Ein Junge bekundet, daß ißm in vier Tagen 52 M. an Steinstrafenabgezogen worden sind; einem andern in einem Monat 76 M. Nurganz selten kam es vor, daß diese Strafe unter 5 M. im Monatblieb. Diese Strafe dient, wie die Betriebsbeamten, DirektorB a u r a t und Betriebsführer Weber bekunden, als Eni-schädigung für die Firma und fließe in die Werkskasse und werdendavon die Leute entlohnt, die zum Ausscheiden der Steine be-schäftigt sind, im ganzen 15— 17 Mann, einschließlich der Wiege-nieister. Im Monat Dezember betrug diese Steinstrafe 19 038,56Mark; außerdem waren noch über 3006 M. an. Ordnungsstrafenverhängt, die seit dem 1. Januar 1906 in die Knappschaftskassefließen. Nach Aussage des Betriebsführers Weber wird die Stein-strafe folgendermaßen verhängt. Auf 1999 Kilo Minette(Eisen-erzc) sind 25 Kilo weißer und 159 Kilo brauner Stein frei, jedesdarüber hinausgehende Kilo kostet seit 1. Juli 1996 noch 3 Pf.,früher 5 Pf. Strafe. Das Werk selbst habe dabei immerhin einenSchaden von 19 Proz. Dennoch habe man die Strafen herunter-gesetzt und das sogar, obschon die Minette jährlich 2 Proz. anEisengehalt verliere. Die Steine würden aus jedem Wagen ein-zcln ausgeschieden und abgewogen. Dieses bestreiten die Arbeiter,und schließlich stellt sich durch Bernehmen des WiegemeistersChamo heraus, daß die Steine nur geschätzt und nicht gewogenwerden! Es wurde eine Stichprobe von einem Wagen genommenund danach die ganze Förderung geschätzt. Bergmeister S e r l o,kaiserlicher Revierbeamter, hielt diese Maßnahmen für erlaubt.Die Grubenbesitzer wollten Erze und keine Steine gefördert haben.Durch die Steine entständen ihnen hohe Kosten und könnte niemandes ihnen verdenken, wenn sie sich da schadlos zu halten suchten.Daß diese Gelder wie auch die für Uebertretung der Arbeitsordnungverhängten Strafen in die Werkskasse abgeführt würden, sei durch-aus zulässig. Für Lothringen bestände die Bestimmung der Ge-Werbeordnung nicht, daß hie Strafgelder einer besonderen Unter-stützungskasse zugeführt werden müßten; übrigens seien es ja auchkeine Strafgelder, sondern— Entschädigung für die Werke, undjedes Werk habe das Recht, von seinen Arbeitern Entschädigung fürschlecht gelieferte Arbeit zu verlangen. Er habe bei allen Revisionenauf den de Wendelschen Gruben alles in bester Ordnung gefunden.Kleine Unregelmäßigkeiten kämen überall vor, aber auch deshalbhabe sich in fast allen Fällen herausgestellt, daß die Arbeiter daranschuld waren. Die F rma de Wendel habe gerade mustergültigeWohlfahrtseinrichtungen geschaffen und übertreffe darin alle an-deren Werke bei weitem.(Waschkauen existierten nicht und in denMietsvcrträgen der Werkswohnungen besteht, wie zcugeneidlich fest-gestellt Ivurde, die Bestimmung, daß Eltern, deren Söhne nicht beide Wendel arbeiten, entweder ausziehen oder ihre Söhne fortjagenmüßten. D. B.) Diese Bestimmungen hielt der Bergmeister Serlofür durchaus in der Ordnung, denn die Arbeiter hätten gar keinenGrund, nicht bei der Firma de Wendel zu bleiben. Die Arbeiterwechselten ihre Arbeitsplätze nur aus Mutwillen. Ein ernsthafterMann bleibe dort, wo er Arbeit und Brot habe. Die Firmade Wendel zahle nicht nur auskömmliche, sondern sehr hohe Löhne.Das Stcmpclrauben aus alten abgebauten Stollen hatten die Berg-leute als lebensgefährlich und unerlaubt bezeichnet, während derHerr