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Kr. 75. 24. Iahrgasg. z. Ktilqt des.Awirls" Kttlim WsdlR Mag. 29. Marz 1907. i Partei- Hngelegenheiten. Unsere Abonnementseinladuug m der gestrigen Nummer unseres Blattes hat in der gegnerischen Presse Neid und Mißgunst ausgelöst. ES will verschiedenen Blättern nicht recht behagen, daß die Auflage desVorwärts" dank der agi- tatarischen Tätigkeit unserer Genossen in ständigem Steigen begriffen ist und im Augenblick die Höhe von 139(XXI erreicht hat. 139 000 ist eine schöne Zahl, sagt sich dieDeutsche Tageszeitung", und sie zu erreichen, des Schweißes aller Edlen wert; deshalb schreibt sie: Zur Nachahmung empfohlen I Berlin  , 28. März. Der Vorwärts" teilt heute seinen Lesern mit, daß sein Abouuenten- stand die Zahl von 139 000 erreicht hat. Obgleich wir recht wohl wissen, daß von diesen Lesern sehr viele nicht freiwillig gekommen, sondern herangezwungen worden find, möchten wir doch unseren Freunden den Erfolg des sozialdemokratischen Hauptorgans zur Mahnung mitteilen. Wir wünschen zwar nicht, daß in der Werbearbeit ähnliche Zwangsmittel angewandt werden, wie von denGenossen", glauben aber, daß unsere Freunde auch auf andere Weise ihrer Presse zu ähnlichen Erfolgen verhelfen könnten, wenn sie nur wollten." WaS dieDeutsche Tageszeitung" hier von Anwendung von Zwangsmitteln faselt, ist natürlich Unsinn; wir wollen ihr aber den Aerger zugute halten, da sie nur eine geringe Abonnenten- zahl hat. Auch der frommeReichsbote", der seit einiger Zeit böse in finanziellen Nöten ist. ist von der einem frommen Blatte schlecht anstehenden Eigenschaft des Neides nicht frei. Er schreibt:Die Sozialdemokraten wissen die Bedeutung der Presse zu würdigen, die Liberalen ebenfalls; aber wo bleiben die Konservativen�" Wir wollen den Blättern das Geheimnis verraten, um zu einem höheren Abonnentenstand zu kommen: Sie sollen sich das Schimpfen auf denVorwärts" abgewöhnen und ihn tagtäglich vollinhaltlich abdrucken. Das wird helfen. Wir wollen uns aber mit dem bisherigen Ergebnis nicht zu- frieden geben, sondern alles tun, um unsere Leserzahl zu vermehren, zum Schrecken unserer Gegner. Eine weitverbreitete Presse ist ein scharfes Kampfinittel im Emanzipationskampfe des Proletariats. Groß-Besten. Am 1. Osterfeiertag findet nachmittags 2% Uhr im Lokale des Gastwirts Hermann Meineke eine öffentliche Ver- fairtmlung für Groß-Besten statt. Genosse Kurt Heinig  -Berlin  wird überDie Lehren der letzten Reichstagswahl" referieren. Nach der Volksversammlung findet die Mitglieder- Versammlung des Wahlvereins statt. Um zahlreichen Besuch der Frauen und Männer ersucht Der Einberufer. berliner JVacbrichten» i Die Lilien auf dem Felde. Endlich sind die Winterstürme zwar noch nicht dem Wonnemond. aber doch erstem, freudigem Frühlingsahnen gewichen. Auch über dem riesigen Blachfeld vor den Toren Berlins KW., dem Tempel hofer Felde, fächeln die ersten schmeichelnden Lenzeslüfte, die von den schneidigen Konl inandorufen der Stellvertreter Gottes zerrissen werden. Die zahlreichen Kasernen in der Ztähe des Feldes speien täglich Taufende von Mannschaften aus, die auf dem weiten Terrain Burentaktik und bei uns berühren sich die Extreme Parademarsch üben. Auch diese Söhne des Volkes imvor nehmsten Rock" freuen sich sichtlich der endlich eingetretenen trockenen und milden Witterung. Denn schön war's wirs lich nicht, inmitten des schmelzenden Schnees