Einzelbild herunterladen
 
mcnfmifcTtc Äoerespoildenz meldet: T!e Fraktion der frei- sinnigen VslkSpartci im Reichstage wird diedeutliche M i tz t r a u e n s k u n d g e b u n g" der freisinnigen Verein!- gung gegen den Reichskanzler nicht mitmachen. Natürlich! Diese Fraktion hat nach wie vor ja nur das eine Interesse, den Reichskanzler im Ä m t e zu erhalten. Das FrankfurterSonst fällt er" ist das Leitmotiv allerstaats- männischen""lktioncn dieser Spielart von Freisinn! Nie- male hat ein gleich reaktionärer leitender Staatsmann eine gleich devote Schußtriippc aus einem dem Pro- g r a m m nach politisch entgegengesetzten Lager um sich gc- sehen! Unterdes frißt der Wurm Gott sei Dank weiter." Wir empfehlen diese Zeilen auch Herrn Naumann zur auf- »nerksamen Lektüre; vielleicht versteht er dann, warum wir seine Freunde nicht immer schonend behandeln können, und besinnt sich seiner besseren Vergangenheit, wo sein Urteil über die politischen Qualitäten der Fischbrcks von dem unseren nicht allzu sehr vcr- schieden twr. Tin Idyll im Kanzlerpalais. Sie saßen beim Weine und führten heitere Reden. Ihre Wangen röteten sich, ihre Augen funkelten. Ein Gefühl des Wohl- behagen? erfüllte sie. Wie schön ist doch daS Leben im.intimen Kreise" im ReichSkanzlerpalais! Sie scherzten und lachten, erzählten sich lnstige Witze. Graf S t o l b e r g. der ReichötagSpräsident,entpuppte sich als ein reizender Plauderer". Erzählte Anekdoten über Bismarck   und über Eulenburg. Nach den jüngsten Hardenprozessen wirklich ein reizendes Thema. Ein anderer erzählte von seinen.afrika  - nischen Fahrten". Muß auch sehr interessant gewesen fein. Die Wildnis, das Land, wo Menschcnblnt billiger ist als Wasser, die Tropcnglut, die schwarzen Mädchen l... Die animierte Stimmung stieg. Als Plauderer treten sich diese Politiker und Staatsmännerpersönlich näher" zum Wohle des Vater- landcs., Und der Reichskanzler, mit heiteren Grübchen auf dem freundlichen Gesicht, ergriff das Wort. Doch bevor wir die Rede hören, müssen wir uns die Geste ansehen. Wer den Kanzler des Deutschen Reichs im Parlament gesehen. wie er mit sanften Bewegungen seine Taille massiert, um dann in vollendeter Grazie der Armkrümmung mit einem leisen Zucken des wohlgepflegten Hündchenö die Sozialdemokratie zu zerschmettern, nur der kann sich eine Vorstellung bilden von der Größe und der Energie dieses Geistes, der das deutsche   Volk in seine politischen Schlachten führt. Eine Stunde vorher, im Reichstage, war die Rede des Reichskanzlers ein drohender Finger. Nichts als ein großer Allvaterfinger, der sich dräuend aus den Wolke» erhebt wie nach einer Zeichnung von W. Bus ch. Hier. im Kreise seiner Intimen, in einer Atmosphäre, in der sich der würzige Geruch der seinen Weine mit dem Aroma der Havannas  mengte, behaglich zurückgelehnt in seinem Sessel, hatte der Reichs- lanzler sicher nicht die grobe, klotzige Geste von vorher nein, feine Geste war jovial, leicht, niedlich, beinahe so wie das Füßchen einer Ballerina. Und so en pasbant, mit lächelndem Munde, mit tändelnder Handbetvegung, uiit spielenden Fingen,, die die Kriege en bagatelle behandeln, erzählte der Reichskanzler, wie 1871 Gallifet die Blusenmänner aus dem Volke in Reihen   aufstellte, im Vorübergehen bald diesen, bald jenen tippte oder durch einen leichten Fingerdruck bezeichnete und wie diese Gezeichneten dann an die Mauer gestellt und füsiliert wurden!Ist das eine Kunst? Sicher nicht. Sehen sie, mein« Herren, so wird'S gemacht!