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Der Wahlkampf in Lübeck  ist von der Sozialdemokratie soaleich nach der Auflösung de? Reichs- tages niit größter Energie aufgenommen worden. Der bisherige Abgeordnete. Genosse Theodor Schwartz  , wurde von einer von mehr als 2000 Personen besuchten Parteiversammlung einstimmig wieder aufgestellt. Von bürgerlicher Seite hatte man das Gerücht ausgesprengt, Schwartz werde keine Kandidatur mehr annehmen. Auf diese Weise hoffte man Verwirrung in die Wählermassen zu wagen, da Schwartz auch bei dem demokratisch ge- finnten Teil der Lübecker   Bürger Ansehen genietzt und ihm zweifel- los auch aus diesen Kreisen Stimmen zufallen. Die Stimmung im Wahlkreise ist indetz ausgezeichnet für uns. Sämtliche Per- sammlimgen, auch die im Landgebiet sind überfüllt. Das Bürgertum ist matt und energielos. Die beiden größten bürgerlichen Parteien des lübeckischen Staates, dieFreisinnigen und Nationalliberalen, verzichteten von vorn- herein aus einen eigenen Kandidaten und stellten den von den Nationalsozialen vorgeschlagenen Oberpostassistenten Klein mit auf._ Für diesen Herrn erklärten sich auch die Agrarier, die Konservativen und Katholiken. So erlebt man jetzt in Lübeck   das ebenso seltsame> wie für den Niedergang desLiberalismus" bezeichnende Schau- spiel, daß ein angeblich liberaler Mann zum Vertrauensmann der Brotwucherer und Wahl- rechtsräuber, die hier vor kurzem erst das Wahlrecht zur Bürgerschaft verschlechtert haben, erhoben wird. Dieser Tage konnte man nun die eigenarttge Beobachtung machen, daß die Landbündler mit Sammellisten für den Liberalen h c r u m l a u fen. Gelder sind überhaupt bei denvereinigten bürger- lichen Parteien", wie sich der Ordnungsbrei nennt, sehr knapp, denn wie überall geht auch in Lübeck   der Patriotismus bei den Herren der Bourgeoisie nur bis zum Geldbeutel. Aber man ist auf einen famosen Ausweg verfallen, um sich Wahlgelder zu verschaffen. Die vereinigten bürgerlichen Parteien" betreiben nämlich zur Be- kämpfung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften eine so- genannte Nechtsauskunftsstelle, die nebenbei auch dem von der Arbeiterschaft bereits vor Jahren errichteten Arbeitersekretariat das Wasser abgraben soll. Allerdings sind bisher auf diesem Gebiete keine Erfolge erzielt worden. DieRechtsauskunftsstelle" kostet aber Geld! und das muß doch auch für Wahlzwecke vor« handen sein. Da kam denn jemand auf den genialen Gedanken, daß der einfachste Ausweg sei. für die Rechtsauskunftsstelle eine staatliche Subvention zu verlangen. Dann könnte man das Geld, das man sonst für das Institut verwenden müßte, für Wahlzwecke verwenden. Gedacht, getan. Senat und Bürgerausschuß bewilligten H800 Mark aus den Steuergroschen für dieRechts- auskunftsstelle", die zur Bekämpfung der Sozial- demokratie gegründet worden ist. Diese ersparte Summe kann man jetzt zum Wahlkampf benutzen. Es ist sicherlich sehr gentle- manlike, daß sich das Bürgertum Steuergroschen, die auch von den Sozialdemokraten mit auf- gebracht werden, zur Bekämpfung unserer Partei b ejw i l l i g t. Ist die Opferwilligkeit dervereinigten bürgerlichen Parteien" gering, so ist ihre Feigheit um so viel größer. In der Presse verspriLt man das Gift des Reichsverleumdungsverbandes; in unsere