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Br. 175. 25. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner   Volksblatt.

Partei- Angelegenheiten.

Sur Locatif. In Schilbow t. d. M.( N.-B.) steht uns das Lokal 8ur historischen Mönchsmühle", Inh. Knappe, zu den bekannten Bedingungen wieder zur Verfügung. In Drewit( T.-B.) hat Herr Aug. Buhlmann seine Unter­schrift zurückgezogen.

In Hermsdorf b. Münchehofe  ( T.-B.) ist es unseren Genossen trotz aller Bemühungen leider noch nicht gelungen, ein Lokal zur Abhaltung politischer Versammlungen zu bekommen. Bisher war cs den Maurern und Arbeiterradfahrern noch möglich, ihre Zu­sammenkünfte im Lokal der Ww. Zech abzuhalten, auch dies ist jetzt nicht mehr möglich, da der Lokalinhaberin selbst die Zusammen­tünfte der Radfahrer zu gefährlich" erscheinen. Wir er­suchen daher, dem Lokal der Wi. 3 ech nach dieser Richtung hin ganz besondere Aufmerksamkeit schenken zu wollen. Speziell er­juchen wir die dort ansässigen und in Berlin   beschäftigten Arbeiter, mit allen Kräften dahin zu wirken, daß wir dort recht bald ein Lokal für unsere Versammlungen bekommen. Die Lokalkommission.

Bezirk Waidmannsluft. Diejenigen Genossen, welche noch Bücher aus der Vereinsbibliothek in Händen haben, werden ersucht, dieselben bis Sonntag, den 2. August, abzuliefern. Diese Auf­forderung bezieht sich hauptsächlich auf diejenigen Leser, welche schon wochenlang Bücher in den Händen haben.

Fredersdorf  - Petershagen  . Am Donnerstag, den 30. d. Mts., abends 8 1hr, findet im Lokal von May Girke ein Extra- Bahl­abend statt.

Berliner   Nachrichten.

Mittwoch, 29. Juli 1908.

der bisherigen Linie 4 Hallesches Tor- Chausseestraße( Ecke Liesen- Wir fönnen nur wiederholen, daß diese Art Arbeits­straße)" dar, verläuft in ganz derselben Weise und geht von der nachweis eine Schmach ist und unter allen Um­Chausseestraße durch die Reinickendorfer Straße am Weddingplatz ständen beseitigt werden muß. Die Arbeiter haben ein und Bahnhof Wedding vorbei nach dem Nettelbeckplatz. Die Linie Anrecht auf Mitverwaltung und dieses Recht werden sie sich erkämpfen erhält die Nr. 4 A. Der erste Wagen verläßt den Nettelbeckplak morgens 5 Uhr 8 Minuten, der letzte nachts 12 Uhr 46 Minuten. Vom Halleschen Tor ab fährt der erste Wagen maorgens 5 Uhr 41, der lehte nachts 1 Uhr 19 Minuten.

