tffentlichen Versammlung, die von der ivrtZgruppe Berlin des»Vaterländischen Frauenvereins" einberufen worden war.Den Begriff der Schulkrankheit bestimmte BagmSky in An-lehnung an den der Gewerbekrankheit. Wie der gewerbliche Ar-beiter aus seiner Tätigkeit mancherlei gesundheitliche Schädigungendavonträgt, so wird auch das Schulkind— das sozusagen das„Gewerbe des Lernens" betreibt— durch den Schulbesuch in seinerGesundheit beeinträchtigt. Natürlich wird nicht durch die Schuledie Skrophulöse erst erzeugt. Aber die gesundheitschäd-lichen Einwirkungen des Schulbesuches helfenmit, die Skrophulose zu entwickeln, wenn dasKind die Anlage dazu mitbringt. Das Schulkind sitzt,n geschlossenen Räumen, die in der Regel schlecht gelüftet und oftauch mangelhaft gereinigt sind. Von einem gesunden Kinde wirddas vielleicht ohne merklichen Schaden ertragen, aber für Kindermit Anlage zur Skrophulosis wird es zu einer schweren Gefahr.Bei solchen Kindern treten nur zu bald all die Erscheinungen auf,die der Skrophulose eigentümlich sind, die auherordentliche Reiz-barleit der Haut, die rasche Entstehung von Hautausschlägen undlangwierigen Eiterungen, die starke Neigung zu hartnäckigenKatarrhen. Diese Kinder sind auch der Gefahr der Uebertragungvon ansteckenden Krankheiten aller Art ganz besonders ausgesetzt.Das gilt namentlich für die Tuberkulose, für die die skrophulösenKinder in hohem Grade empfänglich sind.Um dieSkrophulosiszu bekämpfen und womöglichrhre Entwicklung zu verhüten, ist in neuerer Zeit manches getanworden. Baginsky wies hin auf die Fortschritte der Schulhygiene,die vorbeugend wirke, auf die bisherigen Leistungen der Sommer-Pflege(Ferienkolonien. Scehospize), die kränklichen KindernKräftigung bringe. Aber das alles ist— so führte der Vortragendeaus—„ein nutzloses Arbeiten, so lange nicht dieVerhältnisse besser werden." Nötig sei eine Hebungder gesamten Lebenshaltung der unbemitteltenV o l k s k l a s s e. In dieser Hinsicht sei besonders eine Förderungder Wohnungshygiene anzustreben; denn erfolglos sei aller Kampfgegen Skrophulose und gegen Tuberkulose, wenn ein großer Teilder Bevölkerung in der verdorbenen Luft enger Wohn- undSchlafräumc hausen müsse. Für die noch schulpflichtige Jugendforderte Baginsky. daß man ihr die Last erwerbender Arbeit mög-lichst ganz abnehme, damit ihr mehr Erholung, mehr Ruhe, mehrSchlaf gewährt werden könne. Beginnen müsse aber der Kampfgegen Skrophulose und Tuberkulose schon viel früher, schon bei demSäugling. Der Säugling gehöre an die Mutterbrust, das sei Sasbeste Borbeugungsmittel. Jeder Mutter müsse das die heiligstePflicht sein. Aber auch die Erfüllung dieser Pflicht sei vielenMüttern nicht möglich, wenn nicht die gesamte Lebenshaltung einebessere werde.Die Zuhörer und besonders die zahlreichen ZuHörerinnendankten dem Vortragenden mit lebhaftem Applaus. Unter ihnenbefand sich manche elegante Dame, die zur Erfüllung ihrer„heiligsten Pflicht" vermutlich eine bezahlte Person mietet. DerWert solcher Vorträge für dieses Publikum ist unseres Erachtensziemlich gleich null. Die Besitzendem berauschen sich an ihremeigenen Mitleid mit fremder Not, aber sie wehren sich gegendie Umge staltung der sozialen Zustände, die zurBeseitigung des Elends erforderlich ist. Schon wenn Arbeiter einebloße Lohnaufbesserung fordern, um die Lebenshaltung ihrerFamilie heben und ihre Kinder vor frühem Siechtum bewahrenzu können, schreit die