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deutschen   PoliM sind die erfolgreichsten Nährbäter des Partikula- riSmus. Wir betrachten die politische Einheit als die Vorbedingung btx wirtschaftlichen Blüte Deutschlands  . Neulich entwickelte hier der Abgeordnete Naumann die Gründe des sozialpolitischen Still- standes. Er sucht die Ursache beim Bundesrat. In der Tat liegt sie bei Preusten. Der preußische Landtag ist der Hort der Re- aktion. lLebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Das Deutsch  « Reich ist ein eilfertig zustandegekommenes poli- ttsches Gebilde, das Länder der verschiedensten politischen und wirt- schastUchen Kultur umfaßt. Das zurückgebliebene Preußen sucht den fortgeschrittenen Süden in seinem Sinne zu beeinflussen. Wir haben ja gehört, wie der Abgeordnete v. Oldenburg  , der Freund des Herrn Reichskanzlers, lSehr gut! bei den Sozialdemokraten) hier die WahlrechtSverbesferungen der süddeutschen Staaten schmähte und mit Annektionspolitik drohte.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Noch mit keinem Wort hat der Reichskanzler gegen diese Auffassung seines Freundes protestiert.(Heiterkeit link».) Der Vorgänger des Reichskanzlers, Fürst Hohenlohe, hat allerdings das preußische Junkertum als Gefahr für das Deutsche Reich erkannt. Das schreibt er ausdrücklich in seinen Denkwürdig- feiten. Wenn der Reichskanzler Fürst Bülow   als Grabinschrift wünscht: .Hier ruht ein agrarischer Reichskanzler", so ist dem hinzuzufügen: »Do»«in Hemmschuh war für die gesunde politische und kulturelle Entwickelung des deutschen   Volkes." (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. Pfui! rechts.) Reichskanzler Fürst Bülow  : Ich werde mich sehr viel kürzer fassen als der Herr Vor- redner.(Bravol Und Heiterkeit rechts) Der Vorredner hat mich aufgefordert, meinen Kampf gegen die sozialdemokratische Partei einzustellen oder wenigstens die Methode zu ändern, mit der ich den Kampf führe. Den Kampf gegen die Sozialdemokratie können die verbündeten Regierungen nur aufgeben, wenn die So- zialdemokratie sich auf den Boden der Vernunft und der Ob- jektivität stellt.(Sehr richtig! rechts.) Das sagte ich Ihnen vor drei Jahren und wiederhole es auch heute. Die Ausführungen, die ich soeben von einem Mitgliede der sozialdemokratischen Parte, gehört habe, das bisher für einen Revisionisten galt,(Heiter- keit bei den Sozialdemokraten) beweisen, daß wir davon noch sehr weit entfernt sind.(Sehr wahr! rechts und Heiterkeit bei den So zialdemokraten.) Was aber meine Methode angeht, so habe ich um so weniger Veranlassung, dieselbe zu modo sizieren, als sie sich bei den letzten Wahlen sehr wohl bewährt hat. Wenn der Abg. David schon Jubelhymnen über den Ausfall der Wahl in Glauchau  -Meerane   anstimmt, so wird er es mir doch nachempfinden können, daß ich mich darüber gefreut habe, daß mit meiner Methode der Sozialdemokratie bei der letzten Wahl drei Dutzend Wahlkreise abgenommen worden sind. kSehr gut! rechts. Zuruf bei den Sozialdemokraten:Mit Lügen!" ..cm rechts.) Ich bin weit entfernt davon, zu bestreiten, daß der Ausfall der Nachwahl in Glauchau  -Meerane  für die bürgerlichen Parteien eine Lehre enthält. Der Ausfall dieser Wahl enthält für sie die Lehre, daß sie nicht auf ihren Lor- beeren einschlafen dürfen, sondern fortfahren müssen, ihre Organi- sation auszubauen und eine kräftige Agitation gegen die sozial- demokratische Partei zu führen.