Neue Fahrpläne für drei Straßenbahnlinien. Drei Linien der Straßenbahn erhalten am 1. August neue Fahrpläne. Bei einer der drei Linien wird gleichzeitig die Strecke, bei den beiden anderen die Dauer des Betriebes zum Teil verlängert. Die Linie 24 ging bisher von der Ecke der Potsdamer   und Großgörschenstraße über das Brandenburger Tor   bis zum Nettelbeckplatz. Diese Linie wird jezt von der Fennstraße durch die Müllerstraße bis zur Ofener Straße verlängert, nachdem die notwendige Kurve von der Fenn- in die Müllerstraße eingebaut ist. Die verlängerte Linie 24 ergänzt sich mit der Linie 23, Schöneberg  - Gesundbrunnen  , zwischen der Groß­görschenstraße und dem Wedding zu einer Wagenfolge von 7% i nuten. Die Linie 24 wird ferner bei Bedarf im Anschlußbetrieb der Südlichen Berliner   Vorortbahn auf dem Wege der Linie 23 Wünschen der Bewohner der sogenannten Insel in Schöneberg   da bis zur Gotenstraße durchgeführt. Endlich wird den lebhaften durch entsprochen, daß nicht nur die Linie 23, sondern auch die Linie III, Swinemünder Straße- Bezirkskommando, über den fahr­planmäßigen Betrieb gefahren wird. Die ersten Wagen gehen fünftig bei Linie 23 vom Gesundbrunnen   6,00, von der Gotenstraße 6,53, bei 24 ab Ofener Straße 6,33, ab Großgörschenstraße 5,39, bei III ab Swinemünder Straße 5,56, ab Bezirkskommando 7,10. Die letzten Wagen gehen bei 23 vom Gesundbrunnen   11,45, von der Gotenstraße 12,38, bei III ab Swinemünder Straße 11,56 bis Militärbahnhof, ab Militärbahnhof 12,59.

müssen.

Die Titelsucht treibt mitunter recht sonderbare Blüten. Wie weit dies geht, ist aus der Wählerliste des achten Berliner   Land­tagswahlkreises ersichtlich. Neben einem föniglichen Schloßpolierer" findet man da einen königlichen Bratenspicker". Die Bezeichnung Koch  " war dem Edlen natürlich viel zu gering. Nächstens werden wir einen föniglichen Kartoffelschäler" oder einen königlichen Gänserupfer" noch im Verzeichnis finden.

Die Berliner   Kriminalpolizei hat sich in der Perlenaffäre der Gräfin Wartensleben nicht gerade mit Ruhm bedeckt. Privatdetektivs ist es vorbehalten geblieben, bie Perlen zu ermitteln, also eine Aufgabe zu lösen, die unserer Kriminalpolizei eigentlich obliegen sollte.

Zwar waren die Mittel, die die Detektivs in der Sache anwandten, nicht gerade saubere. Ein weiblicher Sherlock Holmes  einmieten und nach und nach das Vertrauen der Steger eriverben. mußte sich in der nächsten Nähe der verdächtigen Kammerfrau Dann traten Detektivs in der Rolle des Liebeswerbers auf, um so an die St. heranzukommen. Sie haben ihre Rollen so gespielt, daß die Steger tatsächlich die schönen Worte für echt nahm und schließlich ihr Geheimnis verriet, nachdem ihr vom Rechtsanwalt Dr. Martufe 10 000 m. versprochen worden waren. Nachdem sa alles fertig war, griff die Berliner   Kriminalpolizei   ein.

Geborgene Leichen. Gestern sind bei Jörsfelde die Leichen. des Restaurateurs Kraft und des Malers Willi Kleist an­geschwemmt. Die beiden Männer hatten bekanntlich eine Kahn­partie auf dem Tegeler See   gemacht und stürzten beim unvor­sichtigen Platzwechsel mit dem Boot um und ertranken.