und der Wasser lachen das Ausschwärnlen und Niederwerfen zu üben und durchnäßt und kotbespritzt zu Erbsen und Kohl und dem unter solchen Umständen doppelt angenehmen Geschäft des Putzens heimwärts zu ziehen! Auch dieSwmenbrüder" haben wieder ihr Stand quartier auf dem Felde bezogen. Der biedere Rentier, der nachmittags auf dem Felde seinen während des Winters asthmatisch gewordenen Ami oder Bello spazieren führt, be kreuzigt sich im Vorübergehen vor diesen Tagedieben, die nach Herzenslust Luft und Licht kneipen dürfen, ohne dafür Steuern zahlen zu müssen. Welche Vermcssenheit, leben zu wollen wie die Lilien auf dem Felde, ohne zu säen und zu ernten, wenn man nicht einmal Rentier oder Hausbesitzer istl Aber der biedere Bürgersmann fühlt sich für diesen un ästhetischen Anblick entschädigt, wenn er seine Schritte weiter fcldeinwärts lenkt. Dort drüben, nach Tempelhof   hin, links von derKaiserpappel", tummelt sich inmitten einer Schar bewundernder Zuschauer eine muntere Kavalkade. Eine Gruppe Berittener flitzt dort hin und her, jetzt zum Knäuel geballt, jetzt sich blitzschnell entwirrend und in voller Karriere dahinrasend, jetzt wieder' die schäumenden Pferde parierend und sich von neuem zu einer drängenden Gruppe zusammen- ballend. Ein Dutzend Kavaliere sind's, die sich hier zum Polospiel, dem hocharistokratischen Sport, zusammen- gefunden haben. Auch eine Dame befindet sich unter den Sportsmen, die mit blitzenden Augen und geröteten Wangen dem feudalen Spiele huldigen. Seitab hält ein halbes Dutzend Stallknechte die nötigen Reservepferde in Be- reitschaft. Unser Rentier gesellt sich zu den Zuschauern. Ha, das läßt er sich gefallen. Welch vornehmer, gesunder Sport! Welch fesselndes, aufregendes Bild! Er fühlt sich förmlich selbst auf federndem Rossesrücken dahinflitzen im jauchzenden Spiel. So stählen die Besten der Nation ihre Kräfte. Wie gewandt sie ihre Renner zügeln! Eine solchem Leibessport huldigende goldene Jugend wird auch imstande sein, alles niederzureiten, was sich ihr entgegenstellt! Mit vergnüglichem Schmunzeln wandert er weiter. Nicht einen Augenblick schwirrt ihm der Gedanke durch den Sinn, daß doch erst recht diese Vertreter der goldenen Jugend, deren jeder für eine Stunde aristokratischen Sports einen Be- trag opfert, der dem Woche»lohn eines Proletariers gleichkommt, jenen Lilien auf dem Felde gleichen, die nicht säen und nicht ernten und doch in aller Herrlichkeit leben! Unseren Abonnenten zur Kenntnis, daß die juristische Sprechstunde morgen, Sonnabend, ausfällt. An unsere Abonnenten! Wir bitten diejenigen Abonnenten, welche zum 1. April .hre Wohnung wechseln, bei dem bisherigen Spediteur, unter Angabe der neuen Wohnung, die Zeitung rechtzeitig abzubestellen, damit in der ferneren Zustellung keine Ver- -öacruna eintritt. Die Haupt-Expedition. Die für Sonnabend angesetzte außerordentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung findet nicht statt. Die Kassen und Bureaus der städtischen Verwaltungen werden am nächsten Sonn- abend um 1 Uhr geschloffen. Im Kinderhaus, Blumenstraße 78, findet im Monat April wöchentlich einmal unentgeltlicher Unterricht in Säuglingspflege für Frauen und Mädchen statt. Meldungen hierzu täglich von 2 4 Uhr im Bureau, Blumenstraße 78. Der Stadtverordnetenausschuß zur Borbereitung der Wahl eines zweiten Stadtshndikus an Stelle des in den Ruhestand tre- tenden Stadtsyndikus Weise trat gestern unter dem