Versammlungen wagt man sich jedoch nicht und eigene öffentliche Versammlungen find von bürgerlicher Seite überhmwt in Lübeck   noch nicht abgehalten worden. Der Kandidat des Bürger- tums vermag weder als Person, noch als Politiker zu interessieren, und allgemeines Staunen erregte es, als sein Name genannt wurde. Die Lübecker   Parteigenoffen ziehen mit blankem Ehrenschild in den Kampf, während die vereinigten bürgerlichen Parteien mit dem Ludergeruch des Zollwuchers und des Wahlrechtsraubes be- haftet sind. Wahlziffern. Die nachfolgende Tabelle gibt für die einzelnen Wahlen die Zahl der Wahlberechtigten, die Zahl der Wähler sowie die für die Sozialdemokratte abgegebenen Stimmen an. m' d-- U'xV Wahl- gültige demokratie betmi berechtigten Stimmen°Z�-n-n 1871.... 7656273 8884803 113048 1874.... 8 523 446 5 190 254 850 861 1877.... 8 943 028 5 401 021 493 258' 1878.... 9 124 311 5 760 947 437 158 1881.... 9 090 381 6 097 760 311 961 1884.... 9 383 074 5 662 957 649 990 1887.... 9 769 802 7 640 938 763 128 1890.... 10 145 877 7 228 542 1 427 298 1898.... 10 828 292 7 673 973 1 780 989 1898..,. 11 441094 7 769153 2113536 1903.... 12 528 963 9 495 762 3 010 756 Interessant ist die Tatsache, daß die Zahl der Wahlberechtigten bisher schneller gewachsen ist, als die Bevölkerung. Auf je 100 Ein- wohner entfielen nämlich Wahlberechtigte in der Reihenfolge der Wahlen: 19,4, 20, 8� 20,9, 21,4, 20,1, 20,7, 20,9, 21,7, 21,3, 21,9, 22,2. Auch die Wahlbeteiligung ist besser geworden und sie ist mit einigen Schwankungen sortgesetzt gestiegen. Von je 100 Wahl- berechtigten machten nämlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch: 1871 1374 1877 1873 1881 1384 1837 1390 1893 1893 1903 60,3 61,1 60.4 63,3 56.1 60,5 77,4 71,4 72,2 67,9 75.8 Geht die EntWickelung so weiter, dann wird sich die Zahl der Wahlberechtigten diesmal auf zirka 14 Millionen und die Zahl der Wähler auf mindestens!!>/, Millionen stellen. Die Sozialdenio- kratie ist von den Schwankungen in den Wahlziffern nicht berührt worden, auSgenonuncn die Unterbrechung in den Jahren 1878 und 1881, ist sie sortgesetzt und man kann fast sagen: nach einem be- stimmten Gesetz, gewachsen. Das zeigt recht siunenfällig folgende Zusammenstellung:. Für die Sozialdemokraten wurden Stimmen abgegeben in Prozent Jahr der der Wahlberechtigten Wähler 1871..... 1,48 2,91 1874..... 4,12 6,76 1877..... 5,52 9,13 1878..... 4,79 7,59 1881..... 3,43 6,12 1834..... 5,86 9,71 1887..... 7,81 10,<2 1890..... 14,07 19,75 1893..... 16,76 23,21 1898..... 18,47 27,24 1903.... 24,03 31,71 Ihrer Stimmenzahl nach müßte die Sozialdemokratie über 126 Mandate verfügen. Das gibt die Erklärung dafür, daß die gesamten bürgerlichen Parteien, deren Sozialdemolratie-Ver- nichtungsrcdner jetzt auch mit dem gleichen Wahlrecht schön tun. von einer Aenderung der für sie so günstigen Wahlkreisgeometrie, nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, nichts wissen wollen. Sozialdemokratische Kandidaturen. Provinz Schlesien  . Regierungsbezirk Breslau  :,. Guhrau-Steinau-Wohlau: Vcrbandssekretar Joh. Mommert- Breslau  (bisher Graf Carmer. k.). Militzsch-Trebnitz: Maurer H. Rösler- Breslau(bisher v. Hehde- branb und der Lafa, k.)., Gr.