Sur Sachs selbst konnte der Minister nicht viel sagen, ,,5adie Untersuchung noch nicht abgeschlossen ist". Soviel abersteht schon jetzt fest, daß auf der Zeche„Borussia" mancheSicherheitsvorrichtungen unterblieben sind. Man hat auchschon einen Beamten, den man als Sündeichock in die Wüstejagen will. Aber dabei wird es bleiben, vorbeugende Maß-nahmen zur Verhütung ähnlicher Unfälle für die Zukunftwerden nicht getroffen werden.Die Vertreter des Grubenkapitals, die H i l b ck, vonC y n e r n und Genossen benutzten— wie gesagt— die Gelegenheit, um die Interessen des Grubenkapitals zu vertreten.Herr H i l b ck sträubt sich mit Händen und Füßen gegen dieGrubenkontrollcrlre aus der Arbeiterklasse, er hat auch dieStirn, die statistisch nachgewiesene Zunahme der Zahl der Un-fälle hinwegzuleugncn. Noch ärger treibt es sein Freundv. E y n e r n, der die Presse für alle Sünden verantwortlichmacht und von der Regierung verlangt, daß sie jedesmal, wenndie arbeiterfreundliche Presse Mitteilungen über Bergarbeiter-oder Grubenverhältnisse bringt, mit einem offiziösen Dementibei der Haird ist. Auf diese Weise will Herr v. Eynern dasVertrauen der Bergarbeiter zu den Grubenbesitzern wieder her-stellen. Glaubt er wirklich, daß mit dieser Vogel-Strauß-Politik etwas erreicht wird? Glaubt er wirklich, daß die öffent-liche Meinung sich so leicht irreführen läßt? Für so naiv haltenwir ihn nicht, er will lediglich verhindern, daß in Zukunft beiähnlichen Anlässen— wie z. B. beim letzten Bergarbeiterstreik— die öffentliche Meinung sich auf feiten der Arbeiter stellt.Wie wir voraussagten, ist bei der Debatte auch nicht dasGeringste herausgekommen. Unsere Genossen im Reichstagewerden am Sonnabend das, was das Dreiklassenparlament ver-absäumt hat, nachholen.Die nächste Sitzung findet erst am Dienstag statt. ZurBeratung steht dann der Bergetat und der Etat der Handels-and Gewerbeverwaltung. Inzwischen soll die Schulkommissiondie Verpfaffung der Volksschule vorbereiten.Das sächsische Versammlungsrecht vor dem Landtage.Dresden, 7. Februar.(Eig. Bcr.)In der Zweiten Kammer des Landtages wurde heule folgendedam sozialdemokratischen Abgeordneten G o l d st e i n eingebrachteInterpellation verhandelt:„Die für die Tage des Lt., 22. und 23. Januar d. I. indielen Orten Sachsens einberufenen Volksversammlungen, die sichmit dem Thema:„Wahlrechts- und Verfassungskämpfe der Gegen-wart" befassen sollten, sind, bis auf einige, sämtlich auf Grundder ZA 5 und 12 des Gesetzes vom 22. November 1850, das Ver-eins- und Versammlungsrecht betr., verboten worden. Die Gleichzeitig-keit der Verbote und die Uebereinstimmung ihrer Begründung lassenans eine von der StaatSregierung ergangene allgemeine Anweisungschließen.— Da eine solche, die öffentliche Erörterung der Grund-rechte deS Volkes gefährdende Maßregel weite Kreise der Staats-bürger in große Erregung versetzt hat, richtet der Unterzeichnetefolgende Anfragen an die Staatsregierung: 1. Hat die Regierungeine solche allgemeine Verfügung erlassen? 