Noch einmal der Arbeitsnachweis des Verbandes der Bau­Scht die Gemeindewählerliste nach! Für Berlin   liegt die dies- geschäfte. Nachdem wir in Nr. 170 vom 23. Juli die jammervollen jährige Liste der stimmfähigen Bürger, d. h. der Gemeindewähler, Bustände des Nachweislokals in der Beuthstr. 1 für Bauarbeiter nach nur noch bis einschließlich 30. Juli( Donnerstag) eigener Jnangenscheinnahme gefchildert haben, glaubten wir auch Die Hitze. Gestern sind in vielen Fällen Menschen und Tiere zur Einsichtnahme aus. In den Stunden von vormittags 9 Uhr dem anderen Lokal für Maurer   und Bimmerer in der vom Hizschlage getroffen worden. Vor dem Hause Reichenberger bis nachmittags 3 Uhr kann im Wahlbureau des Magistrats( Post- Dirdsenstraße, Stadtbahnbogen 92, unsere Aufmerksamkeit zu Straße 63 stürzte eine Frau. Die Bewußtlose wurde von der straße 16) jeder Wahlberechtigte die Liste auf ihre Richtigkeit prüfen wenden zu sollen. Wir haben dort fast dasselbe Elend angetroffen. Feuerwehr nach der Unfallstation am Görlitzer Bahnhof gebracht. straße 16) jeder Wahlberechtigte die Liste auf ihre Richtigkeit prüfen und eventuelle Berichtigung beantragen. Berichtigungsanträge, die auch hier hat die ganze Anlage eine große Aehnlichkeit mit gewissen Bersonen bewußtlos und mittels Droschke Aerzten zugeführt. Pferde Auch am Stettiner Bahnhof und am Halleschen Tor wurden zwei nach dem 30. Juli eingehen, werden nicht mehr berücksichtigt. Be- Einrichtungen auf dem Biehh of. Ein Stadtbahnbogen ist durch rohe sind mehr als ein Dugend gefallen und mußten fortgeschafft werden. züglich des Wohnfibes der wahlberechtigten Personen werden die ungestrichene Bretterwände in drei Teile gegliedert; links vom Eingang ist den Zimmerern, rechts den Maurern zum Aufenthalt eine Bucht, Bild des modernen Verkehrs bot sich gestern vormittag den Passanten Der Militärlenkballon über der Heerstraße. Ein charakteristisches polizeilichen An- und Abmeldungen als maßgebend angesehen. Wir haben in diesem Jahre keine allgemeinen Kommunal- möchte man fagen, angewiesen; der Boden schlecht zementiert, nicht der Döberiker Heerstraße. Das kleine Motorluftschiff des Luft­wahlen, aber das sollte für niemand ein Grund sein, sich diesmal eine einzige Bank ist vorhanden. Die Leute können am schifferbataillons war gestern seit 5 Uhr bis 11 Uhr ständig auf die Prüfung der Wählerliste zu ersparen. Es ist oft genug in Boden tauern. Ein Tisch mit einem Gefäß für Trinkwasser, den Beinen". Es manövrierte über Tegel   und flog schließlich nach solchen Jahren vorgekommen, daß Mandate durch Niederlegung oder ein Becher oder ein Glas oder ein Spucknapf sind unbekannte dem Grunewald davon. Gegen 10 Uhr fuhr es von Westend   her, durch Tod plötzlich frei wurden und eine unerwartete Er- Dinge, auch haben wir hier weder Klosett noch Pissoir vorgefunden. in der Sonne hell leuchtend, schnurgerade über der Heerstraße. sabwahl nötig wurde. Da hat es sich jedesmal sehr unangenehm Im Hintergrunde des Mittelraumes befindet sich der Schalter, von Unten suchten mehrere Automobile mit dem Luftschiff gleichen fühlbar gemacht, daß nur zu viele es nicht für nötig gehalten hatten, dem aus die Arbeit vermittelt wird. Er ist noch durch besondere Schritt zu halten. Da die Heerstraße zum Teil auch die Unter­die Wählerliste zu prüfen. Man weiß ja, wie reich an Fehlern aller Barrieren aus rohen Balken abgetrennt, und mehrfache schwarze grundbahn unter ihrer Asphaltdecke birgt, sind zu gleicher Zeit Art die Wählerlisten zu sein pflegen. Schon mancher, der sich Aufschriften an den Holzwänden verbieten hier den Aufenthalt. unter, auf und über der Straße Menschen gefahren. darauf verließ, daß die Kontrolle überflüssig sei, hat dann am Tage Wir müssen gestehen, eine Strafanstaltszelle bietet mehr Komfort, der Wahl eine recht verdrießliche Ueberraschung erlebt. als hier von den reichen Baugeschäften den Arbeitslosen zu­gemutet wird.

