Nr. 73. 22. Iahrgaug. 5. KtilW des.Mrmrls" Mim IMW Sonntag, 26. Marz 1963. Die Organisation der Hanspflege. Die Arbeiterfrau ist der Mittelpunkt des Arbeiterhaushaltes. Von ihrer Tüchtigkeit und Leistung hängen Mann und Kinder in ihrem Wohlergehen und ihrer Arbeitsfähigkeit zum besten Teil ab. Und dabei ist die körperliche Leistungsfähigkeit der Arbeiterfrau abhängig von den verschiedensten äußeren Umständen und Zufällen. Ein geringer Unfall, eine unwesentliche Erkrankung können in ihrer Wirkung zur Erschütterung des häuslichen Gleichgewichts führen und das ganze Familienleben gefährden. Gilt das uberall, so spitzt sich dieser Uebelstand noch besonders zu für den großstädtischen und industriellen Arbeiter. Hier fehlt die häusliche Arbeit des kleinen Gewerbetreibenden, die ihm er- möglicht, in Notfällen nach dem Rechten zu sehen und kleine häusliche Arbeiten selbst auszuführen. ES fehlen die engeren nachbarlichen Beziehungen, die das Leben in kleinen Orten oft erleichtern. Unter den Lebensbedingungen des großstädtischen Arbeiters sind Erwerbstätigkeit und Hauswirtschaft zumeist weit voneinander entfernt, und die Familien pflegen in der Hauptsache ziemlich isoliert zu leben. So bedeutet die Arbeitsunfähigkeit der Frau durch Krankheit oder Wochenbett in der Regel auch den voll- ständigen Stillstand des Haushalts, der bei längerer Tauer zuni völligen Ruin der Haushaltung und zur Verwahrlosung der Kinder führen muß. Mag auch ein pflichtgctreuer Ehegatte sich bemühen, nach Feierabend noch das Allerdringlichste notdürftig zu besorgen, mag da und dort eine mitleidige Seele unter den Nachbarinnen herüberspringen, um nach dem Feuer zu sehen oder ein Kind trocken z» legen: im ganzen bedeutet andauernde Krankheit der Frau eine Unterbrechung der häuslichen Ordnung, die oft nicht mehr gut zu machen ist und manches glückliche Ehelcben zerrüttet. Diese Tatsache führt zu einem zweiten, nicht geringeren Uebcl. Um die gänzliche Zerstörung ihres Hauswesens zu verhüten, pflegt die Arbeiterfrau in Krankheitsfällen aus einem wohlbegreiflichen und oft bewundernswerten, in seiner Wirkung aber oft geradezu ver- derblichen Pflichtgefühl sich viel zu früh und viel zu schwer m>t häuslichen Arbeiten anzustrengen. Namentlich nach der Entbindung ist eS geradezu allgemein Sitte, bereits nach wenigen Tagen, lange bevor die durch den Geburtsakt verletzten Organe sich erholt.haben, die Hausarbeit wieder aufzunehmen. Schon am dritten Tage nach der Entbindung und noch früher steht die Frau, oft der Ohnmacht vor Schwäche nahe, am Waschfaß. Gewiß, sie kann das Neugeborene nicht im Schmutz verkommen lassen. Aber schweres Leiden, oft, zumal bei häufiger Wiederholung, lebenslängliches Siechtum sind die Folgen dieser heldischen Pflichterfüllung. Es ist das schlimmste Unglück des Proletariers, daß schon eine kleinere Abweichung vom regelmäßigen Verlauf der Dinge, die dem Wohlsituicrten gar nichts ausmacht, für ihn oft den Umsturz der ganzen Existenz oder doch des geregelten Familienlebens bedeutet. Und die öffentlich-rechtliche Organisation, die hier den Ausgleich schaffen und in Notfällen Ersatz bieten soll: die Arbeiter- Versicherung versagt hier bis jetzt noch völlig. Wenigstens in der Praxis. Denn nach dem Wortlaut des Gesetzes ließe sich sehr ivohl darüber streiten, ob nicht die Schonung der Kranken durch Bc- freiung von dringend nötiger Hausarbeit, d. h. also durch Be- schaffung einer Aushülfe für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, als „Heilmittel", deren ja nach Z 21 Z. 2 K.-V.