Nr. 189. 25. Jahrgang.t Skilttt des Jstirtris" letliin UslksdlMFreitag, 14. August 1908.Hus der Partei.Zum Parteitag.Von den Genossen in München wurde nach einem Referatvon Adolf Müller ein Autrag an den Parteitag angenommen,der die Schaffung eines einheitlichen Jugendorgansfordert. Ein zweiter Antrag verlangt, das; die Frage der Jugend-Organisation von einer aus Mitgliedern des P a r t e i v o r st a n d e s,der G e n e r a l k o m m i s s i o n, des B i l d u n g s a u s s ch u s s e sund aus Vertretern der Jugendorganisationen zubildenden Kommission geregelt werde. Es sollen einheitlicheJugendbildungsvereiue, unter Oberaussicht ältererPersonen, bei weitgehendstem Selbstverwaltungsrecht, geschaffenwerden.— Zum Parteitag wurden gewählt: die Genossen AdolfMüller, Alwin Sänger, Konr. K n i e r i e m, Franz S ch m itt,A. N a i t h und Frau L a ch e m e i e r.Aus de» Organisationen.In der Generalversammlung des Sozialdemokratischen Vereinsfür den 8.(Altona-Storntarn) und 10.(Herzogtum Lauenburgsfchleswig» holsteinischen Reichstagswahlkreis, die am Sonntag inWentorf stattfand, waren 72 Delegierte, darunter 8 Frauen,' ausbeiden Kreisen erschienen. Aus dem vom Parteisekretär für beideKreise, B i s ch o ff- Altona, erstatteten sehr umfangreichen Geschäfts'bericht geht hervor, daß im verflossenen, unter dem Zeichendes Wahlrechtskampses stehenden Geschäftsjahre eine riesige Agitationsarbeit geleistet worden ist. In beiden Kreisen wird in fortgesetztsteigender Auflage die„Landpost" verbreitet. Die Zahl der politischorganisierten Genossen ist im letzten Jahre im achten Kreise von7742 auf gl2S gestiegen, im zehnten Kreise von Mg auf 679Gewerkschaftlich organisiert sind un achten Kreise 15575 gegen 14446im Vorjahre, im 16. Kreise 1230 gegen 1193 im vorhergehendenJahre. Bon den 17 Mitgliedschaften des 8. Kreises zahlen siebeneinen Monatsbeitrag von 49, die übrigen einen solchen von 39 Pf.im 19. Kreise erhebt eine Mitgliedschaft einen monatlichen Beitragvon 49, die übrigen sechs einen solchen von 39 Pf. Das„Hamburger Echo" wird in beiden Kreisen in 8899 Exemplaren.das Kieler Organ in 248, das Lübecker in 42, der„Vorwärts" in 33, die„Neue Zeit" in 48, der„Wahre Jacobin 4481, der„Postillon" in 96, die„Gleichheit" in 1219 Exemplarengelesen. Durch die Wahlagitation und die anderen großen Partei»aktioncn sind der Zentralkaffe große Kosten erwachsen, so daß derKassenbestand bis auf 1994 M. zusammengeschmolzen ist. DieZentralkasse vereinnahmte 26 759,95 M. und verausgabte 25,655,57 MDie Einnahme und Ausgabe der Mitgliedschaften des 8. Kreisesschließt in den Endsummen mit 69 759 M. ab. Im 19. Kreise stelltEinnahme und Ausgabe sich auf 3647 M. Der Kassenbestand inden Mitgliedschaften beider Kreise beträgt 7634,99 bezw. 297 M. DurchArbeitsruhe demonstrierten am 1. Mai 4727 gegen 4475 im Vorjähre. In beiden Kreisen sind 33 Genossen in den Gemeinde-Vertretungen tättg. Den Bildungsbestrebungen wurde durch Vortrags'zyklen und Unterrichtskurse Rechnung gerragen. Auch die Justizwaltete ihres Amtes gegen fünf Genossen, von denen einer zudrei Monaten Gefängnis verurteilt wurde wegen angeb»licher Beleidigung eines Reichsverbändlers.Die Zahl der organisierten Genossinnen ist von699 auf 1526 gestiegen, die jetzt in oorporo dem Zentral-verein beigetreten sind.— In der sehr umfangreichen Debattewurde eingehend das Resultat der letzten Landtagswahl erörtert.Ueber die B e i t r a g S l e i st u n g wurde beschlossen: das Eintritts-geld beträgt 29 Pf., der mit der Zentralkasse zu verrechnendeMonatsbeilrag 39 Pf., für weibliche Mitglieder 19 Pf., doch bleibt esden Mitgliedschaften überlassen, Lokalzuschläge zu erheben.