station w der KeiSelstraße, von wo auS er nach An«legung don Verbänden nach dem Friedrichshain-Krankenhause ge-bracht wurde. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. Da er biszum Abend die Besinnung überhaupt noch nicht wieder erlangt hatteund auch keinerlei Papiere bei sich trug, so konnte das Nationale desBedauernswerten noch nicht festgestellt werden. Den Führer desAutomobilomnibusses trifft keine Schuld, da der Unfall durch dasSchleudern seines Wagens verursacht wurde.Zeugen gesucht. Personen, welche die am 2S. Januar, abends6on%11— 11 Uhr vor dem Lokal„Drachenburg" am Schleftschen Tordurch die Polizei vorgenommenen Verhaftungen beobachtet haben,werden gebeten, ihre Adresse bei Gustav Abel. Cubrystratze 13,vorn 2 Treppen abzugeben.Zeugen gesucht. Am IS. November 1306 abends gegen« Uhrsoll ein Tischlergeselle in der Prinzenstratze unweit der Ecke derDresdenerstratze einem anderen jugendlichen Tischlergesellen, der ihmaus der Richtung der Dresdenerstrahe her entgegen kam, in denUnterleib gestohen haben, so datz jener zu Boden stürzte. Dem-nächst soll er einen älteren Herrn, der ihn zur Rede stellte, heftigbeiseite gestohen haben, so datz dieser seinen Klenimer verlor.Der erstgenannte Tischlergeselle ist wegen dieses Vorfalles, den erselbst wesentlich anders darstellt, angeklagt. Personen, die daS frag-liche Renkonter beobachtet haben, werden gebeten, sich schleunigstschriftlich zu melden bei Oskar Kraiczi, Tischler, Berlin L0. 33,Falckensteinstratze 34 bei Frau Vogel.In einem Straßenbahnwagen der Linie 34 liegen gelassen hatein Handluugsgehülfe am 9. d. Mts. vollgeklebte Rabattblätter imBetrage von 100 M., die er nach dem Rabattsparverein„Norden"in der Brunnenstratze bringen sollte. Da der Angestellte den Betragvon seinem geringen Gehalte ersetzen mutz, glaubt er durch einenöffentlichen Hinweis den eventuellen Finder zur Rückgabe zu bewegen.Der Umschlag, in dem sich die Marken befanden, war mit voll-ständiger Geschäftsadresse versehen, eventuell kann auch Mitteilungan R. Schar, Tegelerstr. 51, gemacht werden.Feuerwehrbericht. In der letzten Nacht kam in der Dorotheen-ffrahe 78/7S in einer Wohnung Feuer aus, dem Betten, Möbel usw.zum Opfer fielen. Die»Feuerwehr mutzte kräftig Wasser geben,um die Flammen zu löschen. Nachts um 2 Uhr brannte in derStephanstratze 60 ein Kohlenladen. Gestern früh um 7 Uhr hatteder 9. Zug in der Möckernstratze 104 zu tun, wo durch Zerbrecheneiner Petroleumflasche Feuer ausgekommen war. Eine Stundespäter brannte in der Oranienstratze 28 ein Lumpenlager. Der11. Zug wurde nach der Bellealliancestratze 3 gerufen, wo in einemSpänekeller Feuer ausgekommen war. Vor dem Hause AmSchöneberger Ufer 30 brannte ein elektrisches Automobil. Wegeneines Futzboden- und Balkenbrandes wurde der 20. Zug nach derFischerstratze 35111 gerufen. Regale, Kleider, Hausrat, Wäsche,Betten u. a. brannten Landsbergerstratze 29. In der Potsdamer-stratze 54 mutzte wegen der grotzen Gefahr für die Passanten Eisvom Dache entfernt werden. Ferner hatte die Wehr in derElsasserstratze 8, Blankenfelderstratze 10, Korsörerstratze u. a.Stellen zu tun._Arbeiter-Samaritcr-Kolonne.Donnerstag abend 9 Uhr, Dresdenerstr. 