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«vg. Orte!(natl.) erklärt das Einverständnis seiner Freunde mit der Vorlage. Abg. Henning(l.) begräbt ebenfalls die Vorlage. Einen Schaden fiir die Goldwährung erblicken wir in der Mehrausprägung von Silber, wie sie hier vorgesehen ist, nicht. Eine Kommission von 14 Mitgliedern halten ineine Freunde für geniigend. Abg. v. Stroinbeck(Z.) hält im Gegensatz zum Abg. Speck ein 22-Pf.-Stück für ein dringendes Bedürfnis. Abg. Dr. Arendt(Rp.) spricht sich für da? 2S-Pf.-Stgck aus, das aber eine eckige Form erhalten sollte. Die Kommission sollte auch die Wiederausprägung von 3-M.-Stücken ins Auge fassen; ebenso sollte man sich bemühen, dem b-M.» Stück eine handlichere Form zu geben. Als Bimetallist bin ich stets Gegner der Ver- mehrung der Silberscheideinünze» gewesen. Aber der Betrag der Kopfquote ist jetzt erheblich geringer als früher, durch Abnutzung resp. Verluste, durch Vermehrung der Bevölkerung, durch Einziehung der Taler, die das Publikum auch nur als als Scheidemünze betrachtete. Deshalb stimme ich der Erhöhung der Kopfquote auf 20 M. zu. Freilich wird das Gesetz eine wesentliche Stütze der Goldwährung bilden', ich sehe aber von allen theoretischen Bedenken ab, da der Gesetzentwurf praktischen ivirtschastlichen Bedürfnissen entgegenkommt. Abg. Kaewps sfrs. Vp.): Daß ein Bedürsnis sür ein 2b-Ps.-Stück vorhanden ist, beweisen die zahlreichen Petitionen der Handels- kammern. Gegen eine Erhöhung der Silberausprägung habe ich nichts einzuwenden, wenn sie in den Grenzen bleibt, deren der Verkehr bedarf. Wird mehr Silber ausgeprägt, so strömt es aus dem Verkehr zurück und bleibt bei der Reichsbank. Einer solchen Absicht, der Reichsbank überflüssige Silberbestände zuzuführen, muß im Interesse unserer Währung Widerstand geleistet werde». Wir sind damit ein« verstanden, daß die Vorlage einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen wird. sBravo I bei den Freisinnigen.) Abg. Raab(Wirtsch. Vgg.) begrüßt das-Pf.-Stück; die Durch- brechung des Dezimalsystems im kleinen Verkehr ist sehr dankenswert, denn der Kleinverkehr braucht die Teilung in die Hälfte und wieder in die Hälfte. Beim Einziehen der Silbermünzen sollte man weniger rigoros Verfahren. Staatssekretär Sydow: Schon mein Herr Amtsvorgänger hat Anweisung gegeben, die Bestimmungen über das Einziehen der Sikbermünze» milde zu handhaben. Damit schließt die Diskussion. Die Vorlage wird an eine Kommission von 14 Mtgliedern b e r w i e s e ir. Es folgt die Beratung der zum Postctat gestellten Resolution v. Gamp<Rp.) und Genossen, die Regierung möge in einem Nachtragsetat zu außerordentlichen Beihlllfen für die mittleren Beamten und für die Kauzlei- und Uutcrbeamten in der Provinz Posen   und den gemischtsprachigen Gebieten von Westpreußen 690 000 Mark fordern sOstmarken-Zulagen). Hierzu beantragen die Abg. Ablaß fsrs. Vp.) und Genossen, hinter.außerordentllchen" einzufügen:.unwiderruflichen". Die Abg. Ablaß   sfrs. Vp.) und Genossen beantragen, über die Resolution v. Gamp namentlich a b z u st i m m e n. Abg. Schultz sRp.): ES muß dem ungerechten Zustand ein Ende gemacht werden, daß die preußischen Beamten die Ostmarkenzulage bekommen, die Reichsbeamten nicht. Die Freisinnige» verlangen eine unwiderrufliche Zulage, die Regierung will nur widerrufliche gewähren; wir haben daher den Stein des Anstoßes beseitigt, indem wir das ominöse Wort widerruflich beiseite ließen. Leider bestehen die Freisinnigen auf der Einfügung des Wortes.unwiderruflichen". Die Freisinnigen beharren viel eigensinniger auf ihren Grundsätzen als wir sHeiterkeit), so daß eine gemeinsame Politik nur möglich er- scheint, Ivenn wir ihnen stets nachgeben.