besitzende Klasse über„Begehrlichkeit". Unddieselben Herrschaften, die dem Schilderer des Elends frühsiecherKinder in momentaner Ergriffenheit Beifall klatschen, finden esganz in der Ordnung, daß gegen die Väter dieser Kinder Polizeiund Gerichte zum Schutze des bedrohten Profites aufgerufen werden. �Augen auf!Eine Leserin des„Vorwärts" ersucht uns um Aufnahmefolgender Zeilen: Nicht nur möchte ich die Hausfrauen auffordern,im eigenen Interesse energisch den Kampf aufzunehmen gegen eine,wie mir scheint, nicht sehr eng begrenzte Unsitte— das ist dermildeste Ausdruck—, ich halte die Aufforderung auch notwendig imInteresse der allgemeinen Moral. Sehr oft, fast möchte ich sagen„immer", habe ich die Erfahrung gemacht, daß Händler und ganzbesonders Händlerinnen es ausgezeichnet verstehem den Käufer beimAbwiegen um einige Gramm zu übervorteilen. Und es scheint mirauch, daß System in der Sache liegt. Dem Zwecke dienen die ver�schiedenstcn Manipulationen. Oft wird die Wage so versteckt aufgestellt, daß der Käufer von dem Abwiegen überhaupt nichts be�merken kann, hier vergißt man beim Zuwiegen eines Viertelpfundesdie letzten b Gramm aufzulegen, dort bleibt ein 10 Gramm-Gewichtzufällig in der.Wagschale liegen, die in der Regel der Aufnahmeder Ware dient. Eine geschickte Verkäuferin„wirft" die Ware miteiner gewissen Vehemenz auf die Wage, die Zunge schlägt kräftigdurch.-- Natürlich nur, um den Kunden eilig zu bedienen, läßtman nicht ruhig auswiegen— und der Käufer ist in der Regel umeinige Gramm betrogen. Andere fixe Ladenfräulein wissen durchgeschickten Fingerdruck, durch Nachhülfe mit der Warenschaufel usw.den gewünschten Erfolg zu erzielen; die Ware zieht für einenMoment die Gewichtsschale hoch, aber nicht durch das Eigengewicht,sondern infolge der freundlichen Nachhülfe. Solche Beobachtungenmachte ich sowohl in Ladengeschäften als auch in der Markthalle.Ich stütze meine Behauptung aber nicht lediglich auf jene Be-obachtungen, ich wicg� regelmäßig mit der Hauswage nach und habein zahlreichen Fällen Mindergewicht konstatiert. Allerdings meineregelmäßigen Lieferanten, die mich kennen, geben mir stets vollesGewicht. Um das zu erzielen, bedurfte es jedoch einiger Rekla-mationen wegen Mindergewicht. AlS bestes Erziehungsmittel habeich folgendes erprobt: Wenn ich im Geschäft bemerkte, daß daSrichtige Gewicht nicht gegeben wurde, ersuchte ich ruhig aber ent-schieden um Nachprüfung. Das hatte stets eine wunderbareWirkung— besonders wenn noch mehr Käuferinnen anwesendwaren. Zuweilen stellte man sich zunächst beleidigt, wenn das nichtfruchtete, versuchte man wohl mit einem anderen Trick die Fest-stellung de» Mindergewichts zu umgehen. Wenn auch solcher Ver-such an meinem entschiedenen„Bitte, auswiegen lassen" scheiterte,dann folgte nachher eine Entschuldigung: In der Eile, Irrtum...Na, man weiß ja. Mein Zweck war erreicht, für die Zukunft wurdeich reell bedient. Man darf aber nicht glauben, daß nur Eigentümer„eilig bedienen". In Filialgeschäften herrscht derselbe— Eifer. DieErklärung dafür findet man jedenfalls in der Entlohnung nachProzent auf die erzielte Einnahme— im Verhältnis zum ein-gelieferten Quantum, oder durch irgend eine andere Form der Ge-winnbeteiligung an dem durch„eiliges Bedienen" erzielten Ueber»schuß über die buchmäßig erforderliche Einnahme. Mir erging esin emer Filiale eine? Kaffee-Speziatgeschäftes, wo man mich nochnicht kannte, folgendermaßen: Nachdem ich wiederholt ein Minder-gewicht festgestellt hatte, beschloß ich eine» Tages, persönlich sin-zuholen und, wenn sich Gelegenheit bot, die Verkäuferin zu etwasmehr Genauigkeit zu erziehen. Nichtig! Mit einer eleganten Bc-wegung, die einem Taschenspieler Ehre machen könnte,„warf" diesehr freundliche Dame die Ware auf die Wagschale und nahm siemit noch größerer Fixigkeit wieder ab.