2. Beabsichtigt sie,derartige Erörterungen in Versammlungen ferner zu hindern?"Obwohl die Interpellation ganz plötzlich und unerwartet aufdie Tagesordnung gesetzt worden war. hatte sich ein zahlreichesPublikum eingefunden. Die Tribünen waren dicht besetzt. Goldstcinbegründete seine Anfragen zunächst in einer kurzen treffenden Rede,in der er«nit Nachdruck betonte, daß diese in Sachsen mit wenigAusnahmen verhängten Verbote eine schwere und völlig unbegründeteEinschränkung des so schon geringen Versammlungsrechtes in Sachsenbedeuteten. Die Behörden hätten engherzig und unnötig ängstlichgehandelt, als sie aus Furcht vor Demonstrationen und um eine„Verherrlichung der russische» Revolution" zu hindern— zu dieserMaßregel griffen. Die Gleichartigkeit der Verbote lasse auf einegenerelle Anweisung der Regierung an die Behörde schließen.M i n i st e r von M e tz s ch antwortete, daß die Regierung nachLage der Sache„Zweifellos" l') zu einem allgemeinen VersammluugS-verbot berechtigt gewesen wäre: sie habe ein solches aber nicht er-lassen, sondern die Polizeibehörden„nur" auf die geplantenKundgebungen und den„ gedachten" Aufruf(den desInternationalen Bureaus der Sozialdemokratie)„hinge-wiesen". Die„künstige Zulassung" derartiger Versammlungenwerde„von den Verhältnissen des einzelnen Falles abhängig"sein.— So die Antwort des Ministers. Er hat die Behörden„hin-gewiesen," die Versammlungen aber nicht generell verboten! Dasist nach sächsischer Polizeipraxis natürlich genau dasselbe. DerWink wurde dann auch ganz richtig verstanden. Manverbot weit über hundert Versammlungen! Nur zweioder drei Bürgermeister kleiner Provinzstädte hatten den„Hinweis" nicht recht verstanden. Dort durften die Versammlungenabgehalten werden, und siehe da— es kam nicht das geringste vor!Auch sonst zeigt die Antwort des Herrn von Metzsch, daß der Polizei-staat in Sachsen noch mehr als bisher etabliert sein soll: ob manin Zukunft solche Versammlungen gnädigst gestattet, hängt ganzvon der Behörde ab.Bei der Besprechung der Interpellation ging es zum Teilrecht lebhaft, fast stürmisch her. Einmal drohte der nationalliberaleVizepräsident Dr. Schill sogar mit Räumung der Tribünen, iveilvon dort dem Abg. Goldstein laut zugestimmt wurde. Auch derfreisinnige Abg. Günther fand verhältnismäßig scharfe Worteder Verurteilung des Vorgehens der Negierung. Derministerielle„Hinweis" sei eben das generelle VersammlungS-verbot, darüber gäbe es keinen Ziveifel. Sachsen � sei keinRechtsstaat mehr, das hier geübte System sei Beustscher undMetternichscher Art.— Die konservativen und nationalliberalenRedner waren natürlich ein Herz und eine Seele in der Zustimmungzu dein Metzschschen Verfahren. In großer Entrüstung gerietdiese kompakte Mehrheit des HauseS, als Goldstein treffenddarauf hinwies, daß die russische Revolution größere Be-deutung für den Kulturfortschritt habe als der Krieg 1870/71.—Belustigend fast wirkte es, als dann Minister v. Metzsch, fast gereizt,erklärte: daß Sachsen kein Rechtsstaat sei, wäre— durch nichtsbewiesen. Der Mann hat vollkommen recht. Was hat die zeit-weise Ausschaltung deS Versammlungsrechts mit dem Rechtsstaatzu tun? Das sind ja nur„Präventivmaßregeln", wie ersich ausdrückte. Auch von polizeilicher Bevormundung könne keineRede sein. Natürlich nicht. Hat dieser„leitende Staatsmann" eineAhnung I Besonders in die Krone schien ihm auch gefahren zu sein.daß Goldstein