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Ein Freibaddieb erwischt. Das Freibad Grünau hatte seit längerer Zeit unter einen Dieb zu leiden, der sich unter die Bade­gäste mischte und jede Gelegenheit wahrnahm, um Kleidungsstüde Für den neuen Militärübungsplatz, welcher, wie wir berich­teten, bei Egsdorf angelegt werden soll, haben sich insofern Beuthstraße, nur haben wir das plakat, wonach dem Geschäftsführer Verhaftung des Burschen, als er gerade eine Uhr gestohlen hatte. Die Arbeitsvermittelung selbst geschieht ähnlich wie in der der Badenden zu stehlen oder die Taschen nach Uhren, Porte­monnaies und Ringe zu durchsuchen. Gestern gelang nun die Schwierigkeiten ergeben, als die beabsichtigte Ausdehnung des Plakes nördlich von Behrensdorf  , insbesondere zur Gemarkung die Auswahl der Arbeitskräfte überlassen bleibt, nicht vorgefunden. Es ist der Maschinenbauer Fiedler aus Charlottenburg  . Schöneiche   und Callinchen unterbleiben muß. Die dortigen Bauern Wie uns aber versichert wurde, verfahre man hier ebenso unter dem haben derartig hohe Forderungen an die Militärbehörde gestellt, Vorgeben, die Auftraggeber stellten gewiffe Bedingungen und dem Seilstätte des Rothen Streuzes in Grabowfee gegriffen. Schon seit Zu einem Hungerstreik haben dieser Tage Patienten in der daß diese von dem Grwerb der Gelände endgültig Abstand ge- komme man durch Aussuchen eben nach. Daß auch hintenherum", längerer Zeit wurden von den Patienten nach den verschiedensten nommen hat und den neuen Militärübungsplatz nun von Behrens- also etwa nach Schluß der Geschäftszeit( die von 8-11 und 3-5 Uhr Richtungen hin Klagen erhoben, von denen die über die Be­dorf aus in südlicher Richtung erweitern will, und zwar nach den währt, Arbeit vermittelt worden ist, will man beobachtet haben, wie schaffenheit des Essens die wesentlichste war. Dörfern Zech, Radeland und Dornswalde hin. Der neue Uebungs- an uns gelangte Zuschriften behaupten. Wiederholt sind im Essen Maden gefunden worden. Beschwerden beim Chefarzt plab kommt dadurch allerdings in zwei Kreise zu liegen, Teltow  blieben erfolglos. Und so kam es schließlich dahin, daß eines und Jüterbog  - Ludenwalde, zu welchem die neuen in Aussicht ge­Tages 113 Batienten das Eisen stehen ließen und nicht anrührten. Die Verwaltung der Anstalt sollte sich doch berechtigten Beschwerden. der Patienten nicht verschließen und Abhilfe schaffen, wo folche notwendig ist. Dazu gehört doch wirklich nicht viel. Mit etwas gutem Willen und Entgegenkommen sollte sich dem hoch leicht ab. helfen lassen.

nommenen Gelände gehören.

Die Mitglieder des Wiener   Arbeiter- Bildungsvereins werden nach Abschluß ihrer Berliner   Besichtigungstour zunächst Hamburg  und dann Kopenhagen   besuchen. Die gesamte Reise ist auf zwölf Tage berechnet.

Berkehrsnachrichten. Am Freitag, den 31. d. Mts., wird der Wedding   eine neue Verkehrsverbindung mit der Friedrichstadt  erhalten. Die Allgemeine Berliner   Omnibus- Aktien- Gesellschaft cröffnet an diesem Tage eine Kraftomnibuslinie Wedding  ( Nettel­bedplatz)-Hallesches Tor". Diese Linie stellt eine Verlängerung

Kleines feuilleton.

