Nr. 55.
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Vorwärts
10. Jahrg.
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fernsprech- Anschluk Amt 1, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Rann
V.
Sonntag, den 5. März 1893.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
halt, in dem alles Heil liegt, andererseits auf die hilflose durch die Hände diebischer und bestechlicher russischer Verlassenheit des vereinzelten, auf die eigene Initiative an- Tschinowniks geht? Die russische Mobilmachung δας gewiesenen Individuums. Diefer Charakter bleibt dem wird ein Schauspiel für Götter. Russen auch im Militär; die Bataillonsmassen sind fast Eins mit dem andern: wir können den Russen schon nicht zu sprengen, je größer die Gefahr, desto fefter ballen aus rein militärischen Gründen erlauben, so viel Soldaten Wir kommen jetzt auf Rußland . Und da ist es, grade sich die Klumpen zusammen. Aber dieser Justinkt des einzustellen und sie so lange bei der Fahne zu behalten, herausgesagt, ziemlich gleichgiltig, nicht nur ob Rußland Busammenschließens, der noch zur Zeit der napoleonischen wie es dem Zaren beliebt. Außer den Truppen, die jetzt einen Bertrag zur allmäligen gleichmäßigen Herabjegung Feldzüge von unschätzbarem Werthe war und manche schon unterm Gewehr stehen, wird er schwerlich viel mehr der Dienstzeit einhält, sondern selbst ob es ihn überhaupt weniger brauchbare Seite des russischen Soldaten aufwog- auf die Beine bringen, und auch dies schwerlich zur rechten eingeht. Wir können Rußland in Beziehung auf unseren er ist heute eine entschiedene Gefahr. Heute sind die ge- Zeit. Das Experiment mit der allgemeinen Wehrpflicht kann Fragepunkt in der That fast ganz außer Acht lassen, und schlossenen Maffen aus der Gefechtslinie verschwunden, heute tußland theuer zu stehen kommen. zwar aus folgenden Gründen. handelt es sich um den Zusammenhalt aufgelöster Schüßen- Und dann, wenn's zum Krieg kommt, dann steht die Das russische Reich enthält zwar über hundert Millionen schwärme, wo Truppen der verschiedensten Verbände durch russische Armee an der ganzen Grenze von Kowno bis Menschen, also reichlich doppelt soviel wie das Deutsche einander geworfen werden und das Kommando oft und Kamienice auf ihrem eigenen Gebiete in Feindesland, mitten Reich, ist aber weit entfernt davon, eine annähernd der rasch genug an Offiziere übergeht, die den meisten Mann- unter Polen und Juden, denn auch die Juden hat die deutschen gleichkommende militärische Angriffskraft zu be- schaften total fremd sind; heute soll jeder Soldat im stande zarische Regierung sich zu Todfeinden gemacht. Ein paar figen. Die fünfzig Millionen in Deutschland sind zusammen- sein, selbständig das zu thun, was im Moment gethan für Rußland verlorene Schlachten, und das Kampfesfeld gedrängt auf 540 000 Quadratkilometer; die höchstens 90 werden muß, und doch den Zusammenhalt mit dem Ganzen wird von der Weichsel an die Düna und den Dniepr vers bis 100 Millionen in Rußland , die militärisch für uns in nicht verlieren. Das ist ein Zusammenhalt, der nicht durch