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preisen herzustellen, müßte der StahlwerlSvervand seine Halbzeug- preispolitil revidieren. Je eher die Anpassung der Materialpreise an die Erlöse für weiterverarbeitete Erzeugnisse vollzogen werde, desto rascher müsse eine Gesundung eintreten. Unleugbar spielten aber auch die politischen Beklemmungen hervorgerufen durch das persönliche Regiment eine große Rolle. Die Folgen der mißlichen inneren und äußeren Verhältnisse machten sich am Eisenmarkt insofern unliebsam bemerkbar, indem. auS Furcht vor möglichen internationalen Verwickelungen, eine Reihe Unternehmungen großen Stils unausgeführt bleiben. Einen weiteren Beitrag dafür, wie durch das persönliche Regiment die wirtschaftliche Entwickelung ge- hemmt wird, liefert dieLothr. Bürgerzeitung". Das Blatt schreibt: Seit einem Jahrzehnt kämpfen Industrie, Handelskammer, Stadt- Verwaltungen, Kleinbahnkomitees für die Konzession von Klein- bahnen Nombach-Metz, Gr.-Moyeuvre-Hagendingen. Diedenhofen  - Fentschtal. Doch alle Anstrengungen einzelner Gesellschaften und Kommunen blieben ohne Erfolg. Schon zu Lebzeiten des seligen Bezirkspräsidenten von Hammerstein in Metz   wurde den Petenten bedeutet:Nur diejenige Gesellschaft bekommt die Konzession zu einer elektrischen- Kleinbahn in Lothringen  , ivelche sich verpflichtet, eine elektrische Bahn von Noveant nach Garze zu bauen." Seine Majestät hatte in einer guten Laune einer Deputation dieser Gemeinden die Bahn versprochen und kein Bezirks- Präsident, kein Minister hatte den Mut, dem- Kaiser das Unrentable und Unmögliche dieser unglückseligen Strecke vor Augen zu führen. Die Gesellschaft Union wollte seinerzeit in den sauren Apfel beißen und ließ versuchsweise, um eine Rentabilitätsberechnung aufstellen zu können, einen AuiomobilomnibuS zwischen Noveant und Garze laufen. DaS Fazit war gleich Null I Die Gesellslbaft verzichtete unter diesen Umständen aus die ihr angebotene Konzession Diedenhosen-Fentschtal. Und so stehen wir denn heute noch ohne die für unsere Stadt so notwendige Verbindung mit dem Industriegebiet da. Die Stadt Diedenhofen   machte den Versuch, die Konzession für die Fentschtal- bahn selbst zu erwerben. Doch auch ihrem Bürgermeister wurde an maßgebender Stelle abgewunken." Wir haben also durch unsere poNtischen Zustände zunächst die Gefahr kriegerischer Verwickellingen in Permanenz; das ständige Säbelrasseln, die Politik der Interviews, wobei der Moloch Mili- tgrismus gedeiht, zwingt uns ferner zu immer größeren materiellen Opfern, stürzt uns in Milliardenschulden, außerdem verschlechtert die stetige, unbeirrte Politik der UnVerantwortlichkeiten die Ver- Hältnisse am Srbeitsmarkt. Das müßte endlich genügen, das Bürger- tum zum Kampfe für konstitutionelle Garantien des Ausschlusses der persönlichen Politik und der ministeriellen Unverantwortlichkeit auf den Plan zu rufen. Aber so sehr ist es den Gelüsten und Be- strebungen des reaktionären Blocks verfallen, daß es seine eigenen materiellen Interessen vernachlässigt, um dem Volke das Recht der politischen Selbstverwaltung vorzuenthalten. Aktiengesellsch ästen in Deutschland  . Räch der amtlichen Statistik, veröffentlicht im 4. VierteljahreShest zur Statistik des Deutschen