*" In. so wird'S gemacht. Hoch der Kanzler I Die Gläser klirrten. die Gesichter glühten.Der Abend schreiben die H a m- bnrger Nachrichten" hat entschieden dazu beigetragen, daß die persönlich« Fühlung zwischen den Abgeordneten der Block- Parteien und dem Reichskanzler wärmer geworden ist." Am gleichen Abend saß in den Arbeitervierteln von Berlin  mancher hungernde Arbeitslose mit verbundenem Schädel, zer- schundenem Arm und ergab sich ebenfalls seinen Gedanken, das Liebchen vor sich hillpfeifend:»Lieb Vaterland, magst ruhig sein." Sie MarMo-Ivtei'pellatloi» In der franzSillchen Kammer. Paris  , 2i. Januar. Di« Regiorung hat vorgebeugt. Sie hat offenbar aus b«n Anzeichen der letzten Tage u. a. aus der angekündigten Anfrage der Radikalsozialisten geschlossen, daß eine nicht tinerhobliche Strömung der öffentlichen Meinung gegen die Ausdehnung des marokkanischen Abenteuers ist. So hat sie denn noch vor Beginn der kritischen Kammersitzung in der Prcffe mitteilen lassen, es heiße, daß im gestrigen Ministerrat beschlossen worden sei. keine neuen Truppen nach Marokko   zu senden und die Aufnahme einer neuen Marokko  - Anleihe in keiner Weise zu be- günstigen. In der Kammer waren alle Tribünen stark besucht. I a u r« s als Begründer der sozialistischen   Interpellation be> gann seine Rede mit der Aufforderung an die Kammer, Frankreich   mutig von dem marokkanischen Abenteuer zu befreien. Frankreich   und Abdul Aziz befänden sich einer großen Bewegung in Marokko   gegenüber, die AlgeciraSakte aber verpflichte Frankreich   nicht, Marokko  einen Sultan aufzudrängen, der an Ansehen verloren habe. Die Affäre von Scttat sei eine Warnung. Wenn Frankreich   mit Abdul Aziz zusammengehe, werde eS engagiert sein. Der Ministerpräsident, sagte der Redner, macht mir ein Zeichen, daß er Abdul Aziz nicht militärisch unter- stützen will. DaS ist gut, eS scheint auch nicht, alS ob Sie ihn finanziell weiter unterstützen wollen. JauröS wies dann in ironischer Weise auf die Cle- menceau kürzlich von Berichterstattern zugeschriebenen Ideen hin. und warf der Regierung vor, daß sie beiden Sultanen abwechselnd ihre Gunst zuteil werden lasse. Dr. Mauchamp sei ein geheimer offiziöser Unterhändler zwischen dem Ministerium des A e u tz e r n und M u l a y H a f i d gewesen. Er(Redner) besitze Briefe, welche eS beweisen.(Bewegung.) Minister P i ch o n erklärte hierauf, er habe niemals, weder direkt noch indirekt Beziehungen zu Mulay Hafid   gehabt. Jaurös gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Regierung weise genug sein werde, absolut neutral zu bleiben und sich darauf zu beschränken, Schiffe in den Häfen zu halten, die die Europäer gemäß der Algecirasakte beschützen sollten. Er erinnerte an die Marokkopolitik DelrasseS; die Algeciras­akte habe alücklicheriveise gestattet, diese Politik zu des- avouieren. In den Anordnungen der Regierung träten Widersprüche hervor. Sie habe"beispielsweffe den Obersten de Frötay, der 3 Kilometer vorging, verurteilt, und jetzt den General d' Amade belobt, der 63 Kilometer vonvärtL gegangen