legt; im Rücken der deutschen Armee, unter ihrem Schuße, Betracht kommen, sind zerstreut über, mäßig gerechnet, 3% den primitiven Heerdeninstinkt des Russen, sondern nur bildet sich ein Heer polnischer Bundesgenossen; und es wird Millionen Quadratkilometer; der Vortheil, der den Deutschen durch Ausbildung des Verstandes bei jedem einzelnen er eine gerechte Strafe für Preußen sein, wenn es dann zu aus dieser weit größeren Bevölkerungsdichtigkeit erwächst, möglicht werden kann, und dazu finden wir die Vor- seiner eigenen Sicherheit ein starkes Polen wieder wird noch bedeutend gesteigert durch das unvergleichlich bedingungen nur auf einer Kulturstufe von höherer indi- herstellen muß. bessere Eisenbahnnetz. Trotzdem bleibt die Thatsache, daß vidualistischer" Entwickelung, wie sie bei den kapitalistischen Soweit haben wir nur die direkt militärischen Ber hundert Millionen auf die Dauer mehr Soldaten stellen Nationen des Westens besteht. Der kleinkalibrige hältnisse betrachtet und gefunden, daß für den vorliegenden fönnen als fünfzig. Es wird, wie die Dinge liegen, Wagazin- Hinterlader und das rauchschwache Pulver haben Fragepunkt Stußland außer Acht gelassen werden kann. längere Zeit foften, bis sie tommen; aber kommen müssen die Eigenschaft, die bisher die größte Stärke der Noch mehr aber wird sich dies zeigen, sobald wir einen sie schließlich doch. Was daun? russischen Armee war in eine ihrer größten Schwächen Blick werfen auf die allgemeine ökonomische und speziell die verwandelt. Es wird also heutzutage noch längere Beit er- finanzielle Lage Rußlands . Fr. Engels. fordern als früher, bis der russische Refrut ein gefechtsbrauchbarer Soldat wird, und den Soldaten des Westens thut er's überhaupt nicht mehr gleich.
Zu einer Armee gehören nicht nur Rekruten, sondern auch Offiziere. Und damit sieht es in Rußland schofel aus. In Rußland kommen für den Dffiziersrang nur der Adel und die Bürgerschaft der Städte in Betracht; der Adel ist verhältnißmäßig sehr wenig zahlreich, der Städte sind wenige, Zweitens aber: woher sollen die Offiziere kommen, um
höchstens der zehnte Mann wohnt in einer Stadt, und von alle dieſe Maſſen im Krieg in Neuformationen einzu- Politische tebersicht.
diesen Städten verdienen die wenigsten den Namen; die Zahl der Mittelschulen und der sie besuchenden Schüler ist äußerst gering; wo sollen da die Offiziere herkommen für alle die Mannschaften?
Eines schickt sich nicht für alle. Das System der allgemeinen Wehrpflicht setzt einen gewissen Grad ökonomischer und intellektueller Entwicklung voraus; wo diese fehlt, richtet das System mehr Schaden als Nuzen an. Und dies ist offenbar der Fall in Rußland.
