?n danken. Freitag wird er am öffentlichen Gottesdienst inder Sophien-Moschee teilnehmen.Die Verfassung von 1876 wird Wohl einige Modi-fikationen erfahren müssen. Sie war gegeben zu einer Zeit.wo die Ausdehnung der Türkei größer war. Nach dieser Ver-fassung würde z. B. A e g y p t e n, das heute ja ganz unterenglischer Herrschaft steht, gewisse Teile Bulgariens usw.Abgeordnete nach Konstantionopel senden müssen. Hier mußden geänderten Verhältnissen Rechnung getragen werden.Die konstitutionelle Bewegung der Türkei beginnt schongewisse Rückwirkungen auf andere mohammedanischeGebiete zu äußern. Vor allem erfährt die nationalistische Be-wegung in Aegypten, die gegen die englische Fremd-Herrschaft gerichtet ist, eine bedeutende Verstärkung. Und dieenglische Politik wird auf die Dauer der Forderung derAegypter nach einer Verfassung ebensowenig widerstehenkönnen wie die österreichische Regierung dem Verlangender Bevölkerung Bosniens und der Herzegowinanach Selbstverwaltung.Der Sieg der Jungtürken wird sie bald vor ernsteProbleme stellen. Es gilt, eine Form zu finden, in der diewirtschaftlichen, nationalen und religiösen Bedürfnisse in allihrer Vielgestaltigkeit zum Ausdruck und zur Lösung kommenkönnen. Dazu genügt die Konstitution allein nicht. An dieStelle der bisherigen Zentralisation muß eine ausgedehnteSelbstverwaltung treten. In dieser Beziehung sinddie Ansichten des Prinzen Sabaheddin, des Sohnes vonDamad-Mahmud Pascha, der im Jahre 1899 vor seinemSchwager, dem Sultan, nach Frankreich floh, sehr bcachtens-wert. Seinen Aeußerungen, die das„Berl. Tagebl." wider-gibt, entnehmen wir u. a. folgende Stellen:.Wir wollen eine völlige Erneuerung der Türkei, nicht nureine Erneuerung durch Einführung konstitutioneller Freiheiten, aucheine Erneuerung durch eine weitgehende Dezentrali»s a t i o n. die auch den entferntesten Provinzen des Reiches Lebens-traft zurückgeben wird... Ein Sultan wie Abdul Hamid kannuns viel Bertrauen nicht einflößen. Er ist mit dem Blute seinerUntergebenen befleckt. Heute verspricht er. aber schon einmal hater versprochen, die Konstitution zu achten— und mit einem Staats-streich hat er sie vernichtet. Wir brauchen andere Sicherheiten alsdas Wort dieses Mannes...Deshalb werden wir nicht a b r ü st e n, wir bleiben orga-nisiert, stündlich zum Handeln bereit. Wir wollen erreichen, daßdie Türkei in ihrer neuen Gestalt eine demokratische Machtwird, die mitzählt. Für die Europäer, ftlr die Christen bietetunsere Bewegung keine Gefahr. Außerhalb der Grenzen unseresVaterlandes erscheinen uns die Unterschiede zwischen Religionenund Rassen verächtlich. In unserem Baterlande selbst sind siemehr als das, smd sie verbrecherisch.�Sabaheddin ist der Führer des radikalen Flügelsder Jungtürken. Aber das Programm, das er vertritt,scheint uns eine größere Gewähr für die fortschrittliche Ent-faltung der Kräfte des türkischen Reiches zu bieten als dieAnsichten des gemäßigteren, zenttalistisch gesinnten Flügels.politifcbe(leberkicbt.Berlin, den SO. Juli 1908.Weltbrand-Politiker.Der im Flottenveretn abgetakelte General Keim ver-öffentlicht im„Tag" einen Artikel zum zehnjährigen Todes-tag Bismarcks. Der Arttkel hat aber nur die Tendenz, dentoten Bismarck als Schwurzeugen für den abgesägten Flotten-Vereins-Keim ins Feld zu führen. Der Flotten-Keim rüffeltdas schwächliche Geschlecht unserer„Realpolitiker" ä 1s Bülowin Bismarcks Namen folgendermaßen ab:„Die Wahrhaftigkeit gebietet ferner, festzustellen, daß