— Be'schlössen wird, für beide Kreise fünf Delegierte zum Parteitage zuentsenden. Die Wahl muß in den drei Wahlbezirken bis zum81. August vollzogen sein.Auf der Generalversammlung der Organisation inMünchen berichtete der Parteisekretär, daß fich die Mitgliederzahl von 9999 auf 19 999 erhöht hat. Immerhin finderst 29 Proz. der am Orte gewerkschaftlich organisierten ArbeiterMitglieder der politischen Organisation.— Die Kassenverhältnissehaben sich gegen das Vorjahr in günstigster Weise gebessert.kleines feuilleton.Garibaldis„Gesellschaftsreise" durch Süditalien. In Londonerschien dieser Tage, von Joseph McCabe herausgegeben, ein Buchmit dem Titel„Das Leben und die Briefe des SozialpolitikersGeorg Jakob Holyoake". Holyoake, so schreibt die„Nuova Autologia", war ein intimer Freund Mazzinis und Garibaldis. Wie er69 Jahre lang in England für alles Edle und Gute— für die GenossenschastSbewegung, für Preßfreiheit, für Gewissensfreiheit—kämpfte, so trar er mit Begeisterung auch für die italienischeUnabhängigkeitsbewegung ein. Sein Haus in London wardas erste, das die italienischen Verbannten besuchten, wennsie, Freiheit und oft auch Brot suchend, nach Englandkamen. Und Holyoake unterstützte sie, sprach ihnen Mutzu, plauderte mit ihnen und wetterte mit ihnen gegen �Tyranneiund Absolutismus. Für Garibaldi suchte er durch öffentlicheSubskriptionen Geld aufzubringen: er organisierte den„Garibaldi-Fonds" und konnte, als der italienische Freiheitskämpfer im Jahre1869 seinen Zug nach Sizilien unternahm, ein ganzes englisches Re-giment ausrüsten und es Garibaldi zur Verfügung stellen. Als manim Oberhause gegen diese Kriegsfahrt englischer Männer protestierte,erklärte Lord Palmerston, daß er englischen„Gentlemen" nicht ver-bieten könne, sich die neuen Krater und die Lavamassen des sehrinteressanten Berges Aetna anzusehen. Von seinem Hause aus ver-folgte Holyoake mit ängstlicher Spannung die KriegstatenGaribaldis, den er seit 1854 kannte: er warb immer neue Soldatenfür Italien und erließ Ankündigungen von der Art der folgenden:„Garibaldis Gesellschaflsreise durch Süditalien. Eine auserleseneGesellschaft von englischen Weltreiscnden will demnächst Süditalienbesuchen. Da die Gegend gegenwärtig nicht ganz sicher ist, werdendie Ausflügler mit Waffen zu ihrem persönlichen Schutze versehenwerden: ferner sollen sie, damit sie einander leicht erkennen können,eine recht malerische uniformähnliche Tracht erhalten. GeneralGaribaldi hat in liebenswürdiger Weise den Reisenden freien Durch-zug durch Sizilien und Süditalien zugesichert und will ihnen über«Haupt das Reisen so leicht und angenehm als möglich machen. Aus-kunft erteilt...' usw. So kam es, daß Ende September in Neapel899 vortrefflich ausgerüstete Engländer einttafen. Bei Capuakämpften sie dann neben den Nochemden und den piemontesischenBerfaglieri tapfer mit.Die Tanscndmarkstiefel. Aus Petersburg wird berichtet: Im„Graschdanin" veröffentlicht der Fürst Meschtscherski, der intimeFreund des verstorbenen Zaren Alexander, Aufsehen erregende Ent-hüllungen über Fälle von Korruptton in den Kreisen des russischenGeneralstabeS. Er erzählt dabei die Geschichte eines Offiziers, dersich bemühte, zu einem anderen Regiment versetzt zu werden. DerBesuch bei einem hohen Stabsoffizier eröffnete trübe Aussichten, dennder Bittsteller erfuhr, daß die Angelegenheit außerordentlich schwierigsei. Im Laufe der Unterhaltung aber bemerkte der Stabsoffizier bei-läufig, die Stiefel des Bittstellers seien doch eigentlich nicht elegant,und er empfahl ihm einen Schuster, den er selbst, der Stabsoffizier,genau kenne. Dann forderte er den Bittsteller auf, in seiner An-gelegenheit nach