seinem Sturz ist nur der Zweck derjenigen erreicht Worden,die ihn gestürzt haken und ihn nur stürzen konnten, weil siejahrezehutelange Schmutzereien in Erfahrung gebracht haben.Deren Zweck aber war eö, ihren Einfluß an die Stelledes Gestürzten zu setzen.£)b sie ihr Ziel erreichen,können wir nicht sagen, sicher ist aber, daß diejenigen, die den An-griff auf Vulenburg unternahmen, das glauben. Denn wozu solltensie sonst diesen Kainpf geführt haben? Daß sie es aber glaubenkönnen, beweist das nicht, daß das absolutistische Regimenach wie vor besteht, daß durch den Sturz Eulenburgs nurein Personen Wechsel stattgefunden hat, während das S y st e mdasselbe geblieben ist?In seinem Sturze hat sich Eulenburg unfreiwillige VerdiensteUM das deutsche Volk erlvorben. In seinem Sturz hat er einenguten Teil jener stupiden Ehrfurcht vor allem adeligen und Höflings-Wesen mitgerissen, die den deutschen Spießer erfüllt, und eswird einige Zeit dauern, bis der verblödende Einfluß seinerLeibpresse dem deutschen Bürger wieder die nötige Knechtselig-keit anerzieht. Wichtiger aber ist ein anderes. Der Angeklagt«Fürst Eulenburg hat endlich die preußische Justiz zur Humanität er-zogen. Gelviß, Eulenburg war krank, und der Prozeß mußte ab-gebrochen werden, weil dem Angeklagten sonst die Verteidigung un-möglich gemacht worden wäre. Aber irgend ein anderer Angeklagteriu seiner Lage wäre kaum je einer so langen und aufreibendenVerhandlung ausgesetzt worden. Vor dem Gericht stand eindes Meineid» Angeklagter. Wann wurden je einem solchendrei Tage zur Vorlegung seine? Charakters und seinerLebensauffassung eingeräumt? Mehrere Zeugen wieder-holten eine Aussage, die sie schon vor einem anderen Gerichtbeschworen hatten, zum zweiten Male. Ihr Zeugnis, wenn wahr,hätte keinen Zweifel an der Schuld gelassen. Diesem An-geklagten wurden Wochen gewährt für die Aussage von Zeugen,die auf Grund der Kenntnis seines Charakters die Unmög-lichkeit der Beschuldigung darlegen sollten. und eineWoche für Zeugen, die über die Glaubwürdigkeit oderUuglaubwürdigkeit der Belastungsaussagen urteilen sollten.Mußten wir da nicht alle an Meineidsprozesse denken,die gegen Arbeiter, gegen Sozialdemokraten ge-führt worden sind? Unauslöschlich lebt in dem Gedächtnisder deutschen Arbeiter der Prozeß gegen den Bergmann Schröder,den Führer der Deputation der Bergarbeiter bei Wilhelm II., dernicht lange danach wegen Meineids ins Zuchthaus ge-schickt wurde. Damals wurden keine Leuniuudszeugen ge-hört, die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen nicht geprüft. Die Arbeiter, die Schröder kannten, hoben dasUrteil revidiert, und der Zuchthäusler wurde ihr Kandidat bei derReichStagswahl. Und ihre Neberzcugung ist unerschütterlich, daßSchröder nicht verurteilt worden wäre, wenn der Prozeß gegenihn so gewissenhaft, so gründlich geführt worden wäre, wie derProzeß gegen den F ü r st e n.Die deutschen Arbeiter führen den Kampf gegen ein System,und gegen die K l a s s e, die es vertritt. Sie führen den Kampf nichtgegen einzelne Personen, und ihnen erschien oft als Auswuchs undEntartung, was die Gegner als unerbittliche Gerechtigkeit empfundenhaben, wenn es gegen Arbeiter angewandt wurde. Hat dieserProzeß sie belehrt und werden sie auch dann für Menschlichkeit,Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit eintreten, wenn der Angeklagteein einfacher