manschon angefangen hat, den wirklichen Bismarck zu ent-st e l l e n. Ich rechne hierunter nicht die Versuche, seine Verdienstezu schmälern— die fallen schließlich in sich selbst zusammen—,aber den Mißbrauch von Sentenzen und Aussprüchen zu leerenSchlagwörtern der Augenblickspolitik zuliebe. Man sprichtvon„Realpolitik", wenn die Absicht besteht, nicht« Ernst«liche« tun zu wollen. Bismarck hat in ernsten Fragenniemals den Kampf gescheut, und sein ganzes ge-tvaltigeS Werk hat er in Angriff genommen unter einer beispiel-losen Mißgunst der realen Verhältnisse. ES waren Jahre hindurchso ziemlich alle„Realitäten" gegen ihn. Die große Mehr»hert deS Volkes, das Parlament, die ösfentlicheMeinung, ganz abgesehen von höfischer Feindschaft, und s e l b stsein König waren wiederholt nicht auf seiner Seite,so vor Nikolsburg, so in Versailles vor der Kaiserproklamation.Seine Politik erschien längere Zeit geradezu als die Politikdes Unmöglichen, während Politck jetzt als„die Kunstdes Möglichen" ausgegeben wird. Das ist EpigonenweiS-?elt Für Bismarck gab es eben keine politischen Unmöglich-eiten... Allerdings liebte er kein unnötiges Experimentierenin der Gesetzgebung, aber nicht selten hat jemandwie er die Welt auf den Kopfsgestellt, wenigstensdie europäische. Auch vor einem Weltbrande wäre er schließlichnicht zurückgeschreckt, weun er ihn nötig gehalten hätte für Deutsch-landS Ehre und Größe."Der Flottenverstnsletter a. D. will damit sagen, daßauch er vor einem Weltbraude nicht zurückgeschrecktwäre IDiese Selbstrcklame verdient insofern immerhin einegewiffe Beachtung, als d i e s e r K e t m lange Jahre hindurchder in höchster G u n st stehende Macher des Flottenvcreinswar und in seinen Bestrebungen jede Förderung höchsteramtlicher und darüber hinaus sogar noch«aller»höchster" Kreise erfuhr IUnd die neuen Macher des Flottenvereins. wieAdmiral Köster, versichern ja, daß der KurS deS Flottenvereins der alte bleiben solle!—Der Fall Schücking.DaS„Berliner Tageblatt" veröffentlicht den Wortlaut derAnklage gegen den Bürgermeister, Dieses preußische Kultur-dokument lautet:„In den von Ihnen veröffentlichten ZeiwngSartikeln sowiein dem von Ihnen ebenfalls verfaßten Buche:„Die Reaktion inder inneren Verwaltung Preußens" haben Sie eine Gesinnungbekundet und sich zu Anschauungen bekannt, die mit IhrerStellung als Bürgermeister und unmittelbarer Staatsbeamterunvereinbar sind.Sie haben hierdurch nicht nur die Pflichten verletzt,die Ihnen Ihr Amt auferlegt, sondern sich auch der Achtung, desAnsehens und deS Vertrauens, die Ihr Beruf erfordert. un°würdig gezeigt. Es wird daher hiermit gemäߧ§ 2, 22, 23des Disziplinargesetzes vom 21. Juli 18b2 ui Verbindung mit§ 20 des ZuständigkeitSgesetzeS vom I. August 1S8Z das Diszipli-narversahren zum Zioecke der Dienstentlassung gegen Sieeingeleitet. Zum UntersuchungSkommiffar habe ich den LandratNasse zu Husum ernannt. gez. v. Kozierowski."Der Unterzeichnete ist der Regierungspräsident, der sicherNichts ohne Vorwissen deS Ministers von Moltke getan hat. Daaber der Fall Schückmg mit Bülows Blockpolitik doch schwer inEinklang zu bringen ist, beginnen die öffiziösen Blätter endlichihre gewohnten AbschwächungSversuche, Die„Nordd. Allg. Ztg."schreibt:„Die Auffassung, daß die in den Schriften des genanntenBürgermeisters zum Ausdruck gelangte politische Gesin-nung der Zentralinstanz Anlaß gegeben habe, ein disziplina-rtsches Einschreiten anzuordnen, ist nicht zutreffend. Im Mini-sterium ist