Bergmeister es als erlaubt und in Ordnung fand. Das Berg-gesetz schreibt vor, daß dieses Stempelraubcn nur unter Aufsichteines Beamten erfolgen darf, während, wie die Zeugenaussage er-gab, dieses bei de Wendel vielfach durch Arbeiter ohne jede Auf-ficht geschieht. Der Herr Bergmeister interpretiert diese Be-ftimmung dahin, daß die Stempel auch unter Leitung eines„er-fahrenen" Bergmannes herausgenommen werden können. Durchdie Agitation des Gewerkvereins seien die Bergleute auf For-derungen aufmerksam gemacht worden, von denen sie früher nichtswußten und auch nichts wissen konnten, und dadurch sei die Un-Zufriedenheit unter der Arbeiterschaft eingezogen.Interessant gestaltete sich die Vernehmung der Geistlichen. DieVerteidigung hatte behauptet, die de Wendel hätten die Geistlichkeitaufgefordert, gegen den katholischen Volksverein und„christlichen"Gewerkverein zu agitieren, was die Herren Charles und Franzde Wendel in Abrede stellten. Charles sagte, er sei für die Geist-lichkeit eine Null, während Franz lakonisch meinte, er sei doch nicht derErzbischof. ErzPriester B e n a r t- Hayingen gibt zu, von der Kanzelherunter die Arbeiter vor den„christlichen" Hetzern gewarnt und auchgegen den katholischen Volksverein agitiert zu haben; das sei jedochaus eigener Initiative und nicht auf Wunsch der Herren de Wendelgeschehen. Kaplan Brun- Hayingen bekundet, daß Charlesde Wendel ihn gewarnt habe, mit den„christlichen" Vereinen zusympathisieren oder heimlich für sie zu agitieren. Der Bischof vonMetz wünsche aber, daß die Geistlichen für den katholischen Volks-verein tätig seien. Erzpriester B e n a r t verneint dieses mit allerEntschiedenheit. Erzpriester F r o m- Moycure ist persönlich keinGegner des Volksvereins, hat aber davor gewarnt, ihn in seinerPfarre einzuführen, weil es die— Arbeitgeber nicht gern sehen.Pfarrer S ch w a r z- Schremingen hat vor zwei Jahren den katho-lischen Volksverein eingeführt und darauf habe ihn der ErzpriesterBenart gewarnt und gesagt, daß Charles de Wendel über dieEinführung des Volksvereins recht böse sei, er wünsche solche Hetz-vereine unter seiner Arbeiterschaft nicht. Er habe an Charlesde Wendel ein Rechtfertigungsschreiben gesandt, aber keine Ant-wort erhalten. Die Meinung fei, daß die de Wendel gegen alle„christliche" Vereine seien. Dieser Aussagen wegen„kaufte" HerrCharles de Wendel sich nachher den Pfarrer im Zeugenraum undmachte ihm dort eine Szene, lümmelte ihn ab wie einen Schul-jungen. Der Verteidiger teilte sehr erregt dieses dem Gericht mitund bat um Schutz der Zeugen. Der Vorsitzende erklärte jedoch,außerstande zu sein, da sich die Szene nicht im Gerichtssaal ab-gespielt habe und die Zeugen bereits entlassen seien. Der HerrPfarrer sollte gegen Herrn de Wendel Strafantrag stellen. PfarrerKollenbrenner- Stieringen teilt mit, daß„seine" KirchePrivateigentum der Firma de Wendel sei und auch von dieser unter-halten würde; de Wendel könne diese Kirche schließen, wenn er wolle.Ein Bergmann, Mitglied des Gewerkvereins, erlitt einen Un-fall, geriet in Not und suchte deshalb bei der Firma de Wendelum Unterstützung nach. Diese wurde ihm abgeschlagen, weil erdem Gewerkverein angehörte. Darauf machte er ein Bittgesuch beimErzpriester Benart, damit dieser seine Unterstützung befürwortenmöchte. Der Herr Erzpriester habe ihm aber