Proletarier ist?Die jungtiiiMche Bewegung.Die jungtürkische Beivegung macht rasche Fortschritte.iFu M o n a st i r dauern die Desertionen von Offizieren undSoldaten an. Freitag wurde der DivisionsgeneralOsman Hidajet Pascha, als er in der Kaserne einen Befehlverlas, der auf die jungtürkische Bewegung Bezug nahm, voneinem Offizier schwer verwundet. Die Aufregung unterden Albanesen nimmt zu. Sie drohen, sich der Durchfahrder Truppen, welche sich auf dem Wege nach Uesküb befinden,zu widersetzen. Die Bewegung dehnt sich nach I a n i n a ausund ein Bataillon aus Anatolien soll sich geweigert haben,nach Anatolien abzugehen. Die Pforte rüstet. �8 klein-asiatische Bataillone sind mobilisiert worden, wovon bereitsL zu je 890 Mann in Saloniki eingetroffen find. Die Mobilisierung soll rasch vor sich gegangen sein. Aus Smyrna wirdgemeldet, daß weitere 16 Redif-Bataillone des zweitenKorpsbereiches Adrianopel einberufen wurden. Das jungtürkische Komitee hat einen Aufruf erlassen, wonach dieSteuern nicht mehr an die Behörden, sondern an die Nevolutionäre entrichtet werden sollen. Und die Bevölkerung,die größtenteils mit den Jungtürken sympathisiert, soll diesenWeisungen in vollem Maße entsprechen. Nach Berichten derWiener Presse sind die Behörden machtlos, weil das O f f izierkorps und die Truppen solidarisch auftreten. Eine Offiziersdeputation überreichte den Konsulnein Meniorandum und bat sie, ihre gerechte Sache bei denfitroßmächten zu unterstützen. Die Landbevölkerungsoll durch die Revolutionäre fast völlig gewonnen sein. DasRäuber- und Bandenunwesen ist fast gänzlich ge-schwunden. weil das jungtürkische Komitee Räubereien standrechtlich bestraft.Wenn diese Nachrichten richtig sind, dann haben wir esmitaußerordentlichbedeutsamenErscheinun-g e n zu tun. Es handelt sich um eins Revolution, derenZiel die Erringung einer Konstitution bildet, die Ein-führung eines Parlaments und die Befreiung der Türkei vonder-lEinniischung der auswärtigen Mächte. Für alle Bewohnerder Türkei verlangen die Jungtürken völlige Rechtsgleichheit. Wie der„Köln. Zeitung" gemeldet wird, hatdas jungtürkischc Komitee den Mächten eine Denkschrift überreicht, die folgendes enthält:„Als Ziocck der Bewegun« wird die Beseitigung desgemeingefährlichen Ringes einiger eigennützigerLeute angegeben, die durch andauernde Verleumdung und An-geberei dem Sultan sein Volk als Feind seiner Person dargestelltund-die Türkei in ihr jetziges Elend gebracht hätten. Das Konnte�umfasse Metglieder aller Stämme und Bekenntnisse.Die ganze Armee wolle die jetzige Regierungsform durch einekonstitutionell« ersetzen, wie sie von der Berfassung von187b gegeben sei. und wolle dem Volk die Menschenrechte ge.Währen. Allen Ottonmnen ohne Unterschied müsse Sicherheit&3Lebens und des Eigentums zugesichert werde». Das Komiteemüsse zu diesem Zweck die Agenten des jetzigen Despotismus bc-fettigen, wenn es notwendig sei. Falls die jetzige Regierung, umüsich zu retten, die Rasien gegeneinander und besonders- dieMosllm gegen die Ehristrv Hetze, treffe das SVomilce keine Ver.antwortung für die Folgen. Das Bereich des Komitees dehnt sichüber das ganze türkische Reich aus; es wolle die F r e i h e i t m i tP l u t« r k a u f e n und erwarte, daß sich E u r o p a d e r E i n-m i sch nng enthalte.In einem anderen Rundschreiben, das den Konsuln überreichtVörden ist. wird