bisher ausschließlich der im„Berl. Tagebl." er-schienene„Wahlen auf dem Lande" überschriebene Artikel ausdem besonderen Gesichtspunkte zu prüfen gewesen, inwieweitdarin ein allgemeiner Vorwurf gegen den Stand der preußischenL a n d r ä t e, die Wahlen in unzulässiger Weise zu beeinflussen,erblickt werden müsse.Ob die Beurteilung der allgemeinen amtlichen und derschriftstellerischen Tätigkeit des Bürgermeisters Dr. Schückingdem Regierungspräsidenten zu Schleswig hinreichenden Anlaßbieten konnte, das förmliche Disziplinarverfahren mit dem Zieleauf Entfernung aus dem Amte einzuleiten, bedarf noch derPrüfung, welche, nachdem der Minister des Innern soeben nachBerlin zurückgekehrt ist und die Akten eingefordert hat, unver-züglich, insbesondere nach der Richtung hin vorgenommen werdenwird, ob nach Lage des Gesetzes eine Einstellung desDisziplinarverfahrens zurzeit noch erfolgen kann.Im weiteren Verlaufe der Preßerörterungen ist auch dieBehauptung aufgestellt worden, der Minister des Innern habeauf den Bürgermeister Dr. Schücking einen Druck ausgeübt oderausüben lassen, um ihn zur Niederlegung einer Landtagskandi-datur für die Freisinnige Volkspartei zu veranlassen. DieseBehauptung entbehrt, wie für die Mehrzahl der Leserdieser Preßäußerungen wohl nicht zweifelhaft gewesen sein kann,.jeder tatsächlichen Begründung."Dieses Dementi ist der reine Eiertanz. Und die Ableugnungen,die es enthält, sind rein formeller Natur. Die Akten sind ebennicht von Herrn Mottle unterzeichnet, sondern vom NegierungS-Präsidenten. Das„B. T." veröffentlicht folgenden Brief Schückings:„An einem Nachmittage in den letzten Wochen vor derLandtagswahl erschien bei mir ein in Schleswig wohnenderBeamter und teilte mir mit, er habe den Auftrag, mirzu sagen, ich solle möglichst bald meine Kandidatur beim Re-gierungspräsidenten zur Sprache bringen und die un>gewöhnliche Tatsache rechtfertigen, daß ich als Bürger.meister für die freisinnige Volkspartei kandidiere; eL werde miranheimgegeben, vorzutragen, meine freisinnige Kandidatur seinotwendig, um eine dänische zu verhindern. Ich lehnte eS ab,diese Erklärung abzugeben."Und die„Franks. Ztg." bleibt nach ihr gewordenen zuver.lässigen Informationen dabei, daß im Falle Schücking der Mi-nister v. Moltke seine Hand im Spiele hatte.Die offiziösen Ableugnungen sollen nur verhüten, daß Herrv. Moltke desavouiert wird. Die preußischen Konservativen ge-statten eben Herrn v. Bülow seiner Blockpolitik zuliebe höchstensdie Verleugnung der Maßregeln eines Regierungspräsidenten, nichtaber die Schmälerung der Autorität eines preußischen Ministers.In der Scherlpresse wird übrigens gleichfalls offiziös erklärt, daßdurch den Artikel Schückings über die Wahlmache der Landräte imMinisterium des Inner», d. h. also bei Herrn v. M o l t k e, Anstoßerregt worden sei. Der Regierungspräsident habe aber auseigenem Antrieb die ganze schriftstellerische Tätigkeit Schückingszum Gegenstand eines eingehenden Disziplinarverfahrens gemacht.Sodann heißt es:„Im Ministerium sieht man auch jetzt noch dm FallSchücking nicht als eine große Staatsaktion an und hätte einemrldere Behandlung für zweckmäßiger gehalten. WenneS sich mit den bestehenden Vorschriften vereinigen läßt, wirdnach Möglichkeit versucht werden, das Disziplinarverfahren auf-zuheben und dem Bürgermeister, wie e« anfangs beabsichtigtwar, eine Rüg« zu erteilen."Nach diesen Auslassungen, die offenbar auö dem MinisteriumdeS Innern stammen, will man den Fall Schücking