von dem Allgewaltigen höchst eigenhändig nftd d'erbe durchgeprügelt. Dieses Prügeln ist aber keine Ausnahme, sondern eine beständige Einrichtung, da mir davon schon öfters Mitteilung gemacht wurde." Der Selbstmord des Oberprimaners Günther St., der sich aus gekränktem Ehrgefühl im Grunewald erschossen hat, beschäftigt be- reitS die städtischen Behörden. Der Direktor der Luisenstädtischen Oberrealschule, Dr. Marcuse, ist vom Berliner Magistrat aufgefordert ivorden, über die Vorgänge, die den Oberprimaner Günther St. in den Tod getrieben haben, amtlich Bericht zu erstatten. Ebenso dürfte auch vom Provinzialschulkollegium eine offizielle Darstellung des traurigen Falles eingefordert werden. Die Abgeordnetenwahl für die zu einem Wahlbezirke der- einigten Kreise Ober- und Niederbarnim und des Stadtkreises Lichtenberg findet in fünf Gruppen der Wahl- Männer stutt und zwar am Dienstag, den 16. Juni, für Gruppe 1 in Boxhagen-Rummelsburg im Etablissement„Cafs Bcllevue", Hauptstr. 2, vormittags 11 Uhr, für Gruppe 2 in Lichtenberg im Saale des Restaurants„Zum schwarzen Adler", Frankfurter Chaussee 5, vormittags 11 Uhr, für Gruppe 3 in Pankow im Bayerschen Restaurant„Bellevue", Breitestr. 21a, vormittags 11 Uhr, für Gruppe 4 in Reinicken- dorf im Lcdcrschen Saale, Residenzstr. 1, Ecke Hauptstraße, vormittags 11 Uhr, und für Gruppe 5 in Eberswalde im Julius Mewesschen Restaurant„Harmonie", Weinbergstr. 6a, vormittags lO'/z Uhr. Die Verkündigung des Ergebnisses der Abgcordnetenwahl findet am Donnerstag, den 18. Juni, vormittags 9 Uhr, in Eberswalde im Julius Mewesschen Lokale statt. „Affenkomödie". AuS dem 209. UrWahlbezirk des vierten Berliner Landtags- Wahlkreises wird uns von parteigenösflscher Seite noch nachträgllch geschrieben: Einen besonders typischen Fall für die Art, wie der Freisinn die Aufstellung seiner Wahlmänner betrieb, hat unser Wahl- bezirk zu verzeichnen. Am Tage der Hauptwahl wurden in der zweiten und dritten Klasse die sozialdemokratischen Kandidaten mit großen Mehrheiten gewählt und auch in der ersten Klasse war der Sieg unser, da zwei sozialdemokratischen Wählern nur ein freisinniger gegenüberstand. Infolge unkorrekter Naniensangabe seitens des einen sozialdemokratischen Wählers wurde nur der eine sozialdemokratische Wahlmann als gewählt proklamiert, während zwischen dem zweiten und dem Freisinnigen das LoS entschied, nach bekanntem Beispiel zugunsten des letzteren. Als dieser indessen zur Anerkennung seiner Wahl aufgefordert wurde, verweigerte er die Annahme des Mandats mit der Begründung, ihm sei von seiner Aufstellung als Wahlmann der Freisinnigen nicht das mindeste bekannt, im übrigen danke er für die Ehre. Bei der am Mittwoch stattgefundenen Neuwahl waren die beiden sozialdemokratischen Wähler wieder zur Stelle, ebenso der freisinnige Wähler, der nicht identisch mit dem ablehnenden Wahl- mann ist, nunmehr aber selbst als Kandidat der Freisinnigen auf- gestellt war. Gegen diese Ausstellung protestierte der Herr in auf- geregter Weise zunächst beim Wahlvorsteher, der ihm indes bedeutete, daß die Aufstellung der Kandidaten Sache der Parteien und nicht des Wahlvorstandes sei; durch den anwesenden steiflnnigen Wahl- kontrolleur ließ er sich endlich so weit beruhigen, daß er sein Wahlrecht ausübte und sich selbst wählte mit dem ausdrücklichen Hinweise, er sei anr 16. Juni, dem Tage der Abgeordnetenwahl, gar