rahmen? Wenn Frankreich schon Schwierigkeit hat, die hinreichende Zahl von Offizieren zu finden, wie wird es erst Berlin , den 4. März. Rußland gehu? Rußland, wo die gebildete Bevölkerung, Aus dem Reichstage. Die Fortsetzung der Be aus der allein tüchtige Offiziere genommen werden können, rathung des Postetats brachte heute dem Generalpostmeister einen so unverhältnißmäßig geringen Prozentsatz ber Ge- stellenweise recht unangenehme Minuten. Im Gefühle sammtzahl ausmacht, und wo dennoch der Soldat, selbst seiner Selbstherrlichkeit hatte dieser Herr gestern Töne ander ausgebildete, einen größeren Prozentsaz von Offizieren geschlagen, wie sie selbst im deutschen Parlamente, wo man braucht als in anderen Armeen? in puncto Ministerüberhebung doch etwas gewohnt ist- Und drittens: Bei dem in Rußland notorischen allge- selten gehört werden. Die Folge war die Bestätigung des Erstens braucht es überhaupt eine verhältnißmäßig meinen System des Unterschleifs und Diebstahls von Seiten alten Wortes, daß, wie man in den Wald hinein rufe, es lange Zeit, um aus dem russischen Durchschnittsrekruten einen der Beamten, und oft genug auch der Offiziere, wie soll da wieder heraus schalle! Herr v. Stephan hatte gestern dem ausgebildeten Soldaten zu machen. Der russische Soldat ist eine Mobilmachung verlaufen? Bei allen bisherigen Kriegen Abgeordneten Vollrath vorgeworfen, daß dessen ganze Rede von unbezweifelter großer Tapferkeit. So lange die Rußlands stellte sich sofort heraus, daß selbst ein Theil der von Unrichtigkeiten wimmelte". Dieser antwortete heute taktische Entscheidung in dem Angriff geschlossener In- Friedensarmee und ihrer Ausrüstungsbestände nur auf dem damit, daß er Punkt für Punkt die Unrichtigkeiten fanteriemassen lag, war er in seinem Element. Seine ganze Papier existirte. Wie soll es erst gehen, wenn die beur- der Stephan'schen Behauptungen nachwies. Der Herr Lebenserfahrung hatte ihn angewiesen auf den Anschluß an laubten Reserveleute und die Opolischenie( Landwehr) unters Generalpoftmeister hatte erklärt, der Werband der Postseine Kameraden. Auf dem Dorf die noch halb- Gewehr treten, und mit Uniform, Bewaffnung, Munition assistenten sei pleite, dessen Verwaltungskosten beziffern fommunistische Gemeinde, in der Stadt die genossenschaft- versehen werden sollen? Wenn bei einer Wiobilmachung fich auf 25 000 Mark; die Mitglieder des Verbandes liche Arbeit des Artel; überall die krugovaja poruka , die nicht alles flappt, nicht alles zur rechten Beit und am nehmen rasch ab. In Wirklichkeit besitzt der Verband ein gegenseitige Haftbarkeit der Genossen; turz ein Gesellschafts- rechten Ort vorhanden ist, dann ist die Konfusion voll- Baarvermögen von 38 000 t., die Verwaltungskosten be zustand, der handgreiflich hinweist einerseits auf den Zusammen- ständig. Wie soll aber alles tlappen, wenn alles tragen nicht den fünften Theil der Stephan'schen Angaben,
Feuilleton.
Nadbrud verboten.)
Von S. Stepniat.
Autorisirte Uebersegung.
Frei ins Deutsche übertragen von Bertha Braun.
Kapitel III.
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aufregend und erschöpfte die Geldmittel. Die für die Aus- und vieles andere. Aber keiner war sehr zum Sprechen führung des Planes wichtigsten Personen mußten ihre Zeit aufgelegt, und so verbrachten sie den größten Theil des Tages in vollständiger Unthätigkeit hinbringen. Sich durch Theil schweigend, jeder in seiner Ecke sitzend und die Pfeife nahme an der Propaganda, welche in Dubrawnit wie rauchend.
warten.
