Einzelbild herunterladen
 
blick der Illusion hingegeben, durch seine Demonstration sofort Bresche in die Zwing- bürg der Reaktion legen zu können. Deshalb begegnet es dem verfrühten Hohn der Gegner mit ruhiger Ver- achtung. Es weiß nur zu genau, daß es eines zähen und unablässigen Kampfes bedarf, um die privilegierten Klassen zur Herausgabe der schnöde verweigerten Bolksrechte zu zwingen..... ... Das Schapfmachertum weiß es nur zu gut. daß sein er- künsteltet Hohn über den harmlosen Verlauf der Demonstration nur kindisches Gewäsch ist. Nur unbegreifliche Hirnverbrannt- heit konnte wähnen, daß das deutsche   Proletariat an revolutionäre Putsche, daß es an einen anderen Kampf denke, als den mit geistigen Waffen.____ 'n Deutschland  , die noch i n di f f e- TV N t e n Volksmassen aus ihrem Stumpfsinn zu erwecken und für die Ideale der Demo- kratie und des Sozialismus zu begeistern. Es gwt deshalb nichts Einfältigeres, als wenn selbst liberale Blatter die Wahlrechtsdemonstrationen damit verunglimpfen zu können wähnen, daß die Sozialdemokratien u r" propagan- distische Zwecke verfolge. In der Tat: Das will die Sozial- demokratie! Sie will die Drci-Millionenpartei zur Viel- Millionenpartei machen, sie will die sozialen und politischen Organisationen stärken, sie will die Armee des klassenbewußten Proletariats derartig organisieren und disziplinieren. daß keine kapitalistische Macht der Welt sich ihrem Vormarsch zu widersetzen vermag. Denn nur vor einem solchen Machtaufgebot des auf seine eigene Macht ge° stutzten Proletariats wird der Trotz der Herr- s ch e nden Klassen da hinschmelzen, wie der S ch nee vor der Märzensonne! Wieergebnislos" die Demonstration vom 21. Januarver­pufft ist, das beweist das gewaltige Erstarken der sozialdemokratischen Kadres. das springflutartige Anwachsen der Organisation, der gewaltige Abonnenteuzuwachs der sozialdemokratischen Presse, kurz das machtvolle Erstarken der Sozialdemokratie. Und Aufgabe des Proleta- riats ist es. dafür zu sorgen, daß die März- demonstration ebensoergebnislos verpufft"!" Wie wird Ihnen, Genosse Frohme? Wo ist da von Empfehlung des Massenstreiks, von Revolutionsromantik die Rode?! Trägt der Vorwärts" etwa die Schuld an der Eisncrschen Illusion, daß man noch am 18. Märzmit dem Massenstreik gedroht" habe?! Und hat derVorwärts" am 21. Januar und 18. März etwas anderes gesagt, als in seinen Massenstreikartikeln im August?! Wir könnten diese Zitate vervielfältigen. Aber wie wir den Genossen Frvhme kennen gelernt haben, wird er auch jetzt noch nicht von seinen Halluzinationen geheilt sein. Für die Masse der Ge- Nossen bedarf es aber schon längst keines Beweises mehr, daß der Vorwärts" zwar den alten Klassenkampfstandpunkt vertreten, aber niemals massenstreikromantischen Illusionen gehuldigt hat. Wenn Frohme mit den Massenstreikromantikern eine Lanze brechen will, muß ex sich an eine ganz andere Adresse wenden! Pommerslijtr ProvinMlpllrttitag. Am 2. und 3. September tagte in Grabow   der sozial- demokratische Provinzialparteitag für die Provinz Pommern. Ein umfänglicher Bericht des Parteisekretärs für Pommern  , Genossen Horn, lvar einige Zeit vorher schon den Genossen als Beilage zum StettinerBolksboten" zugänglich gemacht und ist auch als besondere Broschüre erschienen. Das Parteisekretariat, das mit Hülfe des Parteivorstandes ins Leben gerufen wurde, besteht seit dem 1. April 1905. Der Bericht ergibt, daß es tüchtige Arbeit geleistet hat. Während 1305 in 10 von den 14 Wahlkreisen Pommerns 286S politisch organisierte Genossen vor- handen, stieg im Jahre 1906 die Zahl auf 4695, die sich auf alle 14 Kreise der Provinz verteilen. Die Zahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter stieg in derselben Zeit von 17 356 auf 