-Wartenberg-Oels: Parteisekretär Emil Neukrrch- Breslau (bisher v, Kardorff, Rp,). NamSlau  -Brieg  : Redakteur Paul L übe- BreSlau  . zurzeit Gefängnis in Wohlau   bis 12. Febr.(bisher F. v. Spiegel, k.»-- Ohlau-Nimptsch-Strehlen: Verleger Oskar Schütz- Breslau(bisher Rother. I.). Stadt Breslau  -Ost: Lagerhalter Franz T u tz a u e r- Berlin(bisheriger Vertreter). Stadt Breslau-West: Eduard Bern st ein-Berlin  (bish, Vertreter). Breslau-Land-Neumarkt: Verleger Oskar Schütz-Breslau(bisher Limburg-Stirum, f.). Schweidnitz  - Striegau  : Redakteur Fr, F e l d m a n n- Langenbielau (bisher v. Richthofen-Damsdorf(k.): Waldenburg  : Verbandsvorsitzender Herm. Sachse  - Breslau  (bis- heriger Vertreter). Reichenbach-Neurode: Schneidermeister August Kühn- Langenbielau  (bisheriger Vertreter). Glatz-Habelschwerdt  : August K ü h n« Langenbielau  (bisher Fr. Hart- mann, Z,). Frankenstein-Münsterberg: August K ü h n- Langenbielau(bisher Graf Praschma, Z.). Regierungsbezirk Oppeln  . Kreuzburg  -Rosenberg: August Bebel  « Berlin  (bisher v. Hohenlohe- Oehringen  , k,). Oppeln  : August Bebel  - Berlin  (bisher Szmula, Z,). Kosel-Gr.-Strehlitz: Gewerkschaftsbeamter Herm. B a u d e- Kattowitz (bisher Glowatzki, Z.), Lublinitz-Tost-Gleiwitz: Verbandssekretär Danisch- Gleiwitz(bis- her v. Ballestrem, Z,), Beuthen  - Tarnowitz  - Königshütte  : Bergarbeitersekretär Scholthssek- Beuthen(bisher Napicralski, Pole  ). Kattowitz  -Zabrze  : Bergarbeiter A d a m e k- Kattowitz(bisher Kor- fanty, Pole  ). Pleß  -Rybnik  : Arbeitersekretär And ersch- Kattowitz(bisher Faltin, Z.). Ratibor  : Arbeitersekretär Andersch- Kattowitz  (bisher Frank, Z.). Leobschütz  :(Bisher Klose. Z.). Neustadt O,/S.: Verleger Oskar Schütz- Breslau(bisher Strzoda, Z,). Falkenbcrg-Grottkau: August Bebel  -Berlin  (bisher Hubrich, Z.). Neiße  : Verleger Oskar Schütz« Breslau(bisher Horn, Z.). Regierungsbezirk Liegnitz  . Grünberg-Freistadt  : Parteisekretär Herm. Stolpe- Görlitz  (bisher Blell, frs. Vp,). Sagan-Sprottau  : Gauleiter Fr. Schlegel-BreSlau  (bisher Müller- Sagau, frs. Vp.). Glogau  : Verbandssekretär Herin. Zimmer- Breslau(bisher Hoff- meister, fts. Vp.). Bunzlau  -Lüben  : Bierverleger Reinhold S ch e b s- Bunzlau(bisher Kern, w.-k.). Löwenberg: Redakteur Stauding er- Leipzig(bisher Kopsch, fts. Vp.). Liegnitz  -Haynau  -Goldberg: Gauleiter Dietrich- Breslau(bisher Pohl. frs. Vp.,. Jauer-Landeshut-Bolkenhain: Redakteur Herm. Kr ätzig-Berlin (bisher Hermes, frs. Vp.) Hirschberg-Schönau: Redakteur Robert Albert- Breslau(bisher Ablaß  , frs. Vp.) Görlitz  -Lauban  : Parteisekretär Herm. Müller-Berlin  (bisher Mugdan  , fts. Vp.) poUtifcbe Qeberltcbt Berlin  , den 10. Januar 1907. Ultramontane Arbeiterkandidaturen. Das Zentrum hat. wie dieKölnische Volkszeitung" mitteilt, folgende Arbeiterkandidaturen aufgestellt: Giesberts (Essen  ), Schiffer(Borken  -Recklinghausen  ), Becker(Olpe- Meschede  ), Wiedeberg(Hamm  -Soest  ), Efferft(Dortmund  ), Kloft(Bochum  ), Gronowski(Duisburg  ), Röhling(Solingen  ). Fischer(Mülhausen   i. E.), Schirmer(Cham i. Bayern). Unter diesen Wahlkreisen, so meint das Blatt, seien mehrere bombensichere Zentrumsdomäuen": genannt werden Arns- berg-Olpe-Meschede, Borken-Recklinghausen und Cham  . Der sauerländische Wahlkreis ist allerdings von altersher unbe- strittener Zentrumsbesitz, aber für den Arbeitersekretär