45: Vortrag deSNervenarztes Dr. Pletzner über:„Die Erkrankungen des Nerven-systems durch Unfälle." Gäste willkommen. Danach Mitglieder-Ver-sammlung nur für Mitglieder. Geschäftliches und Verschiedenes.In Lichteiiberg: 4. Abteilung, Uebungsstunde. Vortrag überVergiftungen. Vortragender: Herr Dr. Hirschfeldt. Daran an-schliehend praktische Hebungen. Uebuugslokal ist bei Piekenhagen,Scharnweberstr. 60.Am Sonntag präzise 6 Uhr Dresdenerstr. 45: Lichtbilder-Bortrag._Vorort- jyachncbtemES bleibt bei der Räumnug der Dachgeschosse in den Vororte».Durch Verfügung der Landräte von Teltow und Niederbarnim sind,wie wir vor einiger Zeit bereits unter Nicder-Schönhausen mitteilten,die Hausbesitzer in den Vororten, wo die landhausmätzige Bebauungvorgeschrieben ist. aufgefordert worden, zum 1. Januar resp. 1. Aprildie Dachgeschosse, welche sie allgemein zu Wohiiuiigeii eingerichtethatten, zu räumen, weil deren Vermietung nach der Bauordnungnicht angängig ist. Auf verschiedene Beschwerden ist nun vom R e-gierungsprasidenten zu Potsdam folgende Antworteingegangen:„Ich bin n i ch t in der Lage, die Herren Amtsvorsteherzur Zurücknahme der Verfügung zu veranlassen, durch welche diemit den baupolizeilichen Vorschriften in Widerspruch stehendeBenutzung von Wohnräumen im Dachgeschosse untersagt wird.gez. in Vertretung v. Jagow."—Schöneberg.Die Schöacberger Gtadtverorducten-Bersammlung beschäftigt« sichin ihrer letzten Sitzung in einer ausgedehnten Debatte mit demEntwurf einer neuen Kanalisationsgebühren-Ordnung.Schon vor einem Jahre war vom Magistrat eine diesbezügliche Vorlagegemachtworden, diesich darauf begründete, datz in Schöneberg die Kanali-jationSgebührcn nach einer alten Methode verrechnet würden. Die HauS-besttzer Schönebergs hatten dadurch einen grotzen Vorteil, gehörtensie doch zu denen, die die niedrigsten Gebühren von den benachbartenGemeinden zahlten. Die Herren Hausbesitzer, die über dieMajorität in der Stadtverordnetenversammlung verfügen, verstanden esausgezeichnet, die Sache möglichst weit hinauszuschieben: sie sprachenauch den Mietern dasRechtab.bei der Vorberatung der Gebührenordnungmitzureden. Die sozialdemokratische Fraktion wurde gänzlich ausder zur Vorberatung eingesetzten gemischten Deputation ausgeschlossen.DaS Produkt dieser langwierigen Beratungen lag nun der Stadt-verordnetenversammlung in zwei Sitzungen vor und wurde amMontag mit einer kleinen Majorität angenommen. Der Befürworterdes Magistrats und der Berichterstalter des Ausschusses betontenin ihrer Begründung besonders, datz sie davon Abstand genommenhätten, die Mieter auch noch zur Zahlung von Gebühren heran-zuziehen. Von unseren Parteigenossen B ä u m l e r und F r i tz s chwurde treffend darauf hingewiesen, datz die Hausbesitzer eS sehr wohlverständen, die Lasten auf die Mieter abzuwälzen, ja die Erfahrunghat gelehrt, datz vielfach noch darüber hinausgegangen werde.Angenommen wurde sodann eine Vorlage des Magistrats betr.Erteilung des Zuschlags bei Submissionen. Nachdieser Vorlage bedarf e» bei Ausschreibung von Lieferungen oderLeistungen sowie bei Verpachtungen und Vermietungen im Wege derAusschreibung für die Erteilung des Zuschlags eines Gemeindebeschlusses, wenn von der Stadtverordnetenversamnilung für dieLieferungen oder Leistungen Geldmittel nicht bewilligt werdenoder die aus