einer Woche wiederzukommen. Der Offizier gehtzu dem Schuster, der Meister erkundigt sich, wer ihn empfohlen habe,und normiert dann den Preis für die Stiefel auf— 1000 M. DerIn diesem Jahre wurden zum ersteuinal Maimarkcn ver-kauft. Unter dem Zeichen der Bierverteuerung warnämlich beschlossen worden, auf das sonst übliche Bier-fest, das der Maifeier folgte, zu verzichten. Der Marken-verschleiß ergab zirka 4999 M. Die Maifeier selbstmacht gute Fortschritte. Es wurden in diesem Jahre 16 Ver-sammlungen, die sämtlich überfüllt waren, am Vormittag des 1. Maiabgehalten.— Zur Förderung der B i l d u n g s b e st r e b u n g e nwurden dem Arbeiterbildungsverein„Vorwärts" wie im ver-flossenen so auch in diesem Jahre 1999 M. übcriviesen. Inden Händen dieses Vereins liegt auch die Leitung derJugendorganisation. Um erfolgreich die kommenden G e-m einde wählen bestehen zu können, haben sich 3499 Ge-nossen in Bürgerrechtsvereinen organisiert, um sich nochrechtzeitig bei unserer„liberalen" Stadtverwaltung um eine hoheSunnne das Bürgerrecht kaufen zu können. Die Münchencr GenossenWUiden es sich zur Ehrenpflicht machen, mittels dem endlich ab-gMotzten Proporz der liberal-sreisinuigen Cliquenwirtschaft im Rat-häufe bei den Herbstwahlen ein Ende zu machen.Hus Industrie und HandelDaS Steigen der Nahrnngsmittelpreise.Seit Monaten kann man im Großhandel eine nach unten ge-richtete Preistendenz beobachten. Das Preisniveau steht im laufendenJahre tiefer als 1997. Auch Getreide, Mehl und Schlachtvieh, alsodie wichtigsten Nahrungsmittel, sind im Großhandel nicht mehr soteuer als vor Jahresfrist. Man sollte nun annehmen, daß dieserückläufige Prcistendcnz allmählich auch auf die Detailpreisezurückwirken würde. Aber die Konsumenten bemerken beimEinkauf noch nichts von niedrigeren Preisen; an manchenPlätzen ist vielmehr in allerjüngster Zeit eine aber-malige Verteuerung eingetreten. Vor allem sind es dieFleischer und die Bäcker, die an dem hohen Niveau der Preisemit großer Zähigkeit festhalten. Man überblicke die Preis-Notierungen für Fleisch und Brot während der letzten Jahre, sowird man zwar auf häufige Erhöhungen der Preise stoßen. Sehrselten sind dagegen die Verbillignngen. Gerade gegenwärtig, wodie Arbeitsgelegenheit und damit der Verdienst allgemein verkürztist, wirkt daS Ausbleiben von Preisermäßigungen im Detailverkehräußerst nachteilig: der Verbrauch geht zurück und bei zahlreichenSchichten der arbeitenden Bevölkerung leidet auch schon dieErnährung. Daß die Nahrungsmittelpreise für die Konsumenten in letzter Zeit wieder nicht unbeträchtlich gestiegen sind,das ergeben die fortlanfcnden Berechnungen über den Kosten«aufwand für den wöchentlichen Familienbedarf an NahrungS-Mitteln. Diesen Vereibnungcn sind möglichst in den einzelnenPlätzen Marklhallcnpreise zugrunde gelegt. Im Durchschnitt vonsieben Städten stellten sich die Kosten für die wöchentliche Er-nährung einer vielköpfigen Familie(in Mark)wie folgt:Januar Febr. März April Mai Juni Juli1997 22,77 22,72 22,36 22,97 22,44 22,24 22,691998 22,42 22,44 22,47 22,68 22,97 23,92 23,29Bis Februar dieses Jahres war die durchschnittliche Standard-ziffer niedriger als im Vorjahre. Vom März ab tritt aber wiedereine Verteuerung ein, die durch die Bewegung der Großhandelspreisenicht zu erklären ist. Vor allem fällt für die Verteuerung der Er-nährung der erhöhte B r o t p r e i S ins Gewicht. Im Juli vorigenJahres kostete z. B. 1 Kilogramm Brot in Danzig noch 29. imJuli 1998 aber 39 Pf. In Dresden stieg der Brotpreis von 21auf 24, in Stuttgart von 24 auf 27 Pf. Ueberall sind starke Preis-erhöhungen eingetreten: in kleinen Städten und Dörfern ebenso wiein Industriezentren