Nr. 98. 25. Jahrgang.1. Ktilage des Joniiärts" flttlititr VslkdkllSunntaj, 26. April 1908.ts. Parteitag der iozialdemokratiicbcnPartei Ungarns.Budapest, 24. April.Die Verhandlungen des Dienstags, Mittwochs und Donners-rags betrafen zunächst die Parteiagitation, die Parteipresse unddie Organisation. Von den Anträgen, die der Parteileitung über-wiesen wurden, sind bemerkenswert die folgenden:„Der Kongreß macht es der Parteilung zur Pflicht, zurAusbildung von Agitatoren eine Schule zu errichten, an welcherzumindest 10 Provinzgenossen teilnehmen."„Sämtliche deutschen Provinzblätter sind ein-zustellen und statt derselben wird ein Zentralblatt heraus«gegeben, welches zumindest dreimal wöchentlich erscheint."(Ein zweiter Antrag, der ebenfalls überwiesen wurde, fordert,daß das deutsche Zentralblatt sobald als möglich zumTageblatt ausgestaltet werde.)„Der Kongreß weist die Parteileitung zur Nominierung einerArbeiterunterrichts-Kommission an."„Die Parteileitung wird beauftragt, der Landarbeiter-bewegung die eingehendste Unterstützung teilhaftig werdenzu lassen und der erste Schritt hierzu möge sein, daß die Partei-leitung die Landarbeiterbcwegung durch Bezahlung zweierständiger Agitatoren subventionier t."Den Ortsorganisationen wurde folgender Antrag überwiesen:„Der Kongreß möge die Parteileitung anweisen, währendder Wintermonate im ganzen Lande L e h r k u r s e einzuführenzu dem Zwecke, daß die Analphabetengenosscnschreiben und lesen lernen."Die Organisationsfrage, über die GenosseV u ch i n g e r referierte, beschäftigte den Kongreß einenganzen Tag.Die Beratung des Agrarprogramms wurde wegenMangels an Zeit bis zum nächsten Jahr zurückgestellt. Erstattetwurden die Referate über Lebensmittel- undWohnungs-Wucher(Referent E. Buching er), über den Int er-nationalen Sozialistenkongreß zu Stuttgart> Referent E. M a t o s) und über den A l k o h o l i s m u s(ReferentD. Bokanyi). Dann hielt Genosse D. Bokänyi die Schlußrede. Unter lebhaften Eljen-Rufen und Absingen der Marseillaiseendigte der Kongreß.«*In die Parteileitung wurden gewählt: DesidcrBokänyi, E. B u ch i n g e r, Nikolaus Cscrvenka, AlexanderE s i z m a d i a, Alexander G a r b a i, Franz K l a r i k, GezaM a l a s i t s, August Pelczcder, Ludwig T a r c z a i, KarlBantus und Jakob W e l t n e r. In die Kontrollkommissionwurden gewählt: Stefan F a r k a s, Gabriel H o r o w i tz,Franz Kittel, Karl P a y e r und Joseph Schönherr.Die däilischeu Favdprolettlrjer, ihr Verband und ihreForderungen.Zu Aarhus hielt am Donnerstag und Freitag voriger Wocheder Dänische Dienstlcutcverband(„Dansk Tyendcforbund") seinenersten Kongreß ab. Diese junge Organisation der ländlichen Dienstknechte und Mägde zählt jetzt bereits 2000 Mitglieder. Das istallerdings nur erst ein kleiner Teil des Landproletariats, für dasder Verband bestimmt ist. Es ist jedoch vorauszusehen, daß sichdieser Verband sehr schnell und kräftig entwickeln wird, angesporntund tatkräftig unterstützt durch das gelverkschastlich und politischorganisierte Proletariat der Städte. Auf dem Kongreß waren00 Delegierte anwesend; außerdem als Gäste Vertreter der Häusler�vrganisation, des Gewerkschaftsverbandcs, des Arbeitsmanns.Verbandes, des Dicnstmädchenverbandcs und der sozialistischenJugendorganisation.Uebcr die Taktik des Verbandes sagte der Verbands-Vorsitzende Vestcrgaard, daß die Dienstleutebewegung nichtparteipolitisch, sondern sachlich-sozial sei, sich aber wohl früheroder später der sozialistischen Bewegung anschließen werde.