durch ein« ArtKompromiß erledigen. Man verzichtet zwar auf die Amtsent-setzung, aber erteilt eine Rüge, was prinzipiell genau soeine unerhörte Einschränkung der politischenFreiheit bedeutet. Man kann auf die Amtsentsetzung ja auchverzichten im Vertrauen darauf, daß die konservativen Landräteund Regierungspräsidenten eS schon verstehen werden, Herrn Dr.Schücking und die Stadt Husum mürbe zu machen. Die FreisinnigeVolkspartei wird sich dann längst beruhigt haben, und der Sturmw» Glas« Wasser wird vorüber sein.Freisinnige Krippenjäger.Der Freisinn fühlt sich als Regierungspartei, und er setzt allesdaran, um zu verhüten, daß er von der Krippe der Regierung weg.gedrängt wird. Nach einem Ausspruch deS Abgeordneten Dr. Mug-dan hat der Freisinn bereits auf seine früheren Prinzipien ver-zichtet, er hat anläßlich deS Falles Schellenberg-WieSbaden sichmutig geduckt, und nun muß der Fall Schücking dazwischen kommen.Im ersten Augenblick schien cS. als ob man im freisinnigen Lageraufbrausen wollte, das schien aber nur so, denn die kühle Haltungder„Freisinnigen Zeitung" bewies, daß es dem Freisinn auf einePortion Fußtritte nicht ankommt, sobald er nur an der Krippebleiben darf. Die„V o s s i s ch e Zeitung" ist nun noch einenSchritt weiter gegangen, sie verlegt sich aufs Bitten. Den ganzenSchmerz des Freisinns faßt dieses Organ in die Worte zusammen:„Die untergeordneten Organe der'Staatsbehörden habenallerdings zum Teil recht wenig Verständnis für diese selbst-verständliche Auffassung des Ministerpräsidenten im letztenWahlkampf erkennen lassen. Sie sind yegen freisinnige Kandi.baten vorgegangen, als ob die freisinnige Partei zurOpposition �lichter» Windthor st- Grillen-b e r g e r" gehörte und nicht als„Regierungspartei" aus-schlaggebend wäre für die Durchführung der Blockpolitik."Weiter kann die Hundedemut nicht mehr getrieben wer-den. Die Periode, aus der das Wort stammt:„Richter-Windthorst-Grillenberger" ist die Glanzzeit des Freisinn? gewesen, derdamals mit der Sozialdemokratie und dem Zentrum gemeinsamden Kampf gegen das Sextennat führte, der dann mit einer Auf.lösung des Reichstages endete. Diese Periode, die den Freisinneinmal mannhaft zeigte, will die„Vossische Zeitung" vergessenmachen, deshalb die Gegenüberstellung von damals und heute. Auchohne die Versicherung der„Vossischen Zeitung" kennt man dieWandlung des Freisinns, der sich heute mit geschwollenem Stolzdarauf beruft. Regierungspartei zu sein. Und nur zur Charakte-ristil der polttischen Charakterlosigkeit haben wir die Sache kurzerwähnt.---Zur Reform deS preusiischen Wahlrechts.Vor kurzer Zeit meldeten Zeitungen aller Parteffchattierungen,die Staatsregierung habe die preußischen Gemeindebehörden er-sucht, eine Aeußerung darüber einzusenden, welche Erfahrungenbei der letzten Wahl mit den Wohlvorschriften gemacht worden sind.Diese Meldung wurd« nicht dementiert. Es beantragte daraufhin,wie Wir schon berichtet haben, die sozialdemokratische Stadtverord-netenfraktion in Frankfurt a. M. bei der Stadtverordneten-Versammlung, �den Magistrat zu ersuchen, die Wünsche der Stadt-verordneten für die der StaatSregicrung zu erteilend« Antwortzu hören. Am Dienstag kam nun der Antrag im FrankfurterStadtparlament zur Beratung, und da wurde vom Magistrat dieüberraschende Erklärung abgegeben, daß dem Magistrat voneiner Befragung durch die preußische Regierungamtlich nichts bekannt sei.