Daß vor diesem Nachweis, der übrigens in unmittelbarer Nähe

des Polizeipräsidiums liegt, ständig Schutzleute patrouillieren, wollen wir nur nebenbei bemerken; notwendiger wäre aber auch hier gleich wie in der Beuthstraße eine dauernde innere Kontrolle. Man stelle sich nur vor, was bei der jetzigen Hitze die vielen dort ſtundenlang weilenden Arbeiter aushalten müssen bei dem Mangel jedweder Ventilation in den kaum für Vieh geeigneten Räumen. Einen beſſeren Seuchenherd kann sich die Polizei gar nicht wünschen. Die Polizeibehörde hat doch sonst genug baupolizeiliche Vorschriften erlassen über die Bewohnbarkeit von Wohnungen; warum ist sie hier so rüdsichtsvoll?

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Bei einer Revolverschießerei in den Rehbergen ist der 14 jährige Schultnabe star Böhm aus der stoloniestraße 67 schwer au Schaden gekommen. B. hatte mit anderen Schulkameraden auf ben Sandhügeln gespielt. Während die Knaben herumtollten, frachten plötzlich kurz hintereinander zwei Schüsse und getroffen Schweigen. Der Abgeordnete von Jerusalem   z. B., Zia Bey, war Sprößlinge haben längst keine innere Fühlung mehr mit den Geistes­bei dem Präsidenten besonders schlecht angeschrieben, da er energisch werken der heroischen Zeit" ihrer Stlasse. Die Erbschaft der auf eine größere Disziplin in der Geschäftsordnung drang und Klassischen deutschen Literatur hat die Arbeiterschaft angetreten. Mit immer wieder darauf bestand, daß in die Kommission nur solche welcher Begeisterung, mit Aus dem alten türkischen   Parlament. Wie die Umstände und Abgeordneten gewählt würden, die tatsächlich die nötigen Fähig fie dabei ist, soweit Berhältnisse mit welchem Eifer und Verständnis politischen Verhältnisse, unter denen vor nunmehr 32 Jahren das feiten zur Beherrschung der Materie mitbrächten. Nicht selten lebendigen und fortwirkenden Gehalt der Klassischen bürgerlichen Mittel es ihr gestatten, den erste türkische   Parlament einberufen wurde, so manche Aehnlich- tam es zu recht stürmischen Sibungen. Das türkische Element, in Literatur in sich aufzunehmen, davon zeugen ihre mannigfachen feit zeigen mit der heutigen Situation des osmanischen Reiches, unbestrittener Mehrheit, suchte immer wieder die anderen Ab- Bildungsbestrebungen. Unparteiische Lehrer und Beobachter haben so fehlt es auch nicht an Pessimisten, die der Befürchtung Ausdruck geordneten beiseitezusetzen. Weitere Schwierigkeiten erwuchsen durch denn auch immer wieder darauf hingewiefen. Heute liegt ein geben, auch dem neuen Barlament möge es vorherbestimmt sein, die Sprachenfrage. Die Verfassung bestimmte die türkische Sprache Beuguis vor über Erfahrungen, die in dem Karlsruher   Arbeiter­Das Schicksal des alten zu teilen und nach kurzem Scheinleben zur Verhandlungssprache, und viele christliche und arabische Ab- Diskussionsklub" gemacht wurden. In diesem Verein wurden Vor­wieder zurückzusinken in Vergessenheit. Als damals, im Jahre geordnete waren so zur Passivität verdammt, weil nur wenige von träge über Leffing und sein Drama Nathan" gehalten. Dr. Starl 1876, Midhat Pascha   Großvezier geworden war und nach langen ihnen das Türkische beherrschten. Das Präsidium und die türkische   Wolff, der sie veranstaltete, berichtet darüber in der Frankf. 