„Wirmüssen durchaus demokratisch sein und können weder mit denKonservativen noch mit den Liberalen etwas gemein haben, dennkleines feuilleton.Völker Asiens, wahret Eure heiligsten Güter! Diesen Alarmruferhebt nicht irgend ein chinesisches, kalmückisches oder hindostanischesBlatt, sondern— die immer noch in Berlin erscheinende„VossZeitung", die sich zum Zenlralorgan der Reaktionäre aller Weltausbildet. Sie ist denn auch liebevoll um die„Uebcrwachung derim Auslande studierenden Chinesen" besorgt. Was der seligedeutsche Bund für die deutschen Studenten, das möchtedie Tante Voß für die chinesischen sein. Sie begleitet die Maß-nahmen der chinesischen Regierung, die in Europa einen besonderenStudentenaufseher und Oberbonzen unterhält, mit teilnehmenderSorgfalt, ist mit ihr bekümmert, daß die besagten jungenLeute„antimonarchischen Einflüsterungen ihr Ohr leihen"und tadelt die Bekehrungsversuche an ihnen. Mit einemWorte: sie ist ostasiatisch bis auf die Knochen. Vor allem aberist sie wahrhast erschüttert, weil die chinesischen Studentensozialdemokratischen Versuchungen ausgesetzt sind. Sie empfiehltdagegen ein wahrhaft klassisches Heilmittel, ein Mittelchen, das dieunsägliche Erniedrigung der deutschen Bourgeoisie, den Triumphordinärster Polizei- und Bestechungstaktiken im geistigen Kampfe be-deutet. Sie rät in allem Ernste, die chinesischen Studentengegen die siegreiche UeberzeugungSkraft des Sozialisinus zuschützen, indem„man sie derartig mit Mitteln versieht, daß die Wahr-scheinlichkeit, sie wurden in sozialdemokratische Kreise hineingeraten,nicht groß ist." Welch' Größe der Gesinnung! Von der Höhe desWechsels hängt die Weltanschauung ab, das ist die QuintessenzBossischer Weisheit. Aber was von der Mehrzahl der deutschenStudenten gilt, muß ja für die Chinesen noch nicht wahr sein. Dervielgerühmte deutsche Idealismus ist offenbar zu den Ostasiaten ent-flohen. Da bleibt nur noch ein Ausweg, um die Chinesen vor derAnsteckung mit den besten und höchsten europäischen Ideen— denendes Sozialismus— zu bewahren, und entschlossen verrätder Anzeiger bürgerlicher Schmach ihn der chinesischen Regierung:Chinesische Bildungsanstalten nach fremdem Zuschnitt, wie diedeutsche Medizinschule in Schanghai. Danach machen also preußischekommandierte Bildungsanstalten immun gegen den Sozialismus.Wir wissen nun endlich, wozu die deutsche Wissenschaft im Jnlandeund auf Export berufen ist. Ein deutsches Bildungsorgan hat unsdarüber aufgeklärt. Trotzdem ist uns um die— Chinesen nichtbange, wohl aber um die deutsche Wissenschaft, die uns statt EhreVerachtung eintragen muß, wenn sie sich zu Polizei- und Schergen-diensten hergibt.Theater.Freie Volksbühne(im Luisen- Theater):„MutterErde" von Max Halbe. Erdgeruch geht von dieser Tragödieder Liebe aus. Immer, wenn Max Halbe auf dem Boden seineraltpreußischan Heimat sich bewegt, wird er beredt. Das Menschen-voll in seiner slawischen Grundmischung verleiht der Landschaft dieihm eigene schwermütige Stinlinuug. Weihevolle Tragik liegt überder Handlung. Ihr AuSklang: wenn Warkentin und Antoiuetie indie Winternacht hinaus und in den Tod reiten, atmet poetische Kraft,ist Poesie der großen Worte. Die Regie— es freut uns,dieS sage« zu können<— tvar mit Erfolg bemüht,diese beiden Parteien halten an den Vorrechten fest."