der Verpachtung oder Vermietung zu er-zielenden Einnahmen nicht festgesetzt sind oder wenn die bewilligtenMittel überschritten oder die festgesetzten Einnahmen nicht erreicht»erden.Vor Eintritt in die Tagesordnung gab es noch grotze Aus-einandersetzuugen mit dem Magistrat wegen der mangelhaftenSchneeabfuhr. Von verschiedenen Seiten wurde darüber Be-schwerde geführt, datz die verkehrsreichsten Stratzen zw wenig berück-sichtigt werden.Die Weiterberatung des Etats mutzte vertagt werden, da um10 Uhr die Beschlutzunfähigkeit der Versammlung eingetreten war.Hierbei machten die Vertreter der Minderheit der Mehrheit den Vor-wurf, datz letztere absichtlich die Beschlutzunfähigkeit herbeiführe.Rixdorf.Die Stadtverordnetenversammlung tagt am Donnerstag dieserWoche, nachmittags 5 Uhr. in der Aula des Gymnassiuns in derKaiser Friedrichstratze. In öffentlicher Sitzung find folgende Gegen-stände zu beraten: Anlage der verlängerten Nogat- und ihrer Neben-stratzen— Bildung eines Grundstückserwerbsfonds— Verwendungdes Mehrüberschusses der Gasanstalt auS dem Jahre 1905— Ein-richtung eines OmnibuSverkehrS mit Treptow— Ratskeller-Pacht-vertrag. Die anschlietzende geheime Sitzung beschäftigt: Pensions-�fachen und Anstellung von Beamten»- Ehrenbeamten-Wahlen—Ankauf eines Grundstücks.Wilmersdorf.Die Gemeindevertretung beschlotz am Montag zunächst denBeitritt zum deutscheu Städtetag. Für die Beteiligung Wilmers-dorfs an dem vom 23. September bis Mitte Oktober im Reichstags-gebäude tagenden hygienischen Ausstellung wurden 3000 M. be-willigt. Es sollen dort die Modelle und Pläne der WilmersdorferWäranlage und Kanalisation ausgestellt werden. Für den Ausbauder Sanitätswache wurden 350 M. angesetzt. In der 5. Gemeinde-schule sollen zwei Klassenzimmer vorübergehend gemietet werden;es wurden hierfür 500 M. bewilligt.Köpenick.Bei den vorige Woche stattgefundenen Stadtverordneien-Ersatz-wählen wurde in der 3. Abteilung Genosse Israel mit 973 Stimmengewählt. Ein bürgerlicher Gegenkandidat war nicht aufgestellt.—Die 2. Abteilung wählte mit 197 Stimmen den Kandidaten derBezirksvereine Hutmachermeister Lucht; auf Rentier G ä r i s ch ent-fielen 51 Stimmen..Tegel.Die Kreistagswahl im Bezirk X(Tegel), die infolge der un-gültigen früheren Wahl notwendig wurde, fand am Montag statt.Von den 34 abgegebenen Stimmen fielen 16 auf den SchöffenReichelt-Tegel und 18 auf den Amtsvorsteher Münster- Birken-Werder. Dieser ist somit gewählt. Bei der letzten Wahl warAmtsvorsteher Wcigcrt-Tegel mit 17 Stimmen gegen 16, die aufden Amtsvorsteher Münster fielen, gewählt worden. Infolge derUngültigkeitserklärung verzichtete crsterer auf seine Kandidaturfür die jetzige Wahl.Reinickendorf.Ei» Opfer seines Leichtsinns wurde gestern der 27jährigeSchlosser Berschig, als er gegen 7 Uhr abends die Refidenzstratzepassierte. Dort kam ihm in ziemlich schneller Fahrt ein Privat-automobil entgegen gesaust und B. sprang kurz vor dem Kraftwagenauf den Fahrdamm, die Arme ausbreitend, als ob er das Automobilaufhalten wolle. Der Wagenführer minderte sofort die Fahr-geschwindigleit und versuchte gleichzeitig, dem B. auszuweichen. Indemselben Augenblick aber trat der Schlosser zur Seite, glitt ausund geriet unter die Räder des Autos. B. wurde Übersahren