„Fräulein, wollen Sie bittedie Wage ausschlagen lassen?" forderte ich die Dame auf. Zunächstsah ich ein etwas verdutztes Gesicht, dann aber schallte eS mir entgegen:„Gnä'e Frau glauben doch nicht etwa—-- Wir gebenvolles Gewicht..."„Bitte, wiegen Sie nach! forderte ich. Wohloder übel mußte meiner Forderung entsprochen werden, und nacheinem vergeblichen Versuch, durch geschickte Fmgerbewegungen dasGleichgewicht herzustellen, meinte die Verkaufsdame etwas moquant:„Es fehlen aber nur ein paar Bohnen!"—-— Unter Zustimmungeiniger anderer Käuferinnen erklärte ich der Dame, daß niemandverpflichtet sei. so vornehm zu sein, sich offenkundig zugunsten desGeschäftsinhabers um einige Gramm Kaffeebohnen schadigen zulassen, um so weniger, weil die stete Wiederholung im Jahre zueiner beträchtlichen Summe anwächst. Mit dem Bemerken:„Ichhabe regelmäßig beim Nachwiegen«in kleine? Mindergewicht kon-ftgttertt" wollte ich den Laden verlassen. Da plötzlich tonte e» vomLadentische her:„Ach gnä'e Frau, einen Augenblick, ich sehe gerade,daß in der Wagschale noch ein— 10 Grammstück liegt."—Tableau! Ich bekam also nochmals 10 Gramm zugewogen. Ohnediesen Zwischenfall wäre das 10 Grammstück wohl noch lange ander unrechten Stelle liegen geblieben. Daß aber die Verkaufsdame,die sogar so„freundlich" war, Winke über Pflichten vornehmen Auf-tretens zu geben, von dem„Uebereifer" kuriert ist, möchte ich be-zweifeln. Mache jede Hausfrau die Augen auf, das ist das besteErziehungsmittel. Die Angelegenheit ist auch vom Standpunkteder öffentlichen Moral zu betrachten. Fast alle Frauen, mit denenich über den gekennzeichneten Uebelstand sprach, erklärten mir: Dasist überall so! Mindestens ist demnach die Anschauung verbreitet,das Mogeln sei allgemeine Sitte. Das muß naturgemäß demorali-sierend wirken. Diejenigen, die durch Händlermanipulationen sichbenachteiligt fühlen, können doch nur schwach gegen den Gedankensich wehren, daß für sie selbst Gleiches oder Aehnliches nicht un-moralisch sein kann, was ihnen gegenüber allgemein als Sitte gilt.Also auch im Interesse der allgemeinen Moral, um eine Quelledemoralisierender Ausströmungen zu verstopfen, sollte jede Käuferinstreng darauf achten, daß sie beim Zuwiegen nicht übervorteilt wird.Betrügerische Manipulationen. Unter�dem Verdacht des Betruges wurde der Direktor der Lehranstalt für Krawattenfabrikationin der Stralauerstraße, Kaufmann Steinberg, verhaftet. Er ver-sprach in hochtönenden Anpreisungen Frauen und Mädchen, daß siein seiner Lehranstalt die Herstellung von Krawatten in acht bisvierzehn Tagen erlernen könnten und nach der Lehre Stellungenmit 30— 50 M. Wochenverdienst bekämen. Viele Mädchen trautendem verlockenden Angebot um so mehr, als Direktor Steinberg vorSchwindelfirmen, die ähnliches versprächen, warnte. Die Aus-bildung kostete 10 M. für acht und 20 M. für vierzehn Tage. Zudem Lehrgeld kamen noch allerlei Anschaffungen, so daß die Frauenund Mädchen durchweg etwa 30 M. auszugeben hatten. Der An-drang der Schülerinnen wuchs bald derartig, daß