fei. Die Einnahme Settats fei ein Wiederaufleben des Marsches nach Marrakesch  , der vor der Revolution in Fes geplant war. (Pichon macht ein Zeichen der Verneinung.) Jaurös fährt fort: Wenn Sic die Marokkaner nicht anders an sich fcffcln können, als mit Kanonenkugeln, fo ist das ein Der- dammungSurtcil der Intervention in Marokko  , wo Frankreich  für die anderen Mächte arbeitet. Cle menceau erklärt in Erwiderung auf eine Be­merkung Jaurös, niemand denke daran, nach Fez zu gehen. I a u r s s antivortet, daß die Ereignisse Frankreich   möglicher- weife dazu zwingen könnten. Er verurteilte im weiteren Vcr- laufe feiner Rede jede doppelsinnige Politik in Marokkosowie jede? geheimeAbkommen zwischen Frankreich   und Spanien  , daS eine Trennung Marokkos   bezwecken würde. Als Minister Pichon hierauf mit dem Kopfe schüttelt, erwidert Jaurös, Kopf- schütteln genüge nicht, um die Gefahr doppelsinniger Verträge abzuwenden. Frankreich   dürfe nicht aus Eigenliebe im Gleise der in bezug auf Marokko   gemachten Fehler bleiben.(Beifall auf der äußersten Linken.) Nach Jaurös ergriff R i b o t das Wort. Im Jahre 1964 habe Jaurös unter der Zustimmung Englands für Frankreich  das alleinige Recht in Anspruch genommen, Marokko   zu orga- nisieren.(Gelächter.) Die Bestrebungen Jaurös, die darauf hinausliefen, Frankreichs   Stellung in Marokko   aufzugeben und diejenigen zu verlassen, die Zuflucht auf den französischen  Schiffen gesucht hatten, dürften nicht zugelassen werden. Von fanatischen Marokkanern werde schon jetzt behauptet, die Europäer   könnten sich von ihren Schiffen nicht entkernen. Er sei auch nicht dafür, nach Fez zu marschieren. Frankreich  müsse zeigen, daß eS niemals seine Staatsangehörigen vcr- lassen und daß eS stets die Europäer beschützen werde. Er freue sich über den glücklichen Ausgang des Zwischenfalls an der algerisch-marokkanischen Grenze. Die Lage CasablancaS sei aber weniger gut. Aufklärung sei über den Fall Drude zu fordern. Frankreich   sei eS gewesen, das den Sultan nach Rabat   geführt habe; er sei der Ansicht, daß von der Regierung auf die Kammer ein Druck dabin ausgeübt werde, daß diese de in Sultan   die Unterstützung Frankreichs   gewähre.Wir dürfeu uns nicht weiter engagieren, sondern wir müssen einzig die Franzosen und die übrigen Europäer schützen. Warum habe Pichon in Madrid   nicht El Mokri auf- gehalten. Er hätte ihm nachweisen können, daß seine Mission bezüglich einer Anleihe unnütz sei. Ribot schloß:«Wenn wir Abdul Aziz schützen, dürfen wir ihm kein Unrecht zuftigen. Wenn Marokko   zur Zivilisation erwachen wird, muß man eS darin unterstützen, aber nicht gegen seinen Willen. Es wird eine gewisse Größe darin liegen, eine friedliche Politik zu befolgen."(Beifall.) Unter Bewegung des HauscS bestieg dann D e l c a s s 6 die Tribüne. Er führte aus. da Frankreich  gegen seinen Willen zur Konferenz von Algeciras   geführt worden sei, sei es eine Ehre für Frankreich  , seine Politik gemäß der AlgeciraSakte zu befolgen. Warum wurde die legitime Aktion, die wir begonnen hatten, nicht mit Beharr- lichkcit weiter geführt? Es würde Uebertrcibung sein, darin den Eitisluß der Ereignisse in der Mandschurei   zu suchen. Deutschland   und Rußland   hatten von uns eine bcgiinsttgtc Behandlung erfahren. Deutschland   hatte von dem französisch  - englischen Vertrage drei Wochen vor seiner Unterzeichnung Kenntnis. Die Hegemonie Deutschlands   in Europa   war bc- droht, alle Nationen, denen die Unabhängig- t'cit EttropaS am Herzen lag. waren um Fraitk reich gruppiert.