— EineResolution wurde angenommen, die besagt, daß der Dienstleute-verband es nicht für taktisch richtig hält, sich zurzeit einer bc-stimmten politischen Partei anzuschließen.Der nächste Punkt war die L a n d f r a g e. In Dänemarkgibt es ein..Häuslergesetz", durch das besitzlosen Landarbeiternein Stück Land, in der Regel unfruchtbares Heideland, zur Verfügung gestellt wird, welches zur Ernährung einer Familie keineswcgs ausreicht. Der Referent Joh. K. I o h a n s e n sagte mitRecht, daß dies Gesetz für die Landproletarier so wenig Wert habe,wie Wohltätigkeit zur Lösung der sozialen Frage.„Wenn überMangel an Arbeitskraft auf dem Lande geklagt wird, so zeigtedas am besten, daß es Leute gibt, die zu viel Land haben," be-merkte er weiter.„Wir müssen Land fordern für die, die esbearbeiten wollen. Die großen Lehen- und Landgüt.r müssen inden Besitz der Gesellschaft übergehen. Diese Güter sind gegründetauf Raub und Plünderung. Was für Unrecht sollte es sein, dieGrafen auf das Altenteil zu setzen? Diese Frage muß gelöstwerden in U e b e r e i n st i m m u n g mit de m, was diesozialdemokratische Partei fordert." Eine Resol«tion in diesem Sinne wurde angenommen.Im weiteren Verlauf des Kongresses hielt der Vertreter desdänischen Gewcrkschaftsverbandes C. F. M a d s e n einen Vortragüber die Ent Wickelung und die Lei st un gen derGewerkschaften Dänemarks, die nun 100000 Mit-glicder zählen, im letzten Jahre 40 000 Kronen für Streiks, 300 000Kronen für Arbeitslose us>o. ausgaben.„Die Dienstleute und dieArbeiter in Handwerk und Industrie reichen einander die Handzu gemeinsamer Arbeit für die Hebung der ganzen Arbeiterklasse,"sagte der Redner zum Schluß.Dann wurde über die Dienstleutegesetzgebung ge-sprachen und eine Resolution angenommen, die jedes derartigeGesetz, das das Gepräge eines Klassengesetzes an sich trägt, vonvornljerein entschieden verwirft.Ferner beschäftigte der Kongreß sich mit der Wahlrechts-frage und forderte allgemeines, gleiches politisches und kommu-nales Wahlrecht für die Dienstleute wie für alle anderen Staats-bürger ohne Unterschied des Geschlechtes. Gleichzeitig wurde einscharfer Protest gegen die Bestimmung des kürzlich vom dänischenReichstag endgültig angenommenen Gemeindewahlgesetzes erhoben,die das Wahlrecht von einem mindestens zweijährigen Aufenthalt in der Kommune abhängig macht.Hinsichtlich der Lohn- und Arbeitsverhältnisseforderte der Kongreß Festsetzung einer Maximalarbeitszeit undeines Minimallohnes, die möglich gleich für das ganze Land geltensollen; ferner daß die gemeinsamen Betten für mehrere Personenbeseitigt werden, daß die Kammern der Dienstleute nicht mit denVichställen in Verbindung stehen dürfen, und daß in einem Raumnicht mehr als zwei Leute wohnen sollen.Schließlich tvurde noch eine Resolution gegen den Alkoholismusangenommen und außerdem ein Verbot gegen die Leutemärktegefordert.Somldrmkrlltlschrr Iugendkongrtß in Wntumlt.Ani Gründonnerstag und Karfreitag fand in Fridericia der zweiteKongreß des Sozialdemokratischen Jugendverbandes Dänemarks statt,der jetzt aus 27 Onsabreilungen mit im ganzen ungefähr 2000 Mit-gliedern besteht. Auf dem Kongreß waren 16 Abteilungen durch32 Delegierte vertreten. Der sozialdemokratische Parteivorstand wardurch den Folkethingsmann Stauning vertreten, der den Kongreß imNamen der Partei herzlich begrüßte und sagte:„Wir freuen uns überjedes Streben zur Förderung der Sozialdemokratie, über jede Arbeit,deren Ziel der Sozialismus ist. Denn die Zukunft gehört demSozialismus und darum ist seine Sache auch die der Jugend. Mögedie Arbeit des Kongresses glückbringend wirken für die Arbeiterklasse,bahnbrechend in den Kreisen der Jugend, damit er beitrage zu einemimmer innigeren Zusammenwirken aller Besitzlosen, zu energischemKampf gegen den Kapitalismus und zur Arbeit für eineglückliche