nicht in Berlin anwesend. Letzteres ist auch nicht nötig, denn gewählt wurde der Sozial- demokrat, so daß der 209. Wahlbezirk ausschließlich sozialdemokratische Wahlmänner besitzt. Trotz dieses für den Freisinn doppelt blamablen Wahlausganges meldete die Freisinnspresse den«Sieg" ihres Kan- didqten; wahrscheinlich fühlte der freisinnige Wahlkontrolleur daS Bedürfnis, seinen Auftraggebern seine Tüchtigkeit und die Berechtigung auf die von ihm verdienten Diäten darzutun. Von unseren die Wahl kontrollierenden Genossen wurde die doppelte FreisinnSblamage nach Gebühr belacht und der Wahlvorsteher meinte in begreiflichem Aerger: eine solche Wahl sei«die r e i n st e Affenkomödie"! Wogegen sich nichts einwenden läßt. Früchte der Prügelpädagogik. Wieder chat ein Lehrer, der allzurasch zum Stock griff und auf einen Schüler allzuforsch cünhieb, durch, seinen Prügcleifcr dazu beigetragen, die ohnedies nicht freundlichen Be- Ziehungen zwischen Schule und Familie noch zu verschlechtern. Die Prügelleistung ist so beträchtlich und ihr Anlaß erscheint so gering, daß man über die Erregung, die sie bei den Estern hervorgerufen hat, sich wirtlich nicht wundern kann. In der 43. K n a b c n- G e m e i n des ch u l e. die in der Grünthaler Straße liegt, war an den zwölfjährigen Jungen die Wiederimpfung ausgeführt worden. Die Ge- impften wurden angewiesen, an einem bestimmten Tage um 6 Uhr abends auf dem Schulhof anzutreten, von hier gemeinsam nach der Schule in der Christianiastraße zu gehen und dort sich vom Impf- arzt besichtigen zu lassen. Ein Schüler K. verspätete sich und langte auf dem Schulhof der Grünthaler Straße erst an, als seine Käme- raden schon abmarschiert waren. Er lief ihnen nach und traf in der Schule der Christianiastraße noch rechtzeitig ein. bevor er auf- gerufen wurde. Er kam dann heran, wurde vom Arzt besichtigt und kriegte seinen Impfschein, der die Wiederimpfung als erfolg- reich bezeichnete. Hiermit wäre alles erledigt gewesen, wenn nicht schon in der Grünthaler Straße bemerkt worden wäre, daß K. fehlte. Dem Rektor Neumann wurde das gemeldet, doch wurde anscheinend unterlassen, den Zusatz zu machen, daß K. sich in der Christianiastraße noch rechtzeitig eingefunden hatte. Man sagt uns, in der Grünthaler Straße seien die Kinder unter Auf- ficht eines Lehrers angetreten, dieser Lehrer habe sie dann aber nicht nach der Christianiastraße begleitet. Am anderen Tage langte Rektor Neumann sich den K. heraus, um ihn zu bestrafen. K. wollte den Sachverhalt aufklären, aber Herr Neumann schnitt ihm die Berte-vigung ab, sagte ihm auf den Kopf zu, daß er lüge, und hieb mit dem Stock auf ihn ein. An dem auf diese Abstrafung folgenden Tage führten die Eltern den Jungen einem Arzt zu, der ihn untersuchte und über den Befund ein Attest ausstellte. In diesem Attest, das uns im Original vorgelegt worden ist, wird berichtet über zahlreiche Striemen, Hautverfärbungen usw., die sich vorfanden auf dem ge- impften Oberarm, auf dem Unterarm, auf der Schulter dieses Armes, auf der Schulter des anderen Armes, auf dem Rücken, auf einem Oberschenkel, an den: Kniegelenk, auf der Wade, am Fuß- gelenk; ferner spricht das Attest von Beulen am Kopf und von t-chmerzen in der Äauchgegend. Aus den Angaben dieses Attestes kann man sich leicht ein Bild davon machen, wie der Herr Rettor darauflos gehauen haben muß. Ueber die Zahl der Schläge