-G. von den Orts-Kranken. lassen usw. auch andere als die im§ 6 aufgezählten gewährt werden dürfen, zu betrachten sei. Jedenfalls läßt sich der Begriff der„Fürsorge", die nach Z. 3a noch für die Dauer eines Jahres von Beendigung der Krankenunterstützung ab, also doch ganz sicher auch in der normalen Zeit dieser Unterstützung gewährt werden darf, auf eine solche Hülfeleistung anwenden. Das Wort: „namentlich auch Unterbringung in einer Heilanstalt" besagt deutlich, daß auch andere Mittel der Fürsorge zulassig sind, sicherlich weit einfachere und billigere, wie das bezeichnete eines fem würde. Aber, obwohl danach diese Art Unterstützung nicht zu denen gc- hören dürfte, die durch§ 21 Abs. 2 verboten sind, haben unseres Wissens bisher Krankenkassen ihre Tätigkeit auf dies naheliegende und wichtige Gebiet noch nicht ausgedehnt, wiewohl hier mit geringem Aufwand eine Sicherung des Heilerfolgs zu erzielen wäre, die den sonstigen Leistungen der Kassen erst ihre volle Wirksamkeit verschaffen würde. Sicher würde es den Versuch lohnen, eventuell würde auch die Herbeiführung einer obergerichtlichen Entscheidung über die Zu- lässigkeit von Wert sein. Ganz gewiß aber sollte für die bevor. stehende Neuregelung der Kranken- und I n v a- lidenversicherung dieser Frage die volle Aufmerksamkeit zugewandt werden. Ist doch namentlich auch für die Invaliden- Versicherung mit Rücksicht auf die Erhaltung der dauernden Er- werbsfähigkeit und die Gesundheit der sämtlichen Familienglieder die Frage von besonderer Wichtigkeit— auch hier läßt sich übrigens schon nach dem bestehenden Gesetz die Beschaffung der Möglichkeit der Schonung, also der sonst nicht möglichen Gelegenheit zur Gesundung, als ein Teil des bereits heute nach ß 18 des Jnvalidenvcrsicherungs- Gesetzes zulässigen Heilverfahrens ansehen: eine wesentlich geringere Aus dem Marxschen Buchet n. Wie der Profit des Kapitalisten entsteht. Bereits im 1. Band des„Kapital" gibt Marx auf G. 154—5 in lebendiger, satyrischer Form die landläufigen Ausflüchte der Kapitalisten wieder, womit sie die„Berechtigung" ihrer, aus fremder unbezahlter Arbeit der Proletarier stammenden Profite nachzuweisen suchen, um die Tatsache der Ausbeutung hinwegleugnen zu können. Hier, in dem neuen Buche, finden wir dasselbe Thema viel ausführlicher behandelt. nämlich in der Form cineS köstlichen Dialogs zwischen dem Kapitalisten und seinen Arbeitern. Zunächst sucht der Kapitalist den Arbeitern einzureden, er habe deshalb ein heiliges, mwerbrüchliches Recht auf feine Riesenprofite, weil er ja den Arbeitern aus eigener Tasche in barem Gelde ihren Lohn auszahle, bevor das Produkt ihrer Arbeit fertig und verkauft sei, d. h., weil er ihnen ihren Anteil am Produkt großmütig„vor- schieße", sich also dafür auck, entsprechend entschädigen müsse. Der Arbeiter, fährt Marx fort, wird dem Kapitalisten nun sagen:„Von diesen S Pfund Garn zum Beispiel stellen drei Fünftel konstantes Kapital(d. h. Rohstoffe. Verschleiß von Maschinen usw.) vor. Die gehören dir. Zwei Fünftel, also 2 Pfund, stellen meine neu zugesetzte Arbeit vor. Du hast mir also 2 Pfund zu zahlen. Du zahlst mir also den Wert von 2 Pfund." Damit würde er nicht nur den Arbeitslohn einsacken, sondern auch den Profit, kurz eine Summe Geld gleich dem Quantum der von ihm in Form von 2 Pfund neu zu- gesetzter, materialisierter Arbeit. „Aber." sagt der Kapitalist,„habe ich nicht das konstante Kapital vorgeschossen?" „Gut." sagt der Arbeiter,„dafür ziehst du 3 Pfund ab. zahlst mir nur zwei." „Aber," fährt der Kapitalist fort,„du konntest deine Arbeit nicht materialisieren, nicht