brüderliche Gesellschaftsordnung."Der Geschäftsbericht, den der Verbandsborsitzend» AndersenG a d st r u p gab, zeugte dafür, daß die sozialdemokratische Jugend-bewegung Dänemarks sich auf guter Bahn befindet, ihre Organi-sation sich kräftig weiter entwickelt, lebhaft unterstützt durch diepolitischen und gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiterklasse.den mächtigen Stimmungsgehalt der Dichtung herauszuarbeiten.Das gelang ihr dank einer vortrefflichen Inszenierung und Haupt-sächlich dank überraschender Qualitätsleistungen der Darsteller. Daist Juliane B o h l m a n n als Hella Warkentin imposant in der un-erbirtlichen Härte und Kraft ihres Spiels wie ihrer Er-scheinung: so recht eine Darstellerin Jbsenscher Weibcharaktere,an welche Hella erinnert. Ihr vollkommener Widerpart istdie weiche, unglückliche, nun im kurzen Glücksrausch ihrerLiebe so todesmutig-opferbereite Antoinette, der Frida S t o r meinen innigen seelischen Ausdruck verlieh. Dann Kurt PauIuS:Als Paul Warkentin kann er sich wahrlich sehe» lassen! Und EliseH ü f t e l, die die Tante Klärchen mit dein Hauche herzlicher Einfaltund Güte umgab. Und Albert B l um e n r e i ch, der den Guts-besitzer von Laskowski— dies Meisterstück Halbescher Charakter-zeichnung— verblüffend echt auf die Bühne stellte: wurzelständigin Maske und Bewegung und namentlich auch im ostpreußischenDialekt. Aber auch die meisten anderen Typen, die bei dem balhin ungezügelte Derbheit und Fröhlichkeit ausartenden Begräbnisessenauftreten, hatten charakteristisches Gepräge. Das Luisen-Theaterdarf sich zu seinem tüchtigen Ensemble Glück wünschen! o. K.Humor und Satire.—> Des Feuers Macht. Seit langen Wochen setzen häufigeDachstnhlbrände die Bevölkerung Berlins in Angst und Schrecken.Daß sie angelegt sind, ist zweifellos, die Polizei weiß nur nicht, vonlvem. Sie sieht wieder einmal den Wald vor lauter Bäumen nicht.Weiß sie denn von der regen Tätigkeit der Vereine für Feuer-bestattung nichts? Da sie in Preußen keine Leichen verbrennendürfen, so verbrennen sie Dachböden I Ein Zeichen bedauernswerterSchwäche ist es, daß die Regierung in Preußen jetzt nachgebenwill. Die preußische Regierung kriecht bor den Feuerbcstattungs-vereinen zu Kreuze. Ein Glück ist es noch, daß sie die fakultativeFeuerbestattung wenigstens an einige Bedingungen knüpfen will:Eine jede Feuerbestattung muß zwei Monate vor dem Tode bei derPolizei angemeldet werden; der Anmeldung ist das Zeugnis einesbeamteten ArzteS über die Krankheit, an der der zu Bestattendesterben wird, beizufügen. Mit der Feuerbestattung haben sich derzu Bestattende, seine Aszendenten, seine Deszendenten, sein Ehegatteund seine«seitenverwandten bis zum 17. Gliede einverstanden zuerklären; die Erklärung ist gerichtlich oder notariell zu beglaubigen.Von jeder Feuerbestattung ist eine Abgabe von einer Mark für jedenbei der Verbrennung entwickelten Wärmegrad zu entrichten. DieAbkömmlinge der Feuerbestatteten verlieren auf S Jahre die bürger«lichen Ehrenrechte und auf weitere 2ö Jahre das aktive Wahlrecht.Unter dieser werktätigen Förderung durch die Regierung wird sichdas Feuerbestattungswesen mächtig entwickeln I— Ein Vorschlag. Falls das„beanstandete" Virchow-Denkmal doch noch zur Ausführung gelangt, könnte ja über ihmeine große Glocke angebracht werden. Diese wird dann immerheruntergelassen, sobald eine Hofequipage in Sicht kommt._(.Jugend.')Notizen.