23 564. Der Wahlvercin in Stettin   ist von 750 auf 825 Mitglieder, der von Randow-Greifenhagen von 950 auf 1177 gestiegen. Stettin   hatte am 1. Januar 1906 den Beitrag von 20 auf 30 Pf. pro Monat er- höht. Der befürchtete Mitgliederrückgang ist nicht eingetreten. Die Agitation in der Provinz ist sehr schwierig. In 71 Orten bestehen Parteiorganisationen, aber nur in 36 Orten stehen Lokale zur Verfügung. Es gibt noch ganze Wahlkreise, wo die Partei nicht ein einziges Versammlungslokal hat, z. B. in Greifenberg  -Cammin, Blltow-Schlnwe-Rummelsburg, Belgard-Dramberg-Schivelbein und Neustettin. In den ausgedehnten Kreisen Nau�ard-Regenwalde, Phritz-Saatzig und Stolp-Lauenburg ist nur je ein einziges Lokal zu haben. Die schriftliche Agitation wird deshalb besonders eifrig bc- trieben. Im Jahre 1904 wurden 149 000, 1905 146 000 Kalender in den 13 Wahlkreisen(außer Stettin  ) verbreitet. Zur Agitation für die Landbevölkerung wird ein OrganDer Pommer" alle zwei Monate unentgeltlich herausgegeben. Die Auf- läge ist deständig gestiegen. Die letzte Nummer wurde in 15 100 Exemplaren ausgegeben. Die Nachfrage war auf 20 000 ge- stiegen, doch konnte sie nicht ganz befriedigt werden, da die vom Parteivorstand für das Jahr bewilligten 1500 Mark dazu nicht aus- reichen. Den verschiedensten Orten wurden vom Parteivorstand Bibliotheken beschafft. Folgende Orte erhielten durch das Parteisekretariat Biblio- theken mit 657 Bänden: Neustettin, Tempelburg  , Kolberg  , Köslin  , Wolgast  , Greifstrmld, Grimmen  , Gützkow  , Lassan  , Tribsees  , Swine- münde, Torgelow  , Jatznick  , Pasewalk  , Ueckernninde, Gollnow  , Anklam  . Lübs, Stolp  , Bütow, Barth   a. Ostsee  . Danigarten, Stargard  , Pyritz  , Falkenburg, Greifenberg  , Treptow   a. R. Mehrere andere Orte werden in nächster Zeit noch Bibliotheken erhalten. Außerdem wurden den Genossen noch 15000 verschiedene Broschüren zur Verteilung zur Verfügung gestellt. Dazu kommen die Wahlrechts- slugblätter und anderes Agitationsmaterial, das von den Kreis- organisationen beschafft und verteilt wurde. Das Parteisckretariat hat neben seiner Agitations- und Ver- waltnngsarbeit auch noch die Erteilung von Rechtsaus- künften und die Anfertigung von Schriftsätzen für die Landarbeiter übernommen. Es wurde dazu seit dem Herbst 1905 in 115 Fällen in Anspruch genommen. Im Bericht wird dazu bemerkt: Durch dieses Entgegenkommen gegen die Landarbeiter ist uns manche gute Verbindimg geschaffen worden, die dazu dient, leichter Agitationsmaterial nach den entferntesten Gegenden zu verbreiten. Die Agitationskonnnission der Provinz hatte vom 1. Juli 1904 bis 30. Juni 1906 eine Einnahme von 20 815,77 M., wovon 1990,51 Mark Kassenbestand, 17 050 M. Beitrag des Parteivorstandes, 49,26 Mark Zinsen, 675 M. Gelder für Inserate imVolkSkalender", 100 M. Beitrag eines Parteigenossen, 943 M. Beiträge der Wahlvereine und 8 M. sonstige Einnahme waren. Von den Beiträgen der Wahl- vereine entfallen auf Stettin   600, auf Ueckermünde  -Wollin   2,50, auf Anklam  -Demmin   50, auf Kolberg  -Köslin   30, auf den Wahlverein Tempelburg 13 M. Der Kaffenbestand am 30. Juni 1906 betrug 233.77 M. Die am 21. Januar für die Opfer der russischen Revolution vorgenommenen Sammlungen ergaben 716,22 M. Einen großen Teil des Berichtes nimmt die Schilderung des Kleinkrieges ein. den die Polizei gegen die Bewegung mit Straf- Mandaten. Haussuchungen. Flugblätterbeschlagnahmen, Beeinflussung von Lokalinhabern, Versammlungsverboten usw. führt. Vielfach haben die Gerichte den Eifer der Polizei durch Freisprüche dämpfen müssen. In- des war Pommern   doch neben Schlesien  (Görlitz  ) die einzige preußische Provinz Ivo das Walilrechtsflugblatt ivenigstens von einem Gericht als strafbaren Inhalts