undso schwer verletzt, datz er nach dem Lazarus-Krankenhause übergeführtwerden mutzte._Öcncbtö- Zeitung*Die Ausweisung Bestrafter.Ueber daS Thema der polizeilichen AusweisungSbesiignis gegen-über Strafgefangenen wurde in der Februarmonatssitzung desVereins zur Besserung der Strafgefangenen in Berlin diskutiert.Regierungsassessor(voin Polizeipräsidium) Dr. Lindenau führtehierzu aus: Es ist ja wohl kein Zweifel, datz die grotze Oeffentlich-keit für die Frage der Ausweisung neuerdings erst wieder durch denKöpenicker Hauptmann interessiert worden ist. Ich bin von meinerBehörde beauftragt, über die Punkte, die in dieser Frage in derDiskussion geltend gemacht werden, zu berichten. Die in der juristischenwissenschaftlichen Literatur gemachte seine Teilung, ob es sich beider Ausweisung um eine Straf- oder Sicherheitsmahregelhandele, kann hier unberücksichtigt bleibe». Für uns ist von prak-tischem Wert nur die Frage: Köiiucn wir durch die Ausweisungbestrafter Personen deren Rückfall verhindern? Wir wissen heute,datz das Verbrechen nichts anderes ist als eine der zahlreichenanderen sozialen Erscheiiiuiigen. Es ist ein Produkt aus derIndividualität des Menschen und aus dem Milieu, das ihn umgibt.Der Ort ist einer der wichtigsten Faktoren.- Die Einflüffe, die derAufenthalt des Menschen auf seine verbrecherische Tätigkeit ausübt,lassen sich nach meiner Ansicht in einer Stufenfolge zu-lammenfassen, die sich nach folgenden Gesichtspunkten aufbaut:Flaches Land, Kleinstadt. Grotzsiadl und Weltstadt. Die Kriminal-statistik lehrt nun, datz Bevölkerungsdichtigkeit die Kriminalitätvermehrt und stärkt, datz also die Weltstadt ein erhöhterKriminalfaktor ist. Wir betrachten die Ausweisung nichtals eine reaktionäre Matzregel, sondern als eines der brauch-barsten Mittel zum Schutze der Eiuwahner. Im übrigen sind imJahre 1905 nur 600 und im vorhergehenden Jahre gar nur 400besttafte Personen aus dem Landespolizeibezirk Berlin ansgewiesenworden. Es sind das nur etwa fünf Prozent der Vorbestraften, diealljährlich nach Berlin strömen. Unsere Polizei verfolgt das Grund-Prinzip, diesen Zustrom nach Möglichkeit zu verhindern, um danndie AnSweisungen auf ein Minimum beschränken zu können. Dieheutige Gesetzeslage in der AusweisuugSfrage reicht vollständig auSund ist nicht so dringend reformbedürftig. Wie vielfach behauptetwird. In der Debatte traten verschiedene Redner diesen Anschauungenentgegen. Sttafanstallsdirettor Dr. Finkelnburg erklärte, datzer durch den Vortrag in keiner Weise von der Not-wendigkeit der Ausweisungen übe r.z engt wordensei. Er verwies auf Düsseldorf, Elberfeld und eine ganze Reiheanderer Grotzstädte, wo eine Auslv eisung überhaupt nichtmehr bestehe, da man dort die praktische Wertlosigkeit einersolchen Matzregel erkannt habe. Vielfach werde dort sogar dieStellung unter polizeiliche Aufsicht ignoriert. Pastor Waldowbekannte sich ebenfalls als Gegner der Ausweisungen undzwar sowohl mit Rücksicht auf die entlassenen Sträflinge wie auchauf die Gemeinden. Er nannte dieses Abschieben von Verbrechernnach anderen Gemeinden geradezu einen sozialen Mord undein völlig verfehltes Mittel.Da die Ausweisung geeignet ist, über die Ursachen der Verbrechenzu täuschen, die Macht der Bureaukratie und burcaukratischer