Nr. 177. 22.1. ßicilM des.FsmUs" KerllM UsIlisMDienstag, t. August MS.Ruq der Partei.Der Arvriter-BildungSvcrein„Eintracht" in Zürich veröffentlichtsoeben in Form einer Broschüre von 35 Seiten seinen Jahresberichtfür 1904, der wieder von der vielseitigen gemeinnützigen Tätigkeitdieser nun 94 Jahre bestehenden Organisation zeugt. Der Vereinzählt 763 Mitglieder. 1199 zugereiste Genoffen haben die Reise-Unterstützung in natura sGratisessen in der Speisegenossenfchaft) inAnspruch genommen. Die Gesamteinnahmen des Verein« betrugen80 505 Fr., die Ausgaben 79 446 Fr., der Ueberschich 1059 Fr. AnLesestoff liegen 57 Zeitungen und 18 verschiedene Werke auf, dieBibliothek zählt 1232 Bände. Borträge fanden 14, Diskussions-abcnde 19 statt.Endgültiges Resultat aus den letzten Wahlen in Amerika. Nachlangwierigen und sorgfältigen Zusammenstellungen gibt jetzt das„National Executive Commiltee" der sozialistischen Partei in denVereinigten Staaten das endgültige Resultat dc§ Parteivotums vomNovember 1904 bekannt. Die letzte Bekanntmachung, die im Februard. I. herausgegeben wurde, war nicht ganz korrekt. Die genaueStimmenzahl ist 409 230. Nun hat aber die andere Richtung, dieSozialistische Arbeiterpartei, noch 34 172 Stimmen erhalten, so daßeine Gesamtzahl von 443 402 Stimmen sich ergibt.Klus Industrie und ktandel.Rußlands Kredit. Die Nachricht, daß die russische Negierungversuche, die deutsche Bankftnanz zur Aufnahme einer neuen Anleihezu bewegen, und von der Firma Mendelssohn m Co. bereits indieser Richtung Vorbereitungen getroffen würden, fordert auch einzelnejener Handels- und Bankblätter zu einen, Protest gegen die Unter-bringnng russischer Anleihen in Deutschland heraus, die sonst derFinanz nicht gerne Schwierigkeiten in den Weg legen. Die Fort-schritte der Revolution in Rußland fangen anscheinend an, selbst injenen Kreisen ernstliche Bedenken zu wecken. So schreibt z. B. der„Deutsche Oekonomist" in einem Artikel über die Politik und Kredit-bcdürftigkeit Rußlands:„Wohin man blickt, treten einem Gründe zur Vorsicht in derfrage der Gewährung abermaligen Kredits an Rußland entgegen.s ist die Vernulwng laut geworden, daß die Besprechung deö Herrnv. Witte mit den maßgebenden deutschen Staatsmännern wiederzum Abschluß einer russischen Anleihe in Deutschland sichren könne,wie im vorigen Jahre aus Anlaß des Besuches des Herrn v. Wittein Norderney und des Abschlusses des Handelsvertrages. Die An-Näherung des garen an den deutschen Kaiser könne bestimmt sein,dieses Moment zu verstärken. Es wäre geradezu unheilvoll, wennsich etwas davon bestätigen sollte.... Wir sind wahrlich nichtin der Lage, die russische Freundschaft— um diese handeltes sich noch gar nicht einmal— mit Darlehen, mit Hunderten vonMillionen bezahlen zu müssen. Das mag den Franzosen überlassenbleiben. Diese sind des Halte? an einer anderen kontinentalenGroßmacht bedürftig; wir um so weniger, seit Rußlands Stern soim Sinken ist. Frankreich mag sich genötigt sehen, um seine 9 bis11 Milliarden-Forderung an Rußland vor dem Konkurs zu beivahren,neue 2 bis 3 Milliarden zu leihen Notabene nur für den Falldes Friedensschlusses. Deutschland ist glücklicherweise hierbei imHintertreffen; wir haben nur 2 bis 3 Milliarden russischer Anleihen.Und schon daS ist zu viel, einem Lande gegenüber, das in so ficht-barem Verfall