geantwortet:„Wernoch Beiträge zu einem solchen Verein(christlichen Gewerkverein)zahlen könne, hat keine Unterstützung nötig. Einer armen Witfrauhat der Bürgermeister von Hayingen ein Unterstützungsgesuch ab-gelehnt, weil ihre Söhne dem Gewerlvcrcin angehörten.Der Staatsanwalt hält den Wahrheitsbeweis für miß-lungen und beantragt 399 M. Geldstrafe, die zwar den Angeklagtennicht treffen, sondern auf die Betriebskosten der Gewerkschaft fielen.Die Strafe müsse deshalb hoch ausfallen, um der wüsten Agitationund Verhetzung einen Riegel vorzuschieben. Das Urteil lautetauf 100 M. Geldstrafe oder 19 Tage Gefängnis.Partei- Etogelegetibeiten.Zur Lokalliste. Der Gesangverein„Rütli" veranstaltet heute,den 17. d. Mts., im Lokal„Hohenzollern" in Friedenau ein Ver-gnügen. Da uns das genannte Lokal nicht zur Verfügung steht, istes Pflicht der Parteigenossen allen dortigen Veranstaltungen fern zubleiben.JA Grünau steht uns das Lokal„Richtershorn"(Jnh. Mohr)bei Karolinenhof zur Verfügung; hingegen ist das Lokal„Waldes-ruh" von der Liste zu streichen.In Zossen steht uns das Lokal„Zur deutschen Eiche", Jnh.Hausche, Weinberge, nach wie vor zur Verfügung, während dasLokal„Große Weinberge" gesperrt ist.Die Lokalkommission.Dritter Wahlkreis. Den Mitgliedern zur Nachricht, daß amMittwoch, den 21. November(Bußtag), eine Herrenpartie stattfindet.Abfahrt früh 71/a Uhr vom Görlitzer Bahnhof bis Grünau. Treff-Punkt im Wendenschloß. Um rege Beteiligung ersuchtDer Vorstand.Achtung! Vierter Wahlkreis. Am Sonntag, den 18. November,findet im Gewerkschaftshause. Kellers Festsälen(Inhaber Freyer),Koppenstr. 29 und im Elysiuni, Landsberger Allee 49, das Stistungs-fest statt. Ferner ist an demselben Tage, nachmittags 4 Uhr, eineBorstellung in der Urania arrangiert. BillettS sind noch im Bureaudes Wahlvereins, Tilsiterstr. 81, zu haben. Der Borstand.Weißensee. Heute abend findet das Stiftungsfest des Wahlvereins statt. Es wird den Genossen und Genossinnen ein sehrgutes Konzert mit darauf folgendem Ball geboten, so daß auf zahl«reichen Beiuch zu rechnen ist. Der Preis der Eintrittskarte ist auf35 Pf. inkl. Billettsteuer festgesetzt. DaS Komitee.Tempelhof. Dienstag, den 29. November 1996, abends 8'/z Uhr.findet im Lokal von M. Müller, Berlinerstr. 41— 42, die Versammlung des sozialdemokrattschen Wahlvereins statt. Tagesordnung:1. Vortrag des Gen. Redakteurs C. Mermuth über:„Volkserziehungund Sozialdemokratie". 2. Diskussion. 3. Verschiedenes. Gästehaben Zutritt. Um zahlreiches Erscheinen ersucht Der Vorstand.Die Handzettelverbreitung zu dieser Versammlung findet Sonntagftüh 8 Uhr von den bekannten Lokalen aus statt. Wir ersuchen umzahlreiche Beteiligung.Bezirk Waidmannslust. Der Wahlverein veranstaltet am Bußtageine Fußtour nach Stolpe(Nordbahn). Die Genossen von Borsig-walde und Wirtenau treffen sich um 9 Uhr in Waidmannslust imSchweizerhäuschen, von da Abmarsch nach Hermsdorf ins Forsthaus.Treffpunkt der Hermsdorfer Genossen um 19 Uhr daselbst. Alsdanngeht es gemeinschaftlich nach Stolpe. Die Genossen von Glienicke,Schönflietz, Bergfelde und Hohen-Schönhausen treffen sich in Stolpe.Berliner Genossen, die gleichfalls eine Tour nach diesen Ortenunternehmen, bitten wir, obige Lokale zu berücksichtigen._ Der Vorstand.Berliner jVachricbten.Achtung! Arbeiter!Am Sonntag vormittag findet nach Ankündigungen an