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Nr. 122.

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Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

25. Jahrg

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Telegramm Adresse: ., Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Dienstag, den 26. Mai 1908.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

Landtagswähler! Kommt in Massen

in die heutigen Wähler- Versammlungen!

sage und schreibe 24 Mark betragen, und zu dieser Steuer wird nicht einmal ein Zuschlag erholen, da die Gemeinde Ueberhaupt ist die Vermögenssteuer so gestaltet,

Die Steuerpolitik des Geldfacks- bierzu nicht befugt ist!

Parlaments.

Quiftorps Belagerungszustand.

Wolgast  , 23. Mai.  ( Eig. Ber.) Idaß sie den Besitzenden nicht wehe tut, die Progression ist so Schon in der 6. Woche streiften die Arbeiter der Portlandzement minimal, daß ein Millionär, der nur eine Million besigt, fabrit des frommen Millionärs Quistorp  , der seinen" Arbeitern mit ganze 500 M. Vermögenssteuer jährlich zahlt! Es kommt Wohnkasernen und Bibelstunden Wohltaten" erweist, sie aber so Nicht genitg damit, daß die Gesetzgebung Preußens einer weiter in Betracht, daß die Plicht zur Deklaration für Ver- schlecht bezahlt und behandelt, daß ihnen endlich die Geduld Handvoll Besitzender ausgeliefert ist, während der weitaus mögen nicht besteht. Niemand ist verpflichtet, der Behörde riß. Von Krawallen war in diesen Wochen nicht die Rede. Die größte Teil des Volkes wohl die Pflicht hat, Steuern zu anzugeben, wieviel Vermögen er hat, und es ist durchaus Streifenden hielten sich in den gesetzlichen Bahnen und ließen sich zahlen, aber keinerlei politische Rechte besißt, sind auch die nichts Ungewöhnliches, das reiche Leute niemals einen durch feine Provokation aus ihrer vernünftigen Haltung bringen. Gesetzgeber von jeher darauf bedacht gewesen, dem Volke Pfennig Vermögenssteuer zahlen! Als die ersten Arbeitswilligen per Schiff ankamen, fürchteten Fabrik­immer neue Lasten aufzubürden, ihre eigenen Klassengenossen Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit bedeutet die Ge- leitung und Behörden, die Streifenden würden sich zu Erzessen hin­aber soviel wie möglich zu schonen. Nicht einmal soviel Gewerbesteuer. Obwohl jeder Gewerbetreibende bereits reißen lassen, und um ganz sicher zu gehen, ließ man das Greifs­fühl für Anstand haben sich die Mannen des Dreiklassen- sein Einkommen versteuert, wird er außerdem noch zu einer walder Militär in Bereitschaft halten. Die Greifswalder Soldaten parlaments bewahrt, daß sie den Grundsaz, den sie zur Ver- besonderen Gewerbesteuer herangezogen; ja, eine gewisse brauchten indes zunächst nicht zu kommen, weil es teine Arbeit für teidigung des Dreiflaffenwahlrechts anführen, in die Praxis Klaffe von Gewerbetreibenden, die Gastwirte, zahlen sogar in fie gab, und die Streikenden vernünftiger waren als gewisse Leute. umzusehen für nötig befanden. Wer auf dem Standpunkt Form der Betriebssteuer eigentlich eine doppelte Statt Soldaten kamen nun Gendarmen, bis schließlich die Zahl 12 steht, daß das Wahlrecht nach der Steuerleistung abgestuft Gewerbesteuer. erreicht war; sie wurden in der Zementfabrit interniert. Wie bei

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tamen zwei Kompagnien Soldaten aus Greifswald  . Das Gerücht von ihrem Kommen war schon einige Stunden vorher in der Stadt verbreitet, doch wußte niemand Bestimmtes. Aus reiner Neugierde pilgerten bann am Abend Hunderte von Leuten zum Bahnhof. Die Soldaten bann am Abend Hunderte von Leuten zum Bahnhof. Die Soldaten wurden von der Menge mit einem Surral" empfangen. Das wurden von der Menge mit einem Surra!" empfangen. Das war für die Herren Führer das Signal zum Angriff. Mit auf­gepflanztem Bajonett ging man gegen die Neugierungen vor. Bajonett­ftiche und Kolbenstöße wurden ausgeteilt. Wahllos regneten sie herab auf Gerechte und Ungerechte. Mancher Kriegerbereinler, der