— Theater chronik. Am Sonntagabend 7>/z Uhr findet inder kgl. Hochschule tür Musik in Charlottenburg dieDer von der sozialdemokratischen Fraktion im Folkething eingebrachteAntrag zur Ausdehnung des staatsbürgerlichenWahlrechts auf die Frauen und die Dienstleuteund zur Herabsetzung der Altersgrenze vom 30. aufdas 21. Lebensjahr wurde vom Jugendverband mit allerKraft durch öffentliche Versammlungen im ganzen Lande und durchResolutionen, die dem Reichstag und der Regierung übersandtwurden, unterstützt. Dadurch ist in diese Wahlrechtsbewegung eineLebendigkeit gekommen, die nicht abflauen wird, bis das Ziel erreichtist.— Internationale Verbindungen mit den Jugendorganisationenanderer Länder haben viel zur Forderung der Verbandstätigkeit bei-getragen.Der Kongreß beschloß zunächst einige Statutenänderungen,darunter die, daß die Ortsabteilungen pro Mitglied monatlich10 Oere an die Verbandskasse zu zahlen haben, und daß dafür dasVerbandsorgan„Fromad"(„Vorwärts") sämtlichen Mitgliedernunentgeltlich geliefert wird.— Ferner wurde beschlossen, wennmöglich gemeinsam mit den Gewerkschaften überall Agitation zurAufklärung der Lehrlinge über die sozialen Verhältnisse zu entfaltensowie auch mit Hülfe der Organisationen, der Presse undder Reichstagsfraktion den. Mißbrauch, den Arbeitgeber mitihren Lehrlingen treiben, entgegenzuarbeiten und für die Durch-führung eines Lehrlings schutzgesetzes zu sorgen.— Einanderer Kongreßbeschluß verpflichtet die Verbandsmitglieder, sich,sobald sie dazu imstande sind, der politischen und gewerkschaftlichenOrganisation anzuschließen. Dem Verbandsvorstand gab der Kon-greß anHeim, für Errichtung einer Wanderbibliothek zuI argen. Außerdem sprach der Kongreß seine wärmste Sympathiefür die Antialkoholbestrebungen aus.Als Verbandsvorsitzender wurde Typograph Andersen«G a d st r u p einstimmig iviedergewählt, ebenso als Redakteur des„Fromad"._Soziales.Reform des KnappschaftSstatutS.Eine außerordentliche Vorstandssitzung des allgemeinen Knapp«schaftsvereins beschloß, die Einigungsvorschläge der Aeltesten anzu-nehmen und auf die Tagcsordmmg der am 20. Juni stattfindendenGeneralversammlung zu setzen._Kampf um die Rente.Am t, Mai 1903 starb der Steinbrecher U h l i g in Euba beiChemnitz an allgemeiner Blutvergiftung. Nach der Angabe derWitwe hatte sich U. kurz vor seinem Tode bei der Arbeit eineHodenverletzung zugezogen, die sie als Ursache der Blutvergiftungund des folgenden Todes bezeichnete und auf Grund dieser Tat-fache Hinterbliebenenrente forderte. Die Berussgenossenschaft lehntejedoch den Anspruch ab und die von der Witive dagegen erhobeneBerufung wurde vom Chemnitzer Schiedsgericht verworfen.Der Rekurs an das Reichsversicherungsamt hatte den Erfolg, daß dieSache wegen Unterlassung der Befragung aller Aerzte, die U. be-bandelt hatten, an die Verufsgenosienschaft zurückverwiesen wurde.Bei dem weiteren Verlauf der Dinge stellte sich heraus, daß bei derSektion die Spuren einer Fingerverletzung zu bemerken gewesenwaren und die Wahrscheinlichkeit, daß diese die Veranlassung der Blut-Vergiftung und des Todes gewesen, wurde durch die in dieser Richtungangestellten Erörterungen zur Gewißheit. Es gelang auch der Nach-weis, daß ein Betriebsunfall vorligc. Nach Prüfung allerin Betracht kommenden Umstände und Gutachten der Aerzte gelangtenunmehr das Chemnitzer Schiedsgericht zur Berurteilimg der Beruss-genossenschaft zur Rentengewährung ab 1. Mai 1S0S. Den Hinter-bliebenen wird nun die bisher fällige Rente— etwa 2000 M.—auf einmal und die laufende Rente— jährlich etwa 600 M.— aus-gezahlt.