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Hat man sich doch in Stuttgart üder die Budgetbewilligung der- ständigt. Gewiß war uns gesagt worden, daß einmal eine solche Konferenz stattfinden soll, aber von dem Termin haben wir nichts erfahren, sind auch nicht eingeladen worden.(Hört! hört!) Diese Vorgänge waren eS, die der . Auseinandersetzung einen heftigen und wie ich gern zugestehen will zum Teil giftigen Charakter gegeben haben. Wie wir zur Preßpolemik in diesem Fall stehen, das hat Bebel schon erklärt. Ich kann das nur unterstreichen als die Auffassung des Partei- Vorstandes. Man hat uns heftige Vorwürfe darüber gemacht, daß wir gegen die Art der Polemik nicht eingeschritten sind. Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß der Partcivorstand im Mittelpunkt der Diskussionen gestunden hat, und gerade der Parteivorstand war es, der von den süddeutschen Blättern fortgesetzt, zum Teil sogar in der heftigsten Weise angegriffen worden ist. Genosse Ouessel hat in Darmstadt geradezu unglaubliche Vorwürfe gegen uns erhoben. (Hört! hört!) Ich erinnere weiter an die Notiz derMünchener Post" über unser Polizeiaufgebot und an die Liebenswürdigkeiten, mit denen wir in derFränkischen Tagespost" bedacht worden sind. (Lebhaftes Sehr richtig!) Wenn wir eingreifen wollten, dann hätten wir nach beiden Seiten hin eingreifen müssen. Dann aber wären wir Richter in eigener Sache gewesen, und Sie werden mir zugeben, daß unter den obwaltenden Umständen das unmöglich gewesen wäre. Es ist gesagt worden, daß wir eigentlich die G e- schobenen wären, man hat von Leuten gesprochen, die der Partei die Taktik vorschreiben, aber nicht den Mut hätten, sich in den Kampf zu wagen. Frank ist sogar recht deutlich geworden. Er hat uns alsFahnenträger der Berliner ", alsdie Gefangenen der Berliner " und dergleichen bezeichnet. Das soll heißen, der Parteivorstand trifft seine Dispositionen nach dem Wunsche der Berliner , er ist der Handlanger der Berliner.(Sehr richtig! bei den Süddeutschen.) Genosse Frank sollte als Jurist doch wissen, daß er für derartige Behauptungen auch Beweise antreten muß. Wo sind die Beweise? Es ist nichts a l s leeres Gerede, Klatsch und Tratsch, den man in Süddeutschland verbreitet. (Lebhafte Zustimmung.) In Berlin hat man in einer ganzen Reihe von Versamlungen den Berliner Parteifunktionären vor- geworfen, daß sie Werkzeuge des Parteivorstandes seien.(Sehr richtig! bei den Berlinern.) Bei den Debatten über die Maifeier waren wir die Gefangenen, das Werkzeug der. Generalkommission. So versucht man Stimmung zu machen, wenn die Parteileitung etwas unternimmt, was einem nicht angenehm ist. Damit will man den Berliner Parteivorstand treffen, damit will man in Süd- Deutschland gegen uns Stimmung machen, will man appellieren an die niedrigsten Instinkte. Man appelliert an den blödesten Partikularismus.(Lebhafte Zu- stimmung.) Der Parteivorstand achtet mit großer Gewiss enhaftig- keit darauf, daß seine Beschlüsse und Handlungen lediglich ge- troffen werden nach seiner eigenen, besten Ucberzeugung; und jede Einmischung, möge sie kommen, woher sie wolle, wird von uns in der allerentschiedensten und rücksichtslosesten Weise zurückgewiesen. (Bravo !) Ich erkläre mit aller Bestimmtheit, daß alles, was im vorliegenden Falle geschehen ist, entsprungen ist der eigenen Ucber- zeuguna der Parteileitung, und daß keinerlei Einwirkung von außen her von irgendeiner Seite aus erfolgt ist. Wenn man die Reden von Timm, Frank und Hildenbrand hörte, dann mußte man zu der Annahme kommen, daß die Frage der Budgetbewilligung für die Partei eine offene fei. Das ist nicht der Fall. Die Frage ist in Lübeck entschieden» der Lübecker Beschluß ist gefaßt einmütig gefaßt worden, ja, er ist gefaßt worden unter fast einmütiger Zu- stimmung der damals anwesenden zahlreichen Landtagsabgeordneten. Der Streit dreht sich darum, wie Absatz 3 der Lübecker Resolution aufzufassen und praktisch an- zuwenden ist. Für uns ist für die Auslegung die I n t e r- pretation maßgebend, die Bebel als Antragsteller gegeben hat. Für die Richtigkeit dieser Auffassung möchte ich auf einen Vorgang hinweisen. Ich war damals Mitglied der Bremer Bürgerschaft . Wir Landtagsabgcordneten sind in großer Zahl mit Bebel zusammengetreten und haben ihm gesagt, daß seine Resolution praktisch nicht durchführbar fei, da es Fälle gebe, wo man für das Budget stimmen müsse, und es ist besonders auf die Fälle von Gotha und Hessen hingewiesen worden. Bebel hat sich unserer Auffassung angeschlossen. Er hat den Landtagsabgeordneten die Formulierung des dritten Absatzes überlassen. Wir Ab- geordneten waren einig, daß Bebel die Interpretation dieser Bestimmung in dem Sinne geben soll, wie er eS in der Tat im Plenum getan hat.(Widerspruch von David.) Ge- nosse David.das bestreiten Sie? Ich erinnere mich dessen bestimmt. Ich weiß, daß auch hier auf dem Parteitag Ab- geordnete sind, die sich dieses Vorganges erinnern. Ich habe mit dem Genossen David, mit Hildenbrand und anderen, die damals mit zugegen waren, über diesen Vorgang gesprochen, und die Ge- nassen haben erklärt, sie erinnerten sich dieser Vorgänge nicht mehr. (Hört! hört!) Nach dem Verlauf der stattgcfundenen Auseinandersetzungen sind wir in der Parteileitung nach wie vor der Meinung, daß d i e Zustimmung zum Budget sich mit dieser Be- stimmung der Resolution in Lübeck nicht ber- trägt, immer ausgehend von der Auffassung, daß die von Bebel jn Lübeck gegebene Interpretation die richtige ist. Ich kann auf alle Einzelheiten, die für den Nachweis dieser unserer Auffassungen in Frage kommen, jetzt nicht eingehen. Ich glaube, das ist auch nicht notwendig. Ich will nur auf einige wesentliche Punkte hin- weisen. Für Baden, glaube ich, ist die Sache völlig klar, nach- dem der Minister Bodmann unsere Fraktionsmitglieder, unsere Partei im Landtage geradezu mißhandelt hat. Nachdem er sich in solcher Weise gegen unsere Partei erklärt hatte, durfte man schon deshalb der Regierung das Budget nicht bewilligen.(Sehr richtig!) Dazu kommt der Fall Schaufele, der meines Erachtcns nicht aus- gesclmltet werden kann, wenn man auch jetzt einige Staatsarbeiter in Baden Gemeindevcrtreter sein läßt. Was gibt den badischen Genossen denn"5ie Garantie, daß morgen nicht wieder dasselbe wie im Falle Schäufele eintritt? Warum denn dieses unbedingte Ver- trauen zu Regierungserklärungen und zu Erklärungen von Ministern? Wenn man auch nur einen Teil des Mißtrauens, das der badische Landesvorstand gegen uns bekundet hat, gegen die Minister und die Regierung in solchen Fällen zur Anwendung bringen würde(Lebhafte Zustimmung), so könnten sie gar nicht so argumentieren, wie es geschehen ist.(Zuruf: Gotha !) Darauf komme ich noch. Unsere bayerischen Genossen haben in der Hauptsache ihre Zustimmung zum Budget mit den sozialpolitischen Fortschritten, die sie errungen haben, motiviert. Aber unsere bayerischen Abgeordneten haben doch auch in früheren Sessionen ganz erhebliche sozialpolitische Fortschritte errungen und haben trotzdem gegen das Budget gestimmt. Schon deshalb lag kein zwingender Grund vor, diesmal zuzustimmen. Wollte man den Standpunkt der bayerischen Abgeordneten konsequent durchführen, so müßten wir, wie schon wiederholt gesagt worden ist, in der Tat immer für das Budget stimmen. Man müßte schließlich auch dazu kommen, für'den Rcichsetat zu stimmen, der auch Hunderte von Millionen an Ausgaben für Staatsarbeiter und mittlere und kleine Beamte enthält. Die Gegner können die Ablehnung des Reichsetats in derselben demagogischen Weise bekämpfen, wie sie die Ablehnung des Staatsbudgets bekämpfen. Darüber sollten wir uns doch klar sein, daß das Verhalten der Gegner für unsere Taktik nicht entscheidend fein kann. Wenn wir darauf Rücksicht nehmen sollen, müßten wir unter allen Umständen auf eine fchiefe Bahn kommen. Hildenbrand hat gesagt, er bedauere, daß wir im Partei- vorstand nicht einen Viktor Adler hätten. Ich will ihm das gar nicht bestreiten. Aber sagen müßte ich ihm doch, daß ihm mit Viktor Adler in diesem Fall gar nicht geholfen wäre. Es ist schon wiederholt auf den Artikel des Genossen Viktor Adler ? der am Sonntag in derWiener Arbeiter-Zeitung* stand, hin­gewiesen worden. Gestatten Sie mir, einige interessante Stellen daraus zu verlesen; Alles das kamt dazu beitragen, die Taktik der Süd- deutschen soweit zu verstehen, als dies überhaupt möglich ist, nicht aber dazu führen, sie zu billigen. Am wenigsten richtig ist das Argument, das am häufigsten gehört wird; und das auch unS Oesterreichern die Gegner vorhalten, wenn sie unsere Ablehnung des Budgets als unlogisch darstellen wollen. Weil die Sozialdemokraten an der Gestaltung des Budgets mit­wirken, weil sie sogar eine ganze Reihe von Abänderungen und Reformen durchgesetzt haben, darum waren sie keineswegs ver- pflichtet, nun auch für das Budget, wofür sie die Verant- Wartung doch keineswegs übernehmen wollen, zu stimmen. Die Bewilligung des Budgets kann auch keineswegs die Bedingungen für die Annahme ihrer Anträge erleichtern und wird auch in Zukunft kaum ihren Einfluß auf weitere Erfolge verstärken. Ihre Zustimmung kann im Gegenteil von der herrschenden Partei als erzwungene Anerkennung ihrer Vor reffstchkeli ge­dacht und agitatorisch ausgebeutet werden, vielleicht in viel emp- findlicherer Weise als die angeblich unlogische Ablehnung des Budgets. Schließlich aber waren die bayerischen Genossen unseres Er- achtens verpflichtet, zu erwägen, ob die Vorteile, die ihre neue Taktik möglicherweise im besten Falle bringen konnte, den Nach- teil aufzuheben vermochte, den der Streit mit sich brachte, in den sie dadurch mit der Mehrheit der Gesamtpartei geraten mußten." Diese Ausführungen wird Hildenbrand wohl nicht für sich akzeptieren, und ich glaube sogar, daß Genosse Adler gar nicht so unrecht hat mit dem Hinweis, daß sich die süddeutschen Partei- genossen durch ihre Budgetzustimmung bielleicht sogar ge- schadet haben.(Zustimmung.) Wenn wir in Betracht ziehen, wie unsere süddeutschen Genossen in den letzten Wochen ihre Re- gicrung und die Mehrheit im Landtage herausgestrichen haben, dann glaube ich, daß ihnen dies bei ihrer Agitation noch mehr schaden wird, als irgendeine Budgetablehnung. Aber bei dieser Auffassung, die wir mit großer Entschiedenheit auch jetzt noch ver- treten, verkennen wir keineswegs, daß man sehr wohl über die Frage, über die wir uns unterhalten, verschiedener Meinung sein kann. DaS ist nichts neues. Wir haben nirgends und niemals während des ganzen Streites bestritten, daß die süddeutschen Ab- geordneten bei ihrer Budgetabstimmung in gutem Glauben gehandelt haben. Wir haben nie bestritten, daß sie in dem Glauben sein konnten, mit ihrer Budgetabstimmung der Partei und der Arbeiterklasse zu dienen. Das haben wir, als wir am vergangenen Dienstag uns mit den Süddeutschen ausein- andersctzten, ganz offen und klar von vornherein er- klärt. Wie wir hier in Nürnberg mit der Kontrollkommission zusammengetreten sind, hat an der Spitze unserer AuSein- andersetzungen diese einmütige Erklärung ge- standen.(Sehr richtig!) Ich muß weiter hervorheben, daß der Absatz 3 unserer Resolution, worin erklärt wird, daß die Zu- stimmung zum Budget mit dem Lübecker Beschluß nicht zu ver- einbaren ist, durchaus nicht als Mißtrauensvotum aufzufassen ist._ Auch das haben wir bei unserer Auseinander- fetzung ganz klipp und klar erklärt. Wir haben gesagt: Wir können unmöglich eine Resolution vorlegen, in der unsere süd- deutschen Parteigenossen gedemütigt werden, durch die die Positionen unserer süddeutschen Genossen in den Parlamenten und gegenüber den Gegnern erschüttert wird. DaS haben wir auch bei den Ver- Handlungen, die wir mit den süddeutschen Parteigenossen geführt haben, ausdrücklich erklärt. Der Absatz 3 unserer Resolution ist lediglich eine sachliche Entscheidung über die Streitfrage. Es soll entschieden werden, ob die süddeutschen Parteigenossen oder die Pertcileiter in der Auslegung des Ab- satzes 3 der. Lübecker Resolution recht hatte;?.(Zuruf: Gotha !) Darauf komme ich noch. Um diese Entscheidung kommen wir nicht herum. Nachdem wir wochenlang die häßlichsten Auseinander- fetzungen geführt Haben, wird es die ganze Welt, werden eS unsere Parteigenossen nicht verstehen, wenn der Parteitag in seiner Entscheidung der eigentlichen Streitfrage ausweichen wollte.(Sehr richtig!j Das habe ich auch am Dienstag in der Sitzung mit den Süddeutschen gesagt, und das war es, was mir von dem Genossen Segitz das Prädikat als Scharfmacher" eingebracht hat.(Hört, hört!) Ich darf aber hinzufügen, daß er und seine süddeutschen Genossen es gewesen sind, die später erklärt haben, daß sie nach dieser Interpretation im Absatz 3 unserer Resolution durchaus kein Mißtrauensvotum erblicken. Also eS kam uns auf die sachliche Entscheidung an und dieses R«cht der sachlichen Entscheidung eliner Streitfrage müssen wir unter allen Umständen dem Parteitage vorbehalten.(Sehr richtig!) Wir haben die mildeste Form gewählt, und ich bin ermächtigt, für die Kontrollkommission und den Parteivorstand zu erklären, daß wenn Ihnen vielleicht das Amendement Schütz zu unserer Reso- lution, wonach der Absatz 3 folgende Fassung erhalten soll:Die Bewilligung des Budgets in den verschiedenen Landtagen ist un» vereinbar mit den Resolutionen von Lübeck und Dresden " an- nehmbar erscheint, werden wir uns nicht widersetzen, daß diesem Amendement zugestimmt wird. Damit scheidet eben der Fall Gotha aus. Jedenfalls werde ich wenn Sie so beschließen die Gothaer Angelegenheit hier nicht mehr eingehend zu erörtern brauchen, aber ich muß dabei bleiben, daß auch bei der Annahme dieses Amendements an der sachlichen Entscheidung, die di« Reso- lution beabsichtigt, nichts geändert wird. Nun einige Worte zum Absatz 2, der am meisten angefochten wird. Er lautekk Als notwendige Folge idieser grundsätzlichen Auffassung ist angesichts der Tatsache, daß die Gesamtabstimmung über das Budget als Vertrauenskpndgebung für die Regierung aufgefaßt werden muh, jeder gegnerischen Regierung bei der Gesamtab- stimmung das Budget zu verweigern. ES sei denn, daß die Ab- lehnung desselben durch unsere Genossen die Annahme eines für die Arcbiterklasse ungünstigeren Budgets zur Folge haben würde." Dagegen ist von Timm in seiner Rede der Einwand erhoben worden, daß die Resolution praktisch nicht durchführbar, nicht an« wendbar sei. daß sie eine Verschärfung der Lübecker Resolution bedeutet.(Sehr richtig!) Das muß ich ganz entschieden bestreiten. Auch nach dieser Formulierung ermöglicht die Resolution auch künftig in den Ausnahmefällen, die wir in Lübeck im Auge gehabt haben, für das Budget zu stimmen. Wir haben unter allen Um- ständen nur die Absicht, die Lübecker Resolution aufrecht zu erhalten. Wir sind gar nicht gewillt, sie zu verschärfen. Wir wollen aber dem dritten Absatz ein« be- stimmte Fassung geben, damit künftig Streitigkeiten und unrichtige Auslegungen vermieden werden. Ausnahmefälle sind auch nach der jetzigen Formulierung zulässig. Auch der Gothaer Fall, den wir übrigens für selbstverständlich halten. Nun hat Timm der Resolution gegenüber ausgeführt:Wie steht eS denn in Bayern ? Nehmen wir an, daß kein Budget zu- stände kommt, dann gilt das frühere. Die Ausgaben können aber nur insoweit realisiert werden, als sie die Natur eines vorher zu überfehenden Staatsbedürfnisses haben, und wenn die Mittel nicht ausreichen, dann befriedigt die Regierung zunächst jene Staatsbedürsnisse, die auf gesetzlicher Verpflichtung beruhen und dann die, die ihr als die dringlichsten erscheinen. Erst durch dag Finanzgesetz wird die Regierung gebunden. Wenden wir den Grundsatz von Bebel auf Bayern an, so würde, wenn wir gegen ein Finanzgesctz stimmen, das den Arbeitern Vorteile bringt, das andere Budget in Kraft treten, und würden wir das tun» würde es mit unserer Vertretung vorbei sein." Demgegenüber vergleichen Sie den Wortlaut unserer Reso- lution, wo es ausdrücklich heißt, daß dem Budget zugestimmt werden kann, wenn die Ablehnung desselben durch unsere Partei. genossen die Annahme eines für die Arbeiterklasse ungünstigen Budgets zur Folge haben würde. Ich glaube, gerade diese Formu- lierung trifft auf den von Timm angezogenen Fall zu. Die Ge- nassen wären in einem solchen Falle in der Lage, das Budget zu retten. Nun sagt Timm: Das ist gut gesagt, aber wie sollen wir feststellen, wie die gegnerischen Parteien stimmen werden, besonders bei dem Verhalten der Bündler im Landtage? Ich will zugeben, daß die Bündlcr sich einmal entschließen könnten, gegen das Budget zu stimmen, trotzdem sie im bayerischen Landtage von 133 Man- datcn nur 12 haben, und kaum mit unseren Genossen zusammen- gehen würden. Aber selbst zugegeben, es könnte die von Timm angekündigte Möglichkeit eintreten, glaubt Ihr denn, Partei- genossen, daß die bayerischen Bündler, che sie das Budget ablehnen, es sich nicht überlegen werden, daß damit auch die Errungen- schaften für die Bauern verloren gehen? Weiter kommt in Be- tracht, daß das für die StaatSarbeitcr und Staatsbeamten an Lohn- und Gehaltsaufbesserung Errungene eigentlich Vertrags- rechtlicher Natur ist, und durch Ablehnung des Budgets eigentlich gar nicht alteriert wird. Anders liegt es bei den Errungenschaften für die Bauern, die allerdings in der Regel nicht staatsrechtlicher Natur sind» und durch Ablehnung des Budgets getroffen werden. Ich glaube auch sagen zu müssen, daß der Fall, daß bürgerliche Parteien das Budget ablehnen, nur in außerordentlich seltenen Fällen eintreten wird. Es handelt sich da nicht um Konflikte, die sich in der Dunkelheit abspielen, sondern um Vorgänge, die mit aller Klarheit in die Er- fcheinung treten. Ich will da ein praktisches Beispiel an- führen aus meinen Erfahrungen. Jn Bremen hatten wir den Fall, daß die weitaus größte Mehrheit der Bürgerschaft, die bürger- liche Linke, mit dem Senat in einen überaus heftigen Verfassungs- konflikt geraten war. Wir haben diese rabiaten Liberalen wohl so weit veranlassen können, daß sie mit uns Obstruktion trieben, daß die Mehrheit der Bürgerschaft bei der Wahl eines Senats- Mitgliedes dieBürgerschaft" verließ; als wir ihnen aber später geraten haben, mit uns zusammen dem Senat das Budget zu ver- weigern, haben sie dieses Ansinnen weit von sich gewiesen. Partei- genossen! Nach allem, was ich nach der Richtung hin ausgeführt habe, müssen wir dabei bleiben, daß unser Vorschlag keine Ber- schärfung der Lübecker Resolution ist, sondern daß unser Vorschlag praktisch durchführbar ist. und daß unsere süddeutschen Partei- genossen sich sehr wohl auf den Boden unseres Vorschlages stellen können. Noch eines muß ich besprechen. ES ist gestern mehrfach Bezug genommen worden auf die Verhandlungen, die wir hier mit den süddeutschen Parteigenossen geführt haben. Dabei ist versucht, Bebel in Widerspruch zu setzen m i t mehreren anderen Mitgliedern des Parteivor» stand es. Ich kann Ihnen darüber, wie der Vorstand und die Kontrollkommission zu dieser Entscheidung und Festlegung der Reso- lution gekommen sind, folgendes mitteilen: Wir hatten zu Sonn- tag eine Sitzung vereinbart. Bebel ist leider durch einen Vorfall in seiner Familie verhindert gewesen, dabei zu erscheinen, hat uns aber brieflich seine Ansicht in der Sache mitgeteilt. Die von uns formulierte Resolution hat Bebel dann vorgelegen und er hat sich mit dem sachlichen Inhalt voll und entschieden einverstanden erklärt. Er hat lediglich eine ganz un- wesentliche und formale Aendcrung gewünscht. Ich habe Auftrag, im Namen Bebels dies mit allem Nachdruck und' mit aller Deutlichkeit festzustellen. DaS hat Bebel aber auch bereits in der Verhandlung, die wir mit den Süddeutschen gehabt haben, erklärt. Und nun hat Segitz gestern über die Vorgänge in jener Verhandlung sich geäußert, wozu ich mich noch kurz erklären muß. Es ist richtig, daß Segitz die Verhandlungen eingeleitet hat, aber über die Art. in der er das gestern getan hat, waren wir geradezu alle entsetzt.(Sehr richttgl) Das war nicht die Art der Einleitung von Einigungsverhandlungen, sondern da? war ein Pronunziamento, eine klipp und klare und kühle Erklärung:W enn Ihr nicht so verfahrt, wie lvir wünschen, dann fügen wir uns unter keinen Um» ständen einem Beschlüsse des Parteitages."(Hört I HörtI) Wir haben trotzdem stundenlang mit den süddeutschen Ge- nossen verhandelt, wir haben, wie Sie wissen, hier die wichtige Per- Handlung über die Maifeierfrage, bei der, wie vorauszusetzen war, der Parteivorstand heftig angegriffen wurde, wobei wir eine Vor- läge, auf die wir den allergrößten Wert legten, nicht verteidigen konnten, wir haben diese Sitzung versäumt auf die Gefahr hin, daß unser Vorschlag abgelehnt wird, um eine Möglichkeit zu finden, mit den süddeutschen Parteigenossen übereinzukommen; die süd- deutschen Genossen erklärten aber rundweg, sie stehen nach wie vor auf dem Boden des Lübecker Beschlusses, aber einer Auslegung, die die wir ihm geben, stimmen sie nicht zu. Am Schluß der VerHand- lung allerdings hatte Segitz, als wir gingen und einsahen, daß wir nicht zusammenkommen könnten, einen Vorschlag gemacht. Er hat erklärt:Wir sind bereit, der ganzen Resolution des Parteivor. standcs mit einer Aenderung zuzustimmen.(Zuruf der Süd- deutschen: Hinzunehmen I) Meinetwegen können Sie sagen(Zuruf: Schlucken!),.... also gut, dann sagen wir: Segitz hat erklärt: Wir sind bereit, die Vorstandsresolution hinzunehmen, wenn im entscheidenden Absatz 3 eine Aenderung vorgenommen wird. wenn in diesem Satze bestimmt wird, daß in der Regel daS Budget abgelehnt werden soll. Ueber die Ausnahmen, wenn dem Budget zugestimmt werden soll, soll überhaupt nicht bestimmt werden.(Lachen.) Das soll Sache der Landesorganisationen sein." Das lvar doch der Vorschlag? Segitz bestätigt mir das. Sie werden mir zugeben, daß wir nach Lage der Dinge ganz außerstande waren, diesem Vorschlage von Segitz zuzustimmen. Segitz hat uns weiter erklärt, daß diese Entscheidung einem Beschlüsse der süddeutschen Delegierten entspreche, die Montag ge» tagt hat, wozu man allerdings die süddeutschen Abgeordneten, die gegenteiliger Meinung waren, absichtlich nicht einge- laden hat.(HörtI Hört!)(Zuruf von S e g i tz: DaS ist doch selbstverständlich!) So waren in der Tat unsere Verhandlungen und ich füge noch hinzu, daßder Scharfmacher Ebert" dort erklärt hat, daß wir im Vorstand und in der Kontrollkommission nach wie vor gewillt seien, alles zu tun, um einen Weg zu finden, auf dem wir uns zusammenfinden können.(Zuruf bei den Süddeutschen: Habt Ihr aber nicht getan!) Ich glaube, dieses Verhalten unserer Vertreter in dieser Sitzung zeigt ein anderes Bild, als eS gestern Segitz dazuftellcn versuchte.(Sehr richtig!) Noch eins: Ich weiß nicht, was das für eine Art ist, aus einer so ernsten Verhandlung, einer vertraulichen Verhandlung, Einzelheiten herauszureißen und sie in die Ocffcntlichkeit zu werfen, in der Absicht, Personen zu verletzen oder zu verdächtigen. Parteigenossen! Diejenigen, die unserer Verhandlung beiwohnten, wissen, datz auch einem bekannten, mir persönlicki sehr lieben Parteigenossen in dieser Auseinander- setzung eine böse Entgleisung passiert ist, die er sicher in der Ocffentlichkeit nicht vertreten würde. Ich sage ganz offen: Wenn man das in der Ocffentlichkeit gegen diesen Genossen ausnutzen wollte, was ihm in der begreiflichen Aufregung entsprungen ist. so würde ich sagen, daS ist unschön, das ist unfein, das gehört sich nicht. tLebhafte Zustimmung.) Parteigenossen! So viel süddeutsches Wesen habe ich noch in mir. daß ich sage, eine solche Art, wie Segitz versuchte, die Verhandlungen darzustellen, das ist nicht süddeutsche Art. Nun zur Resolution Frohme? Bei aller wohlwollenden Aufnahme dieser Resolution muß ich aber doch fragen: Wie soll dadurch überhaupt eine Verständigung herbeigeführt werden können? Verhehlen wir uns doch nicht, daß die Anschauungen der Parteileitung und die der süddeutschen Ge- nossen über die Auslegung der Lübecker Resolution weit a u S- ein andergehen, und wenn wir da» nächste Jahr, wenn die Württcmberger zum Budget Stellung nehmen müssen, zusammen- sitzen, dann werden sich ganz natürlich dieselben Gegensätze zeigen. (Sehr richtig!) Wenn wir uns nicht einigen, dann ist die alte Geschichte wieder vorhanden, dann ist der Streit von neuem da. (Sehr richtig!) Anders wäre es, wenn diese Resolution festlegte,