(Lebhafter Beifall rechts und bei den Liberalen.) Im übrigen sprach aus allen Ausführungen des Herrn Vor- redners der Wunsch, daß die bürgerlichen Parteien untereinander und die Regierung mit den bürgerlichen Parteien sich recht bald und recht allgemein in die Haare geraten möchten. Es ist nicht meine Absicht, diesem Wunsche des Vorredners Rechnung zu tragen, und ich bin schon deshalb nicht in der Lage, auf eine Reihe von Fragen einzugehen, die er berührt hat. Nur einen Punkt muß ich richtig stellen, weil er mich persönlich berührt. Der Vor- rcdner hat einen Artikel zur Sprache gebracht, den ich in einer früheren ReichStagssitzung verlesen habe. Ich will konstatieren, daß ich meine Angaben über das mit Wilhelm Dittmann   unter- zeichnete Flugblatt aus derFrankfurter Zeitung  " unter auS- drücklicher Angabe der Quelle verlesen habe. Daß derFrank- furter Zeitung" bereits eine Berichtigung zugegangen war, war mir als ich die Stelle verlas, nicht bekannt. Ich habe aber von der Berichtigung sofort dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" Notiz nehmen lassen. Auch hier will ich Akt davon nehmen, daß nach den gerichtlichen Feststellungen der von derFrankfurter Zei- tung" von» lide(in gutem Glauben) erhobene Vorwurf tatsächlich nicht begründet war. Sie(Zu den Sozialdemokraten.) werden mich immer bereit finden, mich zu berichtigen und auch dem Gegner Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ich kann nur wünschen, daß auf Ihrer Seite ebenso objektiv verfahren würde.(Bravol recht  ».) Bayrischer Bundesratsbevollmächtigter Gras v. Lerchenfeld: Der Abgeordnete David hat gesagt, die bayrische Regierung babe sich von Preußen für die Schisfahrtsabgaben einfangen lassen. Ich bemerke demgegenüber, daß die bayrische Regierung ihre Stellung sich ausdrücklich vorbehalten hat. Abg. v. Oldenburg-Januschau(k.): Der gewissenlosen sozial demokratischen Verhetzung darf unser Volt nicht dauernd über lassen werden. In der Botschaft Kaiser Wilhelms hieß es, daß sa ziale Gesetze neben den Repressions-Maßregeln geschaffen werden sollen. Von der Repression ist jetzt aber gar nicht mehr die Rede! Wir verlangen wirksamen Schutz der Arbeitswilligen durch rigorose gesetzliche Bestimmungen.(Sehr richtig! rechts.) Ich wende mich nun zu dem Fleischnotrummel. Die Ereignisse haben gezeigt, wie sehr der Reichskanzler und Herr d. Posadowsky im Recht waren. Wir haben jetzt eine Ueberflutung mit Schweinen. (Schallende Heiterkeit.) Ein Manko an Brotgetreide ist vorhanden; dem hilft aber nicht das törichte Geschrei ab:Grenzen auf!" Denn im Ausland ist' auch kein Getreide vorhanden!(Schallende Heiterkeit links.) Die Kalawität stammt von der von den Sozial- dcmokratcn so sehr gepriesenen russischen Revolution.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wir Landwirte sehen ruhig in die Zukunft im Vertrauen auf den Reichskanzler.(Lautes ironisches Bravo! Unks.) Bayrischer Bundesratsbevollmächtigter Graf v. Lerchenfcld: Der Vorredner ist auf seine vorjährige Diskussion mit mir zurück- gekommen,- aber nicht auf ihren sachlichen Inhalt, sondern er hat mir nur mein Urteil über seine Ausführungen im Wege der Retourkutsche zurückgegeben.