spinnen, ohne meine Baumwolle und meinen Webstuhl I Dafür mußt du extra zahlen." „Ei," sagt der Arbeiter,„die Baumwolle wäre verfault und die Spindeln verrostet, hätte ich sie nicht zum Spinnen vernutzt. Die •) Theorien über den Mehrwert. Aus dem nachgelassenen Manuskript„Zur Kritik der politischen Oekonomie von Karl Marx ". herausgegeben von Karl KautSky . l. Teil: Die Anfänge der Theorie vom Mehrwert bis Adam Smith . Verlag von J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart . Preis 5,50 Mark, gebunden 6 Mark. Infolge Raummangels gelangt diese Forlsetzung de» in Nr. 24 de»„Vorwärts" begonnenen Artikels erst heute zum Abdruck. Leistung im Vergleich mit der Unterbringung in einer Heilanstalt, die darum gewiß als zulässig angesehen werden sollte. Indessen spielt die jetzt vorhandere Arbeiterversicherungs-Gesetzgebung hier überhaupt nur eine unwesentliche Rolle. Denn die Anwendbarkeit der bestehenden Gesetze ist auf jeden Fall schon dadurch begrenzt, daß in den meisten Fällen hier gar nicht erwerbende Ehefrauen, son- dern Hausfrauen in Betracht kommen, die der Fürsorge der Versicherung nur ausnahmsweise auf Grund besonderer statutarischer Erweiterung der Leistungen der Krankenkassen(Z 21 Ziff. 5 des Krankenversicherungs-Gesetzes) oder freiwilliger Versicherung bezw. Weiterversichcrung gemäß dem Jnvalidenversicherungs-Gesetze unter- liegen. Bei der Neuregelung dieser Versicherung sollte indessen die Gewährung solcher Hülfe zu den pflichtmäßig zu gewährenden Leistungen hinzugefügt oder lvenigstens sofort das noch nicht zu er- reichen wäre, ausdrücklich als zulässig erklärt werden. So lange das nicht der Fall ist, bleibt nichts weiter übrig als der Ausbau dieses wichtigen Mittels der Fürsorge durch private Hülfstätigkeit, wie wir sie in den Hauspflegevereinen finden. Der Gedanke der Hauspflege stammt unseres Wissens aus Frankfurt a. M., ist jedenfalls dort zuerst( 1832) in umfassen- derem Maße wirksam geworden. Seit einigen Jahren hat er rasch auch in anderen Städten Boden gewonnen. So besteht seit März 1897 der Verein„Hauspflege" in Berlin , dem neuerdings ein gleicher Verein in Charlottcnburg sich zugesellt hat, da der erstgenannte seine Tätigkeil auf das Weich- bild Berlins beschränkt. Er hat auch hier ein gewaltiges Arbeits- feld, auf dem er in ständig steigendem Umfange wirksam geworden ist. So konnte er bereits im Jahre 1300 seine Tätigkeit auf sämt- liche 357 Stadtbezirke ausdehnen svergl. den Artikel: Der Verein „Hanspflege" in Berlin , seine Bedeutung und sein Wirken, von Dr. M. Fuchs, in der„Sozialen Praxis" vom 26. Februar 1903, dem die hier angeführten Zahlen für die früheren Jahre entnommen sind). Der Verein, eine Abteilung des Berliner Frauenvereins, be zweckt, Familien, in denen die Führerin deS Hausstandes durch Krankheit oder Wochenbett an der Leitung der Wirtschaft verhindert ist, auch in plötzlichen Todesfällen, durch geeignete Fürsorge vor dem Niedergange zu bewahren. Zur Erreichung dieses Zweckes sollen in solchen Familien Pflegerinnen beschafft werden, welche die Wirtschaft besorgen und die zum Hausstand gehörigen erziehungS - bedürftigen Kinder beaufsichtigen. Die der Pflegerin zu leistende Vergütung wird aus Vcreinsmitteln bezahlt, sofern nicht die Familie selbst darauf besteht, einen Teil der Kosten zu ersetzen. In der Regel wird die Pflegerin, die ja auch das Essen für die Famili» zubereitet, ihre Kost in der gepflegten Familie erhalten; wo das untunlich ist, erhält sie hierfür vom Verein ein Kostgeld. Die bedeutsame und zunehmende Wirksamkeit des Vereins er- geben die folgenden Zahlen. Es wurde HauSpflege gewährt: im Jahre in Familien an Pflegetagen 1898 915 7 942 1893 1660 13 241 1900 2328 13 384 1301 2977 24 659 1902 3802 28 017 1903 4405 32 583 Das Jahr 1904 wird sicher wieder eine wesentliche Zunahme aufweisen. Die Pflegetage verteilten sich im Jahre 1903 folgendermaßen: 25 298 ganze Tage, 5 915 halbe Tage, 999 Waschtage. 