ist und dessen Finanzverwaltung durch jede neueZinsenlast erschwert wird. Von der Regierung halten wir uns sestüberzeugt, daß sie ihren Einfluß aus die Haute Finance nicht an-spannen wird, um dem heutigen Rußland zu einer Anleihe zu ver-helfen.'Der Equitable-Tkandal, über den wir wieberholt berichteten,führt zu immer seltsameren, daS Treiben der Leiter dieses Unter-nehmens bloßstellenden Entdeckungen. Wie dem„Berl. Börsen«Courier' aus New Fork geschrieben wird, wurde in den Büchern derMercantile Trust Co., einer Tochtergesellschaft der Equitable, einPosten von 685 000 Dollar als„Darlehen an die Equitable" ge-bucht gefunden. Dieser Posten hatte im Laufe der letzten Jahreverschiedene Veränderungen erfahren; bald sank er unter400000 Dollar, mitunter stieg er über 700 000 Dollar, Dr. Deining,der Präsident der Gesellschaft, sagte dem Staatsversicherung«-kommissar, dieser Posten sei vier b,s fünf Jahre lang durch dieBücher geschleppt worden. Expräsident Alexander und ExkomptrollerJordan seien als verantwortlich dafür aufgeführt worden, doch habeman stets die Equitable als wirkliche Schuldnerin angesehen. DasMerkwürdige an der Sache ist, daß in den Büchern der Equitablevon einem solchen Posten auch nicht die geringste Spur zu findenist. Um das Mysteriöse der ganzen Angelegenheit noch zu steigen,,wird jetzt bekannt, daß der Riesenposten nunmehr auch au« denBüchern der Trust Co. verschwunden ist, da derselben von ,un-bekannter Seite' eine entsprechende Barsumme zur Verfügung ge-stellt wurde. Zweifellos handelt eS sich um irgend eine.elastische'Transaktion, um wer weiß welche illegalen Transaktionen zu ver-hüllen.Zur Lage de« EiscnmarkteS in den Bereinigten Staate» vonAmerika. Nach den Angaben der amerikanischen Roheisenproduzentenist die Produktion der KokS und Hartkohle feuerden Hochöfen von1 964 000 Tonnen im Mai. der bisher erreichten höchsten Monat«-ziffer, auf 1 793 000 Tonnen im Juni zurückgegangen. Für denAusfall ist größtenteils die Mnderproduktion der den Gtahlgesell«schasten gehörigen Hochöfen verantwortlich, denn letztere haben136 000 Tonnen weniger geliefert, während die den freien Marktversorgenden Oese,, nur um 35 000 Tonnen weniger produziert habenals im Mai. Trotzdem haben sich die marltfähigen Vorräte währendde« Juni um 70 000 Tonnen vermehrt, nachdem sie bereits im Maieine Zunahme um 63 500 und im April eine solche von 17 400Tonnen erfahren hatten.Nach den letzten Berichten vom amerikanischen Elsenmarkt solldie Nachftage wieder im Steigen begriffen sein. DaS mag sein—aber wie lange wird diese? Steigen anhalten? ES läßt sich nuneinmal nicht wegleugnen, daß die Leistungsfähigkeit weit mehr ge«wachsen ist als der Bedarf._Soziales.B»m Berliner KaufmannSgtticht.Nichts als krauses Zeug, erklärte das Gericht in seinem Urteil.sei es, loa« der Vertreter der Firma I„, i e l a u. Frei gegen dieKlage eines Reisenden vorbrachte, der mit 250 M. Monatsgehaltund 2 Proz. Provision angestellt worden war. aber weder für April„och für Mai und Juni etwas erhalten hatte. Viele Male hatte ervergeblich um Reisekasse ersucht, schließlich jedoch sich anderweitigGeld verschaffen müssen, um von der Schweiz nach Hause reisen zukönnen. Der Kläger verlangte im ganzen 1153,95 M. Er warjedoch verhindert, seine Klage persönlich zu vertreten und sein Be-vollmächtigter