(Lebhafter Beifall links und im Zentrum.) Tie Konferenz von NlgeciraS, die dann zu- fammentrat, ließ die Möglichkeit eines Krieges voraussehen. Der Krieg wurde Frankreich   aber nicht erklärt. Wenn Frankreich   sein Recht für sich hat. seine Allianz und seine mächtigen Freundschaften, kann eS Vertrauen zu sich selbst haben.(Tosender Beifall links, im Zentrum und rechts.) Jaurös ruft zur Linken gewandt:Warum haben Sie ihn dann fallen lassen, wenn Sie ihm heute zujubeln?" Zu Telcasss:Wollen Sie heraus- fordern? In der Gefahr waren Sie recht klein."(Beifall auf der äußersten Linken.) Dclcassö erwidert:Sie sind getäuscht worden." B c a u. ehemaliges Mitglied deS Kabinett Rouvicr, ruft Delcassö zu, er solle nicht mit Insinuationen vorgehen, es müsse gesprochen werden.(Anhaltende Bewegung.) Delcassö fährt fort: Frankreich  , als die Macht. deren Einfluß überwiegend ist, dürfte keiner anderen Macht erlauben, an seine Stelle zu treten. Frankreich  mußte handeln, um Marokko   aus der An- a r ch i e zu reißen. Die Mittelmeermächte erkannten durch die geschlossenen-Abkommen an. daß Frankreich   dieses Recht zustehe. Auch der deutsche Reichskanzler hatte an- erkannt, daß unsere Aktion allen zugute kommen mußte. Wir teilten dem Sultan   den französisch-cnglischen Vertrag sofort nach seinem Abschluß mit. » Paris  . 2i. Januar. Telcassö fuhr darauf fort: Ge- legentlich Marokkos   von Krieg sprechen, heißt denjenigen eine Beleidigung antun, denen man diesen Gedanken zu- schreibt. Sie haben es im Reichstage erklärt, die Konferenz von Algeciras   hat in Marokko   einer Einmischung die Tür geöffnet, die sie sorgfältig vermeiden wollte. Ich habe mich zurückgezogen und nichts gesagt, was der Regierung bei ihren Verhandlungen hinderlich sein konnte, und ich habe für die Algecirasakte gestimmt. Für Deutschland   wäre es besser gewesen, die Konferenz von Algeciras   hätte nicht statt- gefunden. Ohne die Konferenz wäre die glückliche Aendcrung er europäischen Lage nicht so klar in die Erscheinung ge- treten. Unsere Politik der Versöhnung ist also keine Politik der Abenteuer gewesen.(Beifall links und im Zentrum.) Streitfragen mußten ausgetragen werden, damit die Entente der einander nahestehenden Länder nicht gestört werde. Von Petersburg   ist die erste Billigung der französisch-englischen Entente ausgegangen. Unsere gesamte Politik wurde als friedlich aneriannt, als sich plötzlich Sachen creigiteten, auf die ich nicht weiter eingehen werde. Franzosen   selbst haben versichert, daß der Dreibund friedlich ist. Delcassö recht­fertigt dann alle von ihm eingeleiteten Annäherungen und schloß: das friedliche Ziel der französifcljen Politik war über­all anerkannt worden. Das Netz der Freundschaften Frank- reich? und seiner Alliancen ist seiner Freiheit zu nützlich. clL daß darauf zu verzichten wäre.