239 Nächte, 137 Monatspflegen. ES wird also nicht schematisch, sondern je nach Bedarf, die Pflege an ganzen oder halben Tagen, auch zur Nachtzeit, zu regelmäßiger kürzerer Aushülfe oder zu bestimmten schwereren Hausarbeiten geleistet. Es wurde gepflegt wegen Krankheit........ in 1604 Familien Wochenbettes........ 2360„ „ Fehlgeburt........ 301 Abwesenheit der Hausfrau..„ 120 „ plötzlichen TodeS der Hausfrau„ 20„ zusammen in 4405 Familien. Von diesen Familien hatten Kinder unter 14 Jahren: keines.... 429 1.... 681 2.... 1131 3.... 958 4.... 612 5.... 354 6.... 149 mehr als 6.. 91 3 Pfund Garn, die du abziehst, stellen zwar nur den Wert deiner Baumwolle und der Spindeln vor, die in den 5 Pfund Garn konsumiert, also enthalten sind. Aber meine Arbeit allein, indem sie diese Produktionsmittel als Produktionsmittel verbrauchte, hat den Wert von Baumwolle und-Spindel erhalten. Für diese Wert er- hallende Kraft meiner Arbeit fordere ich von dir nichts, weil sie mir, außer dem Spinnen selbst, wofür ich die 2 Pfund habe, keine Extra- Arbeitszeit gekostet hat. ES ist dieses eine Naturgabe meiner Arbeit, die mich nichts kostet, die aber den Wert des konstanten Kapitals erhält. Sowenig ich von dir dafür fordere, sowenig hast du von mir dafür zu fordern, daß ich o h n e Spindel und Wolle nicht hätte spinnen können. Ohne Spinnen wären aber die Spindel und Baumwolle keinen Pfifferling wert." Der in die Enge getriebene Kapitalist bemerkt nun:„Die 2 Pfund Garn sind in der Tat 4 Schilling wert. Soviel Arbeitszeit von dir repräsentieren sie. Aber ich soll sie dir zahlen, ehe ich sie verkauft Habel Vielleicht verkaufe ich sie gar nickst. Das ist Rigko Nr. I. Zweitens verkaufe ich sie vielleicht unter ihrem Preis. Das ist Risiko Nr. II. lind drittens, unter allen Umständen, kostet es noch Zeit, sie zu verkaufen. Soll ich für dich umsonst beide Risikos und den Zeitverlust obendrein übernehmen? Umsonst ist der Tod." „Wart' einmal," antwortet der Arbeiter:„Welches ist unser Verhältnis? Wir stehen uns alz Warenbesitzer gegenüber, du als Käufer, ich als Verkäufer, denn du loillst mir meinen Anteil am Produkt, die 2 Pfund abkaufen, und sie enthalten in der Tat nichts als meine eigene vergegenständlichte Arbeitszeit. Nun behauptest du, ich müsse dir meine Ware unter ihrem Werte verlaufen, so daß du als Resultat mehr Wert in Ware erhältst als du jetzt in Geld besitzest." . Besinne dich doch recht! Ehe die 2 Pfund Garn da waren. die du uns jetzt abkaufen willst, hast du nicht vorher andere Käufe gemacht, ohne die die 5 Pfund Garn überhaupt nicht zustande ge- kommen wären? Hast du nicht vorher Baumwolle und Spindel ge- kauft, die jetzt in 3 Pfund Garn repräsentiert sind? Damals traten dir der Baumwolljobber in Liverpool und der Spindelfabrikant in Oldham als Verkäufer gegenüber, du ihnen als Käufer; sie repräscn- tierten Ware, du Geld— ganz dasselbe Verhältnis, worin wir äugen- blicklich die Ehre oder den Verdruß haben, einander gegenüberzustehen. Hätten dich der geriebene Baumwolljobber und dein jovialer Kollege von Oldham nicht ausgelacht, wenn du die Forderung gestellt, sie sollten dir einen Teil Baumwolle und Spindel umsonst ablassen, oder. was dasselbe, dir diese Waren unter ihrem Preise lund ihrem Werte) verkaufen, weil du ihre Ware in Geld, sie dir aber Geld in Ware verwandelten, weil sie Verkäufer, du Käufer? Sie riskierten nichts, denn sie bekämen das bare Geld, den Tauschwert in reiner, selb» ständiger Form. Dagegen du, welches Risiko l Erst aus Spindel Die Hauspflege-Statiftik für 1904 ergibt: 4727 Pflegen mit 27 239 ganzen. 