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noch nicht alles sage, was er wisse, pries Herr Bernstein. Auch die Patriotische Pauke ward wieder geschlagen, wenn auch gedänipfter, denn damals vor dem Schöffengericht. Der Ver- such, Deckung im Schatten der Majestät zu finden, fehlte nicht, war aber doch nur ein sehr abgeblaßtes Abbild der drastischen Beschwörungen, womit Herr Bernstein im ersten Prozeß den Schöffen zugesetzt hat. Sein Partner Kleinholz war etwas unvorsichtig, als er die begeisterten Scharen der Hardenverehrer, die im Oktober das Kriminalgericht umlagerten, als Vertreter der Volksstimme und als Schwurzeugen für die Reinheit seines Klienten aufrief. Denn damit wurde der Zu­hörer daran erinnert, wie schnell dieser Chorris, der den Retter deS Vaterlandes" hochleben ließ, zerstoben ist. Es ist ein gewagtes Stück, Massen sensationshungriger Gaffer als Volk trapieren zu lassen. Der Dank, den das Vaterland nach Herrn Kleinholz dem Herausgeber derZukunft" schuldig ist, ist bei diesen Leuten einzukassieren. ES ist freilich anzunehmen, däß nicht mehr viel herauskommen wird. Ten Herren Verteidigern muß zugute gehalten werden, daß die Gegenseite mit ähnlichen Schaumschlägereien nicht gespart hat. Der Herr Oberstaatsanwalt sah die Legende von der Kamarilla restlos zerstört und auch den Füisten Eulenburg von allem Verdacht, jemals des Deutschen Reiches Politik unverantwortlich beeinflußt zu haben, gereinigt. Und Jnstizrat Sello präsentierte seinen Klienten als eine AuS- geburt von Edelmut und Rittersinn und Mannhaftigkeit und was der christlich-germanischen Tugenden mehr sind, und war schön gerührt, wie" immer, wann er vor der Bahre spricht. Im Zuschauerraum waren Leute, die Interesse daran hatten. Aber öffeutliches Jntereffe mar das nicht. Strafe oder Dank? Oeffeniliches Interesse berührt die Beantwortung der<$rags nicht mehr. Am Donnerstag wird das Gericht seine Meinung dazu sagen. für die einjährige Dienstzeit. Ein militärischer Mitarbeiter des ultramontanenBayeri- schon Kurier" tritt lebhaft für die Herabsetzung der militärischen Dienstzeit auf ein Jahr cml Er legt die ungeheuere Belastung deS Reiches durch die militärischen Ausgaben dar, die bereits hente 1300 Millionen jährlich betrügen, beklagt die Zurückstellung aller «ulturaufgaben und führt schließlich den Nachweis, daß jährlich 90 Millionen gespart werden könnten, wenn man die Militär- dienstzeit auf ein Jahr herabsetze. DaS ZeutrumSblatt führt deS näheren aus- Nun haben wir aber in Deutschland   noch eine Möglich- Kit, die HeereSkosten ganz bedeutend herabzusetzen, ohne daß die Qualität des HeereS, d'.e Ausbildung usw. auch nur im geringsten dadui-ch alteriert würde. Wir haben vor mehreren Jahren ganz ausführlich dieses Thema hier behandelt und wollen tunlichst kurz nochmals auf diese Ausführung zurückkommen. Wenn die Rekruten in der ersten Januarwoche einrücken, dann find die- selben Ende März mit der sogenannten Einzelausbildung fertig, für die Zngsschule genügen acht Tage, für die Kompagnie- ansbildung drei Wochen: der Monat Mai sei hauptsächlich für die Ausbildung im Gelände und im Felddienst gleich- falls den Kompagnien zugewiesen, wobei aber hervorgehoben wird, daß Geläudeübmrgen schon vou der ersten Woche an mit den Rekruten vorgenoimnen werden. Das Bataillonsexerzieren bezw. die Uebungen im Bataillon finden statt im Monal Juni. Für Rachübungen, Felddienst, Schießen, das mit den Rekruten anfangs