(Schallende Heiterkeit.) Wenn der Antrag anders nicht angenommen wird, werden wir für diesen Zusatz stimmen, und bitten die Regtcrung. nach dem Grund- satze.der Klügere gibt nach" sGroße Heiterkeit), an diesem Wort die Zulage nicht scheitern zu lasten', gar so einschneidend ist der Zusatz am Ende nicht, da die Zulage doch immer nur auf ein Jahr be- willigt wird.(Bravo l rechts.) Abg. Fritzen(Z.): Ungeachtet der Wandlungen anderer Parteien bleibt das Zentrum auf feinem ablehnenden Standpunkt stehen. Abg. vitstermann(natl.): Wir werden der Resolution Gamp zustimmen; der freisinnige Antrag, diese Zulagen unwiderruflich zu machen, ist uns sympathisch! wir werden daher für denselben stimmen.(Bravo I bei den Nationalliberalen.) Abg. Brandys(Pole): Wir lehnen den Antrag in jeder Form ab. Dre Beamten in den polnischen LandeSteilen find nicht schlechter gestellt als die in anderen Gegenden. Die Zulage soll der Ent- Nationalisierung der Polen   dienen, jede Entnanonalifierung aber ist unmoralisch.(Bravo I bei den Polen  .) Abg. Lcdebour(Soz.): Auch wir lehnen grundsätzlich jede derartige Forderung ab. Der freisinnige Antrag ist ja zweifellos eine Milderung der Korruption,.zu welcher der Antrag der Rechten un- bedingt führen muß, deshalb werden wir auch zunächst diesem Amendement zustimmen, lehnen aber dann den ganzen Antrag ab. Da der freisinnige Antrag doch abgelehnt wird, könnten die Herren ihn ja gleich zurückziehen und sich auf einen gemeinsamen Block- antrag einigen.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Daß tat- sächlich die'Ostmarkcnzulage eine Korruptionszulage sein soll, geht ja auch aus der von Herrn Brandys angeführten Tat- fache hervor, daß die Zulage aus Teuerungsrücksichten nicht begründet werden kann, iveil im Osten die Lebensmittelpreise billiger sind als im Westen. Wenn man auf TeuerungS- verhältniste Rücksicht nehmen wollte, könnte man damit nur eine allgemeine Gehaltsaiifbestcriing begründen. Bei der Post kommt es darauf hinaus, daß inan die Beamten veranlasteit will, zu Germanisierunaszwecken die polnischen Adressaten durch späteBriefbestellungusw. möglichst zu schikanieren. (Sehr wahr I bei den Polen  .) Hat doch früher ei» Abgeordneter direkt die Post aufgefordert, sie solle die Wildsendungcn an polnische Adressaten so langsan, und sorgfältig befördern, daß das Wild im höchsten Zustande des Hautgout ankommt.(Hört I hört! bei den Soz.) Am mteressanlesten waren mir die Ausführungen des Herrn Schultz. der aus den tiefsten Tiefen feines Gefühls heraus betonte, man dürfe einen Teil der Bevölkerung nicht als Stiefkinder behandeln. Damit meinte er aber nicht etwa die Polen  , sondern die Reichs- beamten gegenüber den preußischen Beaniten. Wenn er wegen einer solchen Lappalie, wie eS die paar Groschen Zulage für einige Beamten sind, sich so empören konnte, so sollte er doch um so mehr die tiefe Empörung der polnischen Bevölkerung verstehen, die in ihren Lebeusinteresfen geschädigt und alS Preußen zweiter Klaffe, als Stiefkinder behandelt werden.(Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.) Es zeigt sich hier wieder, wie sich die Herren verblenden lasten durch ihre allercngsten, kleinlichen eigenen Interessen. Wenn es sich um diese handelt, können sie sich nicht genug tun in Empörung und merken gar nicht, daß sie auf der anderen Seite die Rechte ganzer Teile der Bevölkerung mit Füßen treten. Es beweist da», wie korrumpierend diese ganze sogenannte nationale Politik auf die herrschenden Klassen und Parteien einwirkt. Deshalb habe ich es auch um so mehr bedauert, daß die Freisinnigen sich auch bei dieser Gelegenheit zu Handlangern der Rcattio» hergeben. Sie sind schon so heruntergesunken beim Vereinsgesetz(Unruhe bei den Freisinnigen), nun leisten sie auch bei den Ost markenzulagen der Reaktion keinen Wider st and mehr. Um dem Verständnis des Herrn Müller- Meiningen entgegenzukommen, möchte ich zur Charakterisierung dieses Verhaltens der Freisinnigen einen Dichter zitieren.(Große Heiter- keit.) Herr Roeren, ich mache Ihnen beiden leine Konkurrenz. (Heiterkeit.) Der Dichter ist Heinrich Heine.  (Aha! im Zentrum, Heiterkeit.) Er hat da» Verhalten der Freisinnigen bei dieser Paarungspolitik einmal vorausahnend geschildert in seinem Gedicht die»Mäusehochzeit", wo es heißt: Es war ein Locken und ein Werben, Es seufzte die Braut: ach Gott, ach Gott; Sie war wehmütig bis zum Sterben, Doch endlich stieg sie hinab in den Pott; (Stürmische Heiterkeit.) So find Sie m den Pon oer Reaktion hinab- gestiegen und werden darin ersaufen.(Andauernde große Heiterkeit. Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Abg. v. Gersdorff(k.) wendet sich gegen einige Ausführungen des Abg. Brandys. Die GermanisationSbestrebungen als unmoralisch zu bezeichnen, ist ungeheuerlich, speziell im deutschen   Reichstage. Der Worte sind jetzt genug gewechselt(Heiterkeit), ich rufe dem Reichstag und den Regierungen zu, wir wolle» jetzt endlich Geld sehen, nicht blos Worte hören.(Schallende Heiterkeit.) Abg. Lattmann(wirtsch. Vg.) erklärt die Zustimmung seiner Freunde zu dem Antrage Gamp. Die Diskussion ist damit geschlossen. Die Abstimmung, ivelche namentlich ist, wird morgen erfolgen. Es folgt die Abstimmung über den Antrag der Budget- kommission, bei der Neuordnung der Arbeitsbedingungen in den Militärwerkstätten die Arbeitsrausschüsse zu hören. Hierzu hat das Zentrum beantragt, hinter»ArbeiterauSschüste" einzuschiebenArbeiterorganisationen". Die Abstimmung über dieses Amendement bleibt zweifelhaft. Man schreitet also zum Hammelsprung. Mit Ja stimmen 127, mit Nein 121 Abgeordnete, der Antrag ist also angenommen. Darauf wird der Antrag der Budgetkommission augenommen, desgleichen werden die Resolutionen auf Gewährung beS Lohnes für gesetzliche Feiertage an Arbeiter der Militärverwaltung und auf Einführung dcS Neuustundentagcs für die in der Feldzeugmcisterei beschäftigten Personen vom Jahre 1909 ab angenommen. Unter Ablehnung emeS Antrages Bassermann(natl.) auf Vorlegung eincS Gesetzentwurfs   betr. das Strafrecht und den Straf- Vollzug gegenüber jugendlichen Personen wird ein Antrag Kirsch (Z.) angenommen, welcher die tunlich sie Beschleuni- gung der Reform der Vorschriften über diese Marerie wünscht. Der Antrag v. Damm(wirtsch. Bg.) auf Wiederherstellung der alten Tarife für Drucksachen usw. wird abgelehnt. Ein Antrag Ablaß  (frs. Vp.), der eine Denkschrift über die W i r k u n g e n der vom Reichstage angeregten Umgestaltung der B e a m t e n v e r h ä l t n i s s e bei der P o st fordert, wird an- genommen. Die Abstimmung über eine Resolution der Budgetkommission betr. den SechSuhr-Schalterschluß für Pakete an Vorabenden von Sonn« und Feiertagen bleibt zweifel- Haft. Der Hammelsprung ergibt die Annahme des L n- träges mit 131 gegen 110 Stimmen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzung: Mittwoch 1 Uhr.(Namentliche Abstimmung über den Antrag der Ostmarkenzulage, Interpellationen A l b r e ch t(Soz.) und«blaß(frs. Vp.) über die SchiffahrtS« abgaben, zweite Lesung des Gesetzes betreffend den VerstcherungS« vertrag.) Schluß 6»/« Uhr. m a» Genoste ZuBeil ersucht unS um folgende Richtigstellungen: In meiner ersten Rede vom Montag, den 30. d. M., darf eS nicht heißendes 172. Regiments in Stralsund  ", sondern»in Straßburg   i. Elsaß  ". In meiner zweiten Rede vom selben Tage darf eS nicht heißen mit Bromgelb bestrichen, sondern mit Chromgelb; Weiler besteht dasselbe nicht aus Bleizucker, und Bromkalk, sondern auS Bleizucker und C h r o m k a l i._ Hbgeordnetenbaue* 64. Sitzung vom Dienstag, 81. März, II Uhr. Am Ministertische: Frhr. v. Rheinbaben, Dr. Holle. Präsident v. Kröcher teilt mit, daß auf seine Anfrage beim StaatSministerium wegen deS voraussichtlichen Schlusses der Session und der Vorlagen, auf deren Erledigung die Regierung Wert lege, vom Minister deS Innern ein Schreiben eingegangen sei, wonach die Staatsregierung die Session möglichst bald zu schließen beab. sichtigt und vorher die Erledigung deS PolizeikostengcsctzcS, des QuellenschutzgcsctzeS, dcS Gesetzes über die weitere Aufschließung von staatlichen Steinkohlenfeldern, des Gesetzes über den Vau deS Masurischcn SchifsahrtskanalS, der Sekundärbahnvorlagc und de? Nachtragsetats betreffend die Teuerungszulagen an die Beamten wünscht. Ein genauer Termin für den Schluß de? Session laste sich noch nicht angeben. Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des Nachtragsetats für die Teuerungszulage» an die Beamten, Geist- lichen und BolkSschulleftrer. Nach der Vorlage sollen erhalten eine einmalige Zulage von 100 M. die Unterbeamten, eine solche von ISO M. die mittleren Beamten mit einem Gehalt bis zu 4200 M. Die Lehrer und Lehre« rinnen in Schulverbänden mit bis zu 26 Schulstellen sollen 150 bezw. 100 M. erhalten, wenn das Grundgehalt für Lehrer nicht mehr als 1200, für Lehrerinnen nicht mehr als 900 M. beträgt. Abg. v. d. Gröben tk.) beantragt die Verweisung der Vorlage an eine Kommission uno bezeichnet eS als Härte, daß die Lehrer mit mehr als 1200 M. Grundgehalt keine Zulage erhalten sollen. Abg. Schmcdding(Z.) bedauert die Festsetzung einer Höchst- grenze von 4200 M. Gehalt. Am bedenklichsten sei, daß die Lehrer in Schulverbänden mit mehr alS 25 Stellen nichts erhalten sollen. Abg. Dr. Fricdberg(natl.): Die Vorlage bringt nicht das, was der Finanzminster in seinen Reden angekündigt hat, und sie wird nicht die Unzufriedenheit der Beamten beseitigen, namentlich wegen der Grenze von 4200 M. bei den Beamten und von 1200 M. bei den Lehrern. Auch dem Prinzip der Gleichmäßigkeit entspricht die Vorlage nicht. ES war ein schwerer Fehler, daß die BesoldungS  - Vorlage nicht früher gekommen ist.