angesehen worden. Vom Landgericht zu Stargard   wurden die Genossen Siedschläg und Witte zu je drei Monaten Gefängnis wegen angeblicher Aufreizung zu Gewalttätig. leiten verurteilt. Das Reichsgericht wird darüber am 16. Oktober als Revisionsinstanz zu entscheiden haben. Die Maifeier wurde unter größerer Beteiligung als je zuvor gefeiert. Die Auflage des S t e t t i n e r V o l k s b o t e n" ist langsam, aber ständig gestiegen. Man hofft, ihn bald ohne Zuschüsse halten zu können, lieber die finanzielle Lage der Wahlkreise werden folgende Angaben gemacht. Es hatten Einnahmen: An Kassenbeständen blieben in den Kassen der Wahlkreise: Stettin   723,09 M., Randow-Greifenhagen 2107,41 M., Ueckermünde  - Usedom  -Wollin   444,50 M., Stralsund  - Rügen 205,20 M., Anklam  - Demmin   41,39 M., Köslin  - Kolberg   101,17 M., Stolp- Lauenburg 22,98 M., Pyritz  -Saatzig   17,23 M., Naugard-Regenwalde 1881 M., Greifenberg  -Kammin 63,60 M., Grcifswald- Grimmen 198, M., Summa 3918,38 M. Der Bericht wurde vom Parteitag genehmigt. Unter anderem wurde ein Antrag des Parteisekretärs Horn angenommen, vor den Reichstagswahlen eine Konferenz der Wahlkreisvorsitzendc» und Reichstagskandidaten einzuberufen. Sodann referierte der Reichstagsabgeordnete von Randow- Greifenhagen, Genosse K ö r st e n über die politische Lage. Er erörterte dabei auch die Frage des Massenstreiks. Seiner Meinung nach habe der Parteivorstand nicht klug gehandelt, als er mit deü Wahlrechtsdemonstratiouen die Sympathiekundgebung für die Opfer der russischen Revolution verknüpft habe. Letztere hätte besser allein für sich stattfinden können. Die Verbindung beider Dinge machte es den Ultramontanen und Liberalen leicht, die Teilnahme abzulehnen, ohne sich vor der Oeffentlichkeit allzusehr bloßzustellen. Sie erklärten einfach, e§ komme der Sozialdenwkratie garnicht darauf an, das all- gemeine, gleiche Wahlrecht für den preußischen Landtag zn erringen; sie wolle nur eine revolutionäre Kundgebung veranstalten. Die Vorschläge des Genossen Maurenbrecher könne er absolut nicht unterschreiben. Trotzdem billige er die harten Ausdrücke, die der Vorwärts" und dieLeipziger Volkszeitung" gegen Maurenbrecher gerichtet haben. Er sei der Meinung, daß man sich das Wahrecht mittels des Massenstreiks nicht erkämpfen könne. Dazu denke das deutsche   Volk zu nüchtern. Es sei auch falsch, wenn gesagt werde, daß uns die Massenstreikresolution dazu verpflichte. Das könne er aus der Jenaer   Resolution nicht herauslesen. Auch der Parteivorstand sei nicht der Meinung, daß man sich das Wahlrecht in Preußen durch den Massenstreik erobern müsse. Mithin ist die Differenz zwischen den Berliner   Gewerkschaftsführern und dem Parteivorstaud nicht so groß, wie das früher hingestellt worden sei. Auch Frau Roland-Holst habe unlängst ganz im Sinne der Auffassung geschrieben, die er schon früher vertreten habe. Die frühere Aversion gegen die Jenaer   Resolution bei vielen Gewerk- schaftsführern rührte namentlich daher, daß man in ihr eine Konzession an die Anarchosozialisten erblickte. So, wie Frau Roland- Holst die Jenaer   Resolutton auslege, könne sich jeder Gewerkschaftler mit ihr einverstanden erklären. Auch darin seien die Gewerkschaften mit der Partei einig, daß zur Verteidigung wichtiger Volksrechte wie Koalitionsrecht und Reichstagswahlrecht der politische Massenstreik zur Anwendung kommen könne. Als im Jahre 1902 zur Zeit des Zollkampfes die Situation sich zuspitzte, da hätten die Gewerkschaftsführer dem Parteivorstand aus eigener Initiative erklärt: wir sind bereit, wir marschieren, obwohl damals der Massenstreik als Kampfmittel offiziell noch nicht anerkannt worden war.(Hört! hört I) Partei und Ge- werkschaften gehören zusammen. Die Zwistigkeiten der letzten Jahre seien im Gründe genommen nur ein Mißverständnis.