unter dem Beifall der Tribüuenbesucher konstatierte,weite Kreise des Volkes erwarten ungeduldig den Abgang des Herrnv. Metzsch.lieber die Reform deS Wahlrechts ließ sich der Minister nichtausholen. Er erwiderte auf eine recht deutliche Anzapfung nur. daßdie Regierung nach wie vor dazu bereit sei, alle Vorschläge ernsthaftzu prüfen. Es habe n i e die Absicht bestanden, die Reform zu ver-schleppen. Das ganze sächsische Volk glaubt das selbstverständlich aufsWort, obwohl alle Tatsachen gegen vieles Miiiisterwort sprechen.— DieDebatte wurde, wie schon wiederholt in wichtigen Fällen, durch Schluß-antrag abgewürgt. Als der freisinnige Abg. Roch dieses Verfahrender Mehrheit. Angegriffenen der Opposition das Wort abzuschneiden.kritisierte, mußte er sich von dem nationalliberalen VizepräsidentenDr. Schill sagen lassen. das sei eine„unparlainentarische Kritik".Es ist nicht zu glauben IHervorgehoben zu werden verdient, daß sowohl in den Ministerredenals auch in denen der Vertreter der Mehrheitsparteien eine bishernicht übliche Reserve in der Sozialistenbekämpfung zu spüren war.Die Herrschaften leiden seit den ersten Dezemberlagen 1005 an Be-klemmungen. Im übrigen ist aucki durch diese Debatten demsächsischen Volke gezeigt worden, daß sein Heil nur bei der Sozial-demokratie liegt. Wenn nicht eher— bei den nächsten Reichstags-wählen wird sich zeigen, daß sich das Voll darüber klarer istals je.—Die badische Kammerfraktion und der Hof.Von einem Mitglieds der badischen Kammerfraktion wird unsgeschrieben:Am Montag begründete der Zentrumssllhrer Fehrenbach in derZweiten badischen Kammer die Abgabe weißer Zettel durch seineParteigenossen bei der Wahl des zweiten Vizepräsidenten, des Ge-nossen Geck. Das Zentrum, erklärte er, bestreite nicht, daß dieSozialdemokratie als drittstärkste Fraktion einen Anspruch auf diezweite Vizepräsidentenstelle habe: unter den bestehenden llmständenmüsse aber das Zentrum eine Mitwirkung bei der Wahl des Sozial-dcmokraten ablehnen. Er habe vom sozialdemokratischen AbgeordnetenEichhorn erfahren, daß die Sozialdemokratie sich weigere zu Hofe zugehen. Der Verkehr zwischen den Mitgliedern der Kammer und demgroßherzoglichen Hofe habe sich aber durch langjährigen Usus zueiner parlamentarischen Gewohnheit herausgebildet, die, wennauch nicht gesetzlich vorgeschrieben, doch offizieller Art sei.Es sei nun aber nicht die Absicht der sozialdemokratischenKammerstaktion, die v e r f a s s u n g s m ä ß i g bezw. in der Geschäfts-ordnung des Parlaments vorgesehene Unterhandlung zwischen Volks-Vertretung und Krone mitzumachen.Der Abg. Geck präzisierte demgegenüber die Auffassung dersozialdemokratischen Kaminerstaktion dahin:Als bekannt wurde, daß bei der Präsidentenwahl das Zentrumim Plenum die Anfrage an die Sozialdemokratie richten wolle, wiesie sich die Stellung ihres Vizepräsidenten zum Verkehr mit demHofe denke, ist von uns beschlossen worden zu erklären, daß einsolches Examen nicht zu den Gepflogenheiten der Zweiten Kammergehöre und diese Schnlmeisterei deshalb zurückgewiesen werden müsse.Eine außerhalb des Plenums durch den Führer der Block-Parteien an die Fraktion gerichtete Anstoge wurde aber dahin be-antwottet:„Die sozialdemokratische