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sein muß, der sollte doch, wenn er auf Grund eines solchen Der Staat begnügt sich aber nicht damit, bei seinen jedem Streit, so fanden sich auch bei diesem Neugierige ein, die Wahlrechts ein Mandat erlangt hat, seine vornehmste Auf- eigenen Steuern die Besitzenden vor den Besitlosen zu bevor- Abend für Abend sich vor den Fabrifräumen aufstellten, anzügliche gabe darin erblicken, für eine gerechte Besteuerung einzu- zugen, sondern er schreibt auch den Gemeinden vor, Bemerkungen machten und faule Wige rissen, die den Arbeitswilligen treten! In Preußen merkt man davon nichts! Im Gegen- welche Steuern fie zu erheben berechtigt sind, und in welcher galten. teil: man ist schamlos genug, zur Beseitigung der Finanz- Weise, und auch hierbei kommen die gleichen sozialpolitisch Indes müssen auch die Gend armen diefe Begrüßungen auf sich not immer wieder die minderbemittelten Bevölkerungsklassen verwerflichen Grundsäge zur Geltung. Die Gemeinden dürfen bezogen haben, denn am lehten Sonntagabend schoß ein Gendarm in Anspruch zu nehmen. Buschläge zur Vermögenssteuer, wie bereits erwähnt, über- ins Publikum hinein, glücklicherweise ohne zu treffen. Einen sozialpolitisch richtigen Grundgedanken enthält nur haupt nicht, und Buschläge zur Einkommensteuer nicht wie immer bei wirtschaftlichen Kämpfen, so erwies fich auch eine einzige von allen Staatssteuern, die Einkommen- etwa progressiv erheben, sie können also nicht etwa be- hier die Wohlfahrtseinrichtung der Fabritwohnungen als Mause steuer, aber anstatt diesen Gedanken, den der Progression, schließen, Einkommen bis zu 1500 m. gar nicht, bis zu 3000 falle für die Arbeiter. Gleich bei Beginn des Streits wurde jenen fonsequent durchzuführen und die hohen Einkommen im Ver- Mark nur mit einem Zuschlag von 50 Prozent, darüber hin- Arbeitern, die die Fabrikwohnungen inne hatten, das Logi gekündigt. hältnis ebenso stark anzuziehen, wie die geringen und mitt- aus mit Zuschlägen von 100 Prozent zu belegen, sondern der Es wurde von ihnen gefordert, so schnell wie möglich auszuziehen. leren, hat man auf halbem Wege Halt gemacht. Die späteren Zuschlag muß für alle Einkommen gleichmäßig be- Das taten die Leute nicht und die Direktion reichte daher Räumungs­Gesezesänderungen und vor allem die Praxis haben dann messen werden. Auf diese Weise werden die Arbeiter doppelt lage gegen sie ein. Sie erzielte denn auch in der zweiten Instanz weiter bewirkt, daß die Wohlhabenden immer rücksichtsvoller benachteiligt, die Besitzenden dagegen doppelt bevorzugt! ein Vollstreckungsurteil, das aber erst am 25. Mai rechtskräftig wird. Auch die den Gemeinden überwiesene Grund- und behandelt wurden, und heute ist es glücklicherweise dahin ge­Gegen diese Entscheidung. legten die Beklagten rechtzeitig Be fommen, daß eigentlich nur noch die Arbeiter und die kleinen Gebäude steuer bedeutet nicht etwa eine Last, die den rufung ein, fie vergaßen aber zugleich auch gegen die Wollstreckung Beamten, also die Rechtlosesten der Rechtlosen, jeden Pfennig Besißenden auferlegt wird. Gewiß, die Hausbesitzer die Rechtsmittel zu ergreifen. Am 20. Mai morgens wollte nun ein ihres Einkommens versteuern! Es mag ja auf den ersten zahlen die Steuer, aber im Grunde genommen beraus- Gerichtsvollzieher mit der Vornahme der Ermission bei einem ab­Blick etwas Bestechendes haben, aus dem Steuertarif zu er- Iagen fie fie nur, fie ziehen sie von den Mietern, auf die wesenden Arbeiter beginnen. Neugierige hatten sich eingefunden, die sehen, daß ein Einfontmen von 900 Mt. nur mit zwei Drittel fie sie ohne Mühe abwälzen, wieder ein! Angerechnet