ausgeführt, daß alle Mächte, selbst Rußland,anerkennen müßten, daß nur die Einführung einer Ver-fassung eine wirkliche Besserung der Lage bewirken könnte.Vis Mächte sollten deshalb tsn Sultan bewegen, denen vachzu-! geben, die treue IMertemefl, abec empört über die schändlicheLage des Vaterlandes wären."liebet den jetzigen Stand dee Bewegung berichtet dasgenannte Blatt:Darüber, daß das Komitee hn der Armee, in der Beamten-und Bürgerschaft we i t d e r b r e i t e t ist, ist kein Zweifel möglichAugenblicklich werden große Aeistrengungen gemacht, dieChristen und Ausländer von dem guten Willen desKomitees zu überzeugen, daß man ihr Leben und ihr Eigentumschützen wolle. Die Gewalttaten sind bis jetzt nur gegenS p i o ne gerichtet, die sich aus Angst- nach Konstantinopel flüchten.Die Stimmung des Komitees ist sehr zuversichtlich. Manbehauptet, keineTruppewürdegegettdieGlaubens-genossen marschieren. Hierzu ist zu bemerken, daß denBataillonen Schämst Paschas und den jetzt eintreffenden anato-tischen Landtvehrbataillonen gesagt war, es handele sich um einenAufstand in Bulgarien oder um einen Krieg. Kennerder Verhältnisse bestätigen durchweg, daß die Pforte nicht mitGewalt vorgehen wird.Faßt man alle diese Nachrichten zusammen, so scheint inder Tat an die Stelle der Einzelfragen, die bisher der Lösungharrten, wie die mazedonische oder armenische Frage, dietürkische Frage in ihrer ganzen Vollständig-keit getreten zu sein. Mit der Stellung des Problemssind aber diesmal offenbar zugleich die M i t t e l z u s e i n e rLösung gegeben. Eine konstitutionelle Bewegung in derTürkei würde nicht nur die Beseitigung einer schauerlich korrupten, verrotteten und blutigen Gewaltherrschaft bedeuten,sondern zugleich die Möglichkeit, daß sich die verschiedenenNationen und Glaubensbekenntnisse zur Erringung einermodernen Verfassung, dem wichtigsten Mittel zu ihrer gegen-seitigen Verständigung, vereinen könnten. Ein Sieg der kon-stitutionellen. Bewegung liegt soimJnteressedeseuropäischen Friedens. Und deshalb darf diese Bewegungnicht von außen gestört werden. An der Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Systems in der Türkei hängennur die Interessen des internationalen Kapitals,das die Finanznot des Despotismus zugleich ausbeutet undstetig veZchlimmert. Aber diese Interessen dürfen nicht denVorwand bilden, um die aussichtsvolle konstitutionelle Bewegung durch Eingriff von außen zu erdrücken. Währendder russischen Revolution haben die europäischen Regierungen,und vor allem auch Deutschland, fort und fort den Grundsatzder N i ch t i n t e r v e n t i o n in die inneren Angelegenheiteneines fremden Staates proklamiert. Wir wünschen, daß diesesPrinzip von den Regierungen auch gegenüber der türkischenRevolution be f o I g t wird.Sie Ashlen In flnnlsnS.HelsingforL, den 17. Juli. tElg. Ber.)'Der Wahlkampf ist vorüber. Bei dem bestehenden Pro-portionalwablsystem in Finnland beansprucht das Zählender abgegebenen Stimmen längere Zeit, und erst heute(zweiWochen nach den Wahltagen vom 1. und 2. Juli) liegen dieendgültigen Resultate vor. Wie schon gemeldet, gestaltetsich der Wahlausgang zu einem glänzenden Siege der Sozial-demokratie: ihre Kandidaten haben die größte Stimmenzahl— 308 589— auf sich vereinigt und im neuen Landtagewerden von 200 Sitzen der Sozialdemokratie 83 gehören.