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Nr. 1. 24. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Dienstag, 1. Januar 1907.

für die Wahlagitation.

Deutsche Rechtspflege.

Juli.

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17.

Karl Scheimann zwei Kugeln in den Kopf schoß, von der Anklage( Weide so sehr, daß oft ganze Gespanne krepieren; das erste Wasser der gefährlichen Körperverlegung kostenlos freigesprochen. von Kubub nach Keetmannshoop zu ist 67 kilometer von Kubub 6. Jn Köln- Birdendorf wird der Tagelöhner Berndgen von entfernt.... Dann kann man sich denken, daß hier in Keetmanns­2. In Hamburg   wird Genoffin Zies wegen angeblicher Auf- cinem Schußmann erschossen. Die Frau des Erschossenen, der hoop jetzt ein Zentner Kartoffeln 1200 Mt. und eine Flasche Bier reizung zu Gewalttätigkeiten, begangen in drei Versammlungen 9 Kinder hinterläßt, schildert den Hergang wie folgt: Von einer 5 M. fosten. im Januar, zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. In der Be- Versammlung des Kriegervereins zurückgekehrt, seien sie nochmal 16. Die Kreuzzeitung  " gibt an der Hand der Generalstabs­gründung fagt das Gericht: die Angeklagte habe Dinge erörtert, auf die Straße gegangen, weil fie draußen fingen hörten. Dort berichte eine eingehende Schilderung der Kämpfe am Waterberg   in die wohl passiert sein mögen. Aber sie habe diese Dinge, wie hätten zwei Schuhleute ohne jede Veranlassung auf ihren Mann Südwestafrika. Die Zahl der Hereros betrug 50-60 000 Köpfe. Stolonialfragen, Soldatenmißhandlungen usw. nicht unparteiisch losgeschlagen und dann habe der Schuhmann Weiß zwei Revolver  - Diese wurden von 1500 Mann mit 30 Geschüßen und 12 Maschinen­beleuchtet, sondern nur die Schattenseiten hervorgehoben, denen kugeln auf ihn abgeschossen. Getroffen stürzte er zu Boden, darauf gewehren in die wasserlose Sandwüste der Omaheke gedrängt, doch auch viele Lichtseiten gegenüber stehen. Die Angeklagte habe kniete fich der Schuhmann auf ihn und schoß ihm eine dritte worin sie monatelang abgesperrt blieben. Wie es ihnen dort er­nur schwarz in schwarz gemalt; nach ihrer Ansicht liege in Deutsch  - Kugel in den Leib. ging, davon geben die Berichte deutscher Patrouillenführer er­land alles auf das denkbar traurigste. Wenn solche Reden fort- 8. Wegen angeblicher Beleidigung jener Insterburger Richter, schütternde Bilder. So berichtet Oberleutnant Graf Schweinitz: gesetzt einem urteilslosen Publikum gehalten werden, dann werde die den Inspektor freigesprochen haben, der im August 1905 einen Besonders in den dichten Gebüschen am Wege, wo die ver­dadurch bei den Hörern der Keim zu Gewalttätigkeiten gelegt. Arbeiter erschossen hat, wird in Leipzig   Gen. Seeger, Redakteur durstenden Tiere wohl Schutz vor den bersengenden Strahlen der Diese Stimmung brauche nicht gleich in Gewalttätigkeiten umzu- der Leipz. Volksztg.", zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Sonne gesucht hatten, lagen die Kadaver zu Hunderten dicht neben­schlagen, sie könne aber früher oder später zu Gewalttätigkeiten 11. In Breslau   war infolge der blutigen Vorgänge vom und übereinander. An vielen Stellen war in 15-20 Meter tiefen führen. 