Reiches, erfolgten im dritten Quartal dieses Jahres 87 Neugründungen mit einem Nominalkapital von 28 747 000 M. In der Parallelzeit 1907 wurden 65 Neugründungen mit 54 989 000 M., eingetragen. Die reinen Kapitalgründungen, 16 an. der Zahl, verzeichnen ein Kapital von 88 900 000 M.; außerdem sind noch bei sechs weiteren Gründungen 2 260 577 M. Kapitaleiubringung vorgesehen; im übrigen setzt sich die GründungS- summe auS Zumessungen für Sacheiiilagen zusarymen. In Liquidation traten 14 Gesellschaften<1907: 11) mit einem Kapital von 1t 750000<1907: 33 310000 M). In Konkurs gerieten 5(1907: 5) Aktiengesellschaften, deren Nominalkapital bei Eintritt des Konkurses 4 450 000 M,(1907: 1 334 000) betrug.;, ' jKapitalerhohungen� würden, von 63 Gesellschaften beschlossen. Von 65 Unternehmungen' gelangten Kapitalerhöhuogen. im Betrage von 88 883 000 M. zur Anmeldung. Die Kapitalerhöhungen des verflossenen Vierteljahres erreichten insgesamt nominell 113 216 000 M. Ei» Kakao-Ring. Wie dieKöln  . VolkSztg." berichtet, be- absichtigen die am Kakaogeschäft Beteiligten in Portugal   und im Norden Südamerikas   einen Ring zu bilden. Auf künstliche Weise will man den Preis wieder auf die außerordentliche Höhe bringen. die er im Vorjahre erklettert hatte, indem man die Pflanzer in allen Kakao anbauenden Gegenden zu einer Vereinigung zusammen- bringt. Pleite. Wie derConsektionair" berichtet, ist die Glasfabrik Brauer. Rohland u. Co., G. m. b. H. in Oker   a. Harz  , in ZahlungS  - schwierigkeiten geraten. Die Fabrik ist dem Verbände der Flaschen- sabrilanten angeschlossen. Die Passiven sollen über eine viertel Million betragen._ Em   der frauenbewegung* Das Proletariat im Kampf«m seine Rechte. Aeber dieses Thema sprach Genossin Luise Zietz   in einer gut besuchten Frauenversammlung in Rixdorf. Dem Vortrage lag folgender Gedankengang zugrunde: Die Gelegenheit, die ver- faffungsmäßigen Bürgerrechte zu stärken, war� gerade jetzt günstig, zumal wir nicht allein dastanden m der Empörung gegen die un- heilvolle politische Mißwirtschaft, die deutlich bewiesen habe, wie tief wir im Absolutismus   stecken, der nur von einem Firnis der Ver- fassung notdürftig verdeckt wird. Daß es schlimm in dieser Hin- ficht bestellt ist, beweist schon allein die Tatsache, daß selbst der schlafmützige deutsche Spießer wild wurde ob der bekannten Erscheinun- gen. In der bürgerlichen Presse fanden sich Majestätsbeleidigungen in einem Umfange, wie man es nicht für möglich gehalten hätte; die Staatsanwaltschaft war geradezu lahingelegt. Auch die Regierung war von der Wcltblamage, die sie sich zugezogen hatte, durchdrungen. Und doch wagt man es jetzt in der Finanzklemme, von demselben Volke mit der vorgelegten Finanzreform 500 Millionen Mark zu verlangen. Die ungeheueren Ausgaben für Militär und Marine haben uns in den Staatsbankerott getrieben. Niemand anders als die Sozialdemokratie stemmt sich gegen die wahnsinigen Rüstungen, und auch im eigentlichen Kampfe um die Staatsbürger- rechte steht sie allem da. Warum hat der Reichstag   in dieser Situation versagt, warum haben wir nur eine Scheinkonstitution? Rednerin gibt in großen Zügen ein historisches Bild von der politi- schen Entwickelung seit 1843. Von da ab ist das deutsche Bürger» tum