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gefagt worden: Wenn wir das gewußt bätten, gestalten. Daher die forgfame Scheidung zwischen den aus So sieht der Liberalismus, der entschieden- liberale vie ber hätten wir wieder fozialdemokratisch gewählt." ber herrschenden Klasse entnommenen Vorgesezten und den halbentschieden- liberale, soweit er überhaupt die neugeschaffene Unser Kontrolleur hatte nämlich die Urne vor dem Deffnen untergebenen". Ein Volksheer, in dem jede Stellung dem Situation zu begreifen vermag, ein welfes Blatt nach dem anderen der Kouverts umgestülpt. In einem anderen ahlokal ist es unserem Kontrolleur gelungen, die Kontroll iste, dazu Befähigten ohne Rücksicht auf seinen und der Seinen vom Baum seiner großen Hoffnungen fallen; und das luftigſte die von einem Untergebenen des Wahlvorstehers geführt wurde, sich Geldsack oder Herkunft zugänglich ist, würde unter unendlich an dieser lächerlichen Komödie der Irrungen ist, daß das Zentrum anzueignen. Die Liste weist deutlich nach, wie jeder gegeringeren Opfern des einzelnen schlagfertig gegen alle Feinde als Zuschauer beide Akteure, den hoffnungsseligen Liberalismus wählt hat. Da die Wähler dergleichen Praktiken vom vorigen des Vaterlandes, des Volkes fein. Ein Volksheer wie den überschlauen Kanzler, in gleichem Maße verspottet. So Mal noch im Gedächtnis hatten, so ist es flar, daß nur die Un- fämpft unbesieglich für die Interessen des Volkes, der schreibt die Köln  . Voltszig.": erschrockensten sozialdemokratisch wählten, und das waren von den 110 Gesamtheit, des Vaterlandes. Ein Heer, das in eingeschriebenen Wählern vier! Das Aufeinanderschichten der Kuverts seiner Masse aus Söldnern oder aus Untergebenen ist die abgefeimteste kontrolle, wie sie raffinierter gar nicht ausgedacht besteht, die auch im Interesse der besitzenden Klasse gegebenen werden kann. Wie der Herr Wahlkommissar darüber denkt, mußte Befehlen ihrer Vorgesezten zu gehorchen haben, kann diesen fich Genosse Kayser ungeniert sagen lassen, da ihm auf seine münd­Liche Mitteilung, daß er im Besize solcher Kontrollisten sei, der land- Interessen nicht dienen, muß Mißhandlungen der ratamtliche Bescheid zu teil wurde, die Aneignung der Liste sei Dieb- untergebenen, Unterdrückung des Mensch­stahl. S. mußte auf dem Landratsamt auch noch unfreiwilligerweise lichen im Menschen zur Folge haben!

hören, wie am Telephon darüber gesprochen wurde, wie die kon servativen Wahlschulden gedeckt würden. Natürlich soll damit nicht gesagt sein, daß der Landrat in den Kampf der Parteien getreten sei. Das Telephon besorgte ein Untergebener der Herren.

Die Kriegsinvaliden und die

Kriegervereinler.

Da ist nun der feine Unterschied bemerkenswert, den die Nordd. Allg. 8tg." zwischen dem Zentrum und den Konserva­tiben und Liberalen macht. Bei diesen appelliert sie an das nationale, beim Zentrum an das religiöse Gewissen. Es war dem Kanzlerblatte doch anscheinend etwas genierlich, das Zentrum von gestern auf heute aus den antinationalen" Parteien aus- und unter die nationalen" Parteien ein­zurangieren. Wir aber sagen dem offiziösen Blatte in der ruhigen Sicherheit unseres nationalen Gewissens, daß es, nach­dem es von unserem nationalen" Gewissen so lange nichts hat bemerken wollen und auch heute anscheinend noch nichts be= merken will, auch unser religiöses Gewissen ge= fälligst ungeschoren lassen möge. Was wir zu tun haben, braucht kein Offiziosus, wie beschaffen auch immer sein Gewissen sein möge, uns zu sagen."