� DieHoffnungen der russischen Bureaukratie und der finnischenBourgeoisie auf eine erhebliche Sckiwächung der Sozialdemo-kratie sind jämmerlich zusammengebrochen.Die Wahlbeteiligung war diesmal nicht so rege wie voreinem Lohre, als nach dem Sturze des mittelalterlichenStändelandtages der neue demokratische Landtag auf Grunddes allgemeinen Stimmrechts(ohne Unterschied des Geschlechts) zum ersten Male in Finnland zusammentreten sollte.Ueberschwängliche Erwartungen wurden damals auf die neueVolksvertretung gesetzt. Doch die vorgenommene Reform-arbeit konnte während der kurzen Session keine großenResultate aufweisen, die Vorschläge der Sozialdemokratiestießen auf Widerstand seitens der bürgerlichen Parteien, undaußerdem trat es deutlich zutage, daß der Zar allen demrussischen Absolutismus unbequemen Reformen seine Be-tätigung verweigern wird. So fühlten sich viele getäuscht,sie von dem neuen Landtage eine unmittelbare Verwirk-ichung praktischer Reforrnvorschläge erhofft hatten, und soerklärt sich auch der Rückgang der diesmal abgegebenenStimmenzahl. Im März 1907 nahmen an den Wahlen teilinsgesamt 899 990 Männer und Frauen(70,7 Proz. von derganzen Wählerschaft), während diesmal nur zirka 802000Stimmen gezählt wurden(d. h. etwa 62 Proz.). Auch derWahltermin, mitten im Sommer, wo die Landbevölkerungbei den Feldarbeiten beschäftigt ist. mußte ungünstig auf dieWahlbeteiligung einwirken.Die Wahlparole der bürgerlichen Parteien lautete:Kampf gegen die Sozialdemokratie, und erstan zweiter Stelle trat für sie die Aufrechterhaltung derfinnischen Konstitution und die Durchführung der eigenenProgrammpunkte. Tie Schuld an der eingetretenenSpannung zwischen Rußland und Finnland und an der un-sicheren politischen Lage wurde dem Bestehen einer starkensozialdemokratischen Partei und ihrer rücksichtslosen Politikzugeschoben und dabei hervorgehoben, daß nur die besonneneTaktik der bürgerlichen Parteien die finnländische Autonomiesicherstellen könne. Die Sozialdemokratie sollte auch bei uns„niedergeritten" iverdcn, und so wurde bei den Wahlen—besonders seitens der Altfinnen gegen die finnische Ar-beiterpartei eine wüste Agitation nach dem Muster deZ„Rcichsliigcnverbandes" eröffnet. Das Wahlresultat: relativeStärkung der Sozialdemokratie und moralische Niederlageder Altsinnen, die am heftigsten die Sozialdemokratie bc-kämpft und am nachgiebigsten der russischen Reaktion gegen-über sich gezeigt hatten.Die Rollen im politischen Leben Finnlands sind unter4 Parteien verteilt: den Svedomanen(Schweden), Jung-sinnen, Altsinnen und Sozialdemokraten.— Die s ch w e-d i s ch e Partei besteht hauptsächlich aus der Landaristokratie.der Höhrren Beamtenschaft und der städtischen Groß-bourgeoisie: da aber die nationalen Gegensätze in Finnlandnoch immer scharf ausgeprägt find, so hält sich zu dieserPartei auch die schwedisch sprechende Bevölkerung in einigenProvinzen. Die Partei ist von reaktionären Tendenzen durchsetzt, aber nach der Revolution im Jahre 1905 war auch siegezwungen, den deniokratischen Zeitforderungen Rechnungzu tragen und einige Reformen in ihr Wahlprograinm aufzunehmen. Unter Bobrikows Regime war die schwedischePartei in die Opposition gedrängt»vorden, doch als im Jahre1906 ihre Führer zusammen mit den Jungfinnen in denSenat berufen wurden, versuchten sie, sich höchst loyal zuzeigen und wichen überall vor der russischen Reaktion zurück,zum Beispiel