(Langanhaltendcr Beifall.) Hieraus wurde die Weitcrberatung auf Montag vertont und die Sitzung geschlossen. politische(leberllcht. Berlin  , den L4. Januar 1366. Internationale Zuckcrkonventio». Drei internationale Verträge, die sich auf die Brüfsekel Zuckcrkonvcntion beziehen, wurden dem Reichstage zur Ge­nehmigung vorgelegt. Ter eine dehnt die Gültigkeit der Kon- vcntion auf weitere 5 Jahre aus, befreit aber Eng- land von der Verpflichtung, eine aus­gleichende Abgabe auf diejenige Zuckereinfuhr aufzuerlegen, die durch eine Ausfuhrprämie des aussührcndcu Staates bc- günftigt ist. Der zweite Verlrag protokolliert den Beitritt Rußlands   zu der Konvention. Der dritte, zwischen Deutschland   und Rußland  , setzt fest, daß tvegcn der russischen  Ausfuhrprämie Deutschland   berechtigt ist, außer dem Zoll von 18,80 M. pro Doppelzentner noch den Ausgleichszoll von 8,14 Frank pro Doppelzentner zu erheben. Gegen den ersten Vertrag läßt sich geltend machen, daß durch die Möglichkeit für die Engländer, sich anderswo billigeren Prämienzucker zu Ungunsten' des unprämiicrten deutschen   Zucker? zu beschaffen, die deutsche   Ausfuhr ge­schädigt werden könne. Da aber die Frage so steht, ob der neue Vertrag auch mit der englischen Klausel angenommen werden soll oder ob wir gar keinen Vertrag bekommen werden, so war man allerseits bereit, den Vertrag anzu- nehmen. Die Agrarier hatten jedoch einen Gesetzentwurf ein- gebracht, der die Z u ck c r st e u e r von l-1 M. auf 10 M. für den Doppelzentner herabsetzen und den eventuellen SteuerauSfall, also den Betrag, der jährlich an einem Gesamtbeträge von 140 Millionen Mark fehlt, durch Anleihen decken ivill. Die Debatte drehte sich wesentlich um diesen Gesetz entwurf, von dessen Annahme die Konservativen ihre Zu- stimmung zu der Konvention. wie Graf Schwerin- Läwitz erklärte, abhängig machen wollen. Mt der Herabsetzung der Steuer ist auch die Sozial- demokratie, wie Genosse S ü d e k u m darlegte, einverstanden und zwar deshalb. weil dadurch eine Hebung des Zucker- koustlms herbeigeführt werden kann. Er machte aber auch darauf aufmerksam, daß die Agrarier durch ihre zollpolitische Verteuerung der Lebensmittel den Arbeitern die Möglichkeit, ihren Zuckerkonsum auszudehnen, sehr beschränkt haben. Unter keinen Umständen könne sich die Sozialdemokratie aber auf den zweiten Absatz des Antrages einlassen. der ein etwaiges Manko des StcucrergcbnisseS durch Anleihe decken wolle. Tatsächlich hat ja die sozialdemokratische Fraktion bereits früher die Aufhebung der Zuckcrsteuer beantragt, und auch die Herabsetzung auf 10 M. hätten die Konservativen erreichen können, wenn sie einem dahin- zielenden Antrage der Sozialdemokratie seinerzeit zugestimmt hätten. Gegenüber dem Abg. W i c m c r, der sich gerühmt hatte, daß die Freisinnige VollSpartei immer für Verbilliguitg des Zuckers eingetreten sei, wies Südekuvi mit Recht darauf hin, daß bei Annahme der Konvention die Frei- sinnige Volkspartei es verschuldet habe,- daß wir den hohen Steuersatz von 14 M. bekamen, anstatt deL Satzes von höchstens 12 oder lO M., der damals durchzusetzen gewesen wäre. Die Vorlage wurde an eine Kommission von 28 Mit­gliedern überwiesen. Dann vertagte sich das HauL einen: früher getroffenen Abkommen gemäß bis zum 29. Januar. Die Domäne des JunkerparlainentS. Das preußische Abgeordnetenhaus erledigte heute zunächst di». zweite Lesung des landwirtschaftlichen Etats. Dabei wurden noch manche