Es ist verständlich und erklärlich, wenn ehemalige Sol­daten ihre Erinnerungen an ihre frühere Dienstzeit unter­einander in geselligem Beisammensein austauschen wollen. Ein anderes Gesicht bekommt die Sache, wenn von Offizieren außer oder in Diensten versucht wird, unter dem Deckmantel des Kriegervereins politische Zwecke zu verfolgen, insbesondere den, die Kriegervereinskameraden von der Verfolgung ihrer wahren Interessen durch Klimbim und Kinkerlitzchen und Dressur gegen freiheitliche Regungen den Interessen der be- Ein Freifinniger als Regierungskandidat! sitzenden Klasse dienstbar zu machen! Ein ergößliches Licht auf die freisinnige Wahlagitation Leider haben sich am 25. Jaunar auch viele Strieger- wirft folgende Auseinandersetzung zwischen dem konservativen Zu den Petitionen, die am regelmäßigsten beim Reichsvereinler durch die hurrapatriotische Phrase und die Ber- reisblatt" in Landeshut   und dem ebenda beheimateten tage eingehen, gehören die der Militärinvaliden. So war es leumdungen der Sozialdemokratie dazu verleiten lassen, gerade freisinnigen Stadtblatt". 3. B. auch im Jahre 1895. Zehntausende von Invaliden gegen diejenige Partei zu stimmen, die, vie wir oben nach­baten unter Hinweis auf ihre traurige Lage um Erhöhung wiesen, im Ernstfalle einzig von allen Parteien für die ihrer Pensionen. Doch was antwortete die Regierung? In Kriegsinvaliden eingetreten ist! der Petitionskommission erklärte der Geheime Ober­Hier hat die Sozialdemokratie wahrhaft positive Arbeit regierungsrat Plath, daß an eine allgemeine leisten wollen, die bürgerlichen Parteien, Junker und Freisiun Erhöhung der Pensionen nicht gedacht werden könne. Durch haben jedoch diese positive Arbeit der Sozialdemokratie das Gesetz vom Mai 1893 seien den Invaliden Zugeständnisse vereitelt!

in weitem Maße gemacht worden. Zu weiteren Zulagen fehle

das Geld. Und was war im Jahre 1893 für die Aufbesserung wählt bei den Stichwahlen so, wie es Euch die Vernunft, Darum, Ihr Kriegsinvaliden und ehemalige Soldaten, der Pensionen getan worden? Die Kriegszulage war von Euer Interesse und die wahre nationale Ehre gebieten! monatlich 6 auf 9 Mart, also pro Tag um knapp 10 Pfennig erhöht worden!

Aber neben den eigentlichen Invaliden waren Taufende bon ehemaligen Soldaten vorhanden, die zwar unverlegt aus den Feldzügen zurückgekehrt, aber infolge der erlittenen Strapazen vorzeitig siech und erwerbsunfähig ge­worden waren. Diese Armen hatten seit Jahren um Ge­währung eines Ehrensoldes gebeten. Es mögen von Teil­nehmern am Striege 1870/71 heute noch etwa 700 000 bis 800 000 Mann leben. Im Jahre 1895 konnte über diese Bitten nicht gut mehr hinweggegangen werden und die Re­gierung beantragte daher, den völlig erwerbsunfähig ge­wordenen Teilnehmern an Feldzügen einen Ehrensold von jährlich 120 M. zu gewähren.

Die sozialdemokratischen Abgeordneten beantragten da­gegen, den Sold auf 360 M. zu erhöhen, mit der Begründung, daß für einen völlig erwerbsunfähigen Menschen 1 M. pro Tag das mindeste sei, was er zum Leben haben müsse.