bei der Auslieferung russischer Revolutionäre.Doch Stolypin traute noch immer nicht recht dieser Loyalität,lind so bekam der jetzige Senat mit Leo M e ch e l i n ander Spitze seinen Abschied. Bei den jetzigen Wahlen brachtedie schwedische Partei 102 329 Stimmen zusammen und er-hielt somit 25 Sitze im Landtage, aber über 10 000 schwc-dtsche Arbeiter und Handwerker_ in Helsingfors, Abo undWasa stimmten schon für die Sozialdemokratie.Die jungfinnische Partei rekrutiert sich vorwiegendaus der städtischen Bourgeoisie und den Vertretern der intelli-genten Berufsarten. Vor etwa 10 Jahren trennten sich dieJungfinnen von der altfinnischen Partei, weil der reaktionäreKlerikalismus ihnen unerträglich wurde und hauptsächlichweil sie die feige opportunistische Politik der Altfinncn unterVobrikow nicht mitmachen konnten. So wurden die Jung-sinnen damals eine liberale Partei und traten mit ihreroppositionellen Taktik den Schweden nahe, mit denen zu-sammen sie im Jahre 1905 den neuen Senat bildeten. Dochzur Regierung gekommen, wurden die ehemaligen Radikalenrecht zahm und nahmen der proletarischen Bewegung gegen-über eine feindliche Stellung ein. so z. B. durch eine uncr-hörte Vermehrung der Polizei. Sie haben kein festes sozial-politisches Programm, sondern helfen sich durch mit allge-meinen Redensarten und berufen sich nur fortwährend aufihre konstitutionellen Prinzipien. Da sie aber in der Wahl»kampagne den Altfinnen gegenüber stets ihren„Konstitutio-nalismus" hervorhoben und auf ihre einstige Oppositiongegen die russische Bureaukratie hinwiesen, so behielten dieJungfinnen nicht nur ihre früheren 25 Mandate, sonderngewannen auf Kosten der Altfinnen noch 2 dazu. Für diejungfinnische Partei wurden diesmal im ganzen 114325Stimmen abgegeben gegen 121 604 im Jahre 1907.Die Alt sinnen(auch„Suometarianer" genannt)bilden neben der Sozialdemokratie die stärkste politischePartei in Finnland. Sie stützt sich auf die bäuerliche Be-völkerung; in ihren Reihen stehen die Priester und Küsterund zum großen Teil auch die Volksschullchrer, was in Finn-land, wo die kirchlichen Traditionen noch so tief wurzeln,sehr viel zu bedeuten hat. Die Partei vertritt nationalistischeund konservativ-klerikale Prinzipien, aber, um ihre bäuer-lichen Wähler an sich zu fesseln, hat sie sich auch für ziemlichweitgehende soziakokonomische Reformen ausgesprochen. Dernationale Antagonismus zwischen Schweden und Finnen be-steht noch jetzt, und seit altersher ist das Streben der Alt-sinnen darauf gerichtet, die schwedische Vorherrschaft zu stürzenund ihre Positionen einzunehmen. Zu diesem Zwecke sind siesogar bereit, sich mit der russischen Bureaukratie zu der«bünden, wie das ja unter Bobrikow der Fall war, wo die da-maligen altfinnischen Senatoren durch ihre jämmerlicheDiploniatie nur Schmach und Verachtung auf sich luden. Inden letzten Jahren haben die Altfiuncn nun den jetzigen bür-gerlich-konstitutionellen Senat mit allen Mitteln bekämpft,ihn sogar der russischen Regierung denunziert, um für sichselbst den Weg zu den Senatorensesseln zu bahnen. Siehatten sich schon als die kommende Regierungspartei be-trachtet und mit besonderem Nachdruck betont, daß man dieStreitfragen mit Rußland gütig erledigen soll, bis sie ausder Stimmung der Wählerschaft merkten, daß ihr Spiel dochzu gewagt ist. Die Altfinnen mußten jetzt im Wahlkampfeimmer und immer