(Betfall links.) Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: Die Zulagen haben den Charakter einer antizipierten Gehaltsaufbesserung, sie können daher nicht den Außenbeamten gewährt weroen, die bereit» 1907 aufgebessert worden sind. In der Kommission wird sich zeigen, daß die Vorlage kein Stückwerk ist. Kultusminister Holle  : Die Gewährung von Vorschüssen in ein« zelnen Fällen an bedürftige Geistliche ist nicht Sache des Staates, sondern der kirchlichen Behörden. Diese Vorschüsse sollen dann auf die auf den 1. April 1903. zurückdatierten BcsoldungScrhöhungen angerechnet werden. Abg. Dr. Jderhoff(fk.) bedauert, daß die Geistlichen aus der Vorlage ausgeschaltet sind. Abg. Kopsch(frs. Vp.): Die Vorlage ist hier als unzulänglich bezeichnet worden, und die Uebercinstimmung auf allen Seiten <n dieser Richtung wird hoffentlich aus die weiteren Maßnahmen der Regierung von gutem Einfluß sein. Dem Wunsche»ach Gc- Währung von Teuerungszulagen an die Geistlichen schließe ich mich an; ich trete dann aber auch für solche an die Richter und höheren Beamten ein. Wenn auch die Berücksichtigung der Lehrer in der Vorlage erfreulich ist, so ist doch zu bedauern, daß alle die Lehrer ausgeschlossen sind, die mehr als 1200 M. Grundgehalt haben und Schulverbänden mit mehr als 25 Schulstellen angehören. Wenn der Finanzministcr meinte, daß die größeren Gemeinden die leistungsfähigsten seien, so vergißt er, daß diese Gemeinden vielfach mit einem sehr hohen Kommunalsteuerzuschlag zu kämpfen haben, und daß die Gemeindevertretungen auch auf die Bürger Rücksicht nehmen müssen.(Sehr richtig! links.) Die Teuerung, unter der wir zu leiden haben, ist hervorgerufen zum großen Teil durch staatliche Maßnahmen und der Staat muß nun auch die Konse« quenzen tragen. Man sagt zwar, die Kulturaufgaben leiden in Preußen nicht. Aber da» stolze Wort: Preußen in Deutschland  voran, ist in dieser Beziehung in der Gegenwart nicht mehr am Platze.(Lebhafter Beifall links.) Abg. Ernst(frs. Vg.): Der Nachtragsetat ist nur Stückwerl. Nach der Art und Weise, wie die Lehrer darin berücksichtigt tverden, möchte man sagen: Wehe dir, daß du ein Volksschullehrer bist. Der Bremserlaß hat vielen Lehrern die Besoldung, die ihnen die Gemeinden zugedacht haben, vorenthalten. Aus Lehrerkreisen sind mir mehrere Zuschriften zugegangen, in denen über die bitjere Enttäuschung durch den Nachtragsetat geklagt wird, n. a. vom Lieg» nitzer Lehrerverein. Hoffentlich wird es in der Kommission ge- lingen, die Vorlage so umzugestalten, daß auch die Lehrer genügend berücksichtigt werden.(Beifall links.) Abg. Werner(D. Reformp.) klagt darüber, daß die Eisenbahn» assistenten in der Vorlage nicht berücksichtigt worden sind. Abg. Malkewitz(k.): An der Vorlage hat niemand eine reine Freude. Beamte sind vielfach der Ansicht, daß Teuerungszulagen überhaupt ungeeignet sind, Befriedigung hervorzurufen. Meine Fraktion wird ernstlich bemüht sein, in der Kommission den Kreis der zu berücksichtigenden Lehrer zu erweitern.