der Unternehmerseine„Lehranstalt" vom Spittelmarkt in größere Räume in derStralauerstraße verlegen mußte. In einem Jahre betrug die Zahl400. Die Schülerinnen wären mit dem Unterricht vielleicht zu-frieden gewesen, wenn sie die versprochenen Stellungen erhaltenhätten. Aber da haperte es. Sobald die Mädchen ausgelernthatten, standen sie mit ihren Kenntnissen da, die für sie wertloswaren, da sie Stellungen nicht erhielten. Viele Schülerinnen sahensich dadurch geschädigt und erstatteten Anzeige. Steinberg, derauch durch SegelNubgründungen sich bekannt zu machen wußte,wurde gestern von der Kriminalpolizei dem Untersuchungsrichtervorgeführt.Herr Steinberg war ein bekannter Stammgast des BerlinerGewerbegerichts, auch die Gewerbedeputation hat sich wiederholtmit der eigenartigen„Lehrwerkstätte" des Herrn Steinbcrg zu be-fassen gehabt; immer aber suchte er durch alle möglichen Einwändeauszuweichen. Wenn ihn jetzt endlich wirklich die Staatsanwalt-schaft gefaßt haben sollte, so hat er das reichlich verdient. Zu ver-wundern ist höchstens, daß der Staatsanwalt nicht schon längst zu-gegriffen hat. Wir hatten in unserem Blatte längst auf dieManipulationen des Herrn Steinberg aufmerksam gemacht.Im Zirkus Schumann ereignete sich am Montagabend ein auf-regender Vorfall bei der Vorführung der dressierten Tigergruppe.Bon einem Augenzeugen wird berichtet: Als der größte vonden neun Tigern zum wiederholten Male über die Peitsche desDonipteurs Henricksen springen sollte, weigerte sich die Bestie undkonnte erst durch wiederholte Aufforderung des Dompteur» und deraußenstehenden Wärter, die mit eisernen Stangen daS Tier bearbeiteten, dazu veranlaßt werden, zu springen. Der Tiger sprang,verletzte dabei aber den Dompteur mit den Tatzen am linken Unter-arn,. Durch den Blutgeruch wurde das Tier noch aufgeregter undkonnte nur durch die Energie Henricksens und durch Antreibender Wärter dazu bewogen werden. nochmals über die Peitschezu springen. Diesmal sprang der Tiger noch tiefer und traf mitdem Hinterkörper die linke Schulter des Dompteurs. Beide stürzten.Hendricksen lag langgestreckt neben dem Tiger, der mit der linkenVordertatze nach dem Dompteur ausholte. Dieser verlor aber seineGeistesgegenwart nicht, sondern feuerte seine mit Schrot geladenePistole dem Tiger in den Rachen. Henricksen sprang nun schnell aufund es gelang ihm mit Hülfe der Angestellten, alle Tiger in dieKäfige zu treiben. Die Verletzungen des Dompteurs sind nicht er-hehliche; er konnte sich bald darauf dem Publikum, das seine Ruhebewahrte, zeigen.Unter einen Hochbahnzug geraten. Bei einem schrecklichenUnglücksfall, der sich in der vergangenen Nacht im Betriebe derHochbahn ereignete, hat der 40jährige Kellner 5karl Buschinsky ausder Pücklerstraße 12 seinen rechten Arm eingebüßt. B. war etwasangetrunken und infolgedessen über sein Ziel, Station Oranien-stratze, hinausgefahren und am Stralauer Tor vom Schaffnerdarauf aufmerksam gemacht worden. Als er sich dort auf demBahnsteig fortbewegte, torkelte er gegen den abfahrenden Zug undfiel zwischen die beiden letzten Wagen. Der rechte Arm gerietdabei zwischen den Schlußwagen und den Bahnsteig und wurdevollständig zermalmt. Im Krankenhaus am Friedrichshain, wo B.Aufnahme fand, mutzte der Arm amputiert werden.Bon einem Wannseebahnzuge überfahren und tödlich verlebtwurde in der gestrigen Nacht ein unbekannter, dem Arbeiterstandeangehörender etwa 40 Jahre