Fraktion derZweiten Kamn, er lehnt es rundweg ab, höfischeZeremonien mitzumachen. Bezüglich des ver-jassungs mäßigen Verkehrs zwischen der Volks-Vertretung und dem großh. Hofe muß es der Sozialdemokratie überlassen werden, wie sie sich beimeintretenden Falle damit abfindet."Zur näheren Erörterung der Sache sei hinzugefügt, daß gemäßZ 67 der badischen Verfassungö Urkunde von,22. August 1813 den beiden Kammern das Recht eingeräumtwird,„den Großherzog unter Angabe der Gründe um den Vorschlageines Gesetzes zu bitten". Ebenso sind sie(einzeln oder inGemeinschaft)„zu anderen Vorstellungen an den Großherzog be-rechtigt". Diese„Bitte" kann nach der Geschäftsordnung durch selbständigeGesetzesvorschläge oder auf schriftlichem Wege durch den Präsidentengeschehen, oder auch durch eine der im K 7i der Geschäftsordnungvorgesehenen Deputationen. Diese letzteren haben zu bestehenaus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, den Sekretären(also demKammervorstand). sowie einer zu bestimmenden Anzahl anderer Ab-geordneten, welche durch d a S Los gewählt werden. Diese Depu-tation kann aber nur nach eingeholter Erlaubnis an denGroßherzog abgeordnet werden.Erwägt man die Eventualitäten, welche aus dieser, wie Abg.Geck ausführte, veralteten und nicht mehr ins 20. Jahrhundertpassenden.DeputationSvorschrift entstehen können, so ist die Ver-sicherung eines taktvollen Verhaltens im gegebenen Falle nur einAusfluß des Anstandes. Zudem kann das Geschick, alsAbgesandter der Kanuner in geschäftlichen Angelegenheiten„zu Hofe gehen" zu müssen, auch dieübrigen sozialdemokratischen Abgeordneten der Kammer treffen.Denn außer dem zweiten Vizepräsidenten können durch des„LosesTücke" auch andere sozialdemokratische Abgeordnete zu Mitgliederneiner solchen parlamentarischen Deputation ernannt werden; ja eSkann der Fall eintreten, daß die Mehrheit einer solchen DeputationauS Sozialdemokraten besteht. Soll dann diese sich durch Ver-Weigerung der einzuholenden Erlaubnis von des Schlosses Pfortenwegweisen lassen? Soll sie untertänigst um ein Gesetz bitten helfen,dessen Entstehung sie vielleicht im Interesse der Arbeiterschaft be-kämpft? Würde den sozialdemokratischen Abgeordneten im Schlosseauch volle Gleichberechtigung in der Diskussion gewährt werden,ihre abweichende Meinung grundsätzlich darzulegen?lieber alle diese Fragen und Bedenken hilft die Tatsache hinweg,daß in der Praxis ein solcher Bittgang um Vorlegung eines Gesetzesunnötig geworden ist. Die sozialdemokratische Fraktion iststark genug, um gemäß dem§ H der Geschäftsordnung einen durchzehn Abgeordnete unterzeichneten Gesetzentwurf mit dergeforderten„kurzen Begründung" eigenmächtig vorzulegen.Sie tat eS bereits in dieser Session. Ein solcher Gesetzes-Vorschlag beginnt mit den Worten:„Wir, Friedrichvon GotteSgnaden. Herzog von Zähringen usw. usw." undendet mit den Unterschriften der zwölf sozialdemokratischen Ab-geordneten.Will jemand bestreiten, daß sich die badische sozialdemokratischeKammerfraktton bereits in taktvoller Weise mit dem„Bittgang zuHose" abgefunden hat? Sollte aber doch eine Deputation gemäߧ 74 einmal nötig werden— ein Fall, der nicht sobald vorkonimendürfte—. so wird die sozialdemokratische