Willkürzu mehren, die Zahl der Verbrechen zu häufen und Verbrecher alsPolizeispitzel zu züchten, so dürste die letzte Stunde dieser verfehlten,nutzlosen, grausamen, inhumanen und anttsozialen Matzregel nochlange nicht geschlagen haben. Wer annahm, datz ein Fall wie derdes„Hauptmanns von Köpenick" selbst die für bestehendes Unrechtvoreingenommensten Köpfe aufzuhellen geradezu geschaffen sei, unter-schätzte das Beharrungsvermögen der rückständigsten und wider-sinnigsten Institutionen in Preutzen-Deutschlaud. Bei der Gelegenheitmag mitgeteilt werden, datz der Vorsitzende in der Strafkaimner-Verhandlung gegen den Schuhmacher Voigt(„Hauptmann vonKöpenick") Landgerichtsdirektor Djctz vom Landgericht Berlin II nachLeipzig als Hülfsarbeiter der RetchSanwaltschast am 1. April über-siedeln soll._Um welche Bagatelle» Meineide geleistet werde«,zeigte eine gestern vor dem Schwurgericht des Landgerichts II ver-handelte Anklage. Wegen Meineides hatte sich der ArbeiterFriedrich D u b b r e ck, wegen Anstiftung zun, Meineide der64jährige August Wartenberg zu verantworten. Beide An-geklagte wohnen in Mühlenbeck. Wartenberg war von dem GendarmSchneider wegen Gewerbevergehen angezeigt worden. Er hatteam zweiten Pfingstfeiertage an den Angeklagten Dubbrcckund zwei andere Gäste, die bei ihm Karten spielten,Schnaps verkauft, ohne die Konzession zum Ausschank vonBranntwein zu besitzen. Die Anzeige beruhte auf den Aussagen,die Dubbreck und die beiden anderen dem Gendarm gemacht hatten.Sie erhielten dann Vorladung vor den Amtsvorsteher in Französisch-Buchholz und dort lautete,» ihre Aussagen völlig anders, denn siebehaupteten nun, datz Wartenberg ihnen den Schnaps nicht verlauft,öndern geschenkt habe. Zu der dann folgenoen Verhandlungwider Wartcnberg vor dem Schöffengericht Pankow erschien nur nochDubbreck als Zeuge, da die beiden anderen ihre Saisonarbeit inMühlenbeck inzwischen aufgegeben hatten und nach ihrer Heimat inOstpreutzen zurückgekehrt waren. In dem ersten Termin leistete derjetzige Angeklagte Dubbreck den Zeugeneid und sagte auch hier auS,öatz der Schnaps ihnen nicht verkauft worden sei. Der Terminwurde vertagt. Im zweiten Termin wiederholte er dieseAussage und erst als ihm Richter und Vertetdloer vorhielten, datzer sich doch nicht unglücklich machen solle und datz die anderen inOstpreutzen weilenden Zeugen bei ihrer kommissarischen Vernehmungschon beschworen hätten, datz der Schnaps verkauft wordensei, gab er die Möglichkeit zu. datz er sich irre.—Aus diesen Vorgängen tst die jetzige Anklage entstanden. DerAngekl. Dubbreck war gestern in vollem Umfange geständig,einen Meineid geleistet zu haben, und beschuldigte denMitangeklagten Wartenberg der Anstiftung. Dieser habe sofort ausihn eingewirkt, ihm nicht Schaden zuzufügen und deshalb beimAmtsvorsteher die Unwahrheit zu sagen. Er habe dann wiederholtSchnaps spendiert, und als der schöffengerichtliche Termin sichnäherte, habe er wiederum Schnaps zum besten gegeben undihn überredet, bei seiner vor dem Amtsvorsteher gemachtenAussage zu verbleiben. Der Angeklagte Warte nberg bestrittdiese Beschuldigung. Auf Grund der Beweisaufnahme beantragteStaatsanwalt Dr. Baumgarten das Schuldig gegen beide An-geUagte. Die Geschworenen bejahten bezüglich des D u b b r e cknur die Schuld frage nach fahrlässigem Meineid, nahmen aberan. datz 8 163 Abs. 2 Str.