5468 halben. 736 Waschtagen. 256 Nächten und 212 Monatspflegen. Wegen Wochenbettes wurde gepflegt... 2624 mal „ Krankheit„„... 1683„ „ Fehlgeburt„..... 266„ „ Abwesenheit der Frau wurde gepflegt 154„ Die Kosten für den Verein Hauspflege betrugen für diese Pflegen 35 187 M., außerdem wurde von den Verpflegten eine Zu- zahlnng geleistet in 1939 Fällen. Diese Zahlen, die eine Versorgung von mehr als 12 000 Kindern in schwerer Zeit nachweisen, geben hinlänglich Zeugnis für die Wirk- samkeit des Vereins. Der Jahresbericht für 1903 erläutert sie deS näheren durch einige praktische Beispiele. Einer Mutter von 5 Kindern im Alter von% bis 11 Jahren wurde für die Dauer ihres fünfwöchigen Aufenthalts in einer Lungenheilstätte eine Pflegerin gestellt, die Haushalt und Kinder in Ordnung hielt. Jetzt wird ihr noch von Zeit zu Zeit ein Waschtag gewährt. Eine andere Arbeiterfrau, die zu ihren 5 Kindern noch Zwilling« gebar, erhielt gleichfalls Pflege, die nicht allein dem Manne die regelmäßige Er- lebigung seiner Tagesarbeit ermöglichte, sondern auch den Inhaber eines abvermieteten Zimmers versorgte. Wir sehen hier, wie die ganze wirtschaftliche Existenz der Familie, die bei dem gering ent- lohnten Arbeiter stets nur auf des Messers Schneide steht, schon durch eine kurze Krankheitszcit oder ein Wochenbett zerstört— wie sie andererseits durch eine verhältnismäßig einfache und wenig kost- spielige Hülfeleistung aufrecht erhalten werden kann. In dem dritten angeführten Falle wird einer linksseitig ge- lähmten Witwe mit 4 Kindern, die im übrigen ihren Haushalt musterhaft versieht, aber nicht waschen kann, seit über vier Jahren regelmäßig eine Waschfrau gestellt. Die Pflegerinnen sind ältere, zuverlässige Frauen, zum Teil Almoscnempfängerinnen und nicht mehr vollwertige Arbeitskräfte, die sich so noch sehr nützlich machen und einen Neben» oder auch Hauptverdienst erzielen. Die verpflegten Familien verteilten sich nach dem Berufe de» Familienhauptes: Beruf des Mannes Arbeiter.......... 1539 Handwerker*) oder Kaufmann.. 1543 Kellner oder Diener..... 329 Beamter.......... 257 Verschiedene........ 326 Die Frau war Witwe..... 346 Eheverlassen........ 44 Ledig........... 21 Das wöchentliche Einkommen betrug nach den Angaben der Verpflegten: Verpflegten in Fälle» unter 10 M......... 462 11—15.......... 301 16-20„........ 1459 21—25........ 1818 26—30„......... 456 über 30......... 158 unbestimmt........ 251 276 erhielten laufende städtische Armenunterstützung. In 1566 Fällen wurde von den Verpflegten eine Zuzahlung pi den Kosten geleistet, während der Verein in 1060 Fällen der Pflegerin auch Kostgeld zahlen mußte. Der Verein gab in 212 Fällen die Pflege an andere Kräfte ab — durch Verbindung mit dem Zentral-Krankenpflegenachweis in der Ziegelstraße ist ihm die leichte Beschaffung geschulter Kranken- Pflegerinnen und Nachtwachen ermöglicht. � Von besonderer Wichtigkeit sind die Abmachungen, die der Verein mit einer Reihe von F i r m e n für die von ihnen beschäftigten Arbeiter getroffen hat. Ende 1903 waren es 34, darunter die größten Betriebe Berlins und der Verein Berliner Wäschefabrikantcn mit 33 Firmen. Jetzt sind