(Zuruf: Nein, persönliche Stänkcreien I) Wir wollen wünschen, daß in Zukunft solche vermieden werden.(Beifall.) Redakteur Genosse O u e s s e I lvandte sich gegen Körsten. Einer solchen Auslegung der Jenaer   Resolution könne er nicht zustimmen. Sie sage deutlich, daß der Massenstreik auch als Angriffswaffe dienen soll, den» der entscheidende Passus der Resolution Bebel besage: Als eines der wirksamsten Kampfmittel... um sich ein wichttges Grundrecht zu erobern, betrachtet gegebenenfalls der Parteitag die umfassendste Massenarbeitseinftellung. Ouessel empfahl folgende Resolution: In Erwägung dessen, daß die Wahlrechtsaktton vom 21. Januar und 13. März nur einen vollen Wert gehabt hätte, wenn sie in dem unerschütterlichen Entschluß, auch schärfere Mittel als Volksversammlungen und Flugblattverbreitungen zur Anwendung zu bringen, unternommen worden wäre, fordert der pommersche Parteitag den Parteivorstand auf. in Zukunft mit größerer Energie den politischen Masseustreik zu propagieren und zwar im Sinne einer Verwirklichung desselben zur Erringung des allgemeinen, gleichen Wahlrechts in den deutschen Bundes- staaten. Der pommersche Parteitag erwartet vom Parteivorstand, daß er schon der nächsten Wahlrechtsdemonstratton einen Charakter gibt, der geeignet ist, die Massen auf die Verwirklichung des politischen Massenstreiks vorzubereiten., Mit aller Entschiedenheit spricht sich der Parteitag ins- besondere gegen das Bestreben aus, den politischen Massenstreik als ein Kampfmittel hinzustellen, das erst in femer Zukunft in Frage kommen kann. Bebel habe bekanntlich die Unterstellung im Protokoll der Ge- Werkschaftskonferenz zurückgewiesen, daß er erklärt habe, der Partei- vorstand habe nicht die Absicht, den politischen Massenstreik zu propagieren, sondern werde, so weit eS ihm möglich sei, einen solchen zu verhindern suchen. Ausgeschlossen sei deshalb aber nicht, daß vielleicht im Parteivorstand sich eine Strömung bemerkbar machte, der Massenstreikresolution eine solche Auslegung zu geben. Man wisse von Dresden   her, daß der Parteivorstand in taktischen Fragen nicht immer einer Meinung sei, und um dem linken Flügel des Parteivorstandes, an dessen Spitze bekanntlich Genosse Bebel stehe, eine Rückenstärkung zu geben(I!), sei die Resolutton bezw. ihr erster Absatz verfaßt. Die Massen würden seiner Ansicht nach erfolgreich auf die Ver- wirklichung des politischen Massenstreiks nur vorbereitet, wenn man sie daran gewöhne, zeitlich beschränkte Masfenarbeits- einstellungen zu demonstrativen Zwecken vorzunehmen. Eine solche zeitlich beschränkte.Massenarbeitseinstellnng" sei zum Beispiel die Arbeitsruhe am 1. Mai. Der 1. Mai stehe ja bereits als Demonstrationstag für das allgemeine, gleiche Wahlrecht fest und er wolle hoffen, daß die Slrbeitsmhe mit solchem Eifer propagiert werde, daß man am nächsten 1. Mai von einer wirklichen .Massenarbeitseinstellung" reden könne. Er würde eS aber auch für zwe�mäßig halten, daß der nächste WahlrechtStag nicht auf einen Sonntag verlegt werde, sondern vielleicht auf einen Sonnabend- Nachmittag, so daß die Arbeit einige Stunden früher als sonst ein- gestellt werde. Damit mache man die Massen mit dein Prinzip, das dem politischen Massenstreik zugrunde liege, vertraut, nämlich durch die Einstellung der Arbeit in Massen zu demonstrieren Durch den letzten Passus solle den Parteigenossen entgegen- getreten werden, die zwar eine platonische Liebeserklärung für den Massenstreik stets auf Lager hätten, seine prakttsche Gegenwarts- bedeutung aber leugneten. Nein, die Vorbereitung auf den Massen- streik dürfe nicht erst nach 10 oder 20 Jahren beginnen, sie muß schon jetzt unsere praktische Agitation und