Februar begonnen wird, bleiben drei Wochen im Juli reserviert. Vom 20. Juli bis 20. August ist ein vierwöchiger Ernteurlaub. Vom 20. bis 30. August finden Kompagnie- und BataillonSübungen. statt; vom 1. bis 7. September Uebungen im Regiment, an welche sich bis zum 1. Oktober die Herbstübungen anschließen. Die Monate Oktober bis Ende Dezember sind zur Nachhülfe in der Einzelausbildung, speziell zum Schießen, zu Felddienst und GarnisonSübungen zu verwenden. Sämtliche Uebungen hätten nur in kriegsstarken Verbänden stattzufinden und würden zu diesem Ztvecke beim Kompagnie-Exerzieren die Mannschaften von je zwei Kompagnien zu einer Exerzierkompagnie zusammengestellt, während für die Uebungen deö Bataillons im Monat Juni und für die Herbst- Übungen ganze Jahrgänge der Reserve zur Auffüllung der Ab- teilungeu auf Kriegsstärke einzuberufen wären. Anstalt zu einer Uebung im Reservrverhältnis würde jeder Mann zu zwei Uebungen in der Dauer von je drei Wochen einberufen, man könnte sich um den Preis der Herabsetzung der Dienstzeit auf ein Jahr zu einer . dritten Reserveübmig sehr wohl verstehen. Darüber, daß schon heute diese Herabsetzung möglich ist, be- sonders im Hinblick auf die vereinfachten, aber imnier noch einer weiteren Vereinfachung fähigen Exerziervorschriften, find sich alle militärische» Fachleute klar, wenngleich gar manche dieses nicht zugestehen wollen.... Die jährliche Ersparnis dieser Durchführung würde 90 Millionen Mark betragen, ab- gesehen von der persönlichen Entlastung der einzelnen, ES ist interessant, daß jetzt auch militärische Sach- berstänvige deS Zentrums die Herabsetzung der Dienstzeit auf ein Jahr befürworten, so daß der Sachverständige deS Münchener  ZentrumSblatteS sogar behauptet, über die Möglichkeit, diese Herabsetzung schon heute vorzunehmen, seien sich»alle mili- täris chen Fachleute klar". Hoffentlich wird nun wenigstens das gesamte Zentrum ven Vorschlag deS.Bahr. Kurier' aufnehmen l Die Sozial- demolratie ist ja längst für diese Herabsetzung der Dienstzeit eingetreten, leider ohne beim Zentrum Unterstützung zu finden! Oder sollte sich da? Zentrum aus Rücksicht auf die Wieder- gewinmmg der Regierungsgunst auch hier eine Reserve auferlegen? Wenn es durch seinen FlottenSewilliguiigSeifer dem Volke neue jährliche Hundcrtmillionen-Lasten auferlegt, sollte et wenigstens bei der Landarmee da zu sparen suchen, wo cS nach der m i l i t ä- risch» sachverständigen Auffassung deS eigenen Lagers! nicht nur möglich, sondern auch driugendst ge- boten ist k politische deberNcdt» Berlin  , den 31. Dezember 1307. Lehrreiche Zahlen.' Auch die Zahlen über daS g e s a m te preutziiqe Sparkaffen- Wesen für 1906 beweisen wiederum, daß für den Kapitalismus je länger je mehr das Bibelwort gilt:Wer da hat. dem wird ge- geb enl" Der Einlagebestand der preußischen Sparkaffen hat im Jahre 1906 die Summe von rund S'/* Milliarden(genau 8790 Millionen) erreicht. Die Sparkassenbücher haben sich von 10 642 961 auf 11095 2S3, also um 452 297 oder 4,25 Prozent deS Vorjahres ver- mehrt. Die aus mehr als 10 000 Mari lautenden Sparkassenbücher sind sogar um beinahe 10 Proz., nämlich von 64 572 auf 67633 ge- stiegen, die über 60 bis 150 M. auf 1406 588(--- 3,53 Proz.), die von 300 bis 600 auf 1 636 470(-=- 3,82 Proz.), die von 600 bis 3000 auf 2 821036(--- 4,68 Proz.!, die von 3000 bis 10000 auf vlv 275(--- 7,11 Proz.). Man sieht: je größer die Einlagen, desto rascher ihr Wachstum! Die lleinen