denLitfaßsäulen im Zirkus Busch eine Versammlung statt, in der derehemalige Hofprediger Stöcker und der ZentrumSmann GieSbertssprechen wollen. Zweck der Veranstaltung ist die Belebung derchristlichen Bewegung in Berlin. Da keinerlei Gewähr dafür gc-'boten ist, daß auch die Gegner dieser zum mindesten überflüssigenGründung zum Wort kommen, ersuchen wir die Partei-genossen, sich von dieser Veranstaltung fern-zuhalten.Die Tiefbaudcputation beschloß in ihrer letzten Sitzung, fol-gende Lohnskalen für Arbeiter und Meßgehülfen beim Magistratzu beantragen: Für Arbeiter Anfangsstundenlohn 49 Pf., nachdrei Jahren 42,5 Pf., nach sechs Jahren 45 Pf.; für VorarbeiterAnfangsstundenlohn 45 Pf., nach drei Jahren 47,5 Pf., nach sechsJahren 59 Pf.; für Meßgehülfen Anfangstagelohn 3,59 M., nachdrei Jahren 3,75 M., nach sechs Jahren 4 M. Die hier beantragtenLohnsätze sind in der Tat sehr bescheidene.Die Mitglieder der Ortskasse der Schneider werden er-sucht, sich heute, Sonnabend, den 17. November, ihre Mitgliedsbücher vom Arbeitgeber aushändigen zu lassen. Mit-glieder unter 21 Jahren, oder Personen, welche ohne Legiti-mation zur Wahl erscheinen, haben kein Wahlrecht IDie Ortsverwaltung des Verbandes der Schneider.Interessante militärische Uebungen mit Automobil-Lastziigenwerden seit einiger Zeit durch eine Abteilung des Eisenbahn-regiments im Osten von Berlin ausgeführt. Zur Verwendung ge-langen Dampfautomobile von 69 Pferdekräften, welche aus vierbis fünf Wagen bestehende Lastzüge zu transportieren haben. DieLokomotiven und Wagen haben außergewöhnlich breite Räder, durchdie sie die Möglichkeit zur Benutzung weniger fester Wege erhaltensollen. Bei den Uebungsfahrten handelt es sich darum, möglichstschwere Lasten mit erhöhter Geschwindigkeit über bedeutende Land-strecken zu transportieren und hierbei auch nicht unerheblicheSteigungen zu überwinden. Als Ausgangspunkt für dieseUebungsfahrten wurde bisher Erkner angesehen. Es hat sich je-doch die Notwendigkeit herausgestellt, die Versuchsfahrten nachStrausberg zu verlegen, weil die Chausseebcschaffenheit in derNähe von Rüdersdorf bedeutende Schwierigkeiten bot. Obwohl dieRäder des Automobils eine Breite von 15 Zentimetern haben,schnitten sie in der neuaufgeschütteten Chaussee derartig ein, daßhierdurch erhebliche Störungen herbeigeführt wurden. Vorgesternwühlte sich das Automobil derartig fest, daß es mittels Windenallmählich angehoben und Bohlen unter die Räder gelegt werdenmußten, um die Weiterfahrt zu ermöglichen. Jedenfalls habendie bisherigen Versuchsfahrten gezeigt, daß derartige Lastzüge aufungefesteten Wegen resp. über lockere Sandflächen nicht verkehrenkönnen.Wieder eine Absperrung. Aus Anlaß des Einzugs des Königsund der Königin von Dänemark am Vormittage des 19. diesesMonats treten folgende Verkehrsbeschränkungen ein:Etwa von 8� Uhr vormittags ab werden für Wagen, Reiterund Fußgänger gesperrt:Kaiser Wilhelm-Brücke, Lustgarten, Schloßfreiheit, Schloß-brücke, Fahrdämme der Plätze am Zeug- und Opernhause, Fahr-dämme, Reitweg und Mittelweg der Straße Unter den Linden,Pariser Platz und Platz vor dem Brandenburger Tor.Später wird der Verkehr am Friedrich Karl-Ufer zwischenAlt-Moabit und WUHelm-Ufer über die Alsenbrücke, durch dieAlfen-, Bismarck- und Moltkestratze, an der Westseite des Königs-Platzes, durch die Sieges-Allee