Vorsitz des Stadtverordnetenvorstehers Michelet   zusammen und beschloh, dem Plenum vorzuschlagen, von der Wahl eines Stadtsyndikus Abstand zu nehmen, dem Magistrat vielmehr die Wahl eines besoldeten Stadtrats vorzuschlagen und dementsprechend das Gehalt festzu- setzen. Achtung? Den Mitgliedern der Gewerkschaften und den Besuchern des Arbeitersekretariats hierdurch zur Mitteilung, daß die Bureaus der Berliner   Gewerkschaftskommission am Sonnabend, den 30. März(Sonnabend vor Ostern), und am 2. April(3. Ostertag) nachmittags geschlossen bleiben. Der Ausschuß der Berliner   Gewerkschaftskommission. Ein Generalvormund für 1500 Kinder ist der Pastor Pfeiffer in Alt-Moabit, der Vereins-Geistliche des Berliner   Hauptvereins für Innere Mission  . Es ist natürlich ganz ausgeschlossen, daß der Pastor Pfeiffer sich selbst um die seiner Obhut anvertrauten 1500 Kinder so kümmern kann, wie dies sonst von einem Vormund verlangt wird. Aus diesem Grunde vcröfsenb lichtDas Reich" folgende Notiz: Herr Pastor Pfeiffer hat die Generalvormündschaft über 1500 uneheliche, meist in der Charite geborene Kinder über- noinmen. Da derselbe außerstande ist, selbst mit einigen be- soldeten Kräften die Aufsicht bei in Pflege gegebenen Mündeln auszuüben, so hat er sich an die kirchlich-soziale Frauengruppe gewandt, daß diese durch ihre Mitglieder und durch Werbung anderer christlicher Frauen für dieses Liebeswerk ihm Hülfskräfte zuführen möchte. Die kirchlich-soziale Frauengruppe richtet da- her die Bitte an christliche Frauen, sich Herrn Pastor Pfeiffer für diese Arbeit zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich um Besuche etwa alle 14 Tage bezw. 4 Wochen bei einem kleinen Kinde, welches in Pflege bei christlichen Leuten untergebracht ist, zur Kontrolle. Etwaige Mißstände werden dem Vormund, Herrn Pastor Pfeiffer, gemeldet. Es ist dies eine Aufgabe, der sich die christliche Frau nicht entziehen darf, umsomehr sich die jüdischen Frauen zu ihr drängen. Kosten sind mit der Ueber nähme dieser Arbeit nicht verbunden, auch ist kein Mitglieds bettrag zu zahlen." Wenn der Pastor Pfeiffer nicht imstande ist, wie dies in der obigen Notiz selbst zugegeben wird, die Aufsicht über die ihm an- vertrauten Mündel auszuüben, so ist gar nicht einzusehen, warum er dann ständig neue Vormundschaften annimmt. Nach dem obigen Aufruf zu schließen, muß man annehmen, daß es nur geschieht, um der Kirche ein großes Tätigkeitsfeld zu eröffnen. Im übrigen scheint uns diese Art der Generalvormundschaft keineswegs ge eignet, die Beziehungen zwischen Pfleger und Mündel zu fördern und infolgedessen das Interesse des Mündels zu wahren. Osterfahrplan auf der Stadt- und Borartsbahn. Zur Be wältigung des Verkehrs in den Feiertagen hat die Eisenbahnver waltung auf verschiedenen Strecken eme Vermehrung der Zugfolge eintreten lassen. So sind auf den Strecken Stadtbahn Karlshorst Köpenick Friedrichshagcn Erkner, Stadtbahn Niederschöne­weide Johannisthal- Grünau  . Grunewald Wannsee Potsdam und Grunewald tzalensce Schöneberg eine größere Anzahl Sonderzüge eingelegt, die während des Monats April im Betriebe verbleiben werden. Ferner verkehren vom 31. März ab zwei neue Vollringzüge ab Westend   10 Uhr 15 Minuten und 10 Uhr 45 Mi» nuten über Frankfurter Allee Rixdorf Halensee mit Ankunft in Westend   um 11 Uhr 39 Minuten und 12 Uhr 9 Minuten. Auf der Strecke Schlesischer Bahnhof Strausberg sind sechs Extrazüge