Einlagen bis zu 600 M. haben sich um noch nicht 4 Proz. vermehrt, die Einlagen über 3000 M., also die nicht- proletarischen, um mehr als 7 Proz., die Einlagen über 10 000 M. sogar um 10 Proz.! Die Einlagen über 10 000 M. haben sich um rund 6000 vermehrt. Bei einem Durchschnitt von 15 000 M. betragen also die Neueinlagen dieser Klaffe 90 Millionen Mark. während die G e s a m t e i n l a g e n der 1 400 000 Einleger mit 60 bis 150 Mark(bei einer DurchschnittSeinlage von 100 Mark) nur 140 Millionen betragen! Und die 67 000 Einleger mit über 10 000 Mark streichen bei 3 Prozent Vcrzinstlng im letzten Jahre mehr als 30 Millionen Mark Zinsen ein, während die 1400 000 Einleger mit 60150 Mark nur 5 Millionen Mark Zinsen erhielten! Kein Wunder, daß da die Einlagen der Befitzenden immer ge- waltiger anschwellen I_ Die gekrankte Unschuld. DieVerl  . Neuest. Nachr." feuern ganze Breitseiten von Liebenswürdigkeiten gegen uns ab, weil wir die Beziehungen der Berk. Neuest. Nachr." zum Flotienverein und zu den Marineinteressenten gebührend festgenagelt hatten. DaS Blatt bezeichnet es als eineUnverschämtheit", zu behaupten, es sei vom Flottenverein abhängig und das Präfidiuiu deS Vereins sei in der Lage, die Redaktion an der Veröffentlichung irgendwelcher Artikel zu hindern. Wir konstatieren demgegenüber nur. daß nicht wir, sondern der Regierun gSrat v. Braun, der auch jetzt wieder alö Delegierter zur Hauptversammlung des FlottenvereinS nach Kassel   entsendet worden ist. sich solcherUnverschämtheit" schuldig gemacht hat. Sagte doch dieses sicherlich nicht ganz schlecht unterrichtete Mitglied des Flotten- Vereins: Es ist ein Blatt, das sich besonders hcrvorgetan hat in der Besäbimpfung des bayerischen Landesverbandes, das in enger Beziehung zum Flottenverein steht. Es sind dies die Berliner Neuesten Nachrichten", die in direkter Ab- HSngißtcit zum Flottenverein stehen. In diesem Blatte kommen forlgesetzt die Angriffe gegen den bayerischen Landesverband vor. Meine Herren! ES wäre der Verein Sleitung sicher ein ganz leichtes geweffen, die Redaktion zu ver- anlassen, daß sie diese Angriffe einstelle." Herr Keim versicherte nun zwar, daß der Verlag derBerliner Neuesten Nachrichten", derDeutsche Verlag", vom Flottenverein nicht abhänge, aber, so fügte er hinzu,man muß eine Zeitung haben, eine große nationale Zeitung, die dem Verein für Entgegnungen zur Verfügung steht..." Danach besteht also ein äußerst intimeS Verhältnis zwischen dem Präsidium deS FlotteuveremS und den.Berliner  Neuesten Nachrichten"! Daß aber die«Berliner Neuesten Nachrichten" als Organ der Panzerplattenpatrioten und der rheinisch-west- fälischen Industriellennotorisch" waren, ergibt sich schon auö der Tatsache, daß die AktiengesellschaftBerliner Neuesten Nach- richten" im Jahre 1900 in Essen   gegründet wurde, daß ihrem AufsichtSrat der damalige Generaldirektor Krupps, der Finanzrat Jenke, angehörte, außerdem Herr Dr. Beniner, Herr Olfe. Direktor deS K o h l e n s y n d i k a t S zu Effen, Herr Kirdorf und der Kommerzieurat B a a r e! Die AktiengesellschaftVerl  . Neuest. Nachr." hat eine Dividende von 0,00 Proz. abgeworfen, dagegen einen Verlust vou 275 000 M. gebracht. Dann ist diesegroße nationale Zeitung" in den Besitz deSDeutschen Verlags' übergegangen. Wer hinter diesem Deutschen Verlag steht, geht schon auS der Tatsache hervor, daß die berühmten Flugschriften deS Reicks lügender» b a n d e S.Die Lügen des Herrn