schreibt der Arzt:„Man kann heute noch von der Haut die Schläge ablesen; ich zähle mindestens fünfzehn." Aus seinen Einzelangaben sei hier hervorgehoben, daß die eine der vier Impfstellen„inmitten einer fünfmarkstückgroßen blaugelben Ver- färbung der Haut" lag, und daß ein Bein auf der Außenseite in der Mitte der Wade„eine Durchtrennung der Haut in der Länge von l'/b Zentimeter, in der Breite von Vi Zentimeter" zeigte. Der Junge blutete noch am geimpften Oberarm so- wie an der Wade, als er mittags nach Hause kam. Daß K. geimpft worden war, konnte dem stockschwingenden. Rektor nicht un- bekannt sein; diese ganze Prügelasfär« stand ja in engstem Zu- sammenhang mit der Impfung des Jungen. Die Impfung war erfolgreich gewesen, so stehts im Impfschein, den wir uns haben vorlegen lassen. Hiernach kann man sich denken, welche Wirkung die Stockhiebe gehabt haben, die den geimpften Lchergrm, den Unterarm und die©chulto Ualiü, Die Mutter LeS Jungen war entsetzt, als sie sah. wie er zugerichtet worden war. Sie lief nach der Schule, ließ sich den Rektor rufen und stellte ihn erregt zur Rede. Bat der Herr Rektor um Entschuldigung? Ach nein, das glaubte er nicht nötig zu haben. Dafür kündigte er aber der Mutter an, daß er s i e o b e n- ein noch wegen Beleidigung belangen werde. Gewiß doch, so ists richtig: erst den Jungen zerschlagen und dann die Mutter vor Gericht schleppen. Der Mann hat in der Tat Mut. Und er scheint nicht mal zu fürchten, daß von den Eltern gegen ihn selber der Staatsanwalt mobil gemacht werden könnte. Wenn ihm die Schulbehörde den Gefallen tun wollte, Strafantrag gegen die Mutter zu stellen, von der er beleidigt zu sein behaupiet, so müßte das ein sehr interessanter Prozeß werden. Einstweilen haben die Eltern gegen ihn eine Beschwerde an die Schuldeputation ge- richtet. Wir sind nicht gespannt auf den Bescheid, den sie kriegen werden. Man kennt ja die nichtssagenden Antworten, die es in solchem Fall gibt. Die Schuldeputation, in der nur freisinnige Männer sitzen, ist blind gegen den Schaden in erziehlicher Hinsicht, den solche Prügelleistungen bringen, blind auch gegen die Störung des Friedens zwischen Schule und Haus, die durch die prügelnden Pädagogen verschuldet wird. Die Milllon-Stiftung Berlins für feine Beamten. Unter Vorsitz deS Oberbürgermeisters Kirschner hat gestern mittag die aüS Mit- gliedern des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung ge- bildete Kommission getagt, die die aus Anlaß der Jahrhundertfeier der Steinschen Städteordnung geplanten Veranstaltungen vorberaten soll. Gestern wurde nun beschlossen, zur bleibenden Erinnerung an den Zentenartag eine Stiftung von einer Million zu machen, die bestimmt ist, für ehemalige besoldete und ehrenamtliche Beamte der Stadt und deren Angehörige zu wirken. Ihre Ver- waltung soll dem Kuratorium der Forckenbeck- Zelle- Stiftung unterstellt werden. Begründet wurde diese Stiftung zu gleichem Zweck im Frühjahr 1891 aus Anlaß des 70. Geburtstages des damaligen Oberbürgermeisters von Forckenbeck. Den Grundstock bildete ein Vermögen von 200 000 M. Als Oberbürgermeister Zelle dann vor Ablauf seiner Wahlzeit im Herbst 1898 seinen Abschied nahm, wurde ihm zu Ehren diese Stiftung durch eine Dotation von 300 000 M. erweitert. Im Juni 1902 wurden ihr von einem Un- genannten 10 000 M. überwiesen, und 1906 folgte die Aachener und Müncheuer