(Sehr gut!) Abg. Bonderscheer(Elf.) beschwert sich darüber, daß ein vom Landesausschuß für Elsaß-Lothringen   angenommener Initiativ- antrag vom Kaiser ohne Mitwirkung des Bundesrats abgelehnt sei. Staatssekretär Graf Posadowsky sucht in längeren staatsrecht- lichen Ausführungen nachzuweisen, daß durchaus versa ssungS- gemäß verfahren ist. Die kaiserliche Zustimmung zu einen, Initiativantrags des LandcSausschusses für Elsaß-Lothringen   ist als landesherrliche Zustimmung notwendig, damit der Antrag überhaupt dem Bundesrat vorgelegt werden kann. Abg. Kulerski(Polo): Wir werden mit unseren Klagen an den preußischen Landtag verwiesen. Wir bringen sie hier bor, weil sie hier einen ganz anderen Resonanzboden finden und dem ganzen Volke bekannt werden, und wir haben um so mehr ein Recht dazu, als der Einfluß Preußens im Reich ganz überwiegend ist und daS Reich und der Reichstag daher alle Veranlassung haben, sich um Preußen zu kümmern. Die preußische Polenpolitik verstößt gegen die Reichsverfassung; bei dem Ansiedelungsgesetz liegt das ganz klar zutage. Die Tiere des Waldes werden m Preußen geschützt, arme polnische Menschenkinder nicht. Ihr Blut komme über ihre Mörder; denn dem eigentlich an den Ber�weiflun�Sakten der Polen  Schuldigen wird das WortMörder" bis an sein Lebensende in die Ohren gellen._. Vizepräsident Dr. P nasche: Diese Krftsk haben Sie zweifellos auf den Reichskanzler bezogen.(Große Heiterkeit bei den Sozial- demokraten und Polen  .) Ich rufe Sie daher zur Ordnung.(Bravol .«cht«.) Abg. Kulerski(Pole): Durch die preußische Ansiedelungspolitik werden die Polen   bis aufs Blut gewartet. Denken Sie an das Elend der polnischen Eltern, die sehen, wie ihre Kinder der sittz lichen Verwilderung unter der preußischen Schulzucht entgegen. gehen und nichts dagegen unternehmen können. Tausende von Beschwerden find dem preußischen Kultusminister zugegangen... Vizepräsident Dr. Paaschs: Das geht doch aber den Kultus- m i n i st e r an, nicht den Reichstag. Ich rufe Sie zur Sache. (Bravo  ! rechts.) Abg. Kulerski(Pole): Nicht nur hier bindet man uns den Mund zu, auch draußen im Lande treibt uns die Regierung die Säle ab. Alle diese Maßregeln haben ja nur das Polentum ge» stärk t.(Lachen und Lärm rechts und bei den Nationalliberalen. Die Unruhe des Hauses wird immer größer. Zurufe:Na, was wollen Sie denn noch! Seien Sie doch still!") Wir haben gestern geschwiegen, lassen Sie uns heute reden.(Sehr gut! bei den Polen  und Sozialdemokraten.) Wir wollen Frieden und Ruhe; aber Sie zwingen uns zum Kampfe. In diesem aber stehen Millionen aus- ländischer Polen   hinter uns.(Große Unruhe rechts.) Wie lange wird diese Politik Preußens noch dauern? Wir glauben ja nicht, daß sich Preußen je zu einer Politik aufschwingen könnte, wie sie England gegenüber den Buren geübt hat. Dazu gehört Größe, Seelcngröße, Geistesgröße.(Große Heiterkeit rechts, Sehr gut! bei den Polen  .) Der Hochmut Preußens ist heute so groß wie vor der Katastrophe von Jena.  (Unruhe rechts, Schlußrufe bei den Rationalliberalen.) Sie werden mich durch Ihr Geschrei nicht verhindern, das zu sagen, was ich für nötig halte.(Bravo  ! bei den Polen  , bei den Sozialdemokraten und im Zentrum, andauernde Unruhe.) Vizepräsident Knempf: Ich bitte um Ruhe, der Herr Redner hat das Recht, seine Rede zu beenden.(Große Heiterkeit.) Abg. Kulerski(sortfahrend): Es lebt ein Gott zu strafen und zu rächen!(Lachen bei den Nationalliberalen.) Ja, lachen Sie! Sie verhöhnen natürlich selbst Gott.