und den östlich dieser belegenen Teilder Charlottenburger Chaussee und an den Uebergängen derStraße Unter den Linden, an der Wilhelm- und Neuen Wilhelm-stratze, Friedrich- und Charlottenstraße zeitweise abgelenkt oderunterbrochen werden.Das Brandenburger Tor wird voraussichtlich erst nach demAbmarsch der Unter den Linden spalierbildenden Truppen für dengewöhnlichen Verkehr freigegeben werden.Unsere Protestaktion gegen den Nahrungsmittelwucher wird voneiner sozialistenftesserischen Korrespondenz, die in der„National-Zeitung" Unterschlupf findet, als eine„verunglückte sozialdemokratischeDemonstration" bezeichnet, genau wie die am 21. Januar, am18. März und am 1. Mai. Insbesondere wird die von uns an-gegebene Besucherzahl als viel zu hoch bezeichnet. In der an-gezogenen Notiz heißt es:„Der„Vorwärts" läßt mit der ihm eigenen Unverftorcnheit59 999 Menschen zu der gestrigen Versammlung ausmarschieren.Die sämtlichen 22 Lokale in Berlin fassen aber nach den genauestenAusmessungen überhaupt nur reichlich 16 999 Personen. Nachsehr eingehend gemachten Feststellungen find in den Lokalen21 599 Personen anwesend gewesen. Der«Vorwärts" hat also28 599 zugefabelt.Die Sozialdemokratte hatte vorsichtigerweise kleinere Versammlungslokale gewählt, um durch frühzeitige Adspcrrung ciueArt Sttaßendcmoustration in der Nähe der Versammlungslokale zuerzeugen. Um 19 Uhr abends war die ganze Geschichte schonvorüber. Wenn man bedentt, daß die Zahl der sozialdemokratischorganisierten Genossen in Berlin allein über 27 999 beträgt, sokann man eine Beteiligung von vielleicht 29 999 Menschen, nochdazu an eineni Protest gegen die Fleischnot, nur als ein klag-liches Fiasko der Sozialdemokratte bezeichnen. Wie die Sozialdcmo-kratie übertreibt, dafür folgende Einzelbeispiele: In den Schweizer-garten am Königstor gehen nach der Ausmessung 870 Mannhinein. Rechnen wir reichlich, so können doch immer am aller-höchsten 1999 Personen dort gewesen sein. Die sozialdemokratischePresse weiß von 2999 zu erzählen. Der«Kösliner Hos' faßt 990,Personen, nach den sozialdemokratischen Angaben sollen 2490 dortgewesen sein, Dräsels Festsäle fassen knapp 499 Personen, dieSozialdemokraten wollen 1299 dort gesehen haben. Wir könntendieses Bild noch weiter vervollständigen, aber diese Angaben ge-nügen, um zu zeigen, wie voll die Sozialdemokratte den Mundwieder mal genommen hat, um über den Mißerfolg sich unh anderehinwegzutäuschen."So viel Worte, so viel Unsinn! In ihrer bekannten Ver-kleinerungssucht unserer Bewegung merken unsere Gegner gar nicht,wie sie von gewissen Korrespondenzen aufs Glatteis geführt werden.Die am Dienstag benutzten Lokale faßten um deswillen eine sohohe Besucherzahl, weil Tische und Stühle aus denselben entferntwaren und die Arbeiter und Arbeiterinnen stehend in„drangvollfürchterlicher Enge" den Rednern folgten. Heller Blödsinn ist es,daß die Sozialdemokratie«vorsichtigerweise Ueinere Versammlnngs-lokale gewählt hatte, um durch frühzeitige Absperrung eine ArtStraßendemonstration in der Nähe der Versamnrlungslokale zu er-zeugen". In Wirklichkeit sind alle größeren Lokale, die uns zumDienstag zur Verfügung standen, als VersammlungS«lokale gewonnen worden. Wenn diese trotzdem nicht ausreichten, um alleBesucher zu fassen, so beweist das nur, daß die Demonstratton eineaußerordentlich glänzende