bei der versucht haben sollen, den Gerichtsvollzieher an seiner Tätigkeit zu hindern. Schließlich kam vom Bürgermeister die Anweisung, die Prozent, ein Einkommen von 9000 Mr. dagegen mit 2% Bemessung des Wahlrechts aber wird diese Steuer nicht Prozent besteuert wird, aber wie sieht es in der Praxis denen, die sie wirklich zahlen, sondern denen, die sie beraus- Bollstreďung nicht auszuführen, was ein Bravo!" bei den Umstehenden auslöfte. aus? Zunächst empfindet ein Benfit mit einem Einkommen, lagt haben. von 9000 Mt., wenn nicht vielleicht ganz besondere Umstände Dies sind in furzen Umrissen die Grundzüge des heute Das Bravorufen aber war den Gendarmen genügender Anlaß, in Betracht kommen, denen der Gesetzgeber nebenbei bemerkt geltenden Steuersystems. Ein System, ausgedacht von Be- einzuschreiten" und so kam es zu fleinen Zusammenstößen mit den auf andere Weise Rechnung getragen hat, es nicht fißenden für Besitzende, wird es von den Lobrednern der Angesammelten. Nun war der Kriegsfall gegeben, ein gefundenes allzu schwer, 252 M. Staatssteuern jährlich zu zahlen, während heutigen Gesellschaftsordnung ohne Unterschied der Parteien Fressen für jene, die schon längst nach schärferen Maßnahmen gegen andererseits ein Familienvater mit 900 m. Einkommen nur, aufs wärmste verteidigt. Wohl wird ab und zu im Landtag die unbotmäßigen Arbeiter" geschrien hatten. Noch am selben Abend wenn er sich und seiner Familie Entbehrungen auferlegt, diese oder jene gefeßliche Bestimmung bemängelt, sobald seinen steuerlichen Verpflichtungen gerecht werden kann. Da- einmal ein" Boltsvertreter" oder ein guter Freund von ihm zu kommt, daß bei der Selbsteinschätzung die weitgehendste dadurch in seinen heiligsten Gefühlen, in seinem Geldsack Rücksicht auf die Benfiten mit höherem Einkommen ge- intereffe, verlegt wird, aber von einer grundsäglichen nommen ist; sie sind zu den verschiedenartigsten Abzügen be- Kritik des Systems, von Vorschlägen zu seiner Beseitigung rechtigt, und sie machen von ihrer Befugnis den weit- bat man bisher im Landtage nichts gehört! Man ist froh gehendsten Gebrauch. Es gehört in der Praris durch darüber, daß man es berstanden hat, dem Volke die Lasten aus nicht zu den Seltenheiten, daß Leute, die einen großen aufzubürden, und dabei doch den Schein zu wahren, als ob Aufwand betreiben, ihre Einschäzung so abzufassen verstehen, jeder in Preußen nach Verdienst besteuert wird. daß sie, ohne sich eines Verstoßes gegen das Gesetz schuldig Bweifellos wird der neu zu wählende Landtag fich auch Orben und Ehrenzeichen angestedt hatte, belam seine Hiebe. Die Wirt­zu machen, ein ganz geringes Einkommen heraus mit Reformen auf dem Gebiete des Steuerwesens zu befassen schaften mußten schließen, und wer nicht freiwillig ging, der mußte gehen. rechnen. Ganz anders die Arbeiter und kleinen Leute! haben, und es läßt sich bereits heute mit ziemlicher Sicherheit In der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag zogen die Soldaten Hatten diese bisher schon im Verhältnis ungleich mehr voraussagen, daß die Vertreter der besitzenden Klassen alles eifrig durch die Straßen, um den Feind zu suchen. Am anderen Steuern zu zahlen, so find ihnen dank dem famosen§ 23 die versuchen werden, um eine auch nur einigermaßen gerechte Morgen wurde sogar das Lokal, in dem die Versammlungen der Daumenschrauben noch fester gezogen! Der Arbeitgeber Besteuerung der Wohlhabenden zu hintertreiben! Schon die Streifenden stattfinden, durch Militär gesperrt. Indes wurde es gibt einfach an, was die von ihm beschäftigten Arbeiter ver- bloße Ankündigung einer Erhöhung der Einkommensteuer nach kurzer