ein» gestellt und auch zwischen Schlesischer Bahnhof Lichtenberg Friedrichsfelde Biesdorf Kaulsdorf Hoppegarten verkehren meh­rere eingelegte Trains. Die Verwaltung der Großen Berliner  Straßenbahn wird wie im Vorjahre für die Osterfeiertage den Be- trieb wesentlich verstärken und namentlich bei einigermaßen gün- stigem Wetter den Vorortsverkehr nach Möglichkeit auszugestalten suchen. Auch auf der Hochbahn wird in den Feiertagen eine ver- stärkte Zugfolge eintreten. Die vierte Automobil-Omnibuslinie eröffnet die Allgemeine Berliner   Omnibus-Aktien-Gesellschaft am nächsten Sonnabend, den 30. März. Mechanischen Betrieb erhält die Linie 10, Kreuzberg   Stettiner Bahnhof. Die Pflichtfortbildungsschulen Berlins   haben jetzt ihr zweites Schuljahr hinter sich. Im Winter 1906/07 war (nach einer Aufnahme vom 1. Februar 1907) die Zahl aller ihrer Schüler auf 18 826 gestiegen, die in 603 Klassen unterrichtet wurden. Hieran waren die einzelnen Berufsgruppen folgendermaßen beteiligt: das Baugewerbe mit 73 Klassen und 2166 Schülern, die Metallbearbeitung mit 131 Klassen und 4137 Schülern, das Kunst- gewerbe mit 67 Klaffen und 2056 Schülern, das Bekleidungsgewerbe mit 16 Klaffen und 559 Schülern, das Nahrungsmittelgewerbe mit 22 Klaffen und 655 Schülern, die Gruppe der Barbiere und Friseure mit 11 Klaffen und 304 Schülern, die Gruppe der Kaufleute mit 91 Klassen und 2746 Schülern, sonstige Gewerbe mit 1 Klaffe und 24 Schülern, die Gruppe der ungelernten Arbeiter mit 191 Klaffen und 6179 Schülern. Aus dem Schuljahr 1905/06 sind im ganzen nur 230 Klaffen und 6734 Schüler vorhanden, während das Schul- jähr 1906/07 mit 373 Klassen und 12092 Schülern an der Gesamt- zahl beteiligt ist. Ntan sieht, wie unvollständig im An- fang die Einschulung des Jahrganges 1905/06 g e w e s e n w a r. In dem Jahrgang 1906/07 sind zahlreiche zu spät eingeschulte Schüler mit enthalten, die eigentlich schon zum Jahrgang 1905/06 gehören müßten. Es kommt nunmehr der dritte und letzte Jahrgang 1907/08 hinzu; dann wird die Pflichtfort- bildungsschule voll ausgebaut sein. Als Gesamtfrequenz wird man für das Schuljahr 1907/08 rund 30 000 Schüler erwarten dürfen. In den nächsten Jahren aber wird die Gesamtfrcquenz bei an- nähernd lückenloser Einschulung, die ja hoffentlich trotz allem Sträuben gewisser Arbeitgeber bald erreicht werden wird, sich vor- aussichtlich auf rund 36 000 belaufen. Schutz dem Grunewald  . Die kommunalpolitischen Vereine von Wilmersdorf   und Halensee   hatten zu vorgestern abend eine große Volksversammlung nach dem Vikioria-Garten zu Wilmersdorf   ein» berufen, um über gemeinsame Schritte zur Erhaltung des Grüne- Wäldes zu beschließen. Stadtverordneter Direktor Dr. Heinitz beleuchtete in einein längeren Vortrage die Poesie des Grunewaldes, seine wissenschaftliche, soziale und hygienische Bedeutung für Groß- Berlin und forderte zu einem geschlossenen Vorgehen gegen die Waldverloüstung auf. Nach lebhafter Debatte, an der sich ver- schiedene Stadtverordnete beteiligten, wurde folgende Reso- jution angenommen: 1.Die Versammlung beschließt, den Magistrat und die Stadt- verordnetenversammlung zu ersuchen, alle zweckdienlichen Schritte zu unternehmen, damit der Grunewald   in seiner jetzigen Gestalt de« Bürgern von Groß-Berlin erhalten bleibt. 