war. Unsere Schätzung überdie Beteiligung cm der Dienstagaktton ist eher eine zu niedrige alszu hohe, und wir haben nur den Wunsch nach mehr solcher„Miß-erfolge".Indem aber die„National-Zeitung" diesen nach jeder sozial-demokratischen Aktion wie ein Mädchen aus der Fremde wieder-kehrenden, in ach demselben Schema gearbeiteten Kor-respondenzen Raum gibt, zeigt sie nicht nur eine ganz un-verantwortliche Gedankenlosigkeit, sondern entpuppt sich auch, wie imvorliegenden Falle, als ein Organ, das gegen den Nahrung S-mittelwucher nicht das geringste einzuwenden hat.Die Gemäldegalerie des Herrn Willi Molenaar in Berlin wurdeöffentlich versteigert. Sie enthielt nur Schöpfungen aus der zweitenHälfte des 19. Jahrhunderts. Vorzugsweise von Berliner, Düssel-dorfer. Münchener und Karlsruher Künstlern. Die hervorragendenSachen brachten folgende Preise: Ludwig Noster-Berlin„Besuchbei der Großmutter" 3359 M.— Pahlo Salinar-Bern„Ein Hoch-zeitsmahl"; in einer großen Gesellschaft bringt ein Herr einen Toastauf das Brautpaar aus; eines seiner besten Bilder. 2619 M.—Paul Meyerheim«Ave Maria"; im dichten Walde knien zweiMädchen vor einem Madonnenbilde, 3975 M.— Derselbe„Der Affenskat", drei originell kostümierte Affen mit sehrcharafteristtschen Physiognomien spielen Skat, 1180 M.— G. Schönleber-Karlsruhe„Vorfrühling"; Blick auf ein Dorf mit strohgedeckten Häusern,4099 M.— Fritz Thautow Dieppe(si 6. November 1996) NorwegischeSchneelandschaft. Eins seiner besten Bilder, 1892 gemalt— 4099 M.—Max Liebermann, Berlin Das Altemännerhaus in Amsterdam,unter einem Laubengang fitzende und rauchende Alten. Ein Pracht-volles Pastell. 3089 M.— Andreas Achenbach. Die alte Mühleam Fluß. 3959 M.— Alexander Roche, Glasgow. SchottischeKüste bei stürmischer See und nebliger Luft, die vortrefflich wieder-gegeben ist. 1899 M.— Georg Oeder. Düsseldorf. Winterland-schaft mit entlaubten Bäumen, darüber der düstere Himmel.1599 M.— Pier Gilardi, Turin. Bacciaspiel von Geistlichenund Landleuten vor einer prachtvoll bemalten italienischenKirche. 1595 M.— Pia Jaris, Rom. Der Straßen«barbier. Jaris ist einer der bedeutendsten Darsteller desitalienischen Volkslebens. 859 M.— E. Pagliano, Mailand. EinGelehrter erteilt zwei jungen Mädchen vor einem GlobusGeographieunterricht. 2199 M.— H. Kehnert, Berlin. Am frischenHaff; ein vorzügliches Landschaftsbild. 1210 M. Bennewitzv. Lösen d. Aelt., Berlin. Blick auf einen märkischen See mit be-waldeten Ufern. 799 M.— Hugo Kauffmann, München. DreiBauern und der Schulmeister beim Kartenspiel. 1949 M.; ein sehrfeines Bildchen.— Nun seien noch zwei sehr interessante Zeichnungenerwähnt: Der 9. März 1888. Unter den Linden. Extrablättermelden das soeben erfolgte Hinscheiden des alten Kaisers, von ArturKämpf in Berlin, und Moltke auf dem Totenbett, das Haupt aufeinem Weißen Kissen ruhend. Ansicht des Profils, von K. Dielitz inBerlin.— Unter den wenigen alten Bildern der Sammlung warein angeblicher A. v. Oftade, Wirtshausszene, der 2129 M. brachte.