Feuerversicherungsgesellschaft mit einer Spende von 20 000 M. Das Vermögen der Forckenbeck-Zelle« Stiftung beträgt daher zurzeit 530 000 M. Eine neue Polizei-Verordnung, betr. die Veranstaltung öffent- licher„Lustbarkeiten" usw., tritt am 1. Juli d. I. für den Gesamtumfang des Landespolizeibezirks B e r I i n in Kraft. Da- nach müssen die Tanzlustbarkeiten künftig binnen 24 Stunden bei demjenigen Polizeirevier ordnungsgemäß angemeldet werden, in dessen Bezirke die Veranstaltung stattfinden soll. Da- gegen sind Ausstellungen, Basare, musikalische, theatralische usw. Aufführungen, Kostümfeste, Schaustellungen usw., mindestens zwei Wochen vorher und zwar bei der Ortspolizeibehörde (Präsidium usw.) schriftlich anzumelden, sofern es sich um Räume von mehr als 70 Quadratmeter Hausfläche oder einen Fassuagsraum von mehr als 100 Personen handelt. Die Anzeige, für die nicht allein die Veranstalter, sondern auch die Saalbesitzer verantwortlich sind, mutz genaue Angaben über die Art und Zeit- dauer der Veranstaltung, die Ausnutzung der Räume durch Auf- stellen von Dekorationen, Buden, Kulissen, Ausstellungsgegen- ständen usw.— nötigenfalls unter Beifügung von Zeichnungen— enthalten. Die von der Zensur geforderten Vorlagen werden dadurch nicht berührt. Den mit der Beaufsichtigung von öffent- lichen Darbietungen beauftragten Beamten müssen ange- messene Plätze unentgeltlich eingeräumt werden. Die sechs Paragraphen umfassende Polizei-Verordnung wird, wie aus- drücklich bemerkt ist,„im Sicherheits-Jnteresse" erlassen. Die Berliner Stratzenhändler und-Händlerinnen hielten gestern nacht eine stark besuchte Versammlung ab, um gegen das Verbot des Stratzenhandels an Sonntagen Stellung zu nehmen. Nach lebhafter Debatte wurde einstimmig beschlossen/ an den Polizeipräsidenten folgende Petition zu richten:„Die heute ver- sammelten Stratzenhändler und-Händlerinnen Berlins ersuchen den Herrn Polizeipräsidenten , den Händlern den Bertrieb ihrer Waren auch des Sonntags mindestens in den zum Verkauf frei- gegebenen Stunden gestatten zu wollen. Die Versammelten er- warten besonders die Erlaubnis zum Verkauf von Obst und Blumen, wie er in verschiedenen Orten selbst nach zwei Uhr nach- mittags gestattet ist. Da auch die Straßenhändler große Ausgaben haben und ebenso wie die seßhaften Geschäftsleute hohe Steuern zahlen müssen, sind sie der Meinung, daß es der Billigkeit ent- spricht, wenn ihnen der Verkauf auch Sonntags gestattet wird." Falsche Einmarkstücke sind zurzeit in ungewöhnlichen Mengen in Umlauf. Die Falsifikate scheinen zumeist aus ein und der- selben Falschmünzerwcrkstatt zu stammen, da die Mehrzahl der- selben die gleiche Prägung aufweist. Diese ist gut und scharf, doch haben die Falschstücke ein bleifarbiges Aussehen; sie tragen das Münzzeichen A und die Jahreszahl 1887. Besonders verbreitet werden diese Fälschungen bei Straßenbahn- und Omnibus- schaffnern, sowie auch bei Geschäftsleuten in der weiteren Um- gebung Berlins . Außer den genannten Falsifikaten sind auch noch nachgemachte Zwei- und Fünfmarkstücke in Umlauf. Besonders von den Fünfmarkstücken sind in den letzten Tagen mehrere Exemplare in den westlichen Vororten angehalten worden. Eine folgenschwere Einsturzkatastrophe hat sich gestern vor- mittag gegen 11 Uhr auf dem Anhalter Güterbahnhofe ereignet. Zwischen dem Versandgebäude und dem Bureauhaus ist vor einiger Zeit ein Teil