konnte nur die Forderung von 923.95 M. als zweifellosberechtigt nachweisen. Da« Gericht fällte ein Teilurteil, wonach dieBeklagte diese Summe zu zahlen hat. lieber den Rest soll m ememneuen Termin verhandelt werden.Au, Sonntag vor Pfingsten morgens eine halbe, mittags eme viertelStunde zu spät gekommen zu sein, da» waren die Sünden, weswegeneine Verkäuferin aus dem Putzgeschäft von Haas« entlaffenwoxdcn war, nachdem sie am 1. Juni ihre Kündigung erhalten hatte.Sje war allerdings schon vorher einige Male zwei bis drei Minutenzu spät gekommen und, wie eine Zeugin be», eckte, stand die Klägerinauch nicht mit den anderen Angestellten morgens vor demGeschäft auf der Straße und wartete, bis geöffnet wurde.An jenem Sonntag hatte sie sich entschuldigt, ihre Mutter war krank,sie hatte nach der Apotheke gehen müssen. Aber der Chef hatte ihrvordem schon gesagt, daß, wenn sie wieder zu spät käme, er sie ohneRücksicht auf die Kündigungsfrist sofort entlassen werde.— DasGericht kam jedoch zu der Ueberzeugung, daß kein hin-reichender Grund zu plötzlicher Entlassung imSinne des ß 72 des Handelsgesetzbuchs vor-handen gewesen sei, und verurteilte den Beklagten zurZahlung deS verlangten Monatsgehalts von 80 M.Daß der Kläger wirklich krank und arbeitsunfähig gewesen, wolltedie Inhaberin von Karl Kellers Festsälen in der Köpcnicker-straße nicht glauben. Darum hatte sie den Buchhalter, der 18 M.Wochenlohn und Kost erhielt und dafür, Ivie er selbst angab, vonmorgens 9 bis abends 11 und 12 Uhr tätig war, plötzlich entlassen,obgleich er sich sofort entschuldigt hatte. Emen Arzt hatte er aller-dings nicht konsultiert, aber Schwiegermutter und Ehefrau bezeugtenvor Gericht, sein Fuß sei so stark angeschivollen gewesen, daß erunmöglich zur Arbeit kommen konnte. Der Kläger verlangte fürGehaltS- und Kostcntschädigung 299,70 M. Nach langem Zuredenerklärte sich die Beklagte zu einem vom Vorsitzenden vorgeschlagenenVergleich bereit, wonach sie dem Kläger 150 M. zu zahlen hat undsich verpflichtet, ihn mit einer Kündigungsfrist von einem Monatwieder einzustellen._Die Bürgschaft, die nicht verpflichtet.„Achtet nicht der Ver-sprechen des„stillen Teilhabers", wenn er kein Kaufmann ist."Diesen Rat muß man allen Arbeitern und sonstigen Angestelltengeben, wie folgendes Ncchtsgeschichtchen beweist. Herr WilhelmMier, Unternehmer für Reklamebeleuchtung, bedurfte der finanziellenHülfe seines Bruders, der in Arten, bei Merseburg eine Gast-Wirtschaft betreibt. Der Bruder Hugo kam, gab 8000 Mark,wurde„stiller Teilhaber", verschwand wieder und schenkte in Arternweiter sein Bier aus. Inzwischen hatte Herr Hugo aber auch denin, Betriebe als gewerblichen Arbeiter beschäftigten Elektrotechniker K.,der für sein Gehalt fürchtete, mit den Worten beruhigt, er möge nurseine» Posten ausfüllen und im Bettiebe bleiben, Verzögerungender Gehaltszahlung lvürden nicht mehr vorkommen, dennjetzt sei ja er, Hugo Mier aus Artern, in das Ge-schäft eingetreten. Dieser Bürgschaft entsann sich der Elektro-techniker, als es mit den, Unternehnieu schließlich dochschief gegangen war und er rückständiges Gehalt in Höhe von225 Dt. nicht erhalten konnte. Er erstritt beim Gewerbe-g e r i ch t zwar gegen Wilhelm Mier, den Firmenin haber, ein rechts-.kräftiges Urteil auf Zahlung der übrigens an sich unbestrittenenSumme. Das konnte