— Das ist einer der vielen, von den Arbeiterselretariatenmit Erfolg behandelten Fälle._Der Umfang der Strafanstaltsarbeit.DaS„Reichsarbeitsblatt" beschäftigt sich in der Märznummcrmit den Handwerkerfragcn bei Vergebung öffentlicher Arbeiten.Der Artikel gibt bei der Besprechung der Konkurrenz durch dieStrafanstaltsarbeit Daten über den Umfang derselben. Am 1. De-zember 1905 waren in den deutschen Gefangenenanstalten 83 005Gefangene, 79 377 Männer und 8628 Frauen, untergebracht. Von09 797 Gefangenen mit zugewiesener Arbeit waren am meistenErstaufführung des Lustspiels„Mr. Pickwick und seineFreunde", nach dem Dickensschen Roman von O. R. Notowitschstatt.— Henri de Vries hat im L u st s p i e l h a u S sein Gast-fpiel um 14 Tage verlängert.„Der Brandstifter" bleibtneben dem neueinstudierten Schivank„Sein Alibi" auf dem Re-pcrtoire.— Das Neue Theater bringt am Donnerstag dieGroteske„R amon der Abenteurer" von Ernst Prange undWilli Rath, eine Persiflage auf die Kriminalstücke, zur ersten Ans-sührung und beginnt damit die Sommersaison, für die die Preiseder Plätze bedeutend ermäßigt sind.— Vorträge. Im Auftrage des DeutschenMonisten'Bundes spricht M. H. Baege am Montag, den 27. April,8'/« Uhr, in den Sophien-Sälen, über daS Thema:„Wie ist derMensch e n t stände n." Nach dem Vortrag Diskussion. Abend-lasse 30 Pf., im Vorverkauf- bei den Gewerkschaftsvorständen usw.und bei der Geschäftsstelle des D. M.-B. 25 Pf.(Kursürstenstr. 167.)— Am Donnerstag, den 30. April spricht im Vortragssaal Kur-fürstenstr. 107, Herr Dr. Karl Reimer über„Freiheit in derNatur." Diskussion. Gäste haben freien Zutritt.— Ermäßigte Eintrittskarten zur Ausstellungd e r S e z e s s i o n(23 Pf. statt 1 M.) stehen auch in diesem Jahreden Mitgliedern der Gewerkschaften zur Verfügung. Die Vorständekönnen die Karten im Bureau der Gcwerkschaftskommisston oder desGewerkschaftshauses in Empfang nehmen. Einzelne Kartenwerden im Zigarrcngeschäft von Horsch(GewcrkschastshanS) gegenVorzeigung des Mitgliedsbuches verabfolgt.— Der achte Jupitermond. Vor wenigen Jahren nochwar die Zahl der bekannten Trabanten des Jupiter auf vier be-schränkt, dann aber folgte die Entdeckung von weiteren Monden raschaufeinander und jetzt ist von Melotte noch ein achter Begleiter dcSJupiter aufgefunden worden. Zunächst wurde dieser neuen Ent-deckung in Fachkreisen ein Zweifel entgegengebracht, der jetzt durchdie Beobachtung an der Sternwarte in Greenwich gehoben zu sein'cheint.— Der ersteinternationaleKongreß für ersteHülfeleistung und Lebensrettung wird zu Pfingsten inFrankfurt a. M. abgehalten und, wie die Besprechungen in derFachpresse zeigen, auch vom Ausland stark beschickt werden. DieArbeiten des Kongresies werden aus folgende zehn Sektionen ver-teilt werden: die erste ärztliche Hülseleistung, die Ambulanz inStädten, die Ambulanz in Industriezentren und kleinen Gemeinden.die Ambulanz auf dem Lande, die Ambulanz zur See und ansBinnen- und Küstengcwässern, die Ambulanz in Bergwerken undähnlichen Plätzen. Hülseleistung durch die Feuerwehr, die Ambulanzim Gebirge, endlich die Beziehung der Ambulanz zur sportlichenBetätigung.— Dos Esperanto ist von einem aus namhaften Gelehrtender ganzen Welt gebildeten Komitee, das die„Vereinigung für Be-ftimmung einer internationalen Hülfssprache" eingesetzt hatte, imPrinzip als internationale Hülfssprache angenommen worden. Einigefür notwendig befundene Verbesserungen und Vereinfachungen hatdas Komitee bereits vorgenommen. DaS Esperanto ist damit alsw i s s e n s ch a s t l i ch e Hülsssprache anerkannt, freilich nur von derVereinigung, die nur einen kleinen Teil der wissenschaftliche» Weltumfaßt.