(Beifall rechts.) Abg. Dr. Schroeder(Kassel  , natl.) weist darauf hin, daß 30 000 Lehrer durch die Vorlage von einer Zulage ausgeschlossen sind. Verlangt werden müsse die gleiche Behandlung der gleichartigen Beamten in Preußen und im Reich. Ein Schlußantrag wird hierauf angenommen. Die Vorlage geht an die B u d g e t k o m m i s s i o n. Hierauf wird die Vorlage betr. den Bau des Masurischen Kanals in zweiter und dritter Lesung nach den Bc. schlüssen der Kommission(Berichterstatter: Abg. Gyßling (frs. Vp.) unverändert angenommen. ES folgt die e r st e Beratung deS Gesetzes betr. die Er- gänzung und Abänderung der Generalkonzesston für die von der Gemeinschaft der evangelischen Landeskirck- sich getrennt haltenden Lutheraner vom 23. Juli 1845. Kultusminister Dr. Holle bittet um Annahme der Vorlagc, die einer Resolution deS Abgeordnetenhauses vom 30. März 1905 ent» bg. Biereck(fk.) begründet einen Antrag, wonach die Be- fretung von den Leistungen, die der in die altlutherische Gemeinde Uebertretende bisher an eine andere Gemeinde zu zahlen hatte, erst nach 6 Monaten nach erfolgtem Uebertritt eintreten soll. Die Abgg. Graf v. WartenSleben-Rogäsen(k.) und Seydrl (Hirschberg, natl.) sprechen die Sympathie ihrer Partei der Vorlage gegenüber aus. Nach kurzer weiterer Debatte schließt die e r st e Beratung. In zweiter Beratung wird die Vorlage mit dem Antrage Viereck angenommen. Die I n t e r p e l l a t i o n des Abg. L i n z(Z.) und Genossen betreffend die Reform der rheinischen Landgemeinde- o r d n u n g wird auf Wunsch des Antragstellers, da der Minister de» Innern nickt zugegen sein kann, von der Tagesordnung a b- gesetzt. Damit sit die Tagesordnung erledigt. Nächste Sitzung: Mittwoch. 1? Uhr.(Zweite und dritte Beratung der Sekundärbahnvorlage.) Schluß 2 Vi Uhr._ Die Blahlredflsfrage Im ßerrcnbaule. 10. Sitzung vom 81. März. Am Ministertische: Breitenbach. Präsident Frhr. v. Manteufsel eröffnet die Sitzung um IL Uhr 20 Minuten. Das Haus ist sehr schwach besetzt. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Etats» beratung. Beim Etat deS Bureaus deS Staatsministe- rium» spricht Professor Dr. Hillrbrandt-BreSlau seine Befriedigung über die vom Hause bekundete Ablehnung der Urbertragung des ReichSwahlrechteS auf Preußen auS. Der einzige, der an dem bestehenden preußischen Wahlrecht Kritik geübt habe, Professor Loenlng, sei dabei zu weit gegangen. DaS Dreiklassen- Wahlrecht sei ein Wellenbrecher, und als Vorbild dcS Kommunal- Wahlrechte» ein doppelter Wellenbrecher gegen die demagogische Flut, die namentlich in den Großstädten alles überfluten würde, wenn da» ReichStagSwahlrecht an die Stelle de» Dreiklassensystemö träte. Wenn Herr Loening von einer bloßen Acndcrung des preußischen Wahlrechts eine Eindämmung der demagogischen Agitation erwarte, so sei er im Irrtum. Sie werde nicht eher aufhören, ehe nicht Mannlein und Wciblcin vom 20. Jahre ab das Reichswahlrecht tm Reich, in den Einzelstaaten und den Kommunen erhielten. Das dürfte nicht geschehen; daS preußische Wahlrecht müsse als Gegengewicht gegen das Reichswahlrecht be- stehen bleiben. Ein großer Teil seiner politischen Freunde lehne jede Aendcrung des preußischen Wahlrechts ab, jedenfalls solange» als nicht auch im Reiche eine Wahlreform rrfolgt, die