8tg.": Kämpfen Abdul Hamid   die Gewährung seiner Verfassung abrang, Mehrheit setzte selbst den geringfügigsten Zugeständnissen eine un­follte er bald erfahren, daß das Parlament mehr als ein taktisches willige Buchstabentreue entgegen. Als bei einem wichtigen Gesetz- Dankbarkeit treibt mich an, von diesen Stunden öffentlich zu reden. Das Gefühl tiefster Befriedigung, ja ich möchte fagen, der Hilfsmittel betrachtet wurde, um aus der schwierigen internatio- entwurf ein Abgeordneter den Antrag stellte, das Präsidium möge Nur wer Gelegenheit hat, oft und vor wechselndem Publikum nalen Situation herauszufinden und die Unruhe der unterdrückten den Entwurf übersehen lassen und auch in griechischer und zwei über bedeutsame Probleme zu sprechen, wer die müde, nachlässige Völkerstämme zu beschwichtigen. Der Beweis blieb nicht lange aus. anderen Sprachen zur Verteilung bringen, damit auch nichttürkische und zerstreute Art tennt, mit der weite Kreise unserer Gebildeten Als er dem Sultan   den ausgearbeiteten Entwurf der Thronrede Abgeordnete ihn studieren könnten, erteilte der Präsident die die Worte hals aufzufassen, halb zu überhören pflegen übersendet, erhält er das Manuskript bald zurüd: Alle Hinweise klassische Antwort:" Gut, ich werde ihn übersehen und verteilen nur der vermag ganz nachzufühlen, wie die ursprüngliche auf liberale Reformen und alle freiheitlichen Versprechungen waren lassen, sofort nachdem die Kammer ihn angenommen hat." Und nur furzweg gestrichen worden. Midhat Pascha   fand damals den Mut, diesem eigenartigen parlamentarischen Geschäftsgang entsprach Straft und Frische dieser Männer und Frauen aus denr dem Sultan   einen von stolzem Freimut erfüllten Brief zu schreiben, natürlich auch die Form, unter der die Wahl zustande kam. Die diese leuchtenden Augen, diese bebenden Lippen, diese demütige Wolfe auch den Redner anfeuert und erquidt. Unvergeßlich dessen Form und Inhalt eine außerordentliche Kühnheit bedeutete. englische Regierung hat in einem Blaubuch einen interessanten Er erklärte unumwunden, daß die Krone das gegebene Wort bräche Beweis dafür erbracht. Es handelt sich um einen Erlaß eines Re­und daß bei der gegenwärtigen Lage des Reiches solches Handeln gierungsvertreters an die Beamten seines Distriktes, der dem Volke den Ruin bedeute. Die Antwort läßt nicht lange auf sich warten: mitgeteilt werden mußte. Einwohner von Mesampo", hieß es Barlamentes, das er geschaffen, ist Midhat Pascha   entlassen und lichen Ferman zu lesen gab, der befiehlt, daß jedes Land eine chr drei Tage später, wenige Wochen vor dem Zusammentritt des darin, gewiß erinnert Ihr Euch, daß ich Euch kürzlich einen kaiser­berbannt. Das unter solchen Auspizien zusammentretende Parla- same Person nach Konstantinopel   als Vertreter schicken solle. In ment sollte bald das Opfer der Umstände werden. Schon bei der folgedessen werdet Ihr sofort nach Empfang dieses meines Befehls feierlichen Gröffnung ließ Abdul Hamid   keinen Zweifel darüber, ohne Berzögerung den Herrn Giorgio Margariti von Mesampo daß die freiheitlichen Reformen bei ihm nur wenig Sympathie ge- erwählen und Ihr werdet ihm eine Vollmacht geben, die Ihr unter­nossen kaum war die Thronrede, die Said Bascha verlas, zu schrieben habt. Morgen werdet Ihr mir diese Vollmacht und den 3762 alle erwarteten, daß nun der Sultan   die Abgeordneten Herrn Margariti zusenden. Zugleich kündige ich Euch an, daß ich Theaterchronit. Sarah Bernhardt   will