des Bauwerkes herqusgerisson worden. Es soll ein größeres Bureau errichtet werden, und die Stelle, die abgerissen worden ist, soll zur Erweiterung des Bureaus verwendet Wersen. Bis auf eine zwei Meter hohe und breite Seitenmauer war das alte Gebäude bereits abgerissen. Gestern morgen stürzte die Wand plötzlich zusammen. Der 54 Jahre alte Rohrleger Jven auS der Großgörschenstratze, der schon viele Jahre hindurch bei der 80. Bahn- meisterei angestellt war. hatte in dem Augenblick des Einsturzes gerade unterhalb der Mauer gearbeitet. Er wurde von einem 15 Zentner schweren Baublock niedergeschlagen und auf der Stelle getötet. Der Schädel war dem Unglücklichen fast vollständig zer- schmettert worden. Der Maurer Kelling, der ebenfalls dicht an der Unfallstelle beschäftigt gewesen war, wurde auch verschüttet. Müh- sam vermochte er sich aus den Trümmern herauszuarbeiten. Er brach aber gleich darauf besinnungslos zusammen. Ein hinzu- gerufener Arzt stellte fest, daß K. einen schweren Oberarmbruch davongetragen hatte. Anscheinend hat er auch innere Verletzungen erlitten. Bei I. konnte nur noch der Tod konstatiert werden. K. wurde nach Anlegung von Notverbänden nach dem Krankenhaus gebracht. Eine Schuld an dem Unglücksfall soll den Polier treffen, Oer angeblich unterlassen haben soll, die Wand gehörig abzusteifen. Eine Petition gegen den Betrieb der Peptonfutterfabrik auf dem stödtischen Schlachtvichhofe liegt, wie uns mitgeteilt wird, beiKroske, Heidenfeldstr. 12. zur Unterschrift aus. Unkosten entstehen den Unter- Zeichnern dadurch nicht. Gegen den„BadeluxnS". Die Flußbadeanstalten der Stadt dürfen von zahlreichen Gemeindeschulkindern unentgeltlich be- nutzt werden. Alljährlich werden zu Beginn der Badesaison den Gemeindeschulen Freikarten zur Verfügung gestellt, die unter die Kinder verteilt werden. Ursprünglich wurde hierbei der Grund- fatz befolgt, daß di, Freikarten nur solchen Kindern zu bewilligen seien, deren Eltern als arm gelten können. Seit langem ist aber diese Vorschrift nicht streng befolgt worden, vielmehr wurden die Karten so ziemlich an jedes 51 ind gegeben, das sich meldete. Das war auch gut so. Es ist durchaus zu billigen, daß die Benutzung der Badeanstalten den Kindern der Minder- bemittelten möglichst erleichtert werde. Wir gehen noch weiter und halten eS für sehr wünschenswert, daß die Stadt ihre Bade- anstalten allen Gemeindeschulkindern ohne weiteres zu unentgeltlichem Benutzung öffnet. Indes, so weit ist man noch nicht in Berlin . ES scheint sogar, daß künftig die Benutzung der Badeanstalten den Ge» meindeschulkindern nicht noch mehr erleichtert, sondern wieder er« schwert werden soll. Aus Moabit wird uns gemeldet, daß an der 31. K n aben-Gemeinde schule(Alt- Moabit 23) in diesem Jahre bei der Verteilung der Badeanstalts- Freikarten die B e« dürftigkeit der Eltern strenger als bisher geprüf. wird. Geschieht das nur in dieser einen Schule oder wird in anderen Schulen jetzt gleichfalls mit größerer Strenge als bisher darauf geachtet, daß die Eltern auch„bedürftig genug" sind\ Tatsächlich sind uns Klagen hierüber nur erst aus der 3t. Schule zugegangen. Nun wird diese Schule seit dem Herbst 1906 geleitet vom Rektor Lieverenz, einem Mann, der in allem, was irgendwie nach„Unterstützung" aussieht, die B e« dürftigkeitsfrage zu verneinen leicht bereit ist. Als dieser Herr Lieverenz die Leitung der 