19. April gegen etwa 125 Personen Voruntersuchung wegen Auf- aufgewühlten Löchern vergeblich nach Wasser gegraben.... Alles In Leipzig   wird Genosse Staudinger, Redakteur des Stein- ruhrs eingeleitet worden. Davon wurden etwa 65 sofort außer läßt darauf schließen, daß der Rückzug ein Zug des Todes war. arbeiter", wegen Erpressung und Beleidigung eines Steinbruch- Berfolgung gesezt, mur gegen etiva 55 wurde Anklage erhoben, In einem anderen Berichte heißt es:" Die mit eiserner Strenge besizers zu 1 Monat 2 Wochen Gefängnis verurteilt. Bei der Ver- aber nicht wegen Aufruhrs, sondern nur wegen Gewerbe- monatelang durchgeführte Absperrung des Sandfeldes vollendete handlung wegen Anpöbelung eines Vertrauensmannes soll St. bon vergehens(§ 153), Widerstands usw. Vor das Schwurgericht das Werk der Vernichtung. Die Kriegsberichte des Generals. von Gegenmaßregeln" gesprochen haben. Hierin erblickt das Gericht kommt nur ein einziger Angeklagter, der Kaiserdeputierte Vor- Trotha aus jener Zeit enthielten keine aufsehenerregenden Mel­eine Streifandrohung, um dem entlassenen Arbeiter die Stelle und schmied Hirsch, der im Jahre 1900 die Kaiserrede von der gesicherten Dungen. Das Drama spielte sich auf der dunklen Bühne des Sand­dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil" zu verschaffen. Eristenz der deutschen Arbeiter mit anhören durfte. Wochen feldes ab. Aber als die Regenzeit tam, als fich die Bühne allmählich 3. In Mainz   veröffentlichen die dem Schutzverbande der Stein- und Monate haben Leute in Untersuchungshaft gesessen, gegen die erhellte, und unsere Patrouillen bis zur Grenze des Beschuana­druckereibesitzer angehörenden Firmen eine Erklärung, in welcher nicht einmal Anklage erhoben wird. landes vorstießen, da enthüllte sich ihrem Auge das grauenhafte fie ihre berehrlichen Abnehmer" bitten, den Wortbruch" des Buch­Bild verdursteter Heereszüge. Das Röcheln der Sterbenden und und Steindruckereibesizers Karl Theyer nicht zu unterstützen. das Wutgeschrei des Wahnsinns   sie verhallten in der er­Dieser habe trotz gegebenen Wortes nach dreiwöchentlicher Aus­habenen Stille der Unendlichkeit." sperrung den Betrieb wieder aufgenommen, jedenfalls in der Er­Mindestens 40 000, vierzigtausend Menschen, darunter wohl wartung, die augenblickliche Lage( d. h. das Stillliegen der übrigen 17. Jn Nürnberg   führen die Arbeitswilligen der Automobil- 30 000 Frauen, Greise und Kinder, sind auf diese Weise den grauen­Betriebe infolge der Aussperrung) zur Erweiterung seines Kunden- fabrik" Union  " Waffen bei sich. Infolgedessen kommt es Mittags haften Tod des Verdurstens gestorben. treises auszunuben. Wegen Verlegung des§ 153 der Gewerbe- zu einem kleinen Zusammenstoß, wobei der Fabrikdirektor Maurer crdnung schreitet die Staatsanwaltschaft nicht ein. Es liegen vor zu ihnen sagt: Ihr habt doch Messer in der Tasche, zeigt ihnen Berrufserklärung und Ehrverlegung( das dem Th. untergeschobene doch, daß Ihr Euch nicht fürchtet." Abends werfen die Arbeits­Motiv) zum Zweck, einen Gewerbetreibenden zu hindern, von einer willigen mit Steinen, drohen mit Revolvern, zugespitzten Eisen­Verabredung zum Behuf der Erlangung günstiger Arbeits- stangen usw., was wieder einen kleinen Zusammenstoß zur Folge bedingungen zurüdzutreten. Strafbar nach§ 153 der Gewerbe- hat wobei der Fabrikdirektor Maurer   mitprügelt. Die Polizei ordnung mit Gefängnis bis zu 3 Monaten, sofern nach dem all- mischt sich nicht ein. Jest nähert sich der Streifleiter Genosse gemeinen Strafgeses nicht eine härtere Etrafe eintritt. Fleischmann, um die Streikenden zurückzuziehen. Er ist aber noch nicht ganz heran, so schießt ihm ein Streifbrecher eine Kugel in die Lunge, und als jener sich wendet, noch zwei Kugeln in den Rücken. Der Täter wird verhaftet. Der tödlich Getroffene ist 29 Jahre alt und Vater von 4 Kindern.