alter Mann. In der Nähe von Groß-Lichterfelde war er bei der Dunkelheit auf die Gleise geraten undvon einem nach Berlin fahrenden Wannseebahnzuge angefahrenworden. Ein Streckenbeamter fand den Verunglückten gesternmorgen völlig bewußtlos auf den Gleisen auf. Während deS Transports nach dem Krankenhause starb der Schwerverletzte.Der Verband der freien Gast- und Schankwirte hat im Verfolgde» BierkriegeS sich eingehend der Frage der Begegnung deS protzen-haften Auftretens der Großbrauereien zugewandt und nach ein-gehender Vorberatung beschlossen, eine Erwerbs- und Wirt-ichaftsgenossenschaft von Mitgliedern de» Ver-bandes der freien Gast- und Schankwirte Berlinsund Umgegend zu gründen. In den Borstand wurden gewähltMatheS und Obiglo, in den AnfsichtSrat Lilfin und Franke. DaSResultat der Zeichnung zum Eintntt in die Genossenschaft ist bisherein sehr günstiges. Bei den 2000 Mitgliedern, die der Verband inBerlin und seinen nächsten Vororten hat, dürfte bald ein er-hebliche» Kapital zusammenkommen, daS dem neuen Unternehmeneine gute Basis schaffen wird.Unterm Ringbahnzug. Die Unsitte, während der Fahrt Eisen.bahnzüge zu besteigen, dürfte der 40jährige Töpfer Friedrich MauckauS der Bremerstraße 14 noch mit dem Tode büßen müssen. Erwar abends von seiner Arbeitsstätte in Berlin gekommen undwollte nach Oranienburg fahren. Auf dem Bahnhof Gesund-brunnen versuchte er uuborsichtigerweise einen bereits in der Fahrtbefindlichen Zug zu besteigen, wurde jedoch von dem Trittbrett her-abgeschleudert und unter den Zug geworfen und die Waggonsfuhren über ihn hinweg. Auf ein Notsignal hin wurde der Trainzum Stehen gebracht und M. unter den Rädern hervorgeholt. Erhatte so schwere Verletzungen erlitten, daß er m hoffnungslosemZustande in die Charit« eingeliefert iverden mußte.Ein schwerer Berkchrimitfnl! trug sich gestern in der Leipziger-straße zu. An der Ecke der Eharlotienstraße wurde das Dienst»niädche» Marie Giese. das in dem Afchingerfchen Betriebe in derKöniggrätzerftraße beschäftigt ist, beim Neberschreiten des Fahr-damms von einem Omnibus uingestoßen und beide Räder desschweren Gefährts gingen der Unglücklichen über die Brust hinweg.In bewußtlosem Zustande wurde sie nach der Unfallstation in derKroncnstraße gebracht, wo der Arzt bei ihr schlvcre innere Ver»letzungcn feststellte und ihre Einlieferung in daS KrankenhausMoabit veranlatzte.Mehrere Tage tot in seiner Wohnung gelegen hat der SOjährigeArbeiter Hermann Karpe aus der Jägerstraße 14. K. bewohnteim Seitenflügel einen bescheidenen Parterreraum und war ganzallein auf sich angewiesen. In d«n letzten Tagen war e« denNachbarsleuten aufgefallen, daß sich der Greis gar nicht mehr sehenließ. Man öffnete schließlich sein Zimmer und fand K. tot vorseinem Bette liegen. Der Tod war bereits seit einigen Tageninfolge Herzschlags eingetreten.Bon feinem Diebesgcsährten erschossen. Einen Verhängnis-vollen Ausgang fand wieder einmal die unvorsichtige Spielerei mitdem Revolver. Die Kanalisationsarbeiter Julius und Heinrich M.,die gegenwärtig bei der Eberswalder Kanalisation beschäftigt sind,hatten bei dem Restaurateur Weiland einen Diebstahl ausgeführtund sich nachmittags in dem Restaurant von Kluth in der Nagel-.straße in Eberswalde aufgehalten. Während sie beim Glase Bier!'saßen, krachte plötzlich ein Schuß und leblos stürzte Julius M..vom Stuhle. Sein Kollege hatte ihm eine Kugel in den Unter»'leib gejagt und die Schußverletzung war so schwer, daß der Gc-troffene"bald starb. Heinrich M. behauptet, er habe seinemFreunde nur die Waffe zeigen wollen und dabei habe sie sich vonselbst entladen. Die beiden Arbeiter stehen übrigens unterVerdacht, einen weiteren größeren Diebstahl verübt zu haben.Feucrwehrbericht. Gestern früh um 7 Uhr brannte in derLuckenwalderstr. 