Organisation durchdringen. Das bedeutet nicht, daß der Massenstreik nun schon in diesem oder nächstem Jahre proklamiert werden muß. Die materiellen und psychologischen Hindernisse, die sich zurzeit seiner Verwirklichung entgegenstellen, seien seiner Ansicht nach so groß, daß sie nur durch jahrelange intensive Tättgkeit aus dem Wege geräumt werden können. Sehr verkehrt sei es daher, dem Parteivorstand einen Vorwurf daraus zu machen, daß er nicht schon im vorigen Winter den Massenstreik proklamierte. Man leitete doch eine Volksbewegung nicht gleich mit dem schärfsten Mittel ein! Richtig scheint es aber, die Pressionsmittel von Fall zu Fall zu verstärken. So unvorbereitet, wie das Proletariat im vorigen Winter auf den Masseustreik war, hätte er mit einer Niederlage enden müssen. Der Sinn der letzten Sätze der Resolution sei daher nicht der. daß wir uns Hals über Kopf in einen Massenstreik stürzen sollten, wohl aber, daß wir seine prakttsche Gegenwartsbedeutung dadurch hochhielten, daß wir schon jetzt unermüdlich bestrebt seien, den Kampfplatz zu ebnen, die Geister auf das, was kommen solle, vorzubereiten. Zur Annahme der Resolution gehöre nicht allzuviel Radikalismus. Er selbst sei ein Gemäßigter. Aber er wolle lieber zu den Massen- streikromantikern gehören als zu den Philistern, deren ganzer Radi- kalismus in unftuchtbaren Worten bestehe. Genosse H ann i ch- Randow-Greifenhagen erklärte, Genossin Roland-Holst sei nicht der Meinung, wir wollten auf den Massen« streik verzichten. Sie warne nur davor, in überstürzter Weise von diesem Kampfmittel Gebrauch zu machen. Schlimm sei es. daß ein Gewerkschaftsführer, der zugleich Reichstagsabgeordneter ist, auf der Konferenz erklären konnte, für ihn feien nur die Beschlüsse des Gewerkschaftskongresses maßgebend. Genosse Herbert-Stettin äußerte. er habe sich gesagt, wenn die Jenaer   Resolution ernst gemeint war. dann müsse der Massenstreik, wenn auch nicht in ein paar Monaten. so doch in absehbarer Zeit durchgeführt werden. Halte man die Zustände nicht dazu angetan, dann solle man auch solche Resolutionen nicht beschließen. Schon einmal sei eine großzügige Bewegung durch das Eingreifen von oben verhindert. Hätte die Fraktton bei der ersten Maifeier nicht gebremst, so wäre vielleicht damals ein größerer Kamps entbrannt, aber die Arbeitsruhe wäre durchgeführt. Heute sei vielen Arbeitern die Maifeier verleidet. ImVorwärts" wurde fortgesetzt aufRußland hingewiesen und von derglorreichen Revolution" gesprochen. Die Verhältnisse seien schon in Deutschland   im Norden und Süden, ja in den einzelnen Provinzen verschieden, man könne also unsere Verhältnisse nicht mit Rußland   vergleichen. Glücklicher- weise habe derVorwärts" für die Provinz wenig Bedeutung(Sehr gut); seit der Palastrevolution nenne sich derVorwärts" zwar noch immer Zentralorgan, er ist es aber nicht mehr. Bebel habe gesagt, wenn wir einen Massenstreik machen, dann nicht nur auf kurze Zeit. Warum nicht? Man müsse auch im wirtschaftlichen Leben den sogenannten Guerillakrieg führen. Wenn Handel und Berkehr gestört werden, dann werde die Bourgeoisie schwer getroffen. Wir müßten auch die Landarbeiter einbeziehen. Leider seien wir noch nicht so weit, aber wenn wir so weit wären, dann könnten wir die herrschende Junkerklique am Lebensnerv treffen. (Zuruf: Dann werden Soldaten geschickl!) Das solle man nur tun, davon werde unsere Bewegung am meisten profitieren. Aber dann heiße es: Parteivorstand, tue Geld in deinen Beutel. Ein Massen- streik der Landarbeiter koste sehr viel Geld, weil wir die gemäß- regelten Leute schadlos halten müßten. Wir müßten auch einzelne Genossen fortlaufend unterstützen, um auf dem Lande bleiben und agitieren zu können. Wenn man das nicht riskieren wolle, so solle