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4. Die Staatsanwaltschaft in Breslau   läßt dem Justizrat Mamroth den Bescheid zugehen, daß die Nachforschungen nach dem Schußmann, der dem Arbeiter Biewald die Hand abgehauen hat, erfolglos geblieben seien.

6. Das preußische Abgeordnetenhaus stellt Strafantrag wegen Beleidigung gegen zwei Redakteure der Erfurter Tribüne" und einen Redakteur der Düsseldorfer Volkszeitung". Dafür stimmen Konservative, Freikonservative, Zentrum und Nationalliberale.

In Sachen der Silberdiebstähle der Fürstin Wrede wird deren Diener Wilhelm Glase, der die Sache zur Anzeige gebracht hat, wegen versuchter Erpressung zu 9 Monaten Gefängnis und 2 Jahren Ehrberluft verurteilt.( Gegen die Fürstin selbst ist bis zum Jahres­schluß noch nicht verhandelt worden.)

11. In Hannover   wird Gen. Donath, Redakteur des Volts­wville", wegen angeblicher Beleidigung der Breslauer Polizei aus Anlaß des Blutbades vom 19. April zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt.

18. In Hannover   wird Gen. Donath, Redakteur des Volks­wille", wegen angeblicher Beleidigung derselben Insterburger Richter( wie am 8. d. M. in Leipzig   Gen. Seeger) zu 200 W. Geldstrafe verurteilt.

20. Zu Nürnberg   stirbt der von einem Streitbrecher schwer verwundete Genosse Fleischmann. Der Mörder wird aus der Haft entlassen.

26. Der Zentrumsabgeordnete Erzberger veröffentlicht in den Konstanzer Nachrichten" einen Brief, in welchem er unter anderem die Kolonialverwaltung beschuldigt, in der Oeffentlichkeit abzu­streiten, was man unter vier Augen zugegeben habe. Weiter schreibt er: Nun soll ja ein Strafantrag gestellt sein; gut, da werde ich als Zeuge einmal gründlich auspacken und nun auch alles erzählen, was mir mitgeteilt worden ist. Man wird dann staunen, wie es tatsächlich in Südwestafrika aussieht. Was hier an Geld vergeudet worden ist, übersteigt alle Begriffe."

( Bis zum Jahresschluß hat Herr Erzberger   weder als Zeuge noch sonst wo gründlich ausgepact".)

In Dar es Salam( Ostafrika  ) hatte der Proinspektor Dütt. mann auf einem Marsche von seinem Bett herab, auf dem er sich tragen ließ, einen Träger erschossen, weil diefer angeblich der Kara­wane zu weit vorausgegangen war. Er war dafür zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Das Obergericht sette am 30. Juni die Strafe auf 8% Jahr Zuchthaus herab.

31. Der Vorwärts" veröffentlicht den Brief eines Werk­stättenarbeiters der Otawibahn aus Karibib   vom 3. Juni, in 24. In Nürnberg   hat ein zweiter Streifbrecher einen Streif welchem berichtet wird, daß nach der Ablehnung des Bahnbaucs posten mit einem Dolch gestochen. Auch er wurde verhaftet und Kubub- Keetmannshoop( die Ablehnung erfolgte im Reichstage 14. Wegen Mordes wurde in Beuthen  ( O.-S.) ein gewisser anderen Tages aus der Haft entlassen. In heller Empörung zu Berlin   am Sonnabend, den 26. Mai) bereits am Montag, den Gusner verhaftet. Er hatte seine 1½jährige Stieftochter erwürgt, sammelt sich die Menge vor der Fabrif, die Polizei fäubert", 28. Mai, in Karibib   eine Verfügung des Auswärtigen Amtes an­ um   das Vermögen seiner Frau zu kriegen. Gusner ist der ehe- d. h. sie sperrt die Regensburgerstraße, in der die Fabrit Union   geschlagen war, welche das Einkommen der dortigen( in Kiel   an­malige Vertrauensmann des Polizeirats Mädler. Auf seine er- liegt, oben und unten ab und haut und schießt auf alles los, was geworbenen) Arbeiter wesentlich herabzusehen bestimmte. Logene Aussage hin wurden seiner Zeit der kürzlich verstorbene Ge- fich noch darin befindet. Das dauert von 8 bis 12 Uhr nachts. hierauf alle Arbeiter aufhören wollten, wurde die Verfügung vom noffe Morawski und die Genossin Golde zu je einem Jahr Gefäng- Resultat: etwa 300 Verwundete, fast alles harmlose Passanten, die Etappenkommando abgeändert, bedeutet aber auch in dieser Form nis verurteilt, ohne Anrechnung einer monatelangen Unter- von der Ausstellung oder vom Voltsfest kamen. Die Streitenden noch einen offenbaren Kontraktbruch. suchungshaft, weil Gusner behauptete, die beiden hätten ihm ein haben nichts damit zu tun. Schon seit dem 17. August war kein verbotenes polnisches Liederbuch verkauft, in welchem das Gericht Streifender mehr in der Nähe der Fabrik. Aufreizung zu Gewalttätigkeiten fand.