Becker ist er durchaus nicht sicher, da bekanntlich Johannes Fusangel  ihm den Kreis streitig macht. Was Borken-Recklinghausen betrifft, so äußerte noch vor kurzem ein Zentrumsblatt, die Trierische Landeszeitung" lebhafte Befürchtungen, daß er der Sozialdemokratie in die Hände fallen könnte. Deshalb hat man ja gerade den Gewerkschaftsführer Schiffer aufgestellt, weil man glaubt, daß er den Kreis retten wird. Im übrigen hat es große Mühe gekostet, die Aufstellung Schiffers im Wahlkreise durchzusetzen, und hätte man nicht Herrn Euler, den bisherigen Vertreter, im zentrumssicheren Trier   unter- gebracht, wäre es zur offenen Auflehnung gekommen. Aus der Liste derKölnischen Volkszeitung" vermissen wir die Arbeiterkandidatur Schwartmann in Osnabrück  . Sollte dort die Opposition, die sich unter Führung des ein- flußreichen Zentrumsmannes Korff gegen den Arbeiter- kandidaten geltend macht, bereits Erfolg gehabt haben und Herr Schwartmann das Schicksal seines Kollegen Wernerus teilen, der vom Kreiswahlkomitee als Kandidat für Saar- brücken aufgestellt, auf einen Wink der besseren Zentrumsleute einem Justizrat Platz machen mußte? Im allgemeinen bleibt die Tatsache bestehen, daß das Zentrum seinen Arbeiterkandidaten die unsicheren oder völlig aussichtslosen Wahlkreise überläßt,'namentlich solche, in denen es den Kampf mit der Sozialdemokratie zu bestehen gilt, wie Essen  , Duisburg  . Dortmund  ,"Bochum  . Hier herrscht außerdem das liberale Großkapital, demgegenüber die Zentrums- agitatoren schon. mal ein radikales Wort wagen� können. Ja den eigentlichen Zentrumsdomänen, wo der katholische Unter- nehmer herrscht: in Krefeld  , M.-Gladbach, Aachen   usw. hütet man sich wohlweislich. Arbeiterkandidaturen aufzustellen, trotzdem solche, wegen der industriellen Natur dieser Kreise, hier ebenso angebracht wären wie in Essen   oder Dortmund  . Wie die Zentrumsbauern die ultramontanen Arbeiter- kandidawren auffassen, beweist ein gegen die Kandidatur des Postbeamten Hamecher in Köln  -Land gerichteter Artikel derRheinischen V o I k s st i m m e", worin es heißt: Es läßt sich in der jetzigen Wahlkampagne unschwer er- kennen, durch die vielfach erfolgte Aufstellung der Arbeiter- sekretäre, daß die Politik des Zentrums auf eine weitere Demokratisierung gerichtet ist. Denn darüber täusche man sich doch nicht, diese Arbeiterorganisationen resp. deren Leiter stehen mit einem Fuß. im Zentrum und mit dem anderen in der Sozialdemokratie. Der ländliche Arbeiter, soweit er noch auf der Scholle sitzt, wird heute durch alle möglichen Einwirkungen mit seinem für ihn vorteil- haften und naturgemäßen Verhältnis zu seinem Arbeitgeber hinausgedrängt und gegen den- selben aufgewiegelt. Das dürfte sich einmal in kritischen Zeiten bitter rächen, denn politisch zuverlässiger und kirchlich treuer werden diese Leute durch Abwanderung vom Lande oder Verlassen der landwirtschaftlichen Arbeit gewiß nicht. Die besten Stützen hat das Zentrum gerade auf dem Lande in dem Bauernstande, und deshalb sollte man die auch nicht sovordenKoPf stoße n." Das Blatt der rheinischen Zentrumsbauern mag sich be- ruhigen. Die Herren Spahn, Gröber und Trimborn wissen ganz genau, wie weit sie zu gehen haben. Das Zentrum wird immer bleiben Käs e'Z ist: eine bürgerliche Jnleressett- Vertretung. Die