ihm verflucht wenig nutzen, sintemalenbei W. Mier kein Geld war. Hugo Mier aus Arternwurde auch verklagt: erstens als GeschäftSteilhaber, zweitens als Bürge.DaS Gelverbegericht wies aber die Klage gegen Hugo Mierab und führte aus: Wenn eine offene Handelsgesell-schaft von den Brüdern Mier begründet worden wäre, dann würdeja Hugo Mier ohne weiteres für das Gehalt mit seinem Vermögenhasten. ES handcle sich aber nur um ein Kommanditverhältnis,um eine stille Teilhaberschaft Hugo MierS an dem Geschäft deSBruders. Der Kommanditist hafte höchstens mit dem Einlage-kapital, und das sei ja— alle. Bleibe nur noch die Bürgschaft,jene mündliche Zusicherung, daß Kläger sein Gehalt stets bekommenwerde.» Eine solch« mündliche Erklärung bürge indessen nurdann, wenn sie von einem Kaufmann ausgehe. DaS sei hiernicht der Fall, denn die Beweiserhebung habe ergeben, daß H. Mierlediglich Gastwirt sei und daneben keinen Handel betreibe. Seinemündliche Bürgschaft sei darum nicht rechts wirksam. Ausdem Gesagten folgte die Abweisung der Klage gegen Hugo Mier.—Der Erlaß der Arbeitsordnung in Fabriken. Von Herrn Gold-stein, dem Inhaber einer Fabrik„konfektionierter Weißwaren", ver-langte die Maschinennäherin S. durch Klage beim Berliner Gewerbe-geeicht für 14 Tage 40 Mark Lohnentschädigung wegen unberechtigterplötzlicher Entlassung. Fräulein S. war Akkordarbeiterin. Wegender Inventur sollte sie nebst anderen Arbeiterinnen eines Mittagseine Stunde länger füber die Mittagszeit hinaus) fortbleiben. Sieund eine Anzahl anderer Angestellten kehrten denselben Nach-mittag nicht mehr in den Betrieb zurück. Es wurden Strafenverhängt. Klägerin sollte eine Mark einbüßen. Sie behauptet nun,sie sei entlassen worden, weil sie es sich nicht gefallen lassen wollte.Sie meinte, daß sie und die nicht in die Fabrik zurückgekehrtenKolleginnen sich gesagt hätten, der weite Weg von Hause lohne sichnicht mehr. Die Kammer I unter dem Vorsitz des GewerberichtersDr. Neumann war sich darüber einig, daß eS keine so große, dieEntlassung rechtfertigende Sünde wäre. wenn eine Akkord«arbeiterin, die nach Tisch eine Stunde länger wegbleibenmüsse, dann den ganzen Nachmittag wegbleibe.— Nun ab etmachte Beklagter den Einwand, daß„ach der Arbeitsordnung,welche auShanae und die behördlich genehmigt sei, die Akkord-arbeiterinnen bei ihm nur eine eintägige Kündigungsfrist hätten.Der Gerichtshof mußte jetzt darauf eingehen. Der Aushang wurdezum neuen Termin herbeigeschafft. Die Bestimmung findet sichdarin, er trägt aber keine Unterschrift des Geschäftsinhabers. DieKammer stellte sich auf den Standpunkt, daß der nicht unterzeichnetebedruckte Zettel immer noch nicht beweiskräftig den gesetz-mäßigen Erlaß einer Gewerbeordnung dartue. Nach der Gewerbe-ordnung erfolge zwar in Fabriken, in welchen in der Regelmindestens 20 Arbeiter befchäfttgt werden(was hier der Fallist), der Erlaß der Arbeitsordnung durch Aushang, und der wärein derartigen Betrieben bindend auch für denArbeiter, der nicht auf die Arbeitsordnung verwiesen sei, sienicht unterschrieben und kein Exemplar erhalten habe. Gleichzeitigiverde aber bestimmt, daß die Arbeitsordnung den Zeitpunkt, mitwelchem sie in Wirksamkeit treten solle, angeben und von dem-jenigen, welcher sie erlasse, umer Angabe de« Datum« unter-zeichnet sein müsse. ES müsse deshalb erst Beweis erhobenIverden darüber, ob Beklagter die Arbeitsordnung selber, da«Original, unterschrieben habe. Erst nach dieser Feststellung könntesie als erlassen gelten. Erfolge die Feststellung, dann habeKlägerin allerdings nur auf einen Tag Anspruch.