2. Die LerjWN- lung beschließt, einen Waldschutzverein Wilmersdorf zu gründen und richtet an sämtliche Wilmersdorfer Vereine das Er» suchen, diesem als korporative Mitglieder beizutreten." Aerztestreik. Zwischen demVerein der Bankbeamten" und seinen Aerzten ist es zu Differenzen gekommen und eine Aerzteversammlung hat am Mittwochabend einstimmig die Einstellung ihrer Tätigkeit bei genanntem Verein beschlossen. Ueber den Grund des Streiks wird folgendes berichtet: Der Verein der Bankbeamten hatte mit seinen Aerzten bisher einen Vertrag, der wegen der für die Aerzte ungünstigen Bedingungen beanstandet und auch aufge- hoben wurde. Zur Beratung eines neuen Vertrages entsandten die Aerzte als Vertrauensmänner ihre Kollegen Dr. Freund, Dr. M. Cohn und Dr. Horwitz. Nach langen Verhandlungen, die zwar sachlich etwas scharf aber stets in höflichster Form von beiden Seiten geführt wurden, gelang es endlich, einen beide Teile be- friedigenden Vertrag abzuschließen, der am 1. April in Kraft treten sollte. Nun hat der Verein der Bankbeamten die Maßregelung zweier für ihre Kollegen eifrig bemühten Aerzte vollzogen, indem er sie vom Engagement für den neuen Vertrag einfach ausschloß. eine Maßregelung, die in den beteiligten und auch außerhalb des Ver- eins stehenden Aerztekreisen die höchste Erbitterung hervorgerufen hat. In der Mittwoch einberufenen Aerzteversammlung wurde daher einstimmig der Streik beschlossen, der am 1. April beginnen und nicht eher wieder beigelegt werden soll, bis die gemaßregelten Kollegen wieder angestellt sind. VomSegen" der Abzahlungsgeschäfte. Daß es Abzahlungsgeschäste gibt, das erscheint vielen Unbe- mittelten als eine sehr dankenswerte Errungenschaft unserer fortgc- schrittenen Zeit. Einem jungen Arbeiter z. B. würde es, so sagen sie, oft sehr viel schwerer werden, zeitig zu heiraten und einen eigenen Hausstand zu gründen, wenn er oder seine Verlobte die Mittel erst zusammensparen sollte, die zur Anschaffung der Wirt- schaft erforderlich sind. Das ist nun gewiß sehr richtig. Wer aber einmal ein Abzahlungsgeschäft auch von der unangenehmen Seite kennen gelernt hat, der denkt doch etwas anders über denSegen" dieserErrungenschaft". Man weiß, wie bald der Lieferant die auflackierte Herrlichkeit, die auf Abzahlung genommen wurde, dem Käufer" wieder abholen läßt, wenn die Abzahlung inS Stocken gerät. Und zu diesem traurigen Ende kann es bei einer Arbeiterfamilie sehr leicht kommen; denn jeder Arbeiter ist ständig von der Gefahr bedroht, plötzlich arbeits- und brotlos zu werden. Dem Lieferanten kann natürlich kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß er für die gelieferte Ware auch sein Geld haben will. Aber Inhaber von Abzahlungsgeschäften haben, wenn die Zahlungen ausbleiben, nur zu oft ein Verfahren geübt, das über die Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen weit hinausging und den Schuldner schwer schädigte. Ein Fall dieser Art wird uns über das Abzahlungsgeschäft von C. Wachsmann u. Co.(Reinickendorferstraße) berichtet. Ein Schlosser P. hatte im vorigen Jahr bei dieser Firma auf Ab- zahlung eine Wirtschaft genommen, die ihm als alt verkauft wurde. Sie war schon mal einem anderen Abzahlungskäufer wieder ab- geholt worden, und vielleicht sogar schon mehreren. Aber der ganze noch einmal zurechtgeputzte Kram, der aus Ausziehtisch mit vier Stühlen, Spiegel nebst Spiegelspind, einem Kleiderspind, einer Bett- stelle, zweizugegebenen" Gardinenstangen, einem Küchenspind, einem Küchentisch nebst Küchcnrahmen und einemzugegebenen" Kohlenkasten bestand, kostete