September.

16. Jn Breslau wird das Gerichtsverfahren gegen Biewald eingestellt. Ein Verfahren gegen Unbekannt zur Grmittelung des 3. In Breslau   hat Genosse Albert in einer Rede denjenigen, Handabhackers mit eidlicher Vernehmung aller Schuyleute, wie der dem Biewald die Hand abgehadt, einen feigen Halunten ge­man dergleichen öfters gegen sozialdemokratische Preßsünder veran- nannt. Deshalb stellt der Polizeipräsident Dr. Bienko Strafantrag staltet hat, ist bisher nicht eingeleitet. wegen Beleidigung der Polizei. 17. Vor dem Schwurgericht zu Dortmund   ist der Polizei- 8. In Augsburg   hat der Maurerpolier und Streifbrecher fergeant Diekmann angeklagt der vorsätzlichen Körperverlegung Trieb einen im selben Hause wohnenden Kunstanstaltsarbeiter, der mit Todeserfolg. Bei einem Kirmestrubel zu Marten an es sich verbat, daß Trieb seine alte Mutter beschimpfte, hinterrüds 20. August 1905 hat er den Revolver gebraucht und unseren Partei- durch drei Stiche in Kopf und Brust lebensgefährlich verlegt. Trieb genossen Sasse erschossen. Zunächst wurde Anklage gegen sechs Be- wurde verhaftet und am anderen Tage wieder auf freien Fuß gleiter des Saffe erhoben, doch bald wurde das Verfahren eingestellt. gefest. Damit gegen den Polizisten Anklage erhoben werde, mußten die 13. Jn Nürnberg   ist wegen der Straßentumulte gegen 57 Angehörigen des Getöteten bis zur Ober- Staatsanwaltschaft gehen. Personen Untersuchung eingeleitet. Gegen den Streitbrecher Dietmann behauptet, in der Notwehr geschossen zu haben. Aber Thiel, der unseren Genossen Fleischmann erschossen hat, ist Unter­nicht nur die sechs Begleiter des Sasse, sondern auch ein un- suchung wegen Körperberlegung mit Todesfolge eingeleitet. Der beteiligter Husar befunden, daß kein besonderer Lärm stattgefunden Mörder befindet sich auf freiem Fuße. Mehrere Streikende und daß der Polizist den Sasse auf etwa 50 Schritt Entfernung gegen, die dem Vorfall beiwohnten, sind seitdem in Haft. von hinten niedergeschossen habe. Der Staatsanwalt nimmt sich des Angeklagten sehr warm an. Polizeibeamten müsse man wohl­wollend entgegentreten. Er beantragt Freisprechung, die auch er­folgt.

In Kiel   waren während eines Streits der Bäder im Frühjahr 1904 in der Schleswig- Holst. Volfztg." Listen derjenigen Bädereien erschienen, die die Forderungen der Gesellen bewilligt hatten. Daran war die Aufforderung gefnüpft, nur bei diesen Firmen zu laufen. Vier Bäckermeister hatten die Leiter des Streits auf Schadenersag verklagt. Beint Landgericht Riel erzielten sie eine Berurteilung der Verklagten. Das Oberlandesgericht Kiel aber hat dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Reichs gericht bestätigt dieses letztere Urteil auf Abweisung der Klage. In Düffeldorf wird ein auf dem Sauptbahnhof beschäftigter Arbeiter plöslich entlassen, weil er Mitglied des sozialdemokratischen Bereins sei. Kenntnis hiervon ist dem Verwalter durch die Polizei gegeben worden.

18. In Breslau   beginnt gegen 48 Angeklagte wegen der Tumulte vom 19. April der Prozeß vor der Straffammer.

25. Das Urteil von Breslau  : zweimal 6 Monate, einmal 5 Monate, viermal 3 Monate, neunmal 2 Monate, dreimal 1 Monat, viermal 6 Wochen, sechsmal 3 Wochen, dreimal 2 Wochen, einmal 1 Woche, dreimal 3 Tage Gefängnis; einmal 5 M. Geldstrafe, und zwar wegen Bergehen gegen§ 153 der Gewerbeordnung und wegen Auflaufs.

Polizeibeamte sind nicht unter den Verurteilten.