Nach hitzigen Debatten wurden die sozialdemokratischen Anträge von allen übrigen Parteien des Reichstages nieder­gestimmt und die Vorschläge der Regierung an­genommen. Gegen den maßvollen Vorschlag der Sozial­demokraten wurde unter anderem angeführt: vom Staats­sekretär Graf v. Posadowsky  :

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Hier in Berlin   mag man mit 120 M. nicht leben können, wenn man vollkommen arbeitsunfähig ist. Wenn Sie sich aber an die Verhältnisse der kleinen Städte und des platten Landes erinnern wollen, so kann man dort mit ungemein niedrigen Beiträgen auskommen. Die Empfäuger der Altersversiche rungsrente müssen ja auch davon leben. Es sind Verwandte, bei denen sie sich in Pension geben, verheiratete Kinder usw. Man kann in fleinen Städten aber auch anderwärts fehr billig unterkommen, so daß ich doch glaube, daß ebenso wie die Empfänger von Alters- und Invalidenrenten davon leben müssen, sich auch eine Möglichkeit für die vollkommen arbeits­unfähigen Kriegsteilnehmer bieten wird, für ihre Beihülfe bei Ver­wandten unterzukommen oder doch wenigstens auf dem Lande ein, wenn auch sehr bescheidenes, sehr dürftiges, doch von der öffent­lichen Wohltätigkeit unabhängiges Leben zu führen.( Sigung des Reichstags vom 15. Mai 1895. S. 2264).

Durch die Belastung infolge der Zölle, Grenzsperren allein wird der Haushalt einer Familie, die aus fünf Stöpfen besteht, jährlich mit mindestens 120 m. belastet. Aber mit 120 M. sollen vollkommen erwerbsunfähige Vaterlandsverteidiger aus­

fommen können!

Namens des Zentrums wollte Abg. Ba che m einen Rechtsanspruch auf hinreichende Unterstützung für die, die am Kriege teilgenommen haben, nicht anerkennen.

Der fonservative Abgeordnete v. Leipziger   wendete sich gegen die Erhöhung von 120 auf 360 M. und führte dabei aus( Stenographischer Bericht Seite 2268):

Politische Uebersicht.

Berlin  , den 1. Februar 1907. Bülows Stichwahlparole.

Die Nordd. Allg. 3tg." fährt fort, den Parteien des natio­nalen" Blods dringend zu empfehlen, einmütig bei den Stich­wahlen gegen die Sozialdemokratie zu stimmen und das Zentrum zu schonen, in jedem Falle aber den Zentrumskandidaten dem fozialdemokratischen Kandidaten vorzuziehen.

" Jm einzelnen Falle," schreibt sie, mag es ja freilich Ueber­windung kosten, daraus die richtigen Konsequenzen für die Praris zu ziehen, namentlich dort, wo vor der Hauptwahl die Parteigegenfäße zwischen einzelnen bürgerlichen Barteien scharf hervorgetreten sind. Dertlicher Verhältnisse wegen mag in manchen Wahlkreisen auf die durchgreifende Wirksamkeit einer allgemeinen Wahlparole nicht zu rechnen sein. Die Tatsache jedoch, daß die Gegensäße zwischen zwei bürgerlichen Parteien in feinem Falle so start sein können, als die jeder dieser Parteien. zur Sozialdemokratie, sollte bei den lokalen Entscheidungen niemals aus dem Auge verloren werden.

In dem Kreisblatt hieß es:

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Landeshut  , den 30. Januar 1907. ,, Der eigentliche Regierungskandidat."

Der freisinnige Bewerber um das Reichstagsmandat des Wahlkreises Landeshut- Jauer- Bolfenhain, Herr Dr. Otto Hermes, hat sich, wie bekannt, bei der diesmaligen Wahlkampagne wieder holt als Regierungskandidat" bezeichnet und die Sach­Tage so dargestellt, als sei der Regierung ein Sieg des Hern Dr. Hermes über den ihm als Kandidaten gegenübergestellten Freikonservativen Landgerichtsrat Lissel in jeder Weise lieb und ertvünscht. Er hat sich nach dem Versammlungsbericht des hiesigen freisinnigen Organs demgemäß auch zu der Aeußerung berstiegen: Wer im Sinne der Regierung stimmen wolle, der müsse(!?) ihn wählen".

Um dies alles den Wählern noch plausibler zu machen, wurde das Märchen kolportiert, der Reichskanzler selbst habe in einem Gespräch mit Herrn Dr. Hermes den Wunsch aus­gesprochen, daß er( Hermes) wiedergewählt werde.