— Nach dieser Erklärung istwohl an�unohmen, daß die Regierung die Gemeindebehörden zueiner Aeußerung über die Wahl nicht anfgefordert hat.Was kümmert auch die Regierung die Mängel des Dreiklassenwahl-rechts._Protest gegen die Elektrizitätssteuer.Die Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt a. 91.nahm einstimmig einen Antrag an. der sich gegen die vom Reichegeplante Elektrizitätssteuer wendet. Der Magistrat wurde er-sucht, sich diesbezüglich mit dem Deutschen Städtetag inVerbindung zu setzen.»Die Handelskammer Mannheim als Vorort des BadischenHandelSiagcS richtete eine Protesteingabe gegen die drohendeElektrizitätssteuer an das bayerische Finanzministerium. DieHandelskammer begründet ihren Protest damit, daß eine Steuerdie mittleren und kleineren Betriebe schwer schädigt, und dadurchmittelbar auch lähmend auf die Landwirtschaft einwirkt. Süd-deutschland, das wesentlich auf Wasserkräfte angewiesen sei, werdedurch diese Steuer besonders hart belastet. Zahlreiche Kommunalbetriebe werden schwer getroffen. Die Benutzung der Elektrizitätsei geradezu Lebensbedürfnis der gesamten Vottswrrtschaft.Dieselbe Handelskammer richtete auch eine Eingabe an dasFinanzministerium, worin die badische Regierung auf-gefordert wird, beim Reichsamt auf Veröffentlichung desEntwurfs zur Reichsfinanzreform hinzu-wirken. Der Finanzminister Hansell antwortete, daß die Reichs-finanzreform streng vertraulich sei, und daher weder öffcnt-lich noch vertraulich bekanntgegeben werden dürfe. Auf ein Antwort-schreiben der Handelskammer, die diese Geheimnis-krämerei scharf kritisierte- ist bis zur Stunde noctkeine Antwort eingegangen.•Karlsruhe, 30. Juli.(Privatdepesche des„Vorwärts".) Telsozialdemokratische Antrag gegen die Gas- und Elettrizitätssteucrwurde heute von der Zweiten Kammer mit 24 gegen 19 Stimmenangenommen. Dafür stimmten die Sozialdemokraten und dieVolkspartei, sowie eine Zentrumsminorität; dagegen die Nationalliberalen. 2 Konservative und diS' Zentrums Mehrheitübten Enthaltung. Der Finanzminister Honsel! schützte diebundesrätliche Schweigepflicht vor!Genosse Lehmann begründete den Antrag. Kolb polemi-sierte gegen die Nationalliberalen und erwähnte eine zuverlässigeInformation über den vergeblichen Versuch Bayerns, die badischcund die württembergische Regierung von der ElektrizitätSsteucrabzuhalten, Hansell bestteitet seine Kenntnis davon!„Keine Polizeiwillkür."Vor dem Kieler Schöffengericht hatte sich der verantwortlicheRedakteur unseres dortigen Parteiorgans, der„Schleswig-Holsteinischen Volkszeitun g", Genosse Burkhardt,wegen angeblicher Beleidigung der Polizei in Itzehoe zu verant-Worten. Inkriminiert war eine Notiz, die die Ueberschz:ift trug:„Herrscht in Itzehoe Polizeiwillkür?" Darin war ausgeführt, daßsich der Polizeikommissar Rasch in Itzehoe gelegentlich des Vereins-vcrgnügenS des AthletentlubS..unerhörte Uebergriffe" habe zuschulden kommen lassen. Obwohl es sich um die geschlosseneVeranstaltung eines Vereins handelte, der sich nicht mit öffent-lichen Angelegenheiten beschäftigte und diese Veranstaltung nowdazu angemeldet war, war der Polizeikommissar mit einer AnzahlPolizisten in das Festlokal eingedrungen und hatte die Festlichkeitaufgehoben. ES wurden nicht nur die Teilnehmer auS dem Saalgetrieben, sondern sogar die Stammgäste des Wirtes, ja sogardessen Verwandte aus der Gaststube gejagt und da? ganze Lokalfür den Abend gesperrt. Dem Wirt wurde in der Folgefür längere Zeit die Tanzerlaubnis entzogen.wodurch er, wie er als Zeuge angab, einen Schaden von8000 erlitten hat. Der