(Große Unruhe.) Vizepräsident Kaempf ruft den Redner ivegen dieses Aus­druckes zur Ordnung und macht ihn aus die Folgen eines dritten Ordnungsrufes aufmerksam. Abg. Kulerski(fortfahrend): Diese Rache wird Sie treffen, wenn Sic in Ihrer Politik weiter so unmoralische Mittel an- wenden wie bisher.(Lebhaftes Bravo! bei den Polen  .) Abg. Bassermann(natl.): Die Resolution des Zentrums gibt eine Reihe wertvoller Anregungen. Wir werden ihr zustimmen ebenso auch der Resolution der Freisinnigen. Abg. Aischbeck(frs. Vp.): Der Resolution deS Zentrums werden wir zustimmen, wenn es unS auch zweifelhaft erscheint, ob eine Wertzuwachssteuer fich überall durchführen läßt. Herrn David bemerke ich, daß auch meine Freunde die Abschaffung deS HauS» besitzerprivilegS wünschen. Ausführlich hat sich Herr David über die Schiffahrtsabgaben verbreitet. Soweit ich verstanden habe, will die preußische Regierung versuchen, die Angelegenheit durch Reichsgesetz zu regeln. Diesen klaren Standpunkt hätte sie nur früher schon einnehmen sollen. Herr v. Oldenburg   verlangt Repressivmatzregeln gegen die So zialdemokratie. Er soll doch daran denken, daß die Sozialdemo- kratie gerade während der Unterdrückung wir glauben zufolge der Unterdrückung groß geworden ist.(Sehr richtig! bei den Freifinnigen.) Herr v. Oldenburg   rühmte auch die agrarische Zoll- Politik; ich erinnere daran, daß gerade diese Politik im Jahre 1SV3 zu den 3 Millionen sozialdemokratischer Stimmen geführt hat, Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen. Abg. Dr. Jäger(Z.)(zur Geschäftsordnung): Ich bedaure, daß durch den Schluß der Debatte dem Zentrum die Gelegenheit zur Begründung unserer Resolution genommen ist. Abg. Bebel(Soz.)(zur Geschäftsordnung): Ich hatte die Ab» ficht, auf die eigenartige.Maifestrede" des Herrn v. Oldenburg  zu antworten. Diese Abficht ist durch den Schluß der Debatte der- eitelt. Aber ich versichere Herrn v. Oldenburg  : Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Abg. Götz v. Ohlenhusen(Welse)(zur Geschäftsordnung): Der Reichskanzler hat vom Haus Cumberland gesprochen. Ich will vor dem Reichstage und dem ganzen Volke konstatieren, daß es kein HauS Cumberland gibt, sondern nur ein welfisches Haus Braunschweig  -Lüneburg.(Heiterkeit.) Der Titel Reichskanzler wird bewilligt. Die Resolution Ablaß  (frs. Vp.) wird angenommen, deS» gleichen die Resolutjon des Zentrums. Die übrigen Titel des Etats deS Reichskanzlers und der Reichs- kanzlet werden debattelos bewilligt. ES folgt die Beratung deS EtatSfür daSAuSwärtige Amt. Abg. Erzberger(Z.) bedauert den häufigen Wechsel deS Per- sonals im diplomatischen Dienst. 70 Proz. der Beamten wechseln in einem Jahre die Stelle. Staatssekretär v. Tschirschky: Auch uns ist es erwünscht, wenn die Beamten längere Zeit auf ihrem Posten bleiben. Versetzungen erfolgen nur aus zwingenden Gründen. ?kbg. Kaempf(frs. Vp.) begründet eine von den Freisinnigen eingebrachte Resolution, durch internationale Verhandlungen eine Vereinheitlichung des Wcchselrcchts in die Wege zu leiten. Staatssekretär v. Tschirschki: Wir stehen dem Plan freund lich gegenüber. Abg. Dr. Spahn(Z.) begründet die vom Zentrum eingebrachte Resolution, die den Reichskanzler ersucht, periodisch dem Reichstag urkundliches Material über die internationalen Beziehungen des Deutschen Reiches   zugehen zu lassen. Abg. Dr. Dahlem(Z.) fragt an, ob der Staatssekretär wegen der Klagen der Fischer am Rhein  , die er bereits lS<Z4 vor gebracht hat, lnit der holländischen Regierung in Verbindung ge. treten ist. Geheimrat Dr. Körner: Wir haben uns bereits vor zwei Jahren mit der niederländischen Regierung in Verbindung gesetzt; die Angelegenheit schwebt noch. Abg. Dr. Junck(natl.) erklärt seine Zustimmung zu der Re- solution der Freisinnigen betr. der internationalen Vereinheit- lichung des Wechselrechts. Damit schließt die Diskussion. Abg. v. Bollmar(Soz.)