26. In Hamburg   werden die von der Hamburg  - Amerika­Linie wegen der Maifeier verklagten Schauerleute zu je 18. Schadenersatz und den Kosten verurteilt. In der Begründung er flärt das Gericht die Behauptung, es sei den Arbeitern durch jahre­lange Uebung freigestellt, jederzeit einen oder mehrere Tage von der Arbeit fortzubleiben, für so absurd", daß darüber nicht ein­mal Beweis erhoben wird. Laut Lohntarif dürfe die Arbeitszeit der Schauerleute 36 laufende Stunden einschließlich der Eßpausen 19. Der Bürgermeister Haas aus dem Schwarzwaldstädtchen dauern. Die Arbeitsverweigerung lediglich zu Demonstrations­Rappelroded, wegen 25 Jahre langer Unterschlagungen von Ge- zwecken verstoße gegen die guten Sitten. nossenschaftsgeldern, die ein Defizit von 825 000. verursachen, zu 8 Jahr 7 Monaten Zuchthaus   verurteilt, wird im Schnellzug II. Klaffe ins Zuchthaus befördert. Der Transporteur, ein Gendarmerie- Oberwachtmeister, begleitet ihn in Ziviltleidung. 20. Der Abgeordnete Erzberger   übergibt angeblich freiwillig im Reichstagsgebäude   dem Untersuchungsrichter einen Teil seines Materials über die Kolonialskandale.

21. In Augsburg   hatte ein staatserhaltender" Tapezierer eine Einladung zu einer Versammlung erhalten, die er mit einem Brief voll gemeiner Beschimpfungen der Verwaltungsmitglieder des Tapeziererverbandes beantwortete. Wegen Beleidigung ber­flagt, wird er freigesprochen, weil er in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe und weil die Ausdrucksweise( b. h. Die Schimpfereien) in den Kreisen, in denen der Angeklagte lebt, mehr oder minder üblich sei.

Dasselbe Gericht hat vor zwei Jahren für Recht erkannt, daß der Ausdruck: D, Sie Rindvich!", auf Arbeiter angewandt, keine Beleidigung sei, und hat einen deswegen angeklagten Fabrikanten freigesprochen.

23. Jn Dortmund   beginnt der Prozeß wegen des Borussia"| Unglüds. Angeklagt ist nur der Betriebsführer Nüter. 26. Jn Dortmund wird der Betriebsführer Rüter von der An­flage der fahrläffigen Tötung freigesprochen.

Ensere Kolonien.

Juli.

5. Offiziös wird mitgeteilt, daß gegenwärtig vier Unter­fuchungen im Gange seien:

1. Das Ermittelungsverfahren gegen die Beamten, die unter Bruch der Amisverschwiegenheit geheime Attenstüde an die Deffentlichkeit gebracht haben;

2. das von dem Gouverneur von Buttkamer gegen sich selbst beantragte Disziplinarberfahren; 3. die gerichtliche Klage gegen den Anzeiger im Oberland" wegen des Erzbergerschen Artikels;

4. die interne Untersuchung wegen all dieser Fälle in der Kolonialabteilung. ( Bis zum Jahresschluß ist aus allen diesen Untersuchungen nichts herausgekommen).

Da

30. Major Fischer, der Vorstand der Bekleidungsabteilung beim Oberkommando der Schußtruppen, wird in Unterinchungshaft ge­nommen. Es wird behauptet, daß er von einem Teilhaber der Firma Tippelskirch bedeutende Darlehen erhalten habe.

31. Wie der Tag" erzählt, soll in der Disziplinaruntersuchung gegen Jesko von Buttkamer unter anderem folgendes festgestellt sein: Kurze Zeit nachdem die Paßaffäre zum Gegenstand einer intersuchung gemacht worden war, bat Herr von Buttkamer seine Freundin, ihm schriftlich zuzugestehen, daß sie sich ihm gegenüber von Ecardstein genannt habe. Er fügte hinzu, daß er diesen Brief nur privatim gebrauchen wolle, um ihn an höherer Stelle zu zeigen; dann würde die ganze Sache überhaupt erledigt sein. Die Freundin( die jetzt Frau von Germar heißt) trug tein Bedenken, ihm diesen Gefallen zu erweisen, und so wanderte jener Brief in die Akten. Den falschen Reisepaß besaß Frau von Germar längere Zeit, bis er schließlich plöblich aus ihrem Schreibtisch ver= fchwunden war; er fand sich wieder in der Rocktasche des Herrn von Buttkamer. Weiter soll festgestellt sein, daß der Gouver neur fich im Besize von Ehrenanteilscheinen verschiedener Kameruner Gesellschaften befand. Diese Ehrenanteilscheine haben nichts voraus gegenüber anderen auf einen Anteil am Gewinn ausgestellten Scheinen. Nur einen Vorzug haben sie sie kosten dem Eigentümer nichts, sie sind ein Geschenk.