Kammerfraktton wissen,wie sie sich zu verhalten hat, wenn man ihr etwas zumutet, wassich nach ihren politischen Begriffen nicht für sie schickt..ES handelt sich demnach, wie die vorstehende Korrespondenzzeigt, durchaus nicht um ein eigentliches„Zu-Hofe-gehen". JedeTeilnahme am höfischen Zeremoniell hat Genosse Geck abgelehnt.Wenn demnach die„Voss. Ztg." im Leitartikel ihrer gestrigen Abend-nummer spöttelt:„Noch hat sich die Entrüstung über den hessischen„Hofgänger"Cramer nicht ausgetobt, so hat schon ein anderer Sozialdemottat,wie Herr Cramer Mitglied deS Reichstages, argen Anstoß erregt;auch Herr Geck ist bereit zu Hofe zu gehen; als zweiter Vize-Präsident der badischen Kammer hat er gestern erklärt, seinePartei werde sich in taktvoller Weise mit der Geschäftsordnungabzufinden wissen, und er fände gar nichts Besonderes darin,wenn eimnal der Großherzog sich mit einem Sozialdemokratenunterhielte",so beweist sie damit nur, daß sie weder die Zusicherungen GeckSkennt, noch die Bestimmungen der badischen Verfassung.—••»veutlckes Reld).Klassenkaochf im Zentrum.„Kein Klassenkampf! Harmonie der Jntereffen aller Stände!Jedem Staude seine gebührende Vertretung, jedem Stande Schutzund Hülfe!" So preist das Zenttum allen Ständen und Berufenseine Allheilmittel an. Ueber manchen Volksbetrug kam es damithinweg. Aber allgemach scheiden sich die Geister; kein religiöser Kittvermag mehr zu halten, was die Gesetze der EntWickelungzerreißen. Die schönen Floskeln zerplatzen wie Seifenblasenund in den schwärzesten Gefilden tobt der Klassenkampf.Wir berichtete,, jüngst von dem Protzenstandpunkt derdurchweg gut katholischen Unternehmer deS Aachener Bezirks, diemit ihren christlich organisierten Arbeitern jede Verhandlung ab-lehnten, die Führer und Sprecher maßregelten und die Arbeiter ausdm Werkswohnungen exmittierten. Als Ersatz für ihre angesessenenGlaubens- und Parteigenoffen lassen sie Ungarn, Polen und Italienerkommen.Wie im wirtschaftlichen Kampfe scheiden sich die Geister auch aufpolitischem Gebiete.Seit Jahren hat das Zenttum in Aachen den Arbeitern dieHerabsetzung des Zensus versprochen, seit Jahren stellt es den Ar-beitern eine entsprechende Verttetung im Rathause in Aussicht.Noch im letzten November versprach man den Arbeitern wiederumdie Herabsetzung des Zensus und die Wahl eines Arbeiters zumStadtverordneten, sobald ein Mandat frei würde. Tankbar wurdedie Rolle des Erbanwärters angenommen. Und auch der liebe Gottsah ein, daß die bisher so bescheidenen Arbeiter und getreuen Be-kämpfer des Umsturzes ein Mandat verdienten und ließ einen Stadt-verordneten seinen ttdischen Sitz im Kaisersaale mit einem himm-tischen vertauschen.Von den bisherigen Stadtverordneten gehören 19 zur ersten,13 zur zweiten und nur 2 zur dritten Klasse. Die dritte Klanewählte bisher durchweg Angehörige der dritten und zweiten Klasseals ihre Vertreter. In der dritten und zweiten Klasse herrscht dasZentrum unbeschränkt. Da sollte man meinen, die Partei deralleinigen Gerechtigkeit würde schon mit Rücksicht auf diese Tatsacheden Wählern der zweiten Klasse einen Arbeiter präsentieren. SovielGerechtigkeit besaß aber weder die alte Konstantia noch der Wähler-ansschuß, eine Vertretung