(zur Geschäftsordnung): Ich stelle fest, daß der Reichskanzler gestern in bezug auf die vom Zentrum be. antragte Resolution eine Rede deS Herrn Staatssekretärs in Aus- ficht gestellt hat, die wir nicht zu hören bekommen haben.(Große Heiterkeit.) Die Resolution Graf Hompesch wird angenommen, des- gleichen die Resolution Ablaß  . Der Etat des Auswärtigen Amtes   wird nach unwesentlicher Debatte beim TitelFörderung deutscher   Schulen im Auslande" angenommen. Darauf vertagt sich das Haus Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Ubr. Tagesordnung: Schleu­niger Antrag Albrecht(Soz.) auf Einstellung des gegen den Abg. Stolle(Soz.) schwebenden Strafverfahrens, Vertrag mit der Schweiz   betr. Beglaubigung von Urkunden, Nachtragsetat, Fort- setzung der Etatberatung.(Postetat, Etat des Rechnungshofes, des Pensions- und Jnvalidenfonds, des Reichseisenbahnamts). 44. Sitzung vom Donnerstag, den 2. Mai, nachmittags 1 Uhr: Am Bundesratstisch: Graf Posadowsky  , Kraetke. Der Abgeordnete Molkenbuhr(Soz.) ist ins Hau» ein» getreten. Vor Eintritt in die Tagesordnung erhält das Wort zu einer Erklärung Abg. Freiherr v. Hey!(natl.): Den in den Sitzungen am 14. März und 23. April von sozialdemokratischer Seite gegen mich erhobenen Angriffen war ich nicht früher in der Lage entgegenzu- treten. Ich habe zu erklären: Mit Arbeitern schließe ich grund» sätzlich Verträge nicht ob. Ich beschäftige mehrere tausend Arbeiter. und außerdem 31 Vertragsleute. Diese sind Bertrauensversonen, die in bezug auf Löhne und Pensionsverhältnisse erheblich besser gestellt sind als die Arbeiter; sie sind als Hülfsarbeiter an solchen Stellen beschäftigt, wo Fabrikgeheimnisse gewahrt werden, die gegen Verrat und Ausbeutung durch Dritte geschützt«erden müssen. Besonders gegen einige ausländische Konkurrenzfirmen ist dies notwendig.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Eine Klage gegen einen Vertragsmann ist aus solchem Vertrage von mir noch niemals angestrengt worden.(Erneutes Lachen bei den Sozial- demokraten.) Der schleunige Antrag A l b r e ch t(Soz.) und Genossen wegen Einstellung eines gegen den Abgeordneten Stolle(Soz.) schwebenden Strafverfahrens wird dcbattelos angenommen. Nächster Gegenstand der Tagesordnung ist die erste Beratung des dritten Ergänzungsetats für 1307, 15 Millionen Mark als erste Rate zur Erweiterung des Kaiser Wilhelm-KanalS. Abg. Leonhart(frs. Vp.): Wer der Vergrößerung unserer Kriegsschiffe zugestimmt hat, wird auch dieser Vorlage die Zu- stimmung nicht versagen können.