Berlin   in begrüßen würde so verließ Abdul Hamid   den Saal, ohne die feine Einwände gelten lasse; gehorcht Ihr nicht, so werde ich mit der Zeit vom 21. bis 25. Oktober im ebbeltheater beglüden. Deputierten auch nur zu grüßen. Im Grunde bestand das damalige Gurem Dorfe   verfahren wie mit den übrigen." Troßdem fehlte es Sogar als Autorin dürfen oder müssen wir sie kennen lernen. Barlament nur aus dem Abgeordnetenhaus, denn um den gleich im Parlament nicht an Abgeordneten, die ihre Aufgabe ernst Bühnen chronit. Jose Ferenczy, der in Berlin  seitig geschaffenen Senat befümmerte sich eigentlich niemand. Es nahmen. Während der zweiten Legislaturperiode vereinigten sie jahrelang das Central- Theater leitete und die letzten Schlager der fam nur zu zwei Sessionsperioden; 115 Abgeordnete, darunter sich, opponierten dem Präsidenten, nahmen Mißtrauenstund- Operette lancierte, ist in Buenos Aires  , wo er ein Operettengastspiel 69 Mohammedaner und 46 Nicht- Mohammedaner, nahmen an ihnen gebungen gegen das Ministerium an, die in ihrer Form auch den gab, gestorben. teil. Von Pressefreiheit war taum die Rede und die Nachrichten Sultan   trafen. Abdul Hamid   zog die Konsequenz und entledigte über die Verhandlungen des Parlaments erschienen mit tunlichster fich furz entschlossen dieses läftigen Parlaments, er schicte es einfach Verspätung, oft erst einen Monat nach den Beschlüssen. Sie waren nach Hause. abgefaßt in einer Weise, die sie jedem Menschen einfach unver­ständlich machten. Dabei zeigte sich der Präsident Ahmed Wefit, Die deutschen Arbeiter und die klassische deutsche   Literatur. Im Sven Hedin   kurze Zeit vorher bei Diagotsch möglicherweise den man vorher als einen Liberalen anzusehen pflegte er hatte Bücherschranke des gebildeten Bürgers führen die zu dekorativen Schigatse gewesen sei. Er hätte die Absicht gehabt, über Gjangtse Molière   und Shakespeare   ins Türkische übertragen als ein füg- Bwveden angeschafften Klassiter ein trostlos nuglofes Dasein. Die Indien   zu erreichen, sei aber von den tibetanischen Behörden ge­sames Instrument des Sultans. Die Redefreiheit behandelte er Zwangszöglinge der höheren Bildungsanstalten schöpfen schon lange zwungen worden, auf dem gleichen Wege, den er gekommen, wieder mit größter Willkür, und mehr als einmal brachte er unbequeme nicht mehr aus der Fülle unserer Klassischen Literatur, die ihnen zurüdzukehren. Der Maharadscha versprach, sich wegen weiterer Nach Abgeordnete durch die Androhung der Ausweisung zu unfreiwilligem audem bornierte Schulmeisterei berefelt. Das Bürgertum und seine richten über Sven Hedin au bemühen.

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Sehnsucht, diese innerliche Erregung. Was uns Menschen der " höheren Kreise schon auf der Schule alltäglich und zum Ueberdruß wird, das wird hier unworben und umklammert als ein unver auf welches Erdreich ein jeder säen muß, der für die Zukunft unseres gleichlich kostbares Gut. Man wird jung mit diesen Jünglingen, von denen manche weiße Haare haben. Man fühlt zugleich unmittelbar, Voltes fruchtbare Ernte erhofft."

Notizen.

Sven Hedin  . Der schwedische Gesandte in London   erhielt vom Maharadscha  ( König) von Nepal  , dem Tibet   zunächst gelegenen nordindischen Reiche, die Nachricht, man habe vor drei oder vier Monaten in einem Orte an der Nordgrenze Nepals   erfahren, daß