Erzberger' usw., von eben diesem Deutschen Verlag vertrieben worden sind! Und welch enge Verbindung zwischen diesemDeutschen Verlag" und dem Flottenverein besteht, ergibt sich auS der weiteren Tatsache, daß die 20 Millionen Flugschriften zum guten Teil an die Vorstände deS Flottenvereins übersendet worden sind. DaS Präsidium deS FlotteuvereiuS, der Reichs- lügenverband und derDeutsche Verlag", die Agenten derselben Großindustriellen, derselben Scharf» macker und Weltpolitiker, haben bei den Hottentotten- wählen einträchtiglich einander in die Hände gearbeitet!_ Bnlow-Wahlen. Heute ist daS Jubiläum des SilvesterbriefeZ BL l o w S, womit der Reigen der amtlichen Wahl- agitation und Wahlbeeinflussung eröffnet wurde. Uud gerade reckt als JubiläumSgabe kommt ein Schriftstück, das Herr Notar WyczynSki in Strasburg  , Westpreußen  , versendet, um die Art dieser Beeinfluffung aktenmäßig zu beleuchten. Auch Herrn WyczynSki wurde jener bekannte Zirkularcrlaß zugestellt, der die Beamten aufforderte, bei der ReichStagswahl ihre Pflicht zu erfüllen. Auf diesen Erlaß antwortete der Notar in einer Eingabe an den LandeSgerichtspräsidenten in Thorn, in der eS hieß: Da ich als Pole mit Rücksicht auf die hier im Osten herrschenden VerhälMiffe nur dem polnischen Kandidaten meine Stimme geben könnte und niemals gegen meine lieber« zeug ung wählen würde, so gestatte ich mir Ew. Hoch- wohlgeboren gehorsamst anzufragen, ob ich mich deffenuugeachtet der Ausübung des Wahlrechts nickt entziehen soll. Sollte ick keine Antwort erhalten, so werde ich annehmen, daß ich trotz dieser meiner Erklärung den qu. Erlaß zu befolgen und mich an der Wahl zu beteiligen habe." Auf diese Anfrage antwortete nun der Präsident Hahn in Thorn am 23. Januar 1907: Meines Eracktens hat ein preußischer Beamter die Pflieht, sein Wahlreckt auch auszuüben, ferner die Pflicht, national zu wählen, da» heißt hier im Osten seine Stimme dem deutschen Kandidaten zu geben. Kann er daS letztere mit feiner Ueberzeugung nicht in Euillang bringen, so hat er die allein würdige Konsequenz zu ziehen. sein preußisches Amt niederzulegen." Auf die Beschwerde deS Notars gegen diesen Versuch der Wahlbeeinflussung.erhielt dieser am Z.Mörz 1907 vom OberlandeSgerichtspräsidente» Fromm in Marienwerder folgenden Bescheid: Auch hier vermag ich indessen Ihren an mich gerichteten Ver- langen, im gegenteiligen Sinne zu entscheiden, nickt zu ent- sprechen. ES bedarf hierbei keiner allgemeinen Erörterung über die Frage, inwiefern für einen Staatsbeamten bei Ausübung deS ihm verfaffungSinäßig zustehenden Wahlrechts auch die Pflichten, die ihm sein Amt auferlegt, einen Einfluß ausüben. Denn unter den besonderen hier obwaltenden Verhältuiffen, inS- besondere den schroffen nationalen Gegensätzen, wie sie gegen- wäriig in der hiesigen Provinz und speziell auch in Ihrem Wahlkreise bestehen, muß in jedem Falle von einem preußischen Staatsbeamten er» wartet werden, daß er an der nach dem vor- erwähnten StaatSministerialerlaß der gesamten Staatsregierung und ihrem Bcamtenkörper obliegenden Aufgabe, daS deutsche National- und preußische Staatsbewußtsein in der Bevölkerung zu stärlen und deutschfeindliche Bestrebungen ab- zuwehre«. zu seinem Teile muwtrkt. Die Betätigung dieser Pflicht erforderte aber von Ihnen nicht nur, daß Sie die Wahl eines diesen Bestrebungen offenkmidig feindlich gesinnten Wahlkandidatea weder direkt, durch Abgabe Ihrer Stimme für denselben, noch indirekt