-G.-B. zutreffe, der besagt:Straflosigkeit tritt ein, wenn der Täter, bevor eine Anzeigegegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitetund bevor ein Rechtsuachteil für einen anderen auSder(fahrlässig)falschen Aussage entstanden ist, diese bei derjenigen Behörde, beiwelcher er sie abgegeben hat, widerruft.Bezüglich de« W a r t e n b e r g wurde die Schukdfrage nach An-stiftung hierzu bejaht. Das Urteil lautete demgemätz gegen Dubbreckauf Freisprechung und gegen Wartenberg auf ein JahrGefängnis und drei Jahre Ehrverlust.„Ich bin der Räuberhauptmann von Köpenick."Diese Worte rief am 28. November v. I. in der Maatzenstratzeein Mann aus. dessen sonst vorschriftsmätzige Hauptmanns-uniform in schroffstem Gegensatz zu feinen unter demUniformmantel hervorsehenden öldurchtränkten und schmutzigenArbeitshosen stand. Der angebliche Hauptmann wurde voneiner lärmenden und johlenden Menschenmenge begleitet,die jedesmal, wenn der„Herr Hauptmann" infolge seinesstark angetrunkenen Zustandes eine unsanfte Bekanntschaft mit demStratzenpflaster machte, ein Hoch auf den Hauptmann von Köpenickausbrachte. Schlietzlich bereiteten Schutzleute diesem Spatz durchFestnahme des„Hauptmanns" ein Ende. Da kommandierte derAngetrunkene im Tone eines Kompagniechefs: Still«gestanden! Da die Beamten diesem Befehle nicht nach-kamen, blieb er selbst stehen und mutzte schlietzlich unterAnwendung von Gewalt zur Polizeiwache transportiert werden. Als-Träger des bunten Rockes entpuppte sich der Arbeiter GustavE l w i n g. Der PseudoHauptmann hatte mit mehreren Arbeitsgenossenin einem Lokale in Schöneberg erhebliche Mengen von Alkohol zusich genommen und war dann auf den Einfall gekommen, in eineralten Hauptmannsuniform den„Hauptmann von Köpenick" zu spielen.Wegen groben Unfugs und Wider st andes gegen dieStaatsgewalt mutzte sich Elwin gestern vor dem Schöffen-gericht Berlin«Schöneberg verantworten. Wiewohldurch den wenig geistreiche», in Alkohollaune vorgenommene» früh«zeitig exekutierten Faschingsscherz in der wenig belebten Stratzeniemand Schaden genommen und die„öffentliche Ordnung" durchsein Verhalten unendlich weniger als durch Studenten-RadauS anbelebten Orten gestört war, erkannte daS Schöffengericht wegen desWiderstandes auf 14 Tage Gefängnis und wegen des grobenUnfugs auf eine Woche Haft.Milchfuhrcn am Sonntag.Der Molkereibesitzer Heidner hatte Sonntags zu der für daSHandelsgewerbe nicht freigegebenen Zeit durch seinen Kutscher Milch»ach Sommerwirtschaften in der Umgegend Berlins abfahren lasten.Er wurde deshalb in zweiter Instanz zu einer Geldstrafeverurteilt. Da? Kammer gericht verwarf seineRevision und führte aus: Die Zeit, zu der die Abfuhr derMilch erfolgte(SornttagSnachmittags 8 Uhr), ist durch die preutzischeAnSführungSanweisimg zur Gewerbeordnung für Milchfuhrcn nichtfreigegeben. Die BundesratSverordiumgen, die für MolkereibetriebeAusnahmen an SonntagSarbeit zulassen, kommen mich nicht zurAniveudimg, denn sie betreffen nur die Tätigkeit im Betriebeder Molkerei, in der Werkstatt. Es liegt auch kein Rotfall vor undebensowenig handelt es sich um Arbeiten im öffentlichen Interesse,sondern nur um solche