der verschiedensten klerikalen Vereine. Maneinigte sich auf eine Schiebung. Ein in der dritten Klasse gewählterFabrikant sollte sein Mandat niederlegen und in der zweiten Klassegewählt werden, das erledigte Mandat der dritten Klasse solltedann ein christlicher Gewerkschaftsführer erhalten. Damit waren dieParteigenossen der zweiten Klasse jedoch nicht einverstanden. Siewollten weder einen Arbeiter, noch einen Freund der Herabsetzungdes Zensus gewählt wissen. Sie lehnten deshalb die Wahl desoffiziellen Kandidaten ab, stellten dem offiziellen Kandidaten einenanderen entgegen und erreichten auch, daß dieser mit 554 gegen407 Stimmen gewählt wurde. Die Liberalen stimmten für denKandidaten des katholischen„Unabhängigen Bürgervereins", sonennt sich nämlich die Opposition, im Gegensatz zu der(von denAgrariern) abhängigen offiziellen Parteileitung. Der neu- Vereinsteht„treu zum Zentrum", nimmt nur katholische Mitbürger auf und will die katholische Stadl Aachen„katholisch regiert"sehen— also, Leute, die ehrlich sagen, was das Zentrum bisher dachte.Und ebenso ehrlich sagen die Herren der katholischen zentrums«treuen Opposition, was sie mit den Arbeitern vorhaben. In ihremWahlaufruf heißt es unter anderem:Weshalb ersucht man nicht offen und ehrlich Euch, die Wählerder zweiten Klasse, den Arbeiter zu wählen? Weil man weiß,daß Ihr keinen Arbeiter wählen könnt, da die wirtschaftlichenKämpfe Euch nötigen, ans die ungeschmälerte Verttetung derbürgerlichen Interessen im Rathanse Bedacht zu nehmen....Wählt Ihr Herrn Pappert(den Kandidaten der Parteileitung), s otragl Ihr die Schuld, daß durch die dritte Klasseein Arbeiter, und damit nicht ein Vertreter, sondernein W i d e r s a ch e r der Bürgerinteressen in das Rathaus ein-zieht.... Wir erklären wiederholt, daß toir nicht das Zentrum be-kämpfen und warnen Euch nochmals, durch die Wahl desHerrn Pappert Platz zu schaffen für einenA r b e it e r- S t a d t r a t, der als der hiesige Ver-treter des christlich-sozialen Metallarbeiter-Verbandes wohl die Interessen seines Ver-bandes fördern wird, aber die Interessen desBürgertums von seinem Standpunkte auS bekämpfen muß.So die besitzenden Zentrumsbürger. Sie sprechen aus, was ist.Kann der Protzcnstandpunkt besser hervorgekehrt, die Macht desGeldsacks mehr betont werden, als in dem Aufruf der Herren deskatholischen Bürgervereins?_Tie„parlamentarische" Erörterung der Hamburger Janhagel-Exzesse.In der Sitzung der Hamburger Bürgerschaft vom 7. Februnrkam eS anläßlich des von Th. Menzel(Linke) gestellten Antragesauf„Entschädigung der bei den, Volksauslauf in Mitleidenschaftgezogenen Geschäftsleute aus Staatsmitteln" zu lebhasten Aus-einandersetzinigeu zwischen der Wahlrechtsräubermehrheit undunseren Genofsen E.Fischer, Schaum bürg und Stubbe.Der Antragsteller bebanptete frank und frei, der Zusammenhangzwischen den Versammlungen, in denen die Leute aufgereizt wurden,und den Exzessen am Fischmarkt, Schopenstehl und in der Niedern-straße liege klar ans der Hand. Trotz der vielgerllhmten sozial-demokrattichen Disziplin setzten sich die Exzedenten auSorganisierten Arbeitern zusammen, wie die Untersuchung er-geben werde. Ganz besonders hat eS dem Herrn dasam Montag als Antwort auf den Wahlrechtsraub verbreitetesozialdemokratische Flugblatt angetan. Dr. Brackenhöft(Reckte)null eine generelle Enlschädignugspflicht des Staates bei Aufruhr usw.Genosse Fischöl erklärte sich für den Antrag Menzel(Zurufe:„Dasist stark 1"), weil ein fahrlässiges Verschulden der Polizei vorliege.