durck Wahlenthallung förderten, sondern daß Sie auch für den auf dem Boden des genannten ErlnffeS stehenden deutschen Kandidaten durch Abgabe Ihrer W a h l st i m m e für denselben eintraten. Auch der von Ihnen besonders betonte Umstand, daß Sic Pole seien und daß Sie nach Jhier politischen Ueberzeugung nur dem polnischen Kandidaten Ihre Wahlstimme geben könnten, ver- mochte Sie von dieser Verpflichtung nicht zu befreien. Denn solange Sie die Stellung eines preußischen Staatsbeamten innehaben und die mit solchem Amte verknüpften Reckte für sich in Anspruch nehmen, liegt eS Ihnen auch ob, die mit diesem Amt verbundenen Pflichten zu erfüllen." Hier wird also von einemunabhängigen" Richter geradezu behauptet, daß ein preußischer Beamter keine eigene poli- tische Ueberzeugung haben dürfe, sondern so abzustimmen habe, wie eS der Negierung beliebt! Daß das Gesetz daS g e- Heime Wahlrecht garantiert, kümmert diesen hqhen Richter offen- bar nicht im geringsten. Cr fühlt sich nur als Beamter, der den Willen der Negierung blind zu vollz-ehen hat'» und findet eS offenbar in Ordnung, daß dem Gesetz durch did Praxis der Verwaltung eine wächserne Nase gedreht wird. Uitter diesen Umständen konnte man auf den Bescheid dos obersten Hüters der Gesetze, des Justizministers, begierig sein: Herr Beseler antworte: am 22. Mai: «Im übrigen bemerke ich Ihnen, daß ich. so widerspruchsvoll es ist, wenn ein preußischer Staatsbeamter sein Wahlrecht in nationalpolnisckem Sinne ansäbt. unter den obwaltenden Um- ständen eine Aufforderung,' Ihr Amt als Notar niederzulegen, an Sie nicht ergeben lassen will." Darauf erklärte Herr WyczynSki, daß erstens keine Behörde dar Recht hätte, eine derariige Aufforderimg an ihn zu richten.'Da er eS aber nicht mit seiner Ehre vereinbar hält, um materieller Vorteile willen seine Ueberzeugung zu verleugnen, da ihn sonst jeder Rechtschaffene mit Recht für einen charakterlosen und ehrlosen Menschen halten müßte, so warf er dem Jnstizmiiiister sein Amt vor die Füße. Dieser polnische Notar hat damit jedn:- falls, um in der Sprache nnserer Nationalen zu reden, echt deutschen Mut und Charakter bewiesen, den man sonst leider in der Bureau- kratie immer mehr vermißt. Damit ist aber zugleich festgestellt, welcher TerrorismuS bei den letzten Wahlen ausgeübt worden ist. ES ist gezeigt werden, welche Mittel angewandt werden, um das Wahlrecht der Beamten und all derer, die von der Regierung in Abhängigkeit sind, illusorisch zu macken. Was hier gegen einen Polen   geübt wurde. daS wurde natürlich womöglich noch im verstärkten Maße gegen die Sozialdemokraten geübt. Der Hottenblcck mag stolz sein auf dieie Wahlmache, die nötig war, um dieses Spoitgebild zustande zu bringen! Die Neujahrs-Demntigung. DieKreuz-Zeitung  " veröffentlicht heute ihren Jahres- Befehl für den Liberalismus, nach dem sich dieser gehör- sam zu richten hat und sich ja auch richten wird. Sie erklärt et al' durchaus wünschenswert, daß alle am Block beteiligten und an feinem Bestände interessierten Parteien sich gegenüber dem agitatorischen Dränge» a»f eine Arn der ung der Wabl- kreise oder deS Wahlrechts in Preußen ablehnend verhielten. Abgesehen davon, daß die Aujrollung einer parteipolitischen Slreitkrage, bei der die Ansichten der im Blocke vereinigten verichiedenen Parteien so aus- einandergehen wie in dieser, die Gefahr einer Aus- einandertreibung deS Blocke? nahelegt, spricht auch ein anderer Gesichtspunkt datür, daß