im Interesse des Angeklagten, femer Ab»nehmer und der Besucher der Lokale.Vermischtes.Der Mord im Essener Stadtwalde, dem, wie seinerzeit ge»meldet, die Engländerin Mitz Lake am 1. Oktober vorigen JahreSzum Opfer fiel, hat jetzt eine sensationelle Aufklärung gefunden.Der Mörder, der 21jährige Bureaubeamte Alfred Land ausBreslau, hat sich in der Nacht bei einem in der Nähe des EssenerRathauses patrouillierenden Polizeisergeanten unter der Selbst-bezichtigung gestellt, den Mord an Mitz Lake verübt zu haben. Erwurde am Bormittag einem ausführlichen Verhör unterworfen.Nach dem Ergebnis dieser Verhandlungen ist kein Zweifel daran,datz Land tatsächlich der Mörder ist. Land hat sich bis zum9. Februar in Brüssel aufgehalten, wohin er am 31. Dezember ge-reist fein will; er ist nur nach Essen gekommen, um sich selbst zustellen, da ihm sein Gewissen keine Ruhe lieh. Nach seinen Angabenhat er in Gemeinschaft mit zwei Unbekannten, die er am Mordtageauf der Chaussee Rellinghausen-Bredency traf, die ihm auf demschwarzen Wege entgegenkommende Miß Lake seitwärts in denWald geschleppt und zu vergewaltigen versucht. Infolge derkräftigen Gegenwehr der Ermordeten hat er dieser den HalS solange zugedrückt, bis sie sich nicht mehr rührte. Land ist vomnächsten Morgen ab ruhig seiner gewohnten Beschäftigung in einemEssener Kontor wieder nachgegangen, so dah an seinem Benehmennichts auffallen konnte. Von seinen beiden Genossen will er nurdie Vornamen kennen. Der eine hciht Karl, ist Schlosser oderDreher und etwa 20 bis 22 Jahre alt. Der andere heiht Heinrich,ist ohne festes Gewerbe, ein sogenanntes verkommenes Genie, ersoll in Wirtschaften auch als Schlangenmensch aufgetreten sein.Er ist 18 bis 19 Jahre alt. Beide Komplicen sollen am 31. Dezember1906 mit Land von Essen nach Brüssel gefahren und von dort am2. Januar über Antwerpen nach einem autzereuropäischen Landegegangen sein.— Jede Mitteilung, die auf die Spur dieser beidenPersonen führen kann, wird von der Kriminalpolizei in Essen ent-gegengenommen.Niedergebrannt ist nach einer Meldung aus Klagenfurtdas protestantische Waisenhaus in Waiern.' Soweit festgestellt,find Menschenverluste nicht zu beklagen.Ueber eine Schiffskatastrophe, bei der eine grotze Anzahl Menschenertrunken sein sollen, wird aus New Kork folgendes telegraphiert:Zwischen Block Island und Rhode Island ist der Dampfer.Larchmont"der Joylinie mit einem Schuner zusammengestotzen und gesunken.Man hegt die Befürchtung, datz von den 150 Passagieren, die derDampfer an Bord hatte, viele ertrunken sind. Vierzehn Leichen sindbereits ans Ufer geschwemmt worden.Ein Erbstoß von sieben Sekunden Tauer wurde nachMadrider Meldung gestern in Murcia und Umgebung wahr-genommen. Besonderer Schaden wurde jedoch nicht angerichtet,auch wurde niemand verletzt.Ein Massengrab. In dar Kohlengrube„Petromarieff" in Bach-mut(Provinz JekaterinoSlaw) ist ein Brand ausgebrochen, bei demzahlreiche Personen ums Leben gekommen sind. Vierzig Leichen findbisher geborgen worden._Deutscher Zentralvcrband znr Bekämpsuug der Tuberkulose.Di« ehemaligen Patienten der Heilstätte Beelitz(B. I) werden zu Donners-tag, den 14. Februar, abend» 8>/, Uhr, zu einer Besprechung nach dem„Rosenthaler Hos», Swsenthalerstr, 11/12, eingeladen.