(Lärm bei den Wahlrechtöräubern.) Redner war bei Austeilungfeiner schmerzhaften Hiebe, die wiederholt unartikulierte Laute aufder Linken und Rechten auslösten, in der glücklichen Lage, sich aufdas Zeugnis der anständigen bürgerlichen Presse und einwandsfreierLeute, ja auf die gefchädiglen Geschäftsleute selbst berufen zu lönuen,daß die taktische Ungeschicklichkeit der Polizei ichuld sei an den Vor-gängen. Die intellektuellen Urheber der Exzesse seien die Wahl«rechlsräuber, was auch von bürgerlichen Zeitungen anerkannt werde.Es sei höchste Zeit, der Polizeiwillkür einen Riegel vor«zuschieben, und zwar müßte vor allem das Vereinsgesetz ab«geändert werden, dessen reaktionäre Bestimmungen in rücksichts-losester Weise zur Anwendung gelangten. Unser Genosse schloß mitden Worten:„Glauben Sie denn, daß organisierte Genossen,wie Herr Menzel sagt, Konsumvcreinsläden und Arbeitervereins-lokale demolieren und plündern würden? Ich erhebe nochmalsProtest gegen die Behauptung, daß die Sozialdemokratie schuld anden Vorgängen sei, die falschen Dispositionen der Polizei sind eS.und deshalb stimmen wir den Anträgen zu."— Genosse Schaumburg, der Verleger des Flugblattes, konstatiert ebensalls, daß eineganze Reihe der geschädigten Geschäftsleute der Polizei die Schuldgeben. Er freue sich, daß das Flugblatt den Zorn der Wahlrechisräubererregt habe. Es handle sich um ideelle Güter des Volkes, die ihmdurch die Wahlrechtsräuber genommen sind. Der Redner wurdeeinige Male zur„Ordnung" gerufen. Auch die Hamburger Volksvertretung ist eine Stätte, wo die Wahrheit nicht gern gebärt wird.Denn Dr. P o e l ch a u(Rechte) gab seinem Bedauern Ausdruck, daßes Blätter gebe, auf die sich die„Herren" berufen können. Außerdemsprachen noch Dr. v. Reiche(Zentrum) und R o h d e(Linke), diein dieselbe Kerbe schlugen. Genosse Stubbe schilderte, wie„taktvoll" viele Polizeibeamte gegen das Publikum vorgingen, seier doch selbst, als er aus dem Parlanientsiaale kam, aus demRathausmarkt von fünf oder sechs Polizeibeamten in rohesterWeise angepackt worden.(Diese Mitteilung wurde von Länn undrohem Lachen begleitet, eine nette Sorte„Volksvertreter".) Einenosffziellen Polizeibericht, der von mehreren Rednern verlangt wurde,würde Redner mit Freuden begrüßen, doch sollte man nicht dasTrinkgelage der Polizeibeamten im Rathause vergessen, damit be«kannt werde, wie„eingeheizt" worden sei. Die Straßen-absperrungen seien so ungeschickt wie möglich vorgenommen worden.indem die Mafien in die engen Straßen gelrieben worden seien.um besser dreinhauen zu können. Ein großer Teil der Schutz-leute habe blindlings dreingehanen.(Bravo!) Fragen Sie denKollegen Lewy(Zentrum), dessen Sohn ebenfalls Prügel bekommenhat. Hätte die Sozialdemokratie die Aufgabe gehabt, für die Ord-nung zu sorgen, dann wäre nicht? passiert.(Unterbrechnngen) AmSchluß seiner Rede geißelt unser Genosse scharf das illiberale Ver-