31. Schule übernahm, brach er bald mit dem von seinem Vorgänger geübten Brauch, bei der Verteilung unentgeltlicher Lernmittel so weitherzig wie möglich zu verfahren. Herr Lieverenz hält es für seine Pflicht, darüber zu wachen, daß nicht durch allzuwillige Hergabe unentgeltlicher Lernmittel das Geld der Stadt„verschwendet" werde. Vielleicht hat er inzwischen die Entdeckung gemacht, daß auch die Her« gäbe von Freikarten für die Badean st alten ein „Luxus " ist. den er einschränken zu sollen glaubt. Wir haben uns mit diesem Herrn ja schon mehrfach beschäftigen müssen icnd haben ihn geschildert in seiner Tätigkeit als Gemeindeschnlreklor, als Armcnkominissionsvorsteher, als Hausagrarierführer. Zuzutrauen wäre e» ihm, daß er ganz aus eigenem Antrieb jetzt darauf hin« arbeitete, auch den Umfang der unentgeltlichen Benutzung der Fluß« Badeanstalten unserer Stadt möglichst zu verringern. Einsam gestorben. Fünf Tage lang hat der siebzig Jahre alte Arbeiter Reinhold Lehmann aus der Rheinsberger Straße 20 tot in seiner Wohnung gelegen. Lehmann, ein alter Junggeselle, der eine monatliche Armenunterstützung von 21 M. erhielt und hin und wieder in Lokalen mit Pojtkarten handelte, hauste als Einsiedler in einer Küche im dritten Stock. Er besorgte seine ganze Wirtschaft allein und ließ niemanden in seine Wohnung ein. Seit Sonnabend nachmittag hatte man ihn nicht mehr gesehen. Gestern nachmittag stellte auf Veranlassung einer Hausgenossin der Verwalter eine Leiter an das Küchenfeuster und sah Lehmann regungslos auf dem Bett liegen. Die Revierpolizei ließ jetzt die Wohnung öffnen und ein Arzt stellte fest, daß der Mann schon fünf Tage tot war. Wahr- scheinlich hat ihn der Schlag gerührt.. Die Leiche wurde beschlag- nahmt und nach dem Schauhause gebracht. Ein schrecklicher Unfall, bei dem ein Kind sein Leben verlor, er« eignete sich vorgestern auf dem Grundstück Thaerstr. 21. Dort wohnt im Ouergebäude der Arbeiter Schlachter mit seiner Familie. Wäh- rend sich die drei älteren Kinder in der Schule befanden, ging Frau Schlachter vorgestern mit dem jüngsten, einem fast l'/z Jahre alten Töchterchen, nach dem Trockenboden, um Wäsche aufzuhängen; dort setzte sie die Kleine auf den Fußboden und wandte ihr dann den Rücken zu, weil sie bis an das andere Ende des Bodens gehen mußte. Ohne daß die Mutter etwas merkte, kroch das Kind an das Bodenfenster heran und sah hinaus. Hierbei verlor es das Gleichgewicht und fiel auf den asphaltierten Hof hinab, wo es tot liegen blieb. Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrank» heiten veranstaltet am Freitag, den 19. Juni, abends 8 Uhr, in den Germania -Prachtsälen. Chausseestr. 110 einen öffentlichen Vortrags» abend. Herr Dr. med. O. Dreyer spricht: Ueber Wesen und Gefahren der Geschlechtskrankheiten. Der Zu« tritt ist— auch für Nichwütglieder— kostenlos. Ein interessanter Kunstabend wird vom Verein der Frauen und Mädchen am Montag in den„Arminhallen" veranstaltet. Der estnische Genosse SörmuS , der als Geigen« künstler eines guten Rufes genießt, wird außer Grieg und Chopin Stimmungen und Gefühle eines russischen Freiheitskämpfers zum Vortrag bringen. Verschiedene andere Künstler haben gleichfalls ihre Mitwirkung versprochen. Feuerwrhrnachrichten. Um eine Schwalbe zu befreien, wurdr gestern nachmittag die Feuerwehr nach der Fürstenstraße 3 gerufen, Die Schwalbe hing am Gesims des Hauses. Während