und Großstädten. Vielfach war die Verteuerungfür Roggenbrot noch erheblicher als die für Brot und Backwerk ausWeizenmehl. Daß auch der Preis für Mehl gestiegen ist, brauchtnicht erst erwähnt zu werden. Wohl aber ist bemerkenswert, daßder Brotpreis im allgemeinen stärker hinauf-gegangen ist als der Mehlpreis.Erhöht hat sich im Vergleich zum Vorjahre weiter der Preis fürMilch, Butter und Eier. Ganz besonders fällt die PreissteigerungOffizier war sehr überrascht, aber auf den Rat seiner Freunde be-stellte er dennoch diese kostbaren„eleganten Sttefel" und zahltesofort 599 M. an. Als er eine Woche später den Stabsoffizier auf-sucht, wird er außerordentlich liebenswürdig empfangen und die ge-wünschte Versetzung ist bereits verfügt. Denn der Schuster war einzuverlässiger Vermittler und hatte dem hohen Gönner wie üblichdas Bestechungsgeld prompt übermittelt.Dir Tragödie der gelben Schiffssklaven. Aus New Dork wirdberichtet: Am Sonnabend nachmittag ging am Mäste des englischenDampfers„Strathehre" jene blaue Flagge in die Höhe, die dieEngländer den Blue Peter nennen, der Abschiedswimpel, der diebaldige Ausfahrt des Schiffes ankündigt. Die Ladung war anBord und von den Kaimauern in Brooklyn sollte Kurs nach Norfolkgenommen werden. Täglich gehen Schiffe von New Aork aus, aberein jedes von ihnen findet sein Publikum, das vom Ufer ausden Abschied verfolgt und mit kritischen Bemerkungen die erstenBewegungen des Schiffes beurteilt. Die Abfahrt des„Stratheyre",eines � jener alten und schmutzigen Dampfer, die man dieLastträger des Ozean nennen möchte, hatte ein besonderszahlreiches Publikum an die Docks gelockt, denn eS ging daSGerücht— ungewiß und dunkel, niemand wußte eigentlich'woher—daß an Bord eine Verschwörung sei. Und in der Tat sah man einBoot der Hafenpolizei den Weg des Dampfers kreuzen. Die Nach-richt von einer Verschwörung verhieß Sensation und Aufregung.Man erwartete ein Drama. Am Ufer drängten sich die Seeleute,die HabituöS des Hafenviertels und warteten auf ein Ereignis.Und das Ereignis kam. Schnell und gewaltsam, nur eine Minuteund dann war alles vorüber. Keine Schüsse krachten, keine Rufeertönten, nirgends Unordnung: in düsterer Stille spielte die Tragödiesich ab. Am Heck des Dampfers, das still und verödet lag, erscheintplötzlich eine menschliche Gestalt/ einen Augenblick sieht man sie auf«recht stehen, dann fällt sie hinab in die grünen Wogen. Die Zu-schauer haben nicht Zeit, sich klarzuwerden über das Geschehnis, alsein zweiter Mensch von gleicher Stelle aus hinabstürzt und in denWellen verschwindet. Und dann, nach wenigen Sekunden, erscheintein dritter und wieder fällt ein menschlicher Körper hinab ins Meer.Drei? Nein, schon kommt ein Vierter, ein Fünfter.... ZehnMenschen stürzen so in die ttefen Fluten, man sieht auf dem Wasser-spiegel einen Augenblick einen Kreis sich bilden, sich weiten, dannist alles still. Die kleine Barkasse der Hafenpolizei eilt hastig zu derStelle, wo die Körper in den Wellen verschwanden. Weithin gellendie schrillen Pfiffe des kleinen Fahrzeuges. Die Beamtenverlangen vom Dampfer Hilfe. Und auf der Kommando-brücke der«Stratheyre" erscheint auch ein Mann, derruhig über die Wasser herüberruft:„Was ist denn los?"Es ist der Kapitän.„Kapitän Gunn", schallt's herauf von derPolizeibarkasse,«schnell, werfen Sie Seile aus und Rettungsgürtel."Aber der Kapitän bewegt sich nicht und er gibt nur eine gelasseneküble Antwort:„Niemals!" Die Polizeibeamten arbeiten mit allenKräften. Die zehn Mann, die da ins Wasser stürzten, können nichtchwimmen, aber sie wollen sich auch nicht retten lassen. Sie wollensterben. Nur mit Gewalt, und als sie dem Tode nahe sind, gelingtes, sie an Bord zu brmgen. Zwei bleiben verschwunden. EineViertelstunde später zieht die kleine Barkasse, acht halbohnmächtigeChinesen an Bord, eilig nach der Polizeistation am Hudson. Derenglische Dampfer aber hat das hohe Meer gewonnen: mitfür Butter auf. Ein Kilogramm kostete zum Beispiel in Berlinim Juli 1997 2,29, im Juli dieses Jahres aber 2,69 M. InDresden ging der Preis von 2,99 auf 2,29 M. hinauf. Fast nur insüddeutschen Plätzen ist der Butterpreis gleichgeblieben.Eigenartig ist die Bewegung der F l e i s ch p r e i s e. Man solltegegenüber dem Vorjahr eine Vcrbillignng erwarten, und sie warauch in den ersten Monaten des laufenden Jahres bis ciwa zumMärz zu bemerken. Aber schon im März drehte sich an einzelnenPlätzen die Tendenz, und die Preise näherten sich wieder dem Standedes Vorjahres. Ja an manchen Plätzen stehen einzelne Sorten schonwieder über den Notierungen des Vorjahres: so namentlich in Berlin,Dresden und München die Preise für Schweinefleisch. AuchHamnielfleisch ist im Verhältnis zn anderen Fleischsorten recht teuer.Nur Rindfleisch ist im allgemeinen etwas niedriger als im Juli 1997.In welcher Weise sich die für den Konsum ungünstige Entwickelungder Detailpreise äußert, das ist vorläufig schwer zu entscheiden,jedenfalls aber wird selbst in den ziemlich günstig situierten Schichtender Bevölkerung die Kaufkraft für andere Waren herab-gedrückt. In weiten Kreisen der Arbeiterbevölkeruug muß leiderauch der Verbrauch der teureren Nahrungsmittel eingeschränktwerden; und hier ergibt sich dann leicht aus einer Verschiebung inder Zusammensetzung der Ernährung auch eine Verschlechterung.Erntcaussichtcn in Rußland.Aus Petersburg wird durch Wolffs Telegraphenbureau offiziösgemeldet:Die Ernteaussichten im europäischen Rußland am 29. Julialten Stils sind laut telegraphischcr Berichte der Korrespondentender Petersburger Telegraphcnagentur folgende: Winterweizcn imletzten Monat etwas verbessert, im Südwesten und stellenweiseim Nordwesten verschlechtert. Im Nordkaukasus ist der allgemeineErtrag unbefriedigend. Roggen hat sich wesentlich verbessert imKamagcbiet und Uralgebiet; einige Verbesserung ist bemerkbar imSüdwesten und in Kleinrußland. Der allgemeine Ertrag istmittelmäßig. Das Sommergetreide hat sich gebessert inKleinrußland, im Uralgebiete uud im Südwesten, ver-schlechterr im Zentralrayon des mittleren Wolgagebietesund in Nordkaukasien. Nur Sommerweizen verspricht im allgemeineneinen mittleren Ertrag. Hafer und Gerste ist gut niittel."Wenn schon offiziös gemeldet wird, daß selbst in den bestenGegenden nur auf eine mittlere Ernte zu rechnen ist, dann mag esin vielen Gouvernements schlecht genug aussehen.Soziales.Die Beweispflicht beim Eiseiihahnbctricvsunfall.Es Ivar der Ingenieur S. zu Berlin am Vormittag des 5. Januar1997 zwischen den Stationen Stralau- Rummelsburg undFrankfurter Allee auf dem Bahnkörper der BerlinerStadtbahn zwischen den Gleisen schwer verletzt und bewußtlosaufgefunden worden. S. behauptet, aus dem Stadtbahnzuge hinaus-gefallen zu sein.Das Landgericht Berlin erklärte seine Ansprüche ausBelriebsnnfall für berechtigt. Das Kammergericht da-selbst erkannte auf die Berufung des beklagten Eisenbahnfiskns aufzwei Eide für den Kläger: Es sei nicht wahr, daß erunmittelbar vor dem Unfall 1. die Tür des Abteils vorsätzlich ge-öffnet oder 2. sich an die Tür des Abteils gelehnt habe. Im Falleder Leistung beider Eide sollen die Klageansprüche im ganzen Um-fange dem Grunde nach für gerechtfertigt, erklärt werden. ImFalle der Leistung nur des ersten Eides zur Hälfte, und im Ver-Weigerungsfälle soll die Klage ganz abgewiesen werden.Gegen dieses Urteil halte der beklagte Eisenbahn«fiSkus Revision beim Reichsgericht eingelegt. Der VI. Zivil-senat des Reichsgerichts erkannte vor kurzem auf Z u r ü ck w e i s u n gder Revision.Die allgemein interessierenden Urteilsgründe lassen sich über dieBeweispflicht des Fiskus bei solchen Schadenersatzprozessen folgender-maßen aus:„Der Kläger hat zu beweisen, daß ein Betriebsunfall imSinne des§ IIa gegeben sei. Dieser Beweis ist ge-führt. Denn das Berufungsgericht entnimmt eine Reihedem Glase erkennt man noch die britische Flagge am Heck.Was ist geschehen? Es waren zehn Unglückliche, so berichtetLuigi Barzini dem„Corriere", die in ihrer Verzweiflung keinen an«deren Ausweg wußten, gIS den Tod. Als Matrosen waren sie fürden englischen Dampfer angeheuert, als Galeerensklaven wurden siebehandelt. Sie hungerten und dursteten und als man sie in NewDork bei der Polizei untersuchte, fand man ihre Körper bedeckt mitNarben und Spuren furchtbarer Mißhandlung. Als Gefangenewurden sie an Bord gehalten, sie dursten nicht ans Land gehen,niemand sprechen und statt ihrer Löhnung bekamen sieStrafen, auch hohe Geldstrafen, so daß sie formell stetsSchuldner waren. Schon einmal, im November letztenJahres,_ als die„Stratheyre" New Dork berührte, hattendie Unglücklichen gehofft, entfliehen zu können. Umsonst, alle Ver«suche wurden vereitelt. So griffen sie denn zu dem letzten Mittel,das ihnen freistand: zum Selbstmord. Alle Zehn beschlossen, ge-meinsam in den Tod zu gehen, um ihren Martern zu entrinnen.Es war ihre einzige Möglichkeit, Klage zu führen gegen den Kapitän.Die Ironie des Schicksals freilich will es, daß ans den Klägern jetztwieder Angeklagte werden, denn als des Selbstmordes verdächtigwerden sie vor Gericht erscheinen und vielleicht die volle Schwertdes amerikanischen Gesetze« erfahren müssen, indes die„Stratheyre"ungehindert den englischen Küsten zusteuert.Notizen.— Ein internationaler Elektriker-Kongreßwird in Verbindung mit einer gleichfalls internationalen Ausstellungin den Tagen vom 14.— 29. September in Marseilles abgehaltenwerden. Vorzugsweise werden die Anwendungen der Elektrizität beidieser Gelegenheit besprochen und veranschaulicht werden. Die ganzeVeranstaltung wird nach einer Einteilung in neun Sektionen vorsich gehen, nämlich die Beratung von Gesetzen und Verordnungenmit Bezug auf Anwendung der Elektrizität für Bau und Schutzelektrischer Leitungen, für technische und komnierzielle Arbeiten, fürelektrische Beleuchtung und Benutzung der Elektrizität in der HanS-Wirtschaft, für Anwendungen in der Industrie sowie insbesondere imBergbau, in der Landwirtschaft und im Verkehrswesen, Elektrochemieund Elektrometallurgie, Telegraphie und Telephonie, Unterricht undMaßwesen, Anwendungen der Elektrizität in Hygiene und Medizin.— Ueber die Goldfunde und das Goldgräber«leben in Klondyke hat man nach dem ersten Sturm auf dasneue Dorado im äußersten Norden nur wenig gehört. Nunmehrveröffentlicht die kanadische Regierung einen Bericht über die Lagein Klondyke. Die bisher erzielte gesamte Goldansbeute wird aufetwa 389 Millionen Mark geschätzt und die noch vorhandenen Be-stände auf etwa 49 Millionen. Da es ausgeschlossen ist, daß irgendein sehr goldreicher Distrikt den bisherigen Mutungen entgangenwäre, sind nur noch kleinere Goldfunde zu erwarten. Die geologischeBeschaffenheit der Gegend hat W. H. Collins untersucht, und zwarnamentlich in der Gegend zwischen dem Nipigon- und Stnrgeonsce.Die Felsbildung dieses Gebietes gehört der präkambrischenFormation an und ist fast durchgängisch kristallinisch. Am Sturgeon»ee selbst wird Gold gewonnen und in der Nähe des NipigonseeSfind ausstchtsvolle Lager von Golderzen entdeckt worden.