6a ein Benzin-Automobil und eine Stunde später in derRaupachstr. 6 der Fußboden mit dem Zwischengebälk des Hauses.Ein großer Kellerbrand beschäftigte die Wehr in der Neanderstr. 4.Dort brannten Abfälle, Fässer, Lattenverschläge und anderes untergroßer Oualmentwickelung; die zweite Kompagnie mutzte kräftigWasser geben. In der Steglitzerstr. 81 brannte gestern uni 9 Uhrein einstöckiger Seitenflügel. Ferner hatte die Wehr in der Choriner-stratze 10, Kommandantenslr. 77/78, Barmmstr. 17. Sebastianstr. 27/28,Dresdenerstr. 55, Blumenstr. 65 und anderen Stellen zu tun. Hausrat,Stroh, Müll, Gardinen, Möbel usw. waren dort in Brand geraten.Arbeiter-Samariterkolonne. Morgen, Donnerstag, abends 9 Uhr4. Abteilung für Lichtenberg und Umgegend bei Piekenhagen, Scham-weberstratze 60. Vortrag über Knochenbrüche, Verrenkungen undVerstauchungen. Daran anschließend praktische Uebungen. ReferentHerr Dr. Hirschfeldt. Neue Mitglieder können jederzeit eintreten.Gäste willkommen.— Heute abend Monatssitzung der diensttuendenAbteilung.Der Zoologische Garten hat dieser Tage eine männlicheSchraubenziege erworben, die jetzt den Hauptanziehungspunktder Anlage für Wildschafe und Wildziegen bildet. Der herrlirBock, dessen spiralig gedrehtes Gehörn einen imposanten Eindrimacht, stammt aus Afghanistan; in der Art der Gehörnwindnsteht er zwischen den beiden, früher im Garten ausgestellten F«men in der Mitte. Der heimatliche Name dieser Wildziegl„Markhor" bedeutet soviel wie„Schlangenfresser" und ist wohlentstanden, daß man aus der Entfernung die Ranken, die von'Tieren gefressen, für Schlangen ansah.Unter den im Berliner Aquarium jüngst eingetroffenen Drei-sendungen befindet sich eine Anzahl neuer und interessanter Wirbel-loser Seetiere, die in der Adria erbeutet wurden. Zum erstenMale kam in zwei Exemplaren eine Art der Gattung Polia an,ein Vertreter der absonderlichen Schnürwürmer, welche, vorwiegendMccresbewohner, und zweifelsohne di«� am höchsten entwickeltenMitglieder der Klasse der Plattwürmer, durch mehrere äußerstmerkwürdige Eigentümlichkeiten in Leibesbau und Lebensweisesich auszeichnen, indem insbesondere die vom Hautmuskelschlauckiveranlatzte Ausdehnung und Zusammenzieyung des Leibes beiihnen dermaßen(am höchsten im ganzen Tierreich) entwickelt ist,daß einige Arten den Körper um das zehn- ja zwanzigfache �'vorherigen Länge auszudehnen vermögen. Die im Aquariumgestellte Art zeigt am Körper auf trübgrünem Grunde eineweiße Streifung und Ringelung und am Kopf eine gleich'Kreuzzeichnung, nach der die Spezies den wissenschaftlichen„crudgera"(Kreuzträger) erhielt. Einen ganz andereifWurmtiere stellt ein im Sande dahinkriechcndeS, die LängeHand und die Breite von 5 cm erreichendes, in allen Regev"färben glänzendes, filzig behaartes Geschöpf. dar, das kaum j?für einen Angehörigen des Wurmkreises halten möchte UlTzur Familie der„Seeraupen" oder Aphroditen zählt.Vorort- JSacbncbten.Charlottenburg.Die im Etat ausgeworfenen Mittel für SäuglingSfllrsorge �antragt der Magistrat um mehr als 20 000 M. zu erhöhen. ES hatsich gezeigt, daß