Vorsitzende des Klubswurde bei der Räumung des Saales vom Kommissar angc-packt und mehrere Male gegen dte Wand g e-warfen! Diese letztere Behauptung wurde von dem Kommissarin Abrede gestellt, jedoch von den als Zeugen erschienenen Festtcil.nehmern und Kellner bestätigt. Die Beschwerden de» Wirts überdie ihm zugefügten Repressalien wurden vom Regierungspräsi-deuten, abgewiesen. Der Vorsitzende des Klubs erhielt sogar nocheine Geldstrafe von ISO M. aufgebrummt, weil er den Vorfallspäter in einer Versammlung befprochen hatte. Der als Zeugegeladene Polizeikommissar versuchte die gewaltsame Auflösung desVergnügens damit zu rechtfertigen, daß der Klubvorsitzcnde dieEinreichung deS Mitglicdervei�eichnissdS abgelehnt hatte und ihm,dem Kommissar, infolgedessen die Kontrolle darüber, ob das Ver-gnügen wirtlich ein geschlossenes Vereinsvergnügen gewesen sei,unmöglich gemacht worden seil In diesem Zusammenhang wurde.ohne daß vom Kommissar widersprochen wurde, die Tatsache fest-gestellt, daß die Jvehoer Polizei Privatpersonen 50 Pf. angebotenhatte, damit sie sich in die von den Arbeitern veranstalteten Fest-lichkciten einschleichen sollten. Weiter gab der Kommissar diewunderbare Auffassung zum besten, jeder derartige Ar-beitervergnügungsverein sei als sozialdemo-k r a t i s ch zu betrachten, da er, wie auch die„Gott sei Dankaufgelöste Jugendorganisation", nur den Zweck habe,Mitglieder für die Partei zu werben.Trotzdem die Beweiserhebung alle wesentlichen BehauptungendeS Artikels bestätigte und der Angeklagte wie sein Verteidigersich die größte Mich« gaben, die gänzliche Ungesetzlichkeit im Vor-gehen des Kommissars ins rechte Licht zu rücken, verurteilte derGerichtshof den Angeklagten zu 100 M. Geldstrafe. DerVertreter der Anklage hatte sogar 500 M. beantragt. Die Polizei.-so hieß eS im Urteil, sei zu ihrem Vorgehen berechtigt gewesen, undeS herrsche keine Polizeiwillkür in Itzehoe.„Von Rechts wegen!"—_Behördlicher Terror.Ein Drainagearbeiter in LübS(Kreis Anklam) hatte beider LandtagSwahl die Dreistigkeit besessen, sozialdemokratisch zuwählen. Und daS, obwohl der Herr Major v. Borcke-Neuendorfsich herabgelassen hatte, den Wahlmann der 3. Abteilung zu machen.Natürlich suchte man nach der Wahl den„Roten" in üblicher Weisezu schurigeln. Zum Glück ging daS diesmal nicht, da der Mannunabhängig war. Aber dieser Rote hatte einen Sohn. Unddieser Sohn sollte in der Schule zu Ettlingen zum braven Stell-Vertreter Gottes auf Erden ausgebildet werden. Flugs kalkulierteman: Ist der Vater ein Umstürzler, dann muß es der Sohn auchsein. Da aber solche Leute unserem herrlichen Heere gefährlichwerden können, muß der Sohn deS Roten fort. Und so geschah esauch. Der Junge wurde mit der ausdrücklichen M o t i v i c-rung entlassen, daß sein Vater sozialdemokratisch ge-wählt habe!Nun ist also die Unteroffizierschule in Ettlingen und unserKriegsheer gerettet. Die Ordnungspresse wird sich hoffentlich überdiesen TerroriSmuS gebührend entrüsten! Vielleicht auch nicht!Soldatenschinder bei der Marine.Daß auch bei der Marine der Militarismus in seinen scheuß-lichsten Auswüchsen, der systemattschen S-'Idatenquälerei. grassiert.zeigte aufs neue eine Verhandlung, die am Dienstag vor demKriegsgericht der 1. Marineinspektion in Kiel stattfand. Angeklagtder fortgesetzten Mißhandlung Untergebener war der Obermaschinisten-maat Beerbaum vom Torpedoboot 8 124. Ihm wurde zur Lastgelegt, die ihm unterstellte Mannschaft in zahlreichen Fälle» durch