ultramontanen Arbeitcrkandidaturen sind nichts als ein Wahlmanöver. Der Klasseninstinkt der katholi- fchen Arbeiter soll den Fraktionsinteresten dienstbar gemacht werden. Im übrigen bleibt die Zahl der Arbeitervertreter im Zentrum stets so gering, daß ihr Einfluß gegenüber den agrarischen, kapitalistischen und zünftlerischen Interessen in der Partei gleich Null ist._ Abermals einDementi". DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung' erklärt: Durch ein heute, nacht eingegangenes Telegramm aus Wind« huk wird ausdrücklich'festgestellt, daß das von Oberst v. Deimling am 24. Dezember 1906 gemeldete Unter werfungs- abkommen von dem Oberstleutnant v. Estorff mit Johannes Christian, dem Kapitän der Bondelzwarts, erst am 23. De- zember 1906 in Ukamas abgeschlossen worden ist. Die vomVorwärts" verbreitete Nachricht, die Unterwerfung der Hottenlotten sei bereits am 2. Dezember 1906 in Windhuk   be­kannt gewesen, erweist sich somit als völlig unwahr." Auch dieses Dementi läßt an Klarheit sehr viel zu wünschen übrig. Wenn auch das Unterwerfungsabkommen erst am 23. Dezember 1906 geschlossen worden ist, so fragt es sich doch, ob die Verhandlungen nicht schon viel früher geführt worden sind. Außerdem berührt es eigenartig, daß Oberst Deimling am dem- selben Tage, wo er über das Zu st anbekommen der Kap i« t u I a t i o n berichten konnte, gleichzeitig zu berichten imstande war, daß sich 155 Eingeborene mit ihren Waffen ergeben hätten. Wenn eine so prompte Ratifizierung des Unterwerfungsabkommens möglich war, so müssen sich doch bereits längere Zeit die Parteien im Waffenstillstand befunden haben. Im übrigen bemüht sich die.National-Zeitung' in ihrem Uebereifer, derNordd. Allgem. Ztg." das Konzept gründlich zu verderben. Sie berichtet nämlich, daß sich derWahlverein der alten Afrikaner" telegraphisch an einen Rechtsanwalt in Keetmans« hoop gewendet hahe mit der Bitte, er möge sofort zu dem in Kalk- fonteine internierten Führer der Bondelzwarts, Johannes Christian, reiten und feststellen, aus welchen Gründen sich die Hottentotten ergeben hätten. Dieser Rechtsanwalt hat nun folgende Drahtnachricht gesandt: Bondels anknüpften bereits Ende Oktober Verhandlungen Ergebung, wurden aber unter Angabe, Truppen bald zurück- gezogen, von weißer Grenzbevölkerung Kapkolonie Fortführung Krieges aufgestachelt. Verdienst endlicher Niederwerfung gebührt ausschließlich Truppe." Hieraus geht hervor, daß die Unterwerfungsverhandlungen bereits seit Oktober schwebten I Die Regierung hat aber hierüber weder in der Budgetkommission noch im Reichstag irgend etwas der« lauten lassen I Daß Johannes Christian dem Rechtsanwalt erzählt hat, sein Widerstand fei von der englischen Grenzbevölkerung der Kapkolonie  aufgestachelt worden, ist leicht begreiflich. Der gefangene Kapitän der Bondelzwarts sucht natürlich seinen Widerstand so gut wie mög« lich zu rechtfertigen. Bei alledem bleibt die Tatsache bestehen, daß auch heute noch die Regierung nach Niederwerfung des Aufstandes und Beendigung des Krieges die Truppenzahl in Südwestafrika nicht auf weniger als 8200 Mann, reduzieren zn wollen erklärt hat. Die Regierung will auf alle Fälle in Südwest ihre Kolonialarmee behalten I Die Schaffung dieser Kolonialarmee aber war das A und O der Motive der Reichstagsauflösung I DeutFcbcs Reich, Eine geplante Wahlkoalition für 1908. DieGermania" leistet sich in ihrer letzten Nummer das Vergnügen, den Fürsten Bülow als den F ö r d e r e r u n d Mehrer der Sozialdemokratie" hinzustellen, denn dadurch, daß er den Reichstag vorzeitig auslöste, hätte er, meint sie, die sozialdemokratische Partei nicht nur vor der- fchiebenen Mandatsverlusten bewahrt, sondern ihr auch Vor- schub geleistet, neue Mandate zu gewinnen. Dabei gesteht das ultramontäne Blatt ein und hierin besteht für uns der Wert seines Artikels daß wenn die letzte Reichstagsperiode normal verlaufen und erst im Jahre 1908 gewählt worden wäre, höchst wahrscheinlich sich alle reaktionäre Parteien, Konservative, Reichsparteiler, Nationalliberale und Ultramontane, zu einer großen Koalition gegen die Sozialdemokratie zusammen- geschlossen hätten, um dieser einige Dutzend Mandate zu entreißen. Daß den genannten Parteien nicht genügend Zeit zu diesem Zusamnienschluß gelassen und das Zentrum durch die Reichstagsauflösung wider Willen in die Oppositton gedrängt worden ist, darin besteht, wie das katholische Blatt erklärt, eine schwere politische Schuld Bülows, die diesem mit Recht den EhrentitelMehrer der Sozial- demokratie" einträgt. Wörtlich heißt es in dem be- treffenden Artikel: Auch gegen die Sozialdemokratie soll es gehen. Allein wie soll gegen diese mit Erfolg vorgegangen werden können, wenn das Zentrum nicht mittun kann: wenn es selber isoliert gelassen wird, wo es der Sozialdemokratie sich erwehren soll und andererseits in die Unmöglichkeit versetzt, anderru Parteien gegen dir Sozialdemokratie Hülfe zu bieten. Aus- gesprochenermaßen soll der Liberalismus in seinen ver- schiedenen Schattierungen aus der bevorstehenden Wahl ge- stärkt hervorgehen, gestärkt auf Kosten des Zentrums. Daß das Zentrum selber dazu hilft oder helfen kann, ist natürlich ausgeschlossen. Das aber muß für die Sozial- demokratie von vornherein sehr vorteilhaft sein. Die Ersatzwahlen zwischen 1903 und 1907 haben fast durchgängig für sie unerfreuliche Ergebnisse zutage gefördert. Be- kanntlich hat sie drei Wahlkreise wieder verloren, welche sie 1903 (zwei im ersten Anlauf und einen in der Stichwahl) gewonnen hatte. Wie die Stimmung für ein gemeinsames und energisches Borgehen aller bürgerlichen Parteien wider die Sozialdemokratie «eitere Fortschritte machte, so durfte man für die nächste Reichstags- Wahl hoffen, daß gegen 30 Mandate ihr wieder entrissen würden. DieGermania  " sagt uns damit nichts Neues. Wir haben bereits lange vor der Reichstagsauflösung betont, daß das Zenftum darauf hinarbeite, in Rheinland  -Wcstfalen und einigen südwestdeutschen Gegenden eine Wahlkoalition zwischen sich, den Nationallibcrale» und den Konservativen zustande zu bringen, um vereint die Sozialdemokratie zu bekämpfen; aber wenn wir auch wußten, was beabsichtigt war, freuen wir uns doch, daß dieGermania  " offen bestätigt, ihre Partei wäre 1908 für ein solches Bündnis zuhaben gewesen._ Begreifliche Trolha-Bcgeisternng. General Trotha hat durch seine Bonner   Rede, durch die er nach der Ausrottung der Hereros auch die Ausrottung des südwestafrikanischeu Kleinviehes empfahl, damit in dem waffer- und regenlosen Lande flott aus- geforstet werden könne, die gerührte Dankbarkeit der