Zeit wieder freigegeben. Auch am Donnerstag und dient haben, und hiernach wird ihr Einkommen berechnet, hat die Sachwalter des Geldsacks in Angst und Schrecken ber- Freitag patrouillierten die Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett sie versteuern dabei auch alles das mit, was Geschäftsleute als seßt, und es ist tausend gegen eins zu wetten, daß sich diese Geschäftsunkosten buchen und von ihrem Verdienst abziehen, Sorte von Boltsvertretern" die größte Mühe geben wird, bekannt. Die Streifenden selbst werden sich indes in ihrer Haltung Wie lange der Belagerungszustand noch anhalten wird, ist nicht so zum Beispiel das Fahrgeld vom Hause zur Arbeitsstelle das Bolt immer weiter zu schröpfen. Steuern zahlen und umgekehrt, Versicherungsbeiträge und sonstige Ausgaben, und Maul halten! Dieser Satz, der von jeher das durch den Belagerungszustand nicht irritieren laffen. die durch ihre Berufstätigkeit bedingt find. Die Behörde Leitmotiv der Bourgeoisie den Arbeitern gegenüber gewesen Wolgast  , 25. Mat.( Privatdepesche des Vorwärts".) Heute nimmt darauf keine Rücksicht, sie schäßt nach Schema F ein, ist, wird dann erst recht zur Geltung kommen. und der Arbeiter erhebt dagegen, teils aus Unkenntnis, teils Die Arbeiter, die kleinen Beamten, die kleinen Geschäfts. morgen ist das Militär wieder abgerüdt. An seine Stelle ist ein Sonntag nach um Weiterungen aus dem Wege zu gehen, nur in feltenen leute und Handwerker, sie alle sollten aus den bisherigen Vor- Gendarmeriekommando von 60 Mann getreten. Fällen Einspruch. gängen im preußischen Landtage die richtige Lehre ziehen mittag entstand unter den wenigen von auswärts gekommenen Wie gerecht" das Steuersystem ist, dafür nur ein Bei- und für die Wahl von Männern sorgen, die sich ihrer so arg Arbeitswilligen eine große Schägerei, in der das spiel. Wenn der Besizer eines Grundstückes infolge bernachläffigten Intereffen annehmen und den Plänen der Meffer eine Rolle spielte. Außer verschiedenen Leichtverwundeten einer günstigen Gelegenheit sein Grundstüd verkauft und bei Bolfsausbeuter energischen Widerstand entgegensegen. Diese gab es awei Schwerberlegte. Einer der Beteiligten mußte in die Klinik von Greifswald   übergeführt werden. 8 wei diesem Geschäft 50 000 m. verdient, so gelten diese 50 000 m. Gewähr aber bieten ihnen einzia und allein fozialdemo- Arbeitswillige wurden verhaftet. Aussicht auf eine Ber­nicht als steuerpflichtiges Einkommen, sofern es fich nicht Fratische Abgeordnete! Wer daher eine Belastung des Volkes um einen gewerbsmäßigen Spekulanten handelt, mit neuen Steuern verhindern und einer von sozialen Ge- ständigung mit den Unternehmern besteht vorläufig noch nicht. Der fondern nur als Einkommen aus Rapitalbermögen. fichtspunkten ausgehenden Steuerreform den Weg ebnen will, Ort ist durch den Abzug des Militärs beruhigt. Würde es als Einkommen versteuert, so würde der der hat die Pflicht, am 3. Juni für sozialdemokratische Wahl­Steuerfat 1760 mt. betragen, wozu dann noch die Gemeinde- männer seine Stimme abzugeben! Wer aus irgendwelchen Steuer kommt, die bei einem Zuschlag von nur 100 Prozent Gründen nicht zur Wahl geht oder wer gar bürgerliche noch einmal 1760 m. betragen würde. Als Einkommen aus Wahlmänner   wählt, der kann sich hinterher nicht darüber be­Kapitalbermögen dagegen würde die Steuer, wenn flagen, wenn er in Bukunft noch mehr Steuern zu zahlen der Betreffende tein weiteres Vermögen hat, mur 24 Mart, hat als bisher!

in den Straßen.

Tn die Suppe gespuckt.

Man erinnert sich, daß im Sommer vorigen Jahres Ser Freisinn den Mund recht voll nahm in Sachen der preußischen Wahlrechtsreform