— Zum Zweckejener Belveiserhebung mußte ein neuer Termin anberaumt werden.Die Steuerlasten in Pominrrn. Von den 72 pommerschenStädten sind 11 zu verzeichnen, in«velchen mehr als 200 Proz. Zu-schlüge zu der staatlich veranlagten Einkommensteuer al» Kommunalsteuer erhoben werden. An der Spitze steht, wie die„KommunalePraxis' berichtet. Kallie« mit 425 Proz. Es folgen Falkeilberg mit280 Proz., Polzin mit 250 und Plathe init 240 Proz. Belgard undTrcptolv a. Reaa erheben je 225, Bublitz, Drainburg und Raugardje 220 Proz. In Wollin«Verden 216 und in RummelSburg 210Prozent erhoben. Mit 200 Proz. sind 10 Städte, nämlich Altdamm,Bärwalde, Bütow, Körlin, Kösttn, Neustettin, Regenwalde, Schlawe,Stolp und Zanow zu verzeichnen. 100—200 Proz. werden in 47Städten erhoben. Unter 100 Proz. zahlen Bahn<96). Treptow a. T.<95) und Gollnow(76 Proz.). Am glücklichsten sind die Bewohnervon Usedom dran. Hier werden außer der Hundesteuer wederdirekte noch indirekte Kommunalsteucrn erhoben. Die KreiSsteuern«Verden in Usedom auch aus der Käiiiniereikaffs gezahlt.Gerichts-Leitung.Ein Spielernest wurde am 0. April d. I. in dem belebtestenTeil der Straße Unter den Linden von der Kriminalpolizei auS-gehoben. In dem Restaurant„Lindcnquclle", welche» sich in derNähe deS Paffage-ThcaterS befindet, trafen alle Abend eine AnzahlPersonen zusammen, die an einem Tischchen in einer verschwiegenenEcke der Göttin Fortuna huldigte»«. Gespielt wurde nur»g o l d e p e E e ch s und«l u st i g e S i e b e n', und zwar umverhältnismäßig kleine Einsätze. Trotzdem erreichten die Berge vonSilbcrgeld, die sich neben jedein Spieler, insbesondere aber vor demBankhalter, auftürmten, zuweilen eine ziemliche Höhe. Einige derSpieler verloren mitunter an einem Abend bis zu hundert Mark.Die Spieler selbst bestanden zmn größten Teil aus Kellnern, jungenKaufleutcn und Handiverkern, die fast sämtlich auch zugleichStammgäste aus der Rennbahn waren. Die hier gemachten Ge-Winne wurden deS Abends wieder als Fonds zur„goldenen Sechs'benutzt, andererseits versuchte derjenige, der am Turf einen Miß-erfolg hatte, die Scharte beim Kartenspiel wieder auszuwetzen.Mehrere besonders erheblich hereingefallene Spieler hatten nicht?eiliger zu tun, als anonyme Karten an die Kriminalpolizei zu richten.durch welche Mitteilung von dem„Jeuchen" in der„Lindenquelle'gemacht wurde. Am Abend des 9. April d. I. gegen 11 Uhrerschien in dem Restaurant noch ein Gast, der sich ein Glas Bierbestellte und sich anscheinend gar nicht um das Treiben der Spielerkümmerte. Allmählich schien das Interesse des GasteS doch wachgeworden zu sein. Er trat an den Spieltisch heran, wo man ihmbereitwilligst Platz machte und ihn zum Mitspielen einlud. DerBetreffende nahm die freundliche Einladung nicht an, sondern zogeine allerdings auch geldstückähnliche Münze heraus und legitimiertesich als Kriminalbeamter. Zum Schrecken der Spieler lud sie derKriminalschutzmann Dröscher nunmehr seinerseits ein, ihm dieNamen mitzuteilen. Die meisten Spieler ergriffen sofort daSHasenpanier und verließen mit größter Schnelligkeit