(Bravo  ! bei den Freisinnigen.)) Ich beantrage im Namen meiner Freunde die Verweisung der Vor- läge an die Budgetkommission.. Abg. Freiherr v. Richthofen-Tamsdorf(k.): schließt sid) dem Antrage aus Verweisung der Vorlage an die Budgetkommission an. Abg. Frohme(Soz.): Zu den unwahren, ja geradezu verleumderischen Beschuldi- gungen, die namentlich im letzten Wahlkampf gegen die sozialdemo- kratische Partei im allgemeinen und die sozialdemokratische Fraktion im besonderen erhoben worden sind, gehört auch die, daß sie nie- mals Verständnis für nationale Ausgaben gezeigt habe, daß sie sich der gesunden wirtschaftlichen Entwickelung unserer Industrie und unseres Handels widersetzt und aus Opposition gegen den militä- rischcn und maritimen Schutz unseres Landes den Bau des Nord- ostseekanals einstimmig verweigert habe. Im Beginn meiner Aus- führungen will ich diese unwahren und absolut lügenhaften Bc- hauptungen zurückweisen. Keine der hier vorhandenen Parteien hat sich zemals die Förderung wahrhaft nationaler Interessen so» wohl auf wirtschaftlichem wie aus politischem Gebiete grundsätz- licher, unbedingter, konsequenter und eifriger angelegen sein lassen, als gerade die sozialdemokratische Partei.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Ich darf für meine Partei die Anerkennung aller ehrlichen und aufrichtig denkenden Menschen in Anspruch nehmen, daß sie sich stets bemüht hat, hier im Reichstage mitzu- arbeiten. Keine der liberalen Parteien darf sich rühmen, mehr Positives geleistet zu haben, als gerade meine Partei. Bereits zu zcner Zeit, als die politische Einheit Deutschlands   noch eine Forde- rung des Liberalismus war, als diese Einheit noch von den kon- 'ervativen Parteien bekämpft wurde, haben Karl Marx   und Kiedrich Engels, die großen Vorkämpfer der Sozialdemokratie, ehr entschieden und beweiskräftig die Notwendigkeit deS Nordost- eekanalS dargelegt. Und als es sich 18Lö darum bandelte, diese? ßrojekt durch ReichSgesetz zu verwirklichen, da hat die sozialdemo- kratische Fraktion und mit ihr die gesamte sozialdemokratische Partei ihre Zustimmung dazu gegeben und die auf 156 Millionen veranschlagten Kosten bewilligt. Wir befanden unS damals in Uebereinstimmung mit den Aeußerungen der hervorragendsten bürgerlichen Kreise, welche ebenfalls das Hauptgewicht nicht auf die militärischen, sondern auf die wirtschaftlichen Interessen legten, denen der Kanal dienen follte. Damals wurde der wirtschaftliche Gesichtspunkt allgemein hervorgekehrt. Seitdem hat die Technik sich bedeutend entwickelt, weder die großen Kriegsschiffe noch die großen Handelsschiffe können den Kanal entsprechend ausnutzen, ivenn er erheblich vertieft wird, weil die Tiefe der preußischen Ost- secküstc eine erheblich geringere ist. Schon deswegen kann der militärische Gesichtspunkt der Verteidigung der Häfen und Küsten nicht in erster Linie stehen. Was soll übrigens geschehen, wenn während deS jahrelangen Umbaues, während dessen der Kanal kür größere Schiffe unpassierbar ist. ein Krieg ausbricht.? In der Kommission werden alle diese Gesichtspunkte zu prüfen fein. Immerhin werden wir genau wie 1886 der Erweiterung des Kanals zustimmen, vorausgesetzt, daß seine wirtschaftliche Bedeutung in den Vordergrund gestellt wird. Vor allem aber müssen wir vcr- langen, daß das Reich auch die sozialpolitische Bedeutung in der Wirkung aus die Arbeitsverhältnisse nicht verkennt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es werden dort viele Arbeiter beschäftigt werden und viele Arbeiten vergeben werden. Die Reichs- regierung muß sich dabei der Einwirkung bewußt sein, welche fie durch das Submissionswesen auf das Arbeitsverhältnis ausüben kann. Einzelne Gemeinden sind auf diesem Gebiete bereits vor- angegangen, aber die RcichSregierung, vor