die bisher ausgeworfenen Mittel auch nicht ent-fernt ausreichen, um die Aufgaben auf dem Gebiete der Bekämpfungder Säuglingssterblichkeit zu lösen. In Charlottenburg bestehen zur-zeit vier Säuglingsfürsorgestellen, von denen je zwei dem Vater-ländischen Frauenverein und dem Elisabeth-Frauenverein zur Ver-waltung übertragen sind. In den Sstuglingsfürsorgestellen wirdpasteurisierte Milch an Unbemittelte unentgeltlich, sonst gegen Bc-zahlung abgegeben. Die Kosten für die unentgeltlich abgegebeneMilch werden von der Stadt voll getragen, während die Vereinefür jeden gegen Bezahlung abgegebenen Liter einen Zuschuß von10 Pf. erhalten. In den ersten 6 Monaten des laufenden Etats-jahres find bereits 63 912 Liter Milch verabfolgt, und zwar 68gegen Bezahlung, 31 Proz. unentgeltlich. Ferner wurden 4320:rohe Milch zur Herstellung trinlfertiger Portionen vcrirSolche trinkfcrtigen Portionen, die sich aus Milch. NährHafergrütze. Malz, Liebigsuppe und Kindermehl zusammen �kosten einschließlich der Herstellungskosten(Ausgaben für GaSfriersalz, Eis, Transport der Nährprodukte) pro PortionBisher wurden dafür 46 Pf. bezahlt. Dieser hohe Satz kann!beibehalten werden, die.Konsumenten sollen daher in Zukunsiweit sie die Nahrung nicht völlig unentgeltlich bekommen, nur28 Pf. pro Portion zahlen. Ferner gewährt die Stadt dur'meindebeschluß vom 237 Juni 1905 Beihülfen an stillende Zsogenannte Stillprämien, die.außerordentlichen Anklang gefhaben. Sie werden nur in solchen Fällen gewährt, in denenMütter die Bereitwilligkeit zum Selbstnähren davon abhäiugigmachen. Von den 4237 Müttern, die vom 1. April bis End« Sep-tember d. I. mit ihren Kindern in Fürsorge gewesen sind, hsisen548(12,98 Proz.) zusammen 6067,15 M. Stillprämien erhalten, alsojede Mutter im Durchschnitt 11,07 M. Die Bcihülfen werden fast aus-nahmsloS durch Verabfolgung von Milch— täglich 1 Liter, in derRegel auf längstens 13 Wochen— gewährt. Die Aerzte in den'Fürsorgestellen streben mit allen Mitteln dahin, die Mütter zurBrnstnahrnng zu bewegen. Die Stillprämie hat sich als ein sehrwichtiges Mittel zur Erreichung dieses Ziels erwiesen. Seit Ein!führung dieser Beihülft hat sich die Zahl der in Fürsorge be.findlichen stillenden Mütter um 20 Proz. vermehrt. Erfreulicher-weise ist auch nach Fortfall der Beihülfe der größte Teil der Mütterin Fürsorge geblieben, und nur einige haben daS Stillen ihrerKinder eingestellt, weil die Prämie nicht mehr gewährt wurde.Hieraus geht hervor, daß die Mütter, nachdem sie einmal für dieBrustuahrung gewonnen waren, den Wert des Stillens schätzengelernt haben. Welchen Einfluß die Nahrung auf die Säußlings-sterblichkeit ausübt, ergibt sich daraus, daß nach dem Verwaltungs'bericht für 1905 auf 100 Kinder bei Brustkindern 1,58 Sterbefällekommen, bei Brust- und Flaschenkindern dagegen 3,76 und beiFlaschenkindern sogar 10.99. Im allgemeinen hat die Kindersterb-lichkeit in Charlottenburg erheblich abgenommen. Während aus1000 lebendgeborene Kinder im September 1904 noch 259 und imSeptember 1995 noch 233 Sterbcfälle im ersten Lebensjahre kamen,betrug diese Zahl im September dieses Jahres nur noch 106. ESscheint also. alS ob die Säuglingsfürsorge die Säuglingssterblichkeitgünstig beeinflußt.Schöneberg.Gtadtvrrordneteiwersammlung.»Zor Eintritt in die Tagesordnung entspinnt sich eineDebatte über die Verkchrsverhältnisse SchönebergS. Vischieden«! Rednern wird lebhaft Klage geführt über den