die gastlicheStätte der„Lindenquelle". Der Bankhalter, ein KellnerEduard Rohrbach, schob dem Beamten resigniert einenHaufen Silbergeld zu:„Na, hier haben Sie den ganzen Kram.'ES wurde festgestellt, daß R. monatelang in der.Lindenquelle" ver-kehrte und fast immer die Bank gehalten hatte. Gegen ihn wurdedeshalb eine Anklage wegen gewerbsmäßigen Glücksspiels erhoben.Für die Inhaberin der„Lindenquelle", Frau Rittmeister, geb.Sell, hatte das„Jeuchen" ebenfalls unangenehme Folgen. WegenDuldens von Glücksspielen war die„Lindenwirtin" gestern bor der10. Fericnstrafkammer des Landgerichts l. angeklagt. Mit ihrmußte sich der Kellner Rohrbach wegen gewerbsmäßigen Glücks-spiels verantworten. Frau Rittmeister bestritt, Kenntnis davongehabt zu haben, daß in ihrem Lokal Hasardspiele gespielt wordensind, da sie das ganze Restaurant vom Büfett aus nicht überblickenkonnte. Durch die Bekundung deS Kriminalschutzmanns Dröscherwurde indessen festgestellt, daß die Angeklagte Kenntnis von demstrafbaren Treiben in ihrem Lokal hatte. Der Staatsanwalt be-antragte gegen die beiden Angeschuldigten je einen MonatGefängnis und 150 M. Geld st rase. Der Gerichtshofsah die ganze Sache etwa« milder an und beließ es dem Antragedes Rechtsanwalts Solomon gemäß noch einmal bei Geld-strafen. Das Urteil lautete deshalb gegen Frau Rittmeisterauf 3 0 M. Geldstrafe, gegen Rohrback auf 5 0 M. Geld-st rase event. 10 Tage Gefängnis.Ein geiverbsmäßiger Ringnepper stand gestern in der Persondes Gürtlers Franz Friede unter der Anklage des Rück«fallbctruges vor dem Strafrichter. Am 14. Juni d. I. nachmittagskam der Schiffer Brandt auf dem Lehrter Bahnhof an. Er wollteseinen Bruder besuchen, der mit seinem Kahn am Nordhafen lag.Auf dem Wege dorthin wurde er in der Jnvalidenstraße von eineinsauber gekleideten jungen Mann angesprochen, der ihn fragte, obnicht ein Leihhaus oder ein Goldwarenhändler sich in der Nähebefinde, bei welchem er einen wertvollen Brillantring versetzenkönne. Der junge Mann wurde sehr gesprächig und erzählte, seinVater«väre Eisenbahnbeamter und liege jetzt schwer krank. UmGeld für eine kostspielige Kur zu erlangen, habe sich sein Vaterschweren Herzens entschlossen, ein altes Familienerbftück, einenwertvollen Brillantring zu verkaufen. Bei diesen Worten holte derjunge Mann einen Ring mit einem erbsengroßen Brillanten ausder Tasche und ließ ihn recht verführerisch in der Sonne blitzen.Der Besitzer des Ringes wurde hierbei von einem anderen Manneangesprochen, der sich als Goldarbeiter vorstellte und große»Interesse für den Brillantring zeigte. Schließlich sah er sich ver-anlaßt, 40 M. für den Ring zu bieten, wobei er erklärte, der Wertsei allerdings ein höherer, die Fassung müsse indessen erst verändertwerden, weil sie nicht mehr modern sei. In der Meinung, eingutes Geschäft machen zu können, bot Brandt nunmehr ebenfallsmit. Als man schließlich auf 55 M. angelangt war, erklärte der..Goldarbeiter", nicht mehr mitbieten zu können, da er nicht so vielGeld bei sich habe. Der Schiffer erstand schließlich den Ring für55 M. und glaubte noch, ein sehr gutes Geschäft gemacht zu haben.Als er den Ring bald darauf einem Goldwarenhändler zum Kaufanbot, bekam B. einen nicht gelinden Schrecken, als ihm dieser er«klärte, der Ring sei eine gut ausgeführte Imitation, wie man siefür ein paar Mark überall kaufen könne. Jetzt erst erkannteBrandt, daß er zwei Gaunern in die Hände gefallen war. Er gabauf der Polizeiwache eine genaue Personalbeschreibung der beidenPersonen, durch welche es gelang, den jetzigen Angeklagten als einender Ringnepper zu ermitteln. Sein Komplice, der als„fach-verständiger Goldarbeiter' fungiert hatte, konnte bis heute noch nichtermittelt werden.