—Der Gesamterlös war 79 909 M.Uebcr das Schicksal der Magistratsvorlage, die Wertzuwachssteuerbetteffend, ist man bis heute immer noch im Unklaren. Der mitder Beratung dieser Vorlage betraute Ausschuß hat schon eine ganzeReihe Sitzungen abgehalten, ohne bisher zu einem Resultat zu ge-langen. Obwohl es die Aufgabe des an dieser Vorlage sehrinteressierten Stadtkämmerers war, dieselbe zu verteidigen, zog eres vor zu schweigen. Dieses Schweigen ist bisher verschiedentlichbeurteilt worden. Aufgefallen ist, daß, während der Kämmererschwieg, der Herr Oberbürgermeister sich kürzlich ineiner Sitzung dieses Ausschusses über die Vorlage ausließ. Er führteaus: Er sei bei allen Verhandlungen zugegen gewesen, um zu er-fahren, ob in der Tat stichhaltige Gründe gegen die Vorlage geltendgemacht werde» können. Er habe aber keine gehört. Der Einwand,daß. wenn der unverdiente Wertzuwachs an Grund und Boden be-steuert werden solle, man dann auch den unverdienten Wertzuwachsauf den übrigen Gebieten steuerlich fassen müsse, sei theoretisch zu-treffend. ANein die Kommune sei für eine Gesetzgebung aufdiesen Gebieten nicht zuständig. Auch dürfe doch nicht über-sehen werden, daß die Stadt wohl nur in den' seltenstenFällen dazu beitrage, wenn jemand z. B. an Aktten einen großenKursgewinn erziele; wohingegen doch nicht bestritten werden könne,daß beim Grundbesitz die Kommune in allen Fällen den Bodenbereitet, auf dem der Grundbesitzer erntet. Die ausführlichen Dar-legungcn über die möglichen Umgehungen können ihn nicht schrecken.Man dürfe etwas, was man als richtig erkannt habe, deswegennicht unterlassen, weil sich Personen finden, die auf erlaubte oderunerlaubte Weise ein solches Gesetz umgehen. Er bitte, auchfolgendes zu berücksichttgen. Die Berliner Stadtverwaltung werdein der Versammlung wie in der breiteren Oeffentlichkeit vielfachhart angegriffen, weil sie den Kreis der gemeind-lichen aufgaben zu eng fasse. Er müsse zugeben, daßdieser Kreis nicht besonders weit gezogen sei, aber derMagistrat habe sich bei allen neuen Plänen die Frage vorzulegen,ob genügende laufende Mittel zur Durchführung vorhandenseien. Durch die zahlreichen neuen großen Institute, die teilsfertig, teils der Vollendung nahe wären, würde der Etat stark be-lastet; treten neue Aufgaben hinzu, so müßte unbedingt für einedauernde Vermehrung der laufenden Mittel Sorge getragen werden.Die vorliegende Steuer sei hierzu ein durchaus g e-eignetes Mittel. Der Grundbesitz als solcher werde nichtgettoffen. Getroffen werde nur eine bestimmte Kategorie vonGrundbesitzern, wenn sie übermäßige, durch die Gemeinde bereiteteGewinne erzielen. 19 Proz. Wertzuwachs bleibe ftei; von demüberschießenden Betrage solle eine mäßige Abgabe erhoben werden.Das sei nichts Unerhörtes. Er bitte daher dringend um Annahmeder Vorlage.Wie wir erfahren, sucht der Herr Stadtkämmerer seine Lorbeerenauf einem anderen Gebiete. Anstatt neue, gerechte Einnahme«quellen zu erschließen, zerbricht er sich den Kopf, wo die Aus-gaben einzuschränken sind. Und da er nicht viel findet, ist es ihmeingefallen, daß die Tiefbaudeputation für ihren Betrieb sowie fürRepräsentattonszwecke ein Motorboot unterhält, und daß es docheine große Finanzreform sei, dieses Boot abzuiwaffen. Die Tiesbau-depntation konnte sich aber von der Zweckmäßigkeit dieses finanz-politischen Borschlages nicht überzeugen und lehnte diese erste großeReform des Kännnerers ab. Vielleicht beherzigt er nun die Aus-sührungen des Oberbürgermeisters.Ein schwerer Unfall ereignete sich gestern vormittag in derFabrik für Fahrstühle und Hebewerkzeuge von Karl Flohr in derChausseestraße. Unter Leitung eines Ingenieurs waren die Arbeiter