August.

1. Gegen den früheren Gouverneur von Togo  , Horn, ist eine Disziplinaruntersuchung eingeleitet worden. Er ist gerichtlich bereits vor 2 Jahren mit 900 M. Geldstrafe bestraft und infolge­dessen zur Disposition gestellt worden. Ueber den Fall, um den es sich handelt, hat der freisinnige Abgeordnete Ablaß   im Reichs­tage mitgeteilt, daß ein Reger namens Bedu 25 Hiebe erhalten hat und dann an einen Pfahl gebunden und 36 Stunden der glühenden Sonnenhike ausgefest worden ist, bis er verschmachtet war. Hinter jedem der 25 Schläge habe der Gouverneur Horn den Zebu gefragt, ob er jekt gestehen wolle; es sei also feine Strafe, fondern eine Folter gewesen.( Erpressung eines Geständ nisses durch Zwangsmittel wird nach§ 343 des Grafgesetzbuchs mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bestraft.) Der Neger hatte Geld gestohlen. 1. Das Berliner Tageblatt" crhebt schwere Anklagen gegen ben Reichskanzler. Es behauptet, daß die Antlagen gegen die Gouverneure v. Buttfamer und Horn, wegen deren jest gegen beide Disziplinaruntersuchungen eingeleitet worden sind, fchon in einem Schreiben. Böplaus an den Grafen v. Bülow am 22. November 1904 in aller Ausführlichkeit erhoben und substantisiert worden fcien. Desgleichen ähnliche Anklagen gegen die Hauptleute v. Beffer, Wegener und Kannenberg, den Prinzen Arenberg und den Landeshauptmann Brandeis. Ebenso sei schon damals dem Reichskanzler der Fall der Frau von Eckardstein" unterbreitet und Gouverneur v. Buttkamer der vorsäblichen Urkundenfälschung beschuldigt worden. Noch eine ganze Reihe weiterer( vom B. T." einzeln angeführter) Beschuldigungen habe der Brief enthalten. Bekanntlich ist nur gegen Pöplau ein Disziplinarverfahren er­öffnet und er zur Dienstentlassung verurteilt worden. Sonst sei die ganzen 2 Jahre lang nichts geschehen, erst jest gehe man gegen Buttkamer und Horn vor, und über all die anderen doch höchst befremdlichen Vorgänge scheint Gras gewachsen zu sein und noch immer höher wachsen zu sollen.

10. Um die Notwendigkeit des( vom Reichstag abgelehnten Bahnbaues Kubub- Keetmannshoop zu beweisen, veröffentlicht das " Berl. Tagebl." einen Brief des Bezirksrichters Dr. Forfel in 2. Der Geheime Legationsrat Hellwig von der Kolonial­Keetmannshoop, worin es heißt: Das Land selbst produziert abteilung ist vor einigen Monaten in den Ruhestand bersetzt gegenwärtig, abgesehen von Fleisch, nichts, absolut nichts. Alles, worden. Die Freisinnige Zeitung" behauptet, daß Hellwig, der was der Mensch braucht, muß von der Küste bezogen und den Bai- 1897 in den Disziplinarverhandlungen gegen Peters als Staats­weg heraufgeschafft werden. Man stelle sich den Baiweg nun aber anwalt fungiert hat, als Opfer dieser Peters- Affäre gefallen sei. nicht als Straße vor; er ist nichts mehr und nichts weniger als 3. Herr v. Tippelskirch richtet ein Rundschreiben an die Presse, 2. In Magdeburg   wird der arbeitswillige Kutscher Auguft eine Anzahl ausgefahrener Wagengeleise, die meistens durch tiefen in dessen Eingang er behauptet. die Firma v. Tippelskirch habe Gerbsch, der während des Kutscherstreite mit einem bom Unter- Sand, teilweise über groot hinweggehen. Bei dem dem Major Fischer niemals Geldzuwendungen in irgend ciner nehmer gelieferten Revolver am 23. April 1906 dem Arbeiter ichigen enormen Verkehr mangelt es an Waffer sowohl wie an

August.

Form gemacht. Weiterhin jedoch gibt er zwar Darlehen zu, eines