— Vor Gericht war Friede geständig. DerStaatsanwalt beantragte ein Jahr sechs Monate Ge-f ä n g n i s. Der Gerichtshof ging jedoch erheblich über den Antragdes Staatsanwalts hinaus, da es sich um einen gewerbsmäßigenRingnepper handle, der überaus raffiniert vorgegangen war. DasUrteil lautete deshalb auf zwei Jahre Zuchthaus, dreiJahre Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht.Eingegangene Druchfcbriften.Von der„Neuen Zeit-(Stuttgart, Paul Singer) ist soeden da»44. Hest des 23. Lahrganges erschienen. Au» dem Inhalt des Heste» hebenwir hervor: Friedrich Engels. Von Franz Mehring.— Persönliche Er-wnerungen an Friedrich Engel«. Bon Paul Lasargue.— Gewcrkschastenund„sozialistischer Geist". Don H. Sttöbel.— Der sechste«nternanonaleTextilarbeiterkongretz in Mailand. Von A. Baudert.— Moderne Hanseaten.Von Rudols Wissel.— Die ArbeitSoerhälwifle in der Schweiz. Von Dr.I. Hertz Hcrisau.(Schluh.)Die„Neue Zelt" erscheint wöchentlich einmal und ist durch alle Buch.Handlungen, Posianstalicn und Kolporteure zum Preise von 8,25 M. proQuartal zu beziehen: jedoch kann dieselbe bei der Post nur pro Ouarlalabonniert werden. Das einzelne Hest kostet 25 Bs.Probenummern stehen jederzeit zur Versügung.Der„Süddeutsche Posttllon-, Nr. tö, ist soeben erschienen undzeichnet fich In seinen sarbenprächtlgen künstlerischen Bildern hervorragendaus. Fürst Bülow als Schutzmann mit der gepanzerten Faust verwehrtdem FriedenSengel Janrd» an der preutzisch-deutschen ReichSgrenze denEintritt nach Deutschland, indem er sctue belannten Tiradei» widergibt. DasSchlutzbild zeig! uns Zar Nikolaus mit seinem Thronerben im Arme, ausden Wogen der Revolution hin- und herschwankend. Das Siegesdenkmalür Rußland verkündet„Sieg" aus der Vorderseite; aus der Hinteren Seiteedoch vcrllopst der Japaner dem Russen tüchtig den Pelz.„Das Leben istchwer, namentlich wenn mer Mch weiß, was mer eioenllich arbeiten soll"llusineri einen„Auch Arbeitslosen", vor vollem Tisch. Der textliche Teilbietet«ine Menge ausgezeichnete Beiträge, so da» Leitgedtcht„Aussperrung",„Die Revolution", Briese aus Sachsen, AuS dem Tagcbuche eines Abderiten,Was in der Welt vorgeht, Der begnadigte Hänge-Karl, Sie fw.mcn's nichtbegreifen. Eine kleine Erzählung bietet besondere Abwechslung, lieber denRuhstrat-Prozen finden wir einige sehr gute Beiträge in Prosa und Poesie.Die Nummer kostet„»rr 10 Ps. und ist vom Verlag M. Ernst, München,sowie bei allen Parteibuchhandlungen zu haben.Charles H. HaweS, Im äußersten Osten. Von Korea überWladiwostok nach der Insel Sachalin.(Berlin, Karl SieaiSmnud.)i Gustav Küpper, Der BesähigungSnachweiS im Hand-werk.(Golba, F. E. P e r t h e S.)Alfred H. Fried, 4.nnuairs äs In Vis Intsrnatio-n a 1 o.(Monaco, Institut Jnteriiatioiial de la Paix.)Deklaration der zionistisch. sozialistischen Arbeiter»Partei. Aus dem Jüdischen übersetzt. Herausgegeben von der Arbeits-gruppe der zloniliisch-sozialisttschen Arbeiterpartei. IS Seite»