in seiner feigen Angst vor dem aufstrebenden Proletariat immer rückwärts gegangen, bis es dein: Block landete. Dadurch werden die Errungenschaften der Revolution wieder illusorisch. Heute gelte der Grundsatz: Lieber mit Kröcher, als mit Barth; lieber Hausknecht der Reaktion sein, als die Rechte der Arbeiterschaft anerkennen. Lieber gibt man die verfassungsrechtlichen Bürgerrechte preis. Rednerin bespricht das Vereins- und Versammluirgs- und dasKoalitionsrecht und unterzieht diese einer schneidenden Kritik. Hätten wir Frauen über das neue Vercinsgesetz abzustimmen gchabt, wir hätten nicht ein Quentchen Recht gegen einen Sack voll Reaktion ausgetauscht!(Leb- hafte Zustimmung.) Warum erhebt sich nun in allen deutschen  Staaten ein Sturm un, dag LandtagSlvahlrecht, wie man es vor 10 Jahren gar nicht gekannt hat? Weil die Männer und Frauen des arbeitenden Volkes erkannt haben, daß sie die Schöpfer aller Produkte sind. Wail sie gesehen haben, daß sie der wichtigste Faktor, der Träger des gesamten Wirtschaftslebens sind. Und wenn der geschniegelte und gebügelte Bernhard geprahlt habe, wenn wir uns wieder auf die Straße wagten, erhielten wir blane Bohnen, so wollen wir nicht darüber reden, was geschähe, wenn dies einträfe. Tie Herrschenden.und Besitzenden sollten sich hüten, die.Henne zu schlachten, die die goldenen Eier lest! �Stürmischer Beifall.) Die ganze Entwickelung treibt zum Sozialismus. Aber die ar- beitendcn Massen müssen zu der Erkenntnis und zu dem Willen gelangen, der Träger dieser geschichtlichen revolutionären Ent- Wickelung zu sein. Mit Hilfe der politischen Macht müssen wir in den Besitz der Produktionsmittel gelangen, um vom Kapitalismus  .,um Sozialismus zu koinmen. Um so brennender empfinden die Frauen die Schmach, rechtlos zu sein. Gerade als Unterdrückte brauchen sie das Wahlrecht und die vollen Staatsbürgerrechte. Beim LandtagSlvahlrecht werden die Stimmen nicht gezählt, sondern gewogen, gilt nicht die Person, sondern der Geldsack! Wenn man sagt, die Frauen seien zum Wählen zu dumm, so wolle sie, Rednerin. nicht untersuchen, wieviel mehr kluge Frauen als dumme Mämrer, und weil man von den Arbeitern dasselbe sage, wieviel mehr kluge Arbeiter als dumme Kapitalisten es gebe.(Große Heiterkeit.) Gebt uns das Wahlrecht und wir zeigen, was wir können! Wir bekommen eS ja morgen noch nicht, eher wird sich Bülow noch eine dickere Pechschicht an die Hosen kleben. Erhalten wir eS aber einst, dann wird man die Stimmen der dummen Frauen gerne nehmen, wie dies bei den Arbeitern jetzt geschieht; dann haben die Frauen Kurswert. Leider wird es auch dann noch Arbeiterfrauen geben, auf die das Wort von den Kälbern, die ihren eigenen Schlächter wählen, zutreffen wird, Iva? uns aber nich tabhalten kann, doch für das Frauenwahlrecht einzutreten. Hätten wir es jetzt schon, so wüvde für Arbeiterschutz mehr getan, dann könnten soldhc Unglücke, wie in Radbod usw., kaum eintreffen. Als Mutter, als Hausfrau und Bürgerin haben wir Anspruch auf das Wahl- und Stimmrecht! Rcdnerin bespricht noch die Heimarbeit und die Schmutzkonkurrcnz der Bcamtenfrauen, und geht dann im einzelnen die politischen Parteien Deutschlands   durch. Der schwindsüchtige Liberalismus fühle sich glücklich geborgen im Block, und die wackeren liberalen Männer freuen sich ihrer Orden und sind stolz, einmal bei Bülow essen zu dürfen. Vielleicht ist Bülow vorher durch seinen Garten gegangen und hat sich schmutzige Stiefel geholt und fordert seine liberalen Gäste auf: Hier, leckt abl Und sie sinken in die Knie und sind beseligt, eS tun zu dürfen!