Der erste Teil der Hermesschen Auslegung, daß die Regierung lieber die Wahl eines Freifinnigen als eines Konservativen wünsche, ist inzwischen durch eine offizielle Auslassung der Regierung als falsch dargetan worden. Aber weiter: Heute sind wir in der Lage, auch den angeblichen Wunsch des Reichskanzlers von der Wiederwahl des Dr. Hermes in das Reich der Fabel zu ver weisen. Freiherr   v. Richthofen Mertschütz, Kreis Jauer  , der zurzeit in Berlin   weilt, hat an den Verleger des Jauerschen Tageblattes", Karl Dettmann folgendes Telegramm gelangen Laffen:

Fürst Bülow   hat, wie hier authentisch ermittelt, mit Dr. Hermes über deffen Reichstagskandidatur gar nicht gesprochen, ihm daher auch nicht gesagt, daß er die Wahl von Hermes wünsche, oder sich wundere, daß Konservative erst für Jauer- Bolfenhain- Landeshut besonderen Kandidaten aufgestellt hätten. Sie können von dieser Mitteilung öffentlich Gebrauch machen.

Dies Telegramm, dessen beglaubigte Abschrift uns vorliegt, be leuchtet grell die Art und Weise, wie der Freifinn kämpft, und die Mittel, deren er sich im Wahlkampf bedient hat. Um den loyalen Bürger, vor allem den Landmann, zur Stimmabgabe für sich zu gewinnen, wird ihm vorgetäuscht, Fürst Bülow   und die Re­gierung selbst trete für Herrn Dr. Hermes ein, und die Stimm­abgabe für Dr. Hermes sei eine Betätigung loyaler Gesinnung für die Regierung.

So wäre es z. B. schwer verständlich, wie ein Zentrums­wähler es vor seinem religiösen Gewissen, ein fon­fervativer oder liberaler Wähler es vor seinem nationalen Bewußtsein verantworten wollte, die Niederlage der Sozial­demokratie bei den Hauptwahlen durch Begünstigung der Sozial­demokratie bei den Stichwahlen abzuschwächen. Weder kann das Zentrum hoffen, seinen früheren Einfluß im Parlament durch Unterstübung der Sozialdemokratie wieder zu gewinnen, noch würden die Liberalen Vertrauen in die eigene Kraft beweisen, wenn sie sich nach dem Beispiel des Berliner Tageblattes" bei Dies Gewebe der Täuschung ist jählings zer­ihrer Entschließung von der Befürchtung leiten ließen, ein mit rissen. Die vom Freisinn düpierten Wähler aber werden die ihrer Hülfe errungener vollständiger Sieg über die Cozial- Antwort nicht schuldig bleiben, indem sie am Tage der Stichwahl demokratie könnte zur Förderung reaktionärer Pläne dienen." Mann für Mann zur Wahl gehen und zum Siege verhelfen Herrn Die Liberalen sind über diese Taktik des Regierungsblattes Landgerichtsrat Liffel in Licgnik. höchst verschnupft. Sie merken, daß die Regierung sie nur zu ihrem gwed benutzt zu dem 3wed, fich zwei gefügige Mehr­heiten, eine konservativ- liberale und eine tonservativ- kleritale, zu verschaffen, und daß die Ausschaltung des Zentrums von der Gruppe der sogen. ,, antinationalen" und baterlands= feindlichen" Parteien lediglich der Ansicht entspringt, im neuen Reichstag   wieder mit dem Zentrum anzubändeln und mit seiner Sülfe die agrarpolitischen Pläne durchzusetzen, für welche die fonservativ- liberale Mehrheit nicht zu haben sein dürfte. Selbst die National- 3tg.", die bisher mit Bülow durch dick und dünn der nationalen Ethik marschiert ist, wird stubig. Sie schreibt in ihrem heutigen Morgenblatt:

"

-

" Die Norddeutsche" hat sich das ja ganz hübsch eingeteilt, indem sie beim Zentrum an das religiöse Gewissen", beim Bürgertum an das nationale Bewußtsein" appelliert. Ein solches Spiel mit Worten aber kann kaum den peinlichen Eindrud ber­wischen, den es bei liberalen Wählern hervorrufen muß, daß die Regierung zwischen Haupt- und Stichwahl der Wahlparole andere Hälfte gegen das Zentrum" einfach zu estamotieren versucht. Das muß um so mehr befremden, als die Köln  . Volkszeitung" ihre Anhänger ganz unverhohlen vor der Wahl von National­liberalen warnt."