die Agitation in der an- gegebenen Richtung direkte Autiblockpolitik ist. Der Block will den Einfluß der Sozialdemokratie zurückdrängen und damit zugleich das Zcntruin schwächen. Eine Aenderung des Wahlrechtes oder der Wahlkreise in Preußen in demokratischer Richtung bedeutet dagegen gerade eine Vergrößerung der Möglichkeit deS Eindrmgens der Sozialdemokratie in das Abgeordnetenhaus und damit eine . Stärkung deS sozialdemokratischen Einfluffes. Es wäre aber ein NousenS. wenn man in Preußen der Sozialdemokratie die Pfade ebnen wollte, während die Blockparteien im Reiche sich alle Mühe geben, den sozialdemokratischen Einfluß soweit als möglich zu brechen." Der arme Freisinn: gestern wurde ihm verkündet, daß auch da? Zentrum in den Block aufgenommen werden müffe, damit er aber schon gar nichts mehr zu sagen habe; heute wird ihm erklärt, daß die Konservativen dem Freisinn in Zukmift auch nicht einmal mehr da» gestatten ivollen, nmZ ihm bisher vergönnt war, vor seinen Wählern prahlen zu dürfen, was er alles für daS preußische Wahl- recht in der gesegneten Blockära werde ausrichten können. Welch Wandel der Zeiten! Vor einem Jahre noch so hoch zu Rolfe und heute unter den Hufen sich im Staube kollernd zum Gelächter der Zuschauer! Fischbeck. Kopsch und Wiemer, wie ist doch der Hochmut so jämmerlich zu Fall gekomnten I Die Unabhängigkeit der Rjdjjxi:. Der Amtsrichter Dr. Kern, der im ersten Hardcn- Prozeß vor dem Schöffengericht den Vorsitz führte, ist bei der Geschäftseinteilung für 1908 von der Strafabteilung des Land- gerichtS l zur Z i v i l a b t e i l u n g desselben Gerichts versetzt worden. An und für sich ist die Versetzung von der Straf- zur Zivil- abteilung keine Degradation. Aber diese Versetzung bekommt doch angesichts deS HardenprozeffcS einen fatalen Beigeschmack, den sie .auch nicht verliert durch die Meldung, daß die Versetzung aus Wunsch deS Herrn Dr. Kern erfolgte. Versetzungen von Richtern, deren Urteile in Strafsachen an gewisser Stelle nicht passen, sind ja in Deutschland   nichts Neue?. Wir nennen nur die Namen Havenstcin und Schmidt. Im letzteren Falle handelte es sich. übrigens auch um einen Richter, der in einer Anklage wider Maximilian Harden  (wegen MajestätSbeleidigung) auf Frei- s p r u ch erkannt hatte. Ter Fall Dr. Kern scheint ein neuer Beitrag zu diesem eigen- artigen Kapitel von der Unabhängigkeit deutscher   Richter zu sein. Sächsische Wahkrechtöreform. Die sächsische Regierung kündigt, wie es sich geziemt, ßakboffiziell an, daß sie gewillt ist, den sächsischen Konservativen in der Frage der Wahlrechtsreform entgegenzukommen und sich den Ansprüchen der konservativen Macher auzupaffen. DasChemnitzer Tageblatt", das bisweilen zur Veröffentlichung von RegierungSansichteu benutzt wird, schreibt: ES liegt der Regierung durchaus fern, starrsinnig auf jeder Bestimmung ihrer Vorlage zu bestehen; sie ist gern bereit, der Kammer auf halbem Wege entgegen zukommen, nur verlange man nicht, daß sie allein nachgibt. DaS Tittgegeiilontmen muß ein beidetseitigeS sein. Woraut eS der Regierung lediglich ankommt, das ist: ein Wahlgesetz zu schaffen, welches eine geiviiie Gewähr dafür bietet, daß tüchtige, für die gesetzgeberische Arbeit der Kammer befähigte Männer gewählt werden und daS gleichzeitig einen hinreichenden Schutzwall gegen das Eiltdriitgen einer zu großen Zahl staatsfeindlicher Eleutente bildet. Daß dieses Ziel auf dein von der Negierung vorgeschlagenen