es bereits 44. Die Abkommen sind verschieden: teils wird von den verpflegten Familien Zuzahlung und Kostgewährung nach Möglichkeit verlangt, teils wird sie ausdrücklich ausgeschlossen. Mehrfach wird eine Höchstgrenze(10 Tage, 15 oder 20 M.) festgesetzt oder nach einer bestimmten Frist der Firma weitere Verfügung vorbehalten. Auf diese Weise werden wohl nahezu 100 000 Berliner Arbeiterfamilien im Bedarfsfalle der Vorteile der Hauspflege teilhastig, von der auf Grund mündlicher Empfehlung der Arbeitskollegen unter- einander in steigendem Maße Gebrauch gemacht wird. Im Jahre 1904 wurde in 526 Fällen von dem Abkommen Gebrauch gemacht. In 1298 Fällen arbeitete der Verein zusammen mit anderen Vereinen, mit denen er auch seine Erhebungen gemeinschaftlich vor- *) Schließt offenbar auch die gelernten Arbeiter ein. und Baumwolle Garn machen, alle Risikos des Produktionsprozesses durchlaufen und dann schließlich das Risiko, das Garn wieder zu ver» kaufen, es in Geld zurückzuverwandcln I DaS Risiko, ob es zu seinem Werte, über oder unter seinem Werte sich verkaufen wirdl DaS Risiko, es gar nicht zu verkaufen, eS gar nicht in Geld zurückzuver- wandeln. Das Garn als solches interessiert dich blutwenig. Du ißt nicht Garn, du trinkst es nicht, du hast gar keine Verwendung daffir als die, es zu verkaufen. Und, meinst du, jedenfalls müsse dir der Zeitverlust bezahlt werden, den du aufwenden mutzt, das Garn wieder in Geld zu verwandeln, also damit Spindel und Baumwolle in Geld zu verwandeln! Altes Haus, würden dir deine Kollegen antworten. mach dich nicht lächerlich und sprich keinen Unsinn. Was, zum Teufel, kümmern wir uns darum, was du mit unserer Baumwolle und unserer Spindel vorhast! Verbrenne sie, schmeiß sie weg. tu damit, was du willst, aber bezahl sie! Welche Idee! Wir sollen dir ein Geschenk von unseren Waren machen, weil du dich als Baunnvoll» spinner anfgetan hast und dich in dem Geschäftsleben nicht zurecht» zufinden scheinst, da du dir seine Risikos und Gefahren so vergrößerst! Gib dein« Baumwollspinnerei auf oder komm nicht auf den Markt mit so verkehrten Ideen!" Auf diese Apostrophe der Arbeiter erwidert der Kapitalist bor- nehm lächelnd:„Man sieht, daß ihr Leute waS habt läuten hören, aber nicht wißt, wo die Glocke hängt. Ihr sprecht von Dingen, die ihr nicht versteht. Glaubt ihr. ich habe dem Liverpooler Kerl und dem Oldenhamer Burschen bares Geld gezahlt? Nicht einen roten Hellerl In Wechseln habe ich sie gezahlt und die Baumwolle des Liverpoolcr Kerls war taffächlich versponnen und verkauft, ehe sein Wechsel fällig wurde. Mit euch ist das was ganz anderes. Ihr wollt bares Geld haben." „Ganz gut." sagen die Arbeiter,„und was taten der Liverpooler Kerl und der Oldhamer Bursche mit deinen Wechseln?" „Was sie damit taten?" erwidert der Kapitalist.„Dumme Frage! Sie deponierten sie bei ihren Bankiers und bekamen sie dort ausbezahlt." „Wieviel zahlen sie dafür dem Bankier?" «Wieviel? Geld ist jetzt sehr billig. Ich denke, sie zahlten etwa 3 Prozent Diskonto; das heißt nicht 3 Prozent der Summe, sondern soviel für die Zeit, auf die der Wechsel lautete, als einem Satze von 3 Prozent für das ganze Jahr entsprach." „Um so besser." sagen die Arbeiter.„Zahl uns 4 Schilling, den Preis unserer Ware, oder zahl uns 24 Schilling, da wir pro Woche rechnen wollen. Aber zieh davon 3 Prozent JahrcszinS für 14 Tage ab." „Aber," sagt der Kapitalist,„dieser Wechsel ist zu klein. Kein Bankier wird ihn diskontieren." erwidern die Arbeiter.„Pix sind 160 Mann. Dv
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