Der Herr Staatssekretär des Reichsschazamtes hat sehr überzeugend ausgeführt, daß Herr Kollege Singer die Verhältnisse der Stadt vor Augen hat. Wie steht's denn bei der Alters- und Invaliditätsversicherung? Glauben Sie mir, daß die Leute, die auf dem Lande eine Rente von 106, 120 M. Haben, von den meisten Leuten gern ins Haus genommen werden. Ein alter Mann, der dies bare Einkommen hat, ißt sich noch mit Leitartikel über die Metaphysik des religiösen Gewissens" am Tische des Wirtes fatt, und wir haben das bare Geld jeden Monat in der Tasche, sagt der kleine Mann, und ist damit sehr zufrieden."

Die Konservativen, die Ultramontanen und die Regierung fetzten freilich das Einkommen des Reichstanzlers auf 100 000 m. fest. Wäre der Konservative mit einem eigenen Einkommen von nur 120 m. jährlich sehr zufrieden? Der preußische Landwirtschaftsminister hielt sein Einkommen bon zirka 50 000 M. für so unzureichend, daß seine Frau bei der Firma Tippel noch ein paarmal hunderttausend Mark jährlich hinzuberdienen mußte!

Man ersieht auch aus dieser Erinnerung, wie tief die sich ,, staatserhaltend" nennenden Parteien die wirklich Darbenden, die wirklich Erwerbstätigen mißachten. Den Kriegervereinlern, die für solchen Ordnungsbrei ihre Stimme abgeben, wird freilich das Verhalten der Junker und Junkergenossen im Parlament sorgfältig verschleiert.

Wer sein Wohl und das Wohl seiner Familie im Auge hat, wer für sein Vaterland wahrhaft national eintreten will, darf nicht für den Hurrapatriotismus, sondern muß für die Sozialdemokratie stimmen!

Ein Kriegervereinsmitglied ist kein Bürger zweiter Klasse. Zu Bürgern zweiter Klasse werden aber die Mitglieder der Kriegervereine, wenn sie sich durch patriotischen Phrasenschwall und große- Versprechungen verleiten lassen, ihre eigenen Interessen, die ihrer Familie und der Gesamtheit der Staatsbürger, also die wahren Intereffen des Vaterlandes, durch Bekämpfung der sozialdemokratischen Bestrebungen zu verraten. Das Heer wollen die bürgerlichen Parteien zu einem Machtmittel zur Unterdrückung der Rechte des Volkes

Und in ihrem Abendblatt leistet sie sich sogar einen besonderen

und des nationalen Bewußtseins", in dem sie trübselig, wie einst Jeremias an den Wassern Babylons, über den Verlust ihrer schönen Hoffnungen und Illusionen klagt:

Von der Regierung des Fürsten Bülow haben besonnene Politiker nie verlangt und nie erwartet, sie folle die Sozial­demokratie gegenüber dem Zentrum für das kleinere Uebel" erklären; nur unflare Träumer und gemeingefährliche Phan­tasten konnten unter den gegebenen Verhältnissen etwas der­gleichen fordern. Was aber der nationale Liberalismus erwarten und fordern mußte, das war eine wohlwollende Neu­tralität der Regierungsorgane. Denn das kann keine offiziöse Dialektik verschleiern: es ist ein Schlag gegen den Liberalismus, den die Regierung erst zum Kampfe gegen das unzuverlässige Zentrum aufgerufen, der ihr Heeresfolge ge­leistet hat; wenn sie das Zentrum über Nacht wieder unter die zuverlässigen Parteien ein= reiht, denen man die Zukunft des Reiches un­bedenklich anvertrauen könne.