(Stürmische Zustimmung und Heiterkeit:) Die Redncrin läßt ihren Vortrag in die Aufforderung ausklingen, einzutreten in die Organisation sowie die Parteipresie, besonders dieGleichheit", zu lesen, einig zu sein im Kampfe um das große, schöne Ziel des Sozialismus.(Großer Beifall.) Nach einem Schlußwort der Vorsitzenden, Genossin I c tz e. war die Ver. sammlung zu Ende._ Druckfchlerberichtigung. In Nr. 281 desVorwärts" muß es in der PlaudeieiEin eigenartiges Plädoyer für das Frauenwahl- recht" Zeile 10 von oben nicht heißen: ihr' H e r z faß ganz schief. sondern: ihr H u t.... Zeile 5 von unten muß eS statt: v o r dem Winkel heißen: v o n dem Winkel. Versammlungen Veranstaltungen. Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse. Jugendabteilung. Sonntag, den 6. Dezember, ün GewerkschaftshauL: Vortrag und geselliges Beisammensein. Britz  -Buckow  . Sonntag, den 6. Dezember, bei K. Klein, Buckow, Chausseestr. 12: Fraueuversammlung des WahlvcreinS. Vortrag der Genossin M. Thiel:Warum organisieren sich die Frauen?" _ Der Vorstand. Gencbta-Zcltumj. Eine Rücksichtslosigkeit des Gerichts gegen die Parteien. In dem Gerichtsbericht, den wir gestern unter obigem Titel brachten, ist durch ein Versehen des Seycrs die entscheidende Stelle ver- stümmelt worden. Wir geben sie deshalb noch einmal wieder: ..... Der Verteidiger erhielt nun das Wort zu seinem Plai- doyer, und sofort, nackidem er geendet, wurde das Urteil ohne noch- malige Beratung verkündet. Hierüber beschwerte sich der An- geklagte in seiner Revision. Der Reichsanwalt bemerkte dazu: Schon öfter sind solche Fälle wie der vorliegende gerügt worden, aber noch niemals konnte ein Beweis für ein solches Verfahren erbracht werden. Hier ist eS durch die beteiligten Richter bestätigt worden. Das eingeschlagene Verfahren stellt eine Rücksichtslosig. I-it dar gegenüber den Prozetzbeteiligten, gegen welche der oberste Gerichtshof ganz energisch auftreten muß. Das Reichsgericht hob am Dienstag das Urteil auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Versammlungen. Heraus aus der Landeskirche! Dieses Thema behandelte Genosse Adolf Hoffmann   am Montag in dem vollbesetzten Saale desMoabiter GesellschaftShaufeS". Mit launigem Humor streifte der Redner eingangs seines Vortrages die bekannten Ereignisse im Abgeordnetenhause und die Geschäfts- fübrung des Präsidenten Kröcher und ging dann gründlich und mit beißendem SarkaSmus auf die Stellung der Kirche zum Staate ein, indem er besonder? die Forderung von 12'/? Millionen Mark für die Gehaltsaufbesserung der Geistlichen, die gerade jetzt, in der Zeit der tiefsten wirtschaftlichen Depression, ein bitteres Gefühl aus- lösen muß. Charakteristisch sei es. daß neben den Pfarrern auch die Gendarmen erheblich mit Zulagen bedacht werden sollen. Diese beiden Kategorien wären eben nötig zur Stützung der heutigen Gesellschaft, sonst stürze der ganze Schwindelbau zusammen.(Stürmische Heiterkeