hat die Pflicht, durch Arbeiterkontrolleure für die Verminderung der Unfälle im Bergbau zu sorgen, sonst trägt sie für ihre Zunahme die volle Verantwortung. Wir verlangen ferner eine Neuregelung des Dienstvertrages und des Zechenwohnungs-Mietsrechts. Heute sind die Arbeiter in den Kolonien vollständig in die Hand der Zechenbesitzer gegeben. Sie können von ihrem Koalitionsrecht keinen Gebrauch machen, müssen sich alle Chikanen gefallen lassen, wollen sie nicht binnen drei Tagen aus ihren Wohnungen hinausgesetzt lverden. Jetzt maßen sich die Zechenbesißer sogar an zu liestimme», wer die Kolonie» betreten darf und wer nicht. Man versucht den Bezirksvertrauensleuten den Zutritt zu den Kolonien auf jede Weise unmöglich zu machen. Greift die gesetzliche Regelung, die auch der Abg. Gothein fordert, hier nicht ein, so werden sich dieseWohlfahrtseiurichtungen" zu einem Zuchthaus gestalten. Wie soll nun der Ausstand beendigt werden? Ich loill die weiteren Verhandlungen der Regierung mit den Arbeitern nicht un- möglich machen, aber lvas der Oberbergrat v. Velsen in der letzten Sitzung der Siebenerkommission ausgeführt hat, hat uns doch stutzig gemacht. Er mahnte uns, die Arbeiter sofort zur Wieder- aufnähme der Arbeit zu veranlassen; sonst hätten wir die Verantwortung für etwaige Maßregelungen, wie sie 1893 im Saarrevier stattgesunden hätten. Er sei der Mann, der 1893 den Bergarbeiterschutz-Verein zertrümmert hätte.(Hört I hört! bei den Sozialdemokraten.) Auf solche Aeußerungen können sich dann freilich die hartnäckigsten Unternehmer berufen: sie tun ja nur das, was die Regierung sich rühmt, schon vor 19 Jahren getan zu haben. Die Unternehmerpresse beruft sich mit Recht darauf, daß auf den Staatsgruben die Verhältnisse nicht besser seien_ als im Ruhr­revier. Sie gibt auch dem Zentrum verschiedene Nasen- stüber: es sollte zunächst in Oberschlesien   und Niederschlesien  bei seinen Parteigenossen für bessere Stellung der Arbeiter sorgen. Auch ich schließe mich dem Wunsche an, daß das Zentrum seinen Einfluß bei seinem Parteigenossen Graf Magnis geltend machen möge, um den Streik im Neurohdabezirk beizulegen, wo die Bergarbeiter 3,29 M. Schichtlohn pro Tag fordern. Wenn die Re- gierung ernstlich ein rasches Ende des Streiks wünscht, so sollte sie doch in den fiskalischen Gruben ein Beispiel geben. Aber bis jetzt hat auf die Beschwerden der Arbeiter auf den fiskalischen Gruben die Siebenerkommission weder eine Antwort, noch einen Termin zur Verhandlung erhalten. Die fiskalischen Gruben bei Gladbach haben auch noch zu weiteren Beschwerden Anlaß gegeben. Ein Mann, der sich dort gar nichts weiter zuschulden kommen gelassen hat, als daß er dieBergarbeiter-Zeitung" an die Abonnenten aus- getrogen hat, ist aus Preußen ausgewiesen worden.(HörtI hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Untersuchungskommission verfährt nicht mit gleichem Maße. Neben drei staatlichen Beamten sitzen darin drei Arbeiter und drei Leute von der Grubenverwaltung. Letztere bekamen auf der Grube Herkules" einen Stenographen, die Arbeiter erst dann, als sie mit Verlassen des Lokals drohten.(Hört! hört! b. d. Sozialdemokraten.) Die Beschleunigung, mit der die Untersuchung von der Regierung be- trieben wird, ist au sich erfreulich, führt aber in praxi dazu, daß die Untersuchung nicht gründlich genug behandelt wird. Auf Zeche Herkules" ist es vorgekommen, daß die Arbeiter sich zu beweisen erboten, daß das Zechen-Journal nicht richtig geführt sei.(Hört I hört! bei den Sozialdemokraten.) Dieser Beweis wurde nicht an- genommen.(HörtI hört! bei den Sozialdemokraten.) Ein Streik ist wie ein Krieg. Da kann man von Kontraktbruch überhaupt nicht sprechen. Es handelt sich um keine sozial- demokratische Hetze. Das hat ja selbst mein Kollege Stöcker zu- gegeben. Und was der Abg. Stöcker zugibt, kann doch auch die Re- gierung nicht leugnen.(Heiterkeit.) Nicht nur die Negierung, sondern auch die Parlamente sind der Untätigkeit zu bezichtigen. Sie tragen mit dazu bei, daß der große Streik jetzt ausgebrochen ist. Macheu Sie es gut durch ein brauchbares Reichsgesetz und denken Sie an den Spruch, den Wilhelm Tell   bei Schiller   spricht: Denn eine Grenze hat Tyrannenmacht I Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, Wenn unerträglich wird die Last, Greift er hinauf, getrosten Mufs, gen Himmel Und holt herunter seine ew'gen Reihte I" (Lebhafter Beisall bei den Sozialdemokraten.) Bevollmächtigter zum Bundesrat, Geheimrat Fischer: Ein Fall, den der Abgeordnete Sachse neulich als empörendes Beispiel be- zeichnet hat, liegt ganz anders. Der Fall, der hier in Frage steht, ist nach der Darstellung des Herrn Sachse folgender: ein Werksdirektor hat seinen Arbeitern gesagt, wenn Ihr nicht ein bestimmtes Quantum Kohle fördert, so strafe ich Euch. Nun hätten die Arbeiter weniger Kohlen geschafft und es sei ihnen ein Abzug gemacht worden. Der Abg. Sachse meinte, das sei die reine Erpressung seitens des Direktors. Die Leute hätten sich dann an das Gewerbeschiedsgericht um Aufhebung der Strafe ge- wandt. Das fei abgelehnt worden, obgleich in den Arbeits- bedingungen keine solche Strafbestimmung vorhanden sei. Ich habe hier die Akten des Gewerbegerichts, in welchem sich der fundamentale Satz befindet, daß nach der be- stehenden Arbeitsordnung die beklagte Firma ein Recht gehabt habe, den Bergarbeitern 1 bis 3 Mark abzuziehen, wenn anzunehmen sei, daß die Arbeiter bei der Förderung nach- lässig gewesen sind.(Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Das Gewerbegericht hat als nachgewiesen angenommen, daß die durch- 'chnittliche Leistung so gering gewesen sei, daß man von einer Nach- lässigkeit sprechen könne.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ich erwähne noch, daß der Kläger   davon abgesehen hat, die ihm zu- nde Anfechtungsklage anzustrengen. Abg. Dr. Seniler(uatl.): Will man eine Reihe Maßnahmen treffen, so ist der Antrag Hehl der einzig mögliche. Man soll eine Gesetzgebung nicht ab irato machen, sondern sie soll aufgebaut werden auf einer gründlichen Enquete. Die Leidenschaftlichkeit, mit der Herr Sachse gesprochen hat, ist keine geeignete Grundlage dafür. 299 999 Bergleute sind im Streik, Männer, die verhetzt sind durch eine schrankenlose Agitation.(Widerspruch bei den Sozial- demokraten.) Wenn Abg. Sachse im Ruhrrevier so spricht, wie hier, so kann es nicht ausbleiben, daß sich eine verhängnisvolle Erregung der Gemüter der Bergleute bemächtigt. Aeutzerlich nur ein Ausstand in einem Gewerbe, ist er innerlich viel mehr und schneidet tief ins Wirtschaftsgetriebe ein. Aeußerlich eine 'oziale Frage, das Verlangen nach besserer Behandlung der Arbeiter ist der Ausstand innerlich doch eine Machtfrage, eine Frage der ozialdemokratischen Agitation.(Lebhafter Widerspruch bei den Sozioldemokraten.) So lange Sie(zu den Sozialdemokraten) von Kohlenbaronen und Protzen sprechen, kann ich Ihren Widerspruch nicht ernst nehmen.(Große Unruhe bei den Sozialdemokraten.) An sich sind wir nicht gegen einen Eingriff des Staates in einen Streik, aber die Gesetzgebung muß mit Ruhe und Besonnenheit vorgehen. Wer einen Streik unter Kontraktbruch beginnt, muß vor der Oeffent- lichkeit als Friedensstörer gelten. Sobald ein Streik sich zu einer Machtfrage zuspitzt, muß der Erfolg entscheiden, Inn  » er nur durch das Verbluten der einen Seite beendet werden._ In olchem Falle darf sich auch der Staat nicht einmischen. So aber liegen wohl die Dinge im Ruhrrevier nicht. Das Kohlensyndikat kann höhere Produktionskosten auf die Konsumenten abwälzen, kann sich also nicht darauf berufen, daß es bei Bewilligung der Forderungen konkurrenzunfähig wird. Das Verhalten des Reichskanzlers und des Handelsministers erscheint mir durchaus korrekt. Mit dem Abgeordneten Sachse wünschen wir ein weites Entgegenkommen der Zechenbesitzer. Die haben ja auch nicht aus Uebermut oder Protzentum die Verhandlungen abgelehnt, sondern weil sie eine Gefährdung der Disziplin befürchteten, wenn sie mit ihren kontraktbrüchigen Arbeitern verhandeln. Aber im Wesen der Disziplin liegt es, daß man sich dem höheren Vorgesetzten fügt. So sollen sich auch die Zechenbesitzer der Regierung, den Parlamenten und der öffentlichen Meinung fügen. Wir aber sollten, wie ich mich bemüht habe, alle unser bestes tun, um möglichst bald den Frieden herbeizuführen.(Lebhafter Beifall bei den Nationalliberalen.) Staatssekretär Graf v. PosadowSkq: ES sind schwere Angriffe zegen die Kommission gerichtet worden, die die Verhältnisse unter- uchen soll. Ich bin der Ansicht, daß solche Untersuchungen mit dem höchsten Maße von gerechter Unparteilichkeit geführt werde» müssen, um nicht nur das Vertrauen der Arbeitgeber, sondern auch das der Arbeitnehmer zu besitzen. Ich hatte in diesen Tagen Gelegenheit, mit dem preußischen Handelsminister darüber zu sprechen. Dieser autorisierte mich, zu erklären, daß die preußische Regierung diese Angriffe untersuchen und, wenn sie begründet sind, ihre sofortige Ab- chaffung veranlassen wird.(Beifall im Zentrum.) Aus der anderen Seite bitte ich die Herren von der linken Seite des Hauses, allen Einfluß, den sie auf die Arbeiter haben, auf- zubieten, daß dieser Streik möglichst bald beseitigt wird. Ruhe»nd Gesehmäßigkeit sind dort nicht gestört worden, das verdient durchaus anerkannt zu werden.(Hört! hört! links.) Aus dem Munde des Handelsministers habe ich es, daß die Berichte über Ausschreitungen entweder völlig auS der Luft gegriffen sind (Hört! hört! bei de» Sozialdemokraten) oder aber, daß sie ganz besonders übertrieben sind(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten), daß es sich dabei um ganz gewöhnliche Borgänge handelt, wie sie beim Ansammeln so großer Arbeitermasse» unvermeidlich sind(Hört! hört! links), wie sie tagtäglich passieren. Was das preußische Berggesetz anlangt, so stehe ich gerade auf dem entgegengesetzten Standpunkt des Herrn Vorredners.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Das bisherige Berggesetz räumt der Aufsichtsbehörde nicht die Rolle ein, die eine Staatsbehörde haben muß. Das Gesetz äußert sich jetzt wesentlich anders, als zur Zeit als eS geschaffen ist und zivar deshalb, weil die Besitzer der Zechen jetzt ganz andere sind, weil der Zwischenraum�zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern immer größer geworden ist. Treten an die Stelle des persönlichen Besitzes kapitalistische Assoziationen, dann muß der Staat in solchen Unternehmungen die Hand haben, so daß jedermann weiß, daß er es ist, der dort die oberste Quelle des Rechts darstellt. Deshalb hoffen wir, daß das preußische Berggesetz möglichst bald zu stände kommt. Hierzu wird der preußische Handelsministet aike? tun. Andererseits ist die preußische Regierung nicht der Meinung, daß das Reich in diesen Dingen zuständig ist, und sie wird im Bundesrat nicht dafür stimmen können, daß eine Zuständigkeit des Reiches beschlossen wird. Wenn Sie jetzt eine Aktion einleiten, um das Bergrecht zur Materie des Reiches zu machen, würden Sie die Aktion in Preußen nur verzögern und den Zweck, den man in Preußen verfolgt, auf unabsehbare Zeit hinausschieben. Meines Erachtens kommt es darauf an, daß die Arbeiterverhältnisse, wie sie sich ge- staltet haben, möglichst bald durch Eingreifen der Berg- gesetzgebuug gebessert werden. So lange die Berggesetz- gebung Landessache ist, kann auch die Untersuchung nur durch die Landesbehörde vorgenommen werden. Es wäre falsch, jetzt eine solche Untersuchung parallel der der preußischen zuständigen Instanzen einzuleiten. Das hieße die preußische Untersuchung stören, ihr entgegentreten, sie auf- hallen. Bei diesem großen, sozialpolitisch außerordentlich_ bedauer- licficn Ereignis scheint c§ mir notwendig, möglichst bald festzustellen, inwieweit die Beschwerden berechtigt sind und Abhülfe für sie ge- schaffen werden kann.(Beifall rechts.) Darauf vertagt sich das Haus. Der Präsident Graf Ballestrem schlägt vor, die Tagesordnung der nächsten Sitzung folgendennaßen festzusetzen: 1. Interpellation Ablaß  (freis. Vp.) über die Abgabe auf natürlichen Wasserstraßen; 2. erst die heutige Tagesordnung. Abg. Gothein(freis. Vg.) beantragt nach dem übereinstimmenden Wunsche aller Parteien, zunächst die Debatte über die Berggesetz- gebung fortzusetzen. Präsident Graf Ballestrem bittet den Redner, seinen Wunsch an die Interpellanten zu richten. Er müsse geschäftsordnungsmäßig, sobald die Interpellanten es verlangen, die Interpellation auf die Tagesordnung setzen. Abg. Spahn(Z.): Falls die heutige Debatte ununterbrochen fortgesetzt wird, verlangen wir, daß zunächst die Interpellation T r i m b o r n über den Zehnstundentag beraten wird. Abg. Dr. Müller-Sagan(frs. Vp.) erklärt sich mit der Anregung des Abg. Gothein einverstanden, bittet aber, nach Erledigung der Resolutionen zum Bergrecht zunächst über die Interpellation Ablaß   zu verhandeln, da sie eine Frage behandelt, die in den nächsten Tagen in den gesetzgebenden Körperschaften entschieden werden würde. Da der Abg. Spahn(Ztr.) auf dem Prioritätsrecht, der Jnter« pellation T r i m b o r n bestehen bleibt, setzt der Präsident die Tages» ordnung flir die nächste Sitzung Freitag 1 Uhr, folgendermaßen fest: 1. Fortsetzung der heutigen Debatte. 2. Interpellation Trim- born. 3. Interpellation Ablaß  . Schluß 6V4 Uhr._ parlamentarifcbee, Die Bndgetkommission des Reichstages beschäftigte sich am Mitt- woch zunächst mit einer Reihe von Forderungen für Postneubauten, die vielfach zu ausführlicher Debatte Anlaß gaben, aber ausnahmslos bewilligt wurden. Im Titel 65 werden 899 999 M. zum Bau und Ankauf von Wohnhäusern für Unterbcamte an solchen Orten gefordert, an denen ein erheblicher Wohnungsmangel herrscht; die Kommission war einmütig der Meinung, daß die Postverwaltung alles tun müsse, was in ihren Kräften steht, um die niedrig besoldeten Beamten aus der Tyrannei der Hausagrarier zu retten. Eine längere Debatte entspann sich bei Titel 68, in dem die Mittel für eine Telegraphenlinie im Inneren von Lstafrika gefordert werden. Bei einer früheren Strecke sind Ersparnisse gemacht worden, die von der Verwaltung beim Weitcrbau verwendet worden sind. Abg. Singer wies nachdrücklich auf die budgetrechtlichen Bedenken hin, die gegen ein solches Verfahren sprechen. Voraussichtlich wird diese Seite der Sache noch im Plenum erörtert werden. Für Fernsprechzwecke werden neuerdings 27llh Millionen Mark gefordert, die aus Anleihemitteln genommen werden sollen. Abg. Dr. Müller- Sagmi fragte an, wie es mit den F e r n d r u ck e r n stehe; man solle die Parlamente mit solchen Apparaten ausrüsten. Unterstaatssekretär S y d 0 w legte dar, daß die Verwaltung sich gegen die Ferndrucker zunächst etwas zurückgehalten! habe: der Hauptwert der Ferndrucker beruhe in der Nachrichtenübermittelung, worauf sich die Postverwaltung nicht einlassen könne; deshalb seien Verträge mit Privatgesellschaften geschlossen worden. Die Fernleitungen seien fast alle überlastet. Die Vertreter des Zentrums brachten eine Resolution ein, um den interlokalen Verkehr durch den Fernsprecher zu erweitern und zu erleichtern. Der Staatssekretär K r a e t k e er- klärte, daß die Verwaltung eifrig bestrebt sei, den Fernsprechverkehr zu erleichtern; es komme aber in erster Linie auf die Schaffung eines guten Verkehrs an. Durch mangelhafte Leistungen des Telephons werde die ganze Einrichtung unpopulär. Ter Titel wurde bewilligt, die Resolution einstimmig angenommen. Ueber die russische Niederlage wird demDaily Telegraph  " aus Tokio   gemeldet: Kuropatkins Flankenoperation habe mit einem völlige» Fehlschlag abgeschlossen. Man glaube, seine Stellung sei so ungünstig verändert, daß sein Änckzug bis über Mukde» hinaus nicht unwahrscheinlich sei. Er habe alle seine Stellungen ungefähr 14 Kilometer um Hcikatei herum aufgeben müssen. Die Verluste der Russen vom 25. bis zum 29. Januar werden auf 36(XX) bis 42 000 Mann geschätzt, die der Japaner �uf nur 7000. Der Mckzug der Russen glich einer Flucht. Sie wichen bis 12 Kilometer nördlich von Chodas und ließen 10 000 Leichen auf dem Schlachtfeld; die Japaner setzen ihre Rüstungen mit erneuter Energie fort. Diese Meldung hat eine amtliche japanische Bestätigung noch nicht erfahren. Dagegen lvird aus Mulden gemeldet, daß die Verwundung des Generals M i s ch t s ch e n k 0 doch eine schwere sei, da die Kugel den Beinknochen zerschmettert habe. General K 0 n d r a t 0- witsch erhielt einen Schuß durch die Brust; Oberst A n d r e j e w ist schwer am Kopfe verwundet. Eine neue russische Meldung lautet: Petersburg  , 1. Februar. Kuropatkin   meldet unter dem 30. Januar: Heute wurde S a n d e p u durch das Feuer unserer Artillerie in Brand geschossen. In der Front der Armee beschoß die Artillerie die feindlichen Kolonnen. Am 28. beschossen die Japaner den ganzen Tag lang die Dörfer Kheigoutay und T 0 up a 0. Gegen abend gingen sie zur Offensive über und griffen von 19 Uhr bis Mitternacht viermal an, aber alle Angriffe wurden durch unser Feuer zurückgeschlagen; erst, als um 2 Uhr morgens der Befehl kam(!)> die Dörfer zu r ä u m e n. finge» unsere Truppen an, sich zurückzuziehen. Eine unserer Patrouillen beschädigte die Eisenbahn 12 Werst südlich von Liaujang. Vom 31. Januar berichtet General Kuropatkin: Nach Meldungen, die in der Nacht eingegangen sind, ist auf unseren Posittonen alles ruhig. Von Zeit zu Zeit erfolgte Gewehr- und Geschützscuer. Unsere Artillerie beschoß Sandepu mit Erfolg, wir bemerkten von einem Ballon auS, daß die Japaner mit einem Teil ihrer Truppen Sandepu während des Tages räumten und nach Westen zogen. Die Japaner b e- festigten die Stellungen in Eile, unsere Artillerie beschießt sie. Die Japaner versuchten gestern, F 0 u d s i a Juänt» s i a, zlvei Werst nördlich von Lidiantong, anzugreifen, sie wurden zurückgeschlagen. Auf unserem linken Flügel griffen die Japaner gestern um 3 Uhr morgens zwanzig Werst von Tsinkhecheng