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Was ist denn geschehen, um einen so radikalen Umfall der Regierung zu rechtfertigen? Woraus schöpft die Regierung das neue Vertrauen zur regierenden Partei" von ehe­gestern? Etwa daraus, daß das Zentrum in Nord und Süd Wahlenthaltung zugunsten des Stärkeren, der Sozialdemokratie, ankündigt, wo es nicht offen für sie eintritt? Oder daraus, daß sein Berliner   Parteiorgan, die Germania  ", fast täglich die Rache für Sadowa" predigt, und den Kanzler erst heute wieder ganz unberblümt auffordert, er möge aus seinem Mißerfolge gegenüber dem Zentrum als Staatsmann gefälligst die Kon­sequenzen ziehen"? Gewiß, die Sozialdemokratie ist anti­national, ist gegen Kolonien und Flotte; bei ihr weiß man aber doch wenigstens, woran manist. Beim Zentrum aber weiß mans nie und wird es in Zukunft weniger wissen ais je."

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Daraufhin erschien in dem Stadtblatt" folgende Erklärung.

Gegenüber den Bemerkungen, die sich das Jauersche ton­fervative Tageblatt in Nr. 27, 1907 über den eigentlichen Re­gierungstandidaten" Dr. Hermes erlaubt, stellen, wir hiermit folgende Tatsachen feft:

1. Der Reichskanzler Fürst Bülow   sprach am 13. Dezember 1906, mmittelbar nachdem er die Reichstagsauflösung erklärt hatte, gegenüber dem Schriftführer Dr. Otto Hermes, als Dieser sich von ihm verabschiedete, die Hoffnung aus, ihn im neuen Reichstage wieder an seiner Stelle zu fehen.

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2. Dr. Otto Hermes hielt Ende Dezember 1906 in Berlin  in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Dorotheenstädtischen Bezirksvereins einen öffentlichen Vortrag über die politische Lage, der in der Vossischen Zeitung" auszugsweise wieder­gegeben wurde. Der Reichskanzler las diesen Bericht und ließ Dr. Hermes zu einer Besprechung zu sich bitten. Diese Besprechung fand am 2. Januar im Retchskanzlerpalais unter bier Augen statt. Sie behandelte die allgemeine politische Situation. Der Reichskanzler sprach dabei seine volle Be­friedigung über die von Dr. Hermes in jener Ver­fammlung fundgegebene politische Erklärung aus, äußerte seine Ansicht dahin, daß der bisherige Besitzstand der national­gefinnten Parteien wenn irgend möglich überall zu wahren sei und daß eine konservative Kandidatur gegen Dr. Hermes der politischen Gesamtlage nicht entspräche.

3. Herr Dr. Hermes erwähnte gegenüber dem Reichskanzler die in Malitsch, Neppersdorf, Triebelwig und Prausniß( im Kreise Jauer) vorgekommenen Saalverweigerungen, von denen Fürst Bülow   versprach, den Vorfällen seine Aufmerksamkeit zu zuwenden; und der Chef der Reichskanzlei, Herr von Löbell, fandte Dr. Hermes eine Mitteilung in den Wahlkreis, in der er bestätigte, daß er im Auftrage des Reichs­kanzlers den Minister des Innern auf die Zu stände im hiesigen Wahlkreise aufmerksam gemacht habe. Das Schreiben des Herrn von Löbell hat uns in der Urschrift vor­gelegen.

Auf Grund dieser Vorgänge hat sich Herr Dr. Hermes im Wahlkampfe verschiedentlich als Regierungskandidat, b. h.   als ein unter den gegenwärtigen Verhältnissen der Regierung angenehmer kandidat bezeichnet. Sonst hat Dr. Hermes nirgends und niemals über diese Verhältnisse gesprochen.

Wir fordern nunmehr die hochgeschätzte genau informierte Seite" des Jauerschen Tageblatts" auf, in dem von ihr gegen Dr. Hermes erhobenen Vorwurf der Täuschung der Wählerschaft den Beweis der Wahrheit anzutreten und, wie es das deutsche Rechtsbewußtsein verlangt, die Maste der Anonymität fallen zu lassen.

Jauer, den 30. Januar 1907.

Der freisinnige Wahlausschuß. Kunde. Buresch. Kuring. Krause. Ein freisinniger Volksparteiler betrieb also Stimmenfang, indem er sich als Regierungskandidat" proklamieren ließ! Eine nette Sorte Freisinn"!-