beteuern, daß die Autonomie Finnlandsfür sie heilig und unantastbar sei: doch nur ihrer ausgezeich-neten Organisation und ihrer beispiclloseu Agitation könnensie es verdanken, daß ihre Niederlage nicht schmerzlicherwurde. Ihre Stimmenzahl ging von 243 574 auf 205262zurück und von ihren 59 Plätzen im Landtage verloren sie 5.Der Wahlausgang war eine empfindliche Warnung für diealtfinnische Partei, und sie kann es nicht mehr wagen, dieeroberten Bürgerrechte Finnlands dem russischen Absolutis-mus zu verschachern.-Die Sozialdemokratie hatte bei diesen Wahleneinen äußerst schlveren Stand. Von allen Seiten wurde sieangegriffen: man warf ihr ihre radikale Taktik und ihre ver-hängnisvolle Solidarität mit der russischen Revolution vor;man legte ihr alle in den letzten Jahren hier vorgekommenenRaubansälle zür Last, obgleich die finnische Sozialdemo-kratie die anarchistischen Umtriebe und Abenteuer amchärfsten bekämpft hat: man wies auf ihre antikirchliche Ge-innung hin: man griff zu persönlichen Verdächtigungen undVerleumdungen. Und vor allem brachte man immer jenesecht bürgerliche Argument vor: die Wiederwahl der Sozial-demokratie bedeutet eine Gefahr für das ganze Land, sie wirdin Petersburg als eine direkte Herausforderung aufgefaßtwerden, und nur eine Stärkung der bürgerlichen Majoritätkann Finnland retten! Man konnte anfangs darauf gefaßtsein, daß die Machtstellung der Sozialdemokratie in diesen,Zlnsturme doch teilweise erschüttert werden wird, doch dieArbeiterschaft zweifelte nicht im geringsten an ihren Sieg.So kam der Wahltag heran: nicht nur die demokratischenVolksmassen der Städte hielten sich wiederum treu zu ihrerroten Fahne, sondern die proletarischen Schichten der Land-Bevölkerung übertrugen der Sozialdemokratie auch fernerüic Vertretung ihrer Interessen. Vor allem war der Wahl-ausgang ein großartiges Vertrauensvotum seitens desinnischcn Volkes für die feste, mutige Politik der revolutio-mren Sozialdemokratie. In allen Wahlkreisen behauptetesie Sozialdenwkratie ihre bisherige Stellung, ja teilweisehatte sie noch einen Fortschritt zu verzeichnen, so daß sie sichaußer ihren früheren 80 Mandaten noch 3 neue(1 in Wasa,2 hoch oben im Norden, in Uleaborg) aus dem Wahlkampfeholte. Wohl ist die absolute Stimmcnzahl der Sozmldemo-kratie aus den anfangs angeführten Ursachen auch um einigeTausende gesunken(von 329 990 auf 308 589), aber im Verhältnis zu den bürgerlichen Parteien hat sie am wenigstenverloren, so daß relativ der Prozentsatz der sozialdemo-kratischeu Wähler noch gestiegen ist(von 37 Proz. aller Wählerauf 38,4 Proz.). Und mit Recht kann man wohl sagen, daß mandiesmal mit klarer Uebcrzeugung und fester Entschlossenheitfür die Sozialdemokratie gestimmt hat.Ter neue Landtag tritt am 1. August zusammen. Diefinnische Volksvertretung geht schweren, dunklen Tagen ent-gegen, denn Konflikte niit der zarischen Regierung sind un-vermeidlich. Doch wie dem auch sei, das finnische Volk hatdurch diese Wahlen seinen Willen bekundet und die finnischeSozialdenwkratie wird ihre Pflicht tun.politilebe deberfkbtBerlin, den 20, Juli 190aStumpfsinn!In einem Leitartikel der„D a n z i g e r NeuestenN a ch r i ch t c n" stand kürzlich zu lesen:Kaiser Wilhelm hat dein deutschen Volk ein gutes Beispielgegeben. Kaltblütig mw ruhig ist er auf der«Hohen»zollern' in Begleitung eines Kreuzers und eines Torpedojügers