überall vor sich ging, der Gefahr auszusehen, fompromittirt Wassilij ertrug dieses Leben mit dem größten GleichDie Laufbahn eines Nihilisten. werden, wäre höchft thōricht geweſen. Sie mußten sich hier- muth. Er beschäftigte sich mit seinen Pferden, puhte das zu von, wie von allem andern fernhalten. Auch das sorgfältigste Geschirr und blickte, die Pfeife im Munde, mit unerschütter Studium des Terrains ihrer zukünftigen Thätigkeit und der licher träumerischer Ruhe stundenlang zum Fenster hinaus, umgebenden Straßen erforderte nur wenige Tage. Nach als ob er nie etwas anderes gethan hätte. Andrej fügte dem dies geschehen war, blieb ihnen nichts übrig als zu sich, so gut er konnte ein Kämpfer muß auch zu warten verstehen. Geduld bei der Vorbereitung ist ebenso wichtig In seiner Eigenschaft als Geschäftsmann konnte Andrej für den Erfolg eines Unternehmens als Tapferkeit und In Erwartung der Dinge. nicht immer zu Hause bleiben; dies hätte Verdacht erregt. Entschlossenheit bei der Ausführung desselben. Auf Andrej Andrej und Wassilij hatten in den nächsten Tagen alle Ueberdies mußte er die Beziehungen mit Sina, welche für jede wirkte dieses eintönige Leben geradezu tödtlich, besonders in der Vorbereitungen getroffen und sich hinlänglich in dem Wirths. Auskunft der Mittelpunkt war, aufrecht erhalten. Jeden ersten Zeit, wo die Gewohnheiten seines thätigen Lebens in haufe eingerichtet. Sie lebten dort einen ganzen Monat, Morgen verließ er das Wirthshaus und ging nach dem Stadt- St. Petersburg noch zu frisch in seinem Gedächtnisse hafteten. ohne daß die Fluchtangelegenheit in etwas weiter garten oder sonst nach irgend einem Orte, der am vorhergehenden Mit der Beit paßte er sich aber immer mehr und mehr den geschritten wäre. Einige Tage nach Andrej's Ankunft in Tage bestimmt worden war und wo er- wenn etwas Besonderes neuen Lebensbedingungen an, und die früher unerträgliche Dubrawnik trat ein sehr widerwärtiges Hinderniß vorgefallen war präzise elf Uhr mit Sina, häufiger aber Langeweile machte sich nicht mehr so fühlbar. Doch ers ihrem Unternehmen in den Weg. Die gemeinen Verbrecher noch mit Annie Wulitsch zusammentraf. Diese schien großen wartete er den Tag der entscheidenden Handlung mit aus Berkut's und Kunigin's Belle wurden durch die Gesell- Gefallen an seiner Gesellschaft zu finden, und Sina gewährte brennender Ungeduld, als einen Tag der Befreiung schaft eines gewissen Sudat, eines Falschmünzers, den sie ihr gern diese kleine Berstreuung. Den Rest des Tages für sich selbst nicht minder als für seine gefangenen nicht ohne Grund im Verdacht hatten, daß er als Spion verbrachte er auf seinem Zimmer. Wassilij leistete ihm, Freunde. im Dienste der Gefängnißverwaltung stehe, überrascht. Bei einer wenn er seinen Pflichten als Kutscher nachgekommen war, Die Sonne war bereits untergegangen. Die beiden Besprechung der bisherigen Zelleninhaber wurde beschlossen, Gesellschaft. Freunde waren wie gewöhnlich zu Hause. Andrej hatte das Graben des unterirdischen Ganges aufzuschieben, bis sie Man kann nicht sagen, daß ihnen die Zeit angenehm sich träge auf ein Sopha ausgestreckt, ein geöffnetes Buch, diesen unwillkommenen Gefährten los feien. Drei Wochen verging. Troz ihrer äußeren Ruhe waren sie durch die das er nicht las, lag neben ihm. lang bemühten sie sich nach Kräften, dem Ankömmling das Erwartung des Kommenden zu erregt, um an dem Studium Wassilij saß, seine Pfeife rauchend, am Fenster, δα Leben unerträglich zu machen. oder der Lektüre irgend welcher Art Vergnügen zu finden. Klopfte jemand.
Sie brachten es so weit, daß der Mann die Gefängniß- Selbst Romane konnten kaum ihre Aufmerksamkeit fesseln. Wassilij sprang auf und lief in das andere Zimmer, verwaltung anflehte, ihn in eine andere Belle zu versetzen. Gelegentlich sprachen sie über die verschiedenen Seiten und in dem er schlief und angeblich auch wohnen sollte. Es Seitdem war die Aushöhlung wieder fortgesetzt worden. Aussichten der Revolution, über gemeinschaftliche Bekannte, wäre für ihn, den Kutscher, unschicklich gewesen, in Gegen Dieser Aufschub war außerordentlich unangenehm, nervens über die laufende Literatur, über Gambetta und Bismarck wart seines Herrn zu fizen.