allem das ReirihSamt des Innern, muß beweisen, daß eS auf diesem Gebiete führend ist. Dazu gehört vor allem die Anerkennung der Arbeiterorganisa- tione«; ohne diese wird man zu irgendwie befriedigenden Resul- taten nicht kommen können. Wir müssen weiter verlangen, vaß man daS Koalitionsrecht der Arbeiter, die beim Kanalbau beschäftigt werden, unangetastet läßt, und daß Einrichtungen getroffen wer- den, welche die persönliche Freiheit der Arbeiter garantieren. Alle diese Gesichtspunkte interessieren den Sozialpolitiker neben den politischen, sie alle werden in der Kommission näher zu prüfen sein. und sie bilden eine selbstverständliche Voraussetzung für unsere Zustimmung.(Bravol bei den Sozialdemokraten.) Abg. Kirsch(Z.) wünscht in der Budgetkommission Auskunft über die Verteilung der Kanalbaukosten unter die Einzelstaaten. Das Zentrum habe in Verkehrsfragcn immer eine kräftigere Jnitia» tive gezeigt als die Sozialdemokratie, vor allem beim Zolltarif. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Görck(natl.): Ich glaube zwar nicht, daß der Kanal auch nur annähernd eine Verzinsung des Anlagekapitals herbei- sühren wird, gleichwohl werden wir der Vorlage zustimmen und sind wir mit der Verweisung an die Budgetkommission einver- standen. Abg. Spethmann(frs. Vp.): Vor zehn Jahren haben wir 160 Millionen für den Kanalbau bewilligt, jetzt werden 223 Millionen neu verlangt. Wer weiß, wieviel man in abermals zehn Jahren fordern wird! Ich beantrage, im Widerspruch mit meiner Fraktion, die Ueberwcisung der Vorlage an eine Spezial- kom Mission zur Prüfung dieser überaus schwierigen Frage. Präsident Graf Stolberg   teilt mit, daß die Abstimmung über die vorliegenden Resolutionen zum Postetat auf Zahlung von Ost- markenzulagen an die Beamten namentlich sein werde Abg. Gräfe(Resormp.) und Abg. Dr. Burckhardt(Wirtsch. Vg.) bitten, bei der Lieferung für den Nordostseekanal nur die deutsche   Steinindustrie zu berücksichtigen. Die nativnale Ge- sinnung sei in erster Linie eine Magensrage. Staatssekretär Graf Posadowsky: Ich entnehme den Aus- führungen der Herren Vorredner, daß das Haus einmütig von der Notwendigkeit der Kanalerweiterung überzeugt ist. Man hat auch den Wunsch ausgesprochen, die heimische Industrie und die beimischen Arbeiter beim Kanalbau in erster Linie zu berück- sichtigen. DaS ist ja ganz selbstverständlich. ES ist von hoher Stelle das Wort gefallen, daß die Einrichtungen und Betriebe des Staates Musteranstalten sein müssen und Vorbilder für die Privaten. Ich werde, was an mir liegt, alles tun, daß dieses Wort sich be- währt. Was sozialpolitisch für die Arbeiter geschehen kann, soll geschehen. Diese Sorge soll meine vornehmste Aufgabe bilden. ��Damit schließt die Diskussion. Die Vorlage geht an die Kommission, nachdem der Antrag Spethmann auf Ueber- Weisung der Vorlage an eine Spczialkommission mit allen gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt worden ist. Der Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz  über die Beglaubigung öffentlicher Urkunden wird in erster und zweiter Lesung debattelos a n g e n o m w e n. Es folgt die Fortsetzung der zweiten Beratung des Pos.- �Abg. Brühl,(Antis.) tritt für die Gewährung der Ostmarken. zulagen an die Postbeamten ein. Abg. Ortel(natl.) erklärt, daß diese Zulagen nur die Gleich, tzeit zwischen den Vsamles des Reiches herstellen sollen.