die Schäden des ReichSwahlrechteS beseitigt oder mildert. (Zustimmung.) Graf Mirbach   wendet sich ebenfalls gegen die Auffassung de» Professors Loening in der WahlrcchtSfrage. Die Fortschritts- vartei habe seinerzeit einen Zentrumsantrag, der in Preußen daS ReichSwahlrccht einführen wollte, rundweg abgelehnt; erst nach 1879, als die Zahl der FortschrittSmandate zurückging, habe man daS ReichSwahlrccht für Preußen als eine liberale Forderung aufgestellt. Der Redner verweist auf das Wahlrecht in England, dem nach Ansicht der Liberalen freiesten Lande der Welt; daS englische Wahlrecht sei viel eingeschränkter als das preußische. Dessen Hauptwert liege in seiner antisozialdcmokrati- scheu Tendenz. Oberbürgermeister Struckmann-HildeSheim  : Die Acußcrung des Professors Loening, das preußische Wahlrecht sei ungerecht und unwahr, war scharf, aber nicht zu scharf. Es ist leicht gesagt, deutscher ManneSmut forderte öffentliche Ab- stimmung. Abhängigkeit macht ManneSmut oft nicht m ö g l» ch. Jetzt ist die g e g e b e n e Zeit zu einer WahlrcchtSänderung. DaS Reich mag sein Wahlrecht bc- halten. Da» ReichStagSwahlrecht in Preuße» will auch ich nicht. v. Buch: Man strebt danach, die Rechte der Parlamente zu erweitern. Man baut prunkvolle Paläste und viel zu große Prä- sidialwohnungen, und trägt sich mit dem Gedanken, den Prä- sidcnten Repräsentationsgelder zu bewilligen. Jetzt wollen die Abgeordneten freie Fahrt haben, um überall Erkundigungen ein- zuziehen. Ich sehe davon ab, daß die Freikarten zu Badereisen usw. benutzt werden können. Man verweist dabei auf das AnstandS- gefühl dcS einzelnen, aber in solchen Dingen traue ich kaum meinem eigenen Anstandsgefühl. (Heiterkeit.) Die Grenze zwischen RegterungSgcwalt und den Rechten der Parlamente muß scharf gezogen werden. Meine Freunde können sich hier dem Votum de» Abgeordnetenhauses nicht anschließen.(Beifall recht«.) Professor Loening-Hallc bedauert die Verschiebung der De- amtcnbesoldungSreform. Ucbcr das preußische Wahlrecht möchte die Rechte sagen: guieta non movere. Der erste Antrag, das ReichStagSwahlrecht für Preußen einzuführen, wurde im Jahre 18S9 vom freikonservativen Abg. v. Kardorff gestellt und Bismarck  stellte damals eine Vorlage in Aussicht, durch die größere Ueberein stimmung zwischen dem Reich und Preußen herbeigeführt werden solle. Man scheint die Bewegung für Abänderung de» preußischen Wahlrechts zu unterschätzen. Ich wiederhole meine Ueberzeugung: unser Wahl- recht ist unwahr und ungerecht. gl Pr»z. der Wähler kämmen nicht zu ihrem Rechte, Durch da» indirekte Wahlverfahren wird das Interesse an der Wahl abgeschwächt und so haben wir denn auch stets eine schwache Beteiligung an unseren LandtagSwahlen. Die Aenderung der sozialen und wirtschaftlichen Verhält- nisse muß eine Wahlrechtsänderung nach sich ziehen. Kommt eS im Abgeordnetenhause zu einer Verständi- gung über ein geheimes und direktes Wahlrecht, so wird sich hoffentlich auch im Herrenhause eine Mehrheit dafür finden. Professor Dr. Hillebrandt-BreSlau: Würden im näclisten Ab- gcordnetenhause mehr christliche Arbeiter sitzen, so würden wir daS begrüßen. Viele meiner Freunde gehen auf eine Aenderung des preußischen Wahlrecht» nur ein, wenn zugleich da» ReichStagSwahlrecht ver» bessert wird.