immer noch 218 Mark. In denBe- dingungen" stand der übliche Paragraph:Bis zur völligen Tilgung behält sich der Verkäufer das Eigentumsrecht vor." Ein anderer Paragraph bestimmte noch genauer:Hat Käufer ein laufendes Konto, so werden alle Zahlungen stets zuerst auf die schnell ver- schleißenden Sachen verrechnet, und bleibt das Eigentums- rechtder Firmaanallenvonder Firma bezogen en Sachen bis zur vollständigen Tilgung der je- weiligen Rest schuld bestehen." Die Gelegenheit, diese schlau herausgetiftelten Bestimmungen gegenüber dem Abzahlungs- käufer anzuwenden, fand sich für die Firma bald genug. P. wurde krank, und die Zahlungen stockten. 57 Mark hatte er abgezahlt, aber weiter ging's nicht mehr, wenigstens einstweilen nicht. DaS Ende vom Liebe war, daß ihm eines Tages die Firma durch einen ihrer Angestellten unter dem Beistand eines Gerichtsvollziehers die ganze Wirtschaft(mit Ausnahme derZugabe") abholte. Der Gerichtsvollzieher meinte, für die bereits bezahlten 5 7 Mark sei dem Schuldner doch ein Teil der Wirtschaft zu be- lassen, aber der Angestellte bestand auf Mitnahme aller Möbel st ücke. Hiernach muß man annehmen, daß die Firma, die das für zu- lässig hält, die Abnutzung nach einjährigem Gebrauch schon auf 57 Mark schätzt, obwohl sie selber den ganzen Kram beim Verkauf nur noch mit 218 Mark bewertet hatte. Da möchten wir wirklich wissen, wieviel eigentlich an dieser mehrfach abge- holten Wirtschaft im ganzen bereits verdient worden ist und wieviel an ihr bei künftigen Ab- holungen noch verdient werden wird. Bei solchen sich mehrfach wiederholenden Wanderungen gebrauchter Abzahlungs- wäre dürfte derSegen" der Abzahlungsgeschäfte nur den Ab- zahlungsgeschäften selber bemerkbar werden. Schwer verletzt in die hiesige Klinik in der Ziegelstraße einge- liefert wurde vorgestern der 17jähr. Zimmerlehrling Havelland, dek bei dem Bauunternehmer Marzillier in Oranienburg   beschäftigt war. Er war auf einem Neubau an der Kurfürsten- und Moltkc- straße mit dem Bearbeiten eines Balkens tätig, wobei unter einem Hieb des Lehrlings plötzlich ein spitzer Ast sich aus dem Holzstanun löste und dem H. in das linke Auge drang. Der Verletzte wurde sofort in die Berliner   Klinik übergeführt, wo eine Operation vor- genommen werden mußte. Leider wird Havelland den Verlust des Auges zu beklagen haben. AuS der Haft entlassen wurde der Handelsmann Jacoby aus der Greifenhagenerstraße, der am Dienstag während eines Streites auf den Hausverwalter Klose einen Revolverschuß abgab. Wie uns mitgeteilt wird, ist Jacoby nicht wegen rückständiger Miete gekündigt; er hatte vielmehr dieselbe pünktlich bezahlt. Die verschwundene Hermelin-Baa. Große Aufregung herrschte vorgestern abend auf dem Anhalter Bahnhof   bei Ankunft des letzten D-Zuges. Eine junge Dame trat mit der Behauptung hervor, daß ihr unterwegs eine kostbare Boa im Werte von tausend Mark von Mitreisenden gestohlen sei. Sic forderte von der Bahnpolizei die Durchsuchung der übrigen Fahrgäste. Hierzu kam es jedoch nicht. Es wurde vielmehr ein Absuchen der Bahnstrecke zwischen den nächsten Stationen angeordnet, wobei auch die Boa hinter Groß. Lichterfelde   wirklich gefunden wurde. Anmeldungen zum zweite» Nachtrag des Berliner   Adrehbuch» 1907 werden spätestens bis zum 9. April d. I. von der Adreßbuch» Redaktion, SW. 68, Zimmerstr. 37-41, erbeten. In diesen finden alle Wohnungs, und Grundbesitz-Beränderungen� GeMjts.Er»