der Ben freiung, als die Feuerwehrmänner sich dem Gesims näherten, kcmi oas Tierchen zum Gaudium des zahlreich versammelten Publikum!! allein los und flog von bannen. Gestern früh um 7 Uhr wurde der 1. Zug wegen einer Gasvergiftung nach der Greifswalder Straße 204 alarmiert. Zwei kleine Knaben des Gastwirtes Post waren bewußtlos aufgefunden worden. Durch Einflößen von Sauerstoff gelang es, die Knaben zu retten. In all solchen Fällen sollte man niemals zögern, die Feuerwehr sofort zu be« nachrichtigxn. Hilfe ist nur möglich, wenn sie gleich erfolgt. Ferner hatte die Feuerwehr in der Fruchtstraße 4 längere Zeit zu tun, wo nachts um 4 Uhr in einer Tischlerei ein gefährlicher Brand aus» gekommen war und bei der Ankunft des 7. Zuges bereits Hölzer. Balken, Decken und das Zwischengebälk usw. in Flammen stand. Durch energisches Vorgehen und sofortiges Wassergeben gelang es, den Brand auf die Tischlerei zu beschränken. Um Mitternacht brannte der Bohlenbelag der Eisenbahnbrücke der Ringbahn über den Landwehrkanal am Südufer. Durch Umfallen einer Petroleum- lampe kam in einer Wohnung in der Wrangelstraße 18 Feuer aus, das in dem Hause große Aufregung verursachte, die sich erst nach Ankunft der Feuerwehr legte. Ein Teerbrand beschäftigte den 3. Zug gestern früh in der Oderberger Straße 19. Durch Auf- werfen von Sand konnte er gelöscht werden. Mehrere Preßkohlen. brande mußten auf dem Moabiter-, Anhalter, u. a. Bahnhöfen gelöscht werden. Zur Beseitigung einer Ueberschwemmung infolge eines WasserrohrbrucheS wurde die Wehr nach der Schützenstratze 5 alarmiert. Ferner liefen noch Alarme aus der Linienstratze 42 u. a, Stellen ein., Arbeiter-Samariter-Kolonne. Montag, abends 9 Uhr. 2. Ab. teilung, Brunnenstraße 154. Vortrag über:„Verletzungen, Wund. behandlung und Blutstillung". Daran anschließend praktische Uebungen. Neue Mitglieder werden noch in allen Abteilungen auf. genommen. Am Donnerstag findet der Unterricht in der 3., 4. und 5. Abteilung statt. Vorort- I�acdrickten. (dorf. Erst Geld, dann helfe ich. ES mehren sich in unheimlicher Weise die Fälle, iy denen Aerzte den Grundsatz in die Praxis übertragen wollen, daß erst Geld auf den Tisch gelegt werden muß, bevor sie an einen Kranken oder Verunglückten Hand anlegen. Uns wird folgendes Vorkommnis berichtet: Am Dienstag(3. Psingsttag) vergnügte sich m der Königsheide eine Gesellschaft bei Musik, als zwischen 5 und 6 Uhr ein siebenjähriger Knabe seinem Vater weinend und blutend überbracht wurde. Ein 13jähriger junger Mensch hatte ihn unvorsichtigerweise mit einem Taschentesching in die linke Stirn» leite getroffen. Auf einem zufällig anwesenden Fuhrwerk begaben (ich der Vater mit dem verletzten Knaben, der unglückliche Schütze und der Besitzer des FuhrlverkS zu dem nächstwohnenden Arzt Dr. Bildt, Baumschulenstr. 15/10.„Der Herr Doktor ist nicht zusprechen, chläst jetzt, darf niemand hereinlassen", gab das öffnende Dienst« mädchen zur Auskunft. Nach vielem Hin- und Herreden, daß es sich um ein Kind handle, welches durch einen Schuß verwundet sei, erschien endlich der Arzt und packte sofort sein HandwerlSzcug aus. Ehe er aber zum Gebrauch desselben überging, sagte er:„Die Operation kostet 10 M-, haben Sie Geld?" Auf die Antwort:„Nein, so viel haben wir nicht bei uns I" knöpften beide, der Vater ,'nwohl wie der Schütze, ihre Ketten mit den Uhren ab, um sie dem Herrn Doktor