man das offen und ehrlich sagen. Entweder oder; man müsse Farbe bekennen. F l a t o w- Stolp und Stauer- Stettin sprachen gegen den Massenstreik, s M e'.h n e r t- Neustettin trat ihnen entgegen. In Pommern  werde das flache Land allerdings kaum in Frage kommen, wohl aber die kleinen Städte. Wenn hier auch nur einige Branchen sich am Massenstreik beteiligen, so würde der Eindnick ein außer« ordentlicher, die ganze Bevölkerung aufrüttelnder sein, da eine kleine Stadt schon in Äuftuhr komme, wenn auch nur in einem Gewerbe ein Streik ausbricht. Körsten wandte sich im Schlußworte gegen Ouessel. Was die Gewerkschaften in bezug auf den Massenstreik wollten, wolle auch Genosse Bebel. Die Anwendung des Massenstreiks, wie er in ge» wissen Parteikreisen seit Jena   geplant werde, halte er für höchst gefährlich. Die Resolution gehe weit über das hinaus, was Bebel wolle. Redner bittet, sie nicht anzunehmen, sondern die Angelegen» heit dem deutschen   Parteitage zu überlassen. In der Abstimmung wurde die Resolution des Genossen Qnessel mit 40 Stimmen angenommen. (Nach den, Berichte waren etwa 80 Delegierte und Teilnehmer anwesend.) ES folgte die Beschlußfassung über ein Einheit? st atut für die Wahlvereine. Nach dem Z 6 sollen 40 Proz. der Einnahmen an die Agitationskommission abgeführt werden. Zum Schluß wurde über den.Volksboten" verhandelt. 4» * Da wir unsere Stellung zur Massenstreikftage mehrfach dar- gelegt haben, so erübrigen sich hier Bemerkungen zu der Massenstreikdebatte des Pommerschen Parteitags. Auch das Urteil des Genossen Herbert über die Bedeutung desVorwärts" für die Provinz und über den angeblichen Verlust der Eigenschaft als Zentralorgan nach dem Wechsel der Redaktton nötigen uns nicht zur Erwiderung. Dagegen würde es uns interessieren zu hören. waS für ein Verbrechen wir begangen haben, wenn wir die russische  Revolution glorreich genannt haben. Kriminalistentagung. Die elfte Landesversammlung der deutschen   Gruppe der inter  - nationalen kriminalistischen Vereinigung beendete gestern ihre Be- ratungen. Verhandelt wurden die durch eine Reihe gedruckter Referate vorbereiteten Themata: 1. Stellungnahme zu den Vorschlägen der vom Reichsjustizamt zusammen berufenen Strafprozcßkommission, 2. empfiehlt sich für das Deutsche Reich der Erlaß eines Aus- lieferuugsvcrtragcö? Der Behandlung dieser Themata schloß sich ein Vorttag über das Thema Amerikanische   Kriminalpolitit an. Bereits gestern haben wir als Resultat der Stellungnahme der Vereinigung zur Straprozeßreform die einstimmige Annahme der Einsetzung einer Kommission mitteilen können. Diese Kommission hat den Auftrag erhalten, die Grundlagen für eine durchgreifende Reform der Strafprozeßordnung zu sammeln, die Studien auch auf Schottland   und England auszudehnen. Dem Antrag- auf Einsetzung dieser Kommission hatte Prof. LiSzt(nicht wie gestern mitgeteilt Oberlandesgerichtspräsidert Hagers) gestellt. Dieser Kommission gehören viex. Professoren von Liszt  (Berlin  ). von Lilie nthal(Heidelberg  ), Mittermaier(Gießen), Rosenfeld  (Münster  ) zwei Richter(Landgerichtsdirektor a. D. Aschrott und Landgerichtsrat Rosenberg(Berlin  ), der Frank- furter Oberbürgermeister Adickes  , der Staatsanwalt Fei sei,- berger(Bochum  ) und der Rechtsanwalt Genosse Dr. Heine- mann(Berlin  ) an. Die kriminalistische Vereinigung will auf die sozialen Momente besonders Gewicht gelegt wissen. Dies Streben trat in den beiden Verhaudlungsgegenständen nicht zu tage. Die Diskussion drehte sich in, lvcseutiichcn ohne jegliche Rücksicht auf die sozialen bei der Strafjustiz in Betracht kommenden Momente lediglich um technische Fragen, mit einem außerordentlich starken Drängen nach Ver­mehrung der staatsanwaltlichen Allmacht und den Grundlagen einer