recht merkwürdige Wünsche laut. Ein gräflicher Zentrums- Herr verlangte z. B. an der landwirtschaftlichen Hochschule besondere Kurse für aktive Offiziere, damit die Herren Kavallcricofsiziere. wenn sie später das väterliche Majorat erben, in ihren landwiri- schaftlichen Kenntnissen nicht ganz auf den Pferdestall bcschrän!: sind. Schlesische Abgeordnete brachten berechtigte Beschwerden über den mangelnden Schuh Schlesiens gegen die Hochwasser- gefahren vor. Der Landwirtfchaftsminsster entgegnete kühl, daß er davon nichts verstehe, weil es nicht zu seinem Ressort gehöre, und daß der Staat im übrigen ein wohlmeinendes Herz habe, das aber leider von den Gebirgsflüffcn nickst respektiert wird.... Die oft- preußischen Agrarier verlangten neue Mittel zur Scßhaftmachung von Arbeitern die sie an die Scholle fesseln wollen. Hier zeigte sich der Herr Landwirtschaftsminister natürlich weit entgegen­kommender. Tie landwirtschaftliche Debatte war nur das Vorspiel zu dem Hauptthema deö TagcS: dem GcstütSetat. Die Junker vertieften sich in ihr altes Lieblingsthema vom Pferde so gründlich, daß die Sitzung bis in die fünfte Nachmittagöstundc hingezogen wurde. Sie wurden nicht müde, die alten Reden über die Notwendigkeit der Förderung der Raltblüterzucht und über die dringliche Reform der Körordnung zu wiederholen, und sie brachten diesem Thema sicherlich weit mehr Verständnis und Interesse entgegen als der Frage der preußischen Wahlrcform. Herr v. Dirkscn, der Reiche- verbändler, Herr v. Saldcrn und all die anderen märkischen und preußischen Junker redeten zum ersten Mole in ihrem Leben über ein Thema, zu dem Anlage und Verstand bei ihnen ausreichen. Morgen stehen kleinere Etats auf der Tagesordnung. Kanaille! DieHamburger Nachr." suiben ihren alten Ruf als bös­artiges Scharfmackerorgan dadurch aufzufrischen, daß sie nach Taten" gegen die Sozialdemokratie schreien, worunter sie nach derDeutschen TageS-Ztg." eine Aenderung der Gesetz-- g e b n n g, also Ausnahmegesetze gegen daS sozialistische Proletariat verstehen. Also Ausnahmegesetze gegen Entrechtet«, gegen Heloten! Ausnahmegesetze gegen das arbeitende Volk, für daS die Rechte, die die Privilegierten und Besitzenden genießen, ohnehin nicht existieren Weder das gleiche Wahlrecht, noch daS gleiche Rechr auf die Straße! Diese Forderung deS Hamburger   ScharfmncherorganS erscheint selbst derDeutschen TageS-Zeitung" absurd. Mit aller Aelasienheit setzt daS Jnnkerorgan auseinander, daß neue AuSnahinegeseye gegen die Sozialdemokratiejetzt noch nichc nötig" seien. Die gegenwärtigen behördlichen Befngnisse gcnügten einstweilen, man müsse sie nurmit aller Entschieden heil und Schärfe" anwenden: Man muß allenthalben und unter allen Um- ständen darauf verzichte», die Sozialdemokratie als gleich- berechtigte Partei zu behandeln." Also das Organ Knnten-Oertels gesteht zu, daß es überflüssig sei. daS sozialistische Proletariat gesetzlich noch besonders zu ächten. da eS auch ohnehin schon als geächtet, als rechtlos behandelt werde! Da hat das Blatt ganz recht. Aber eben diese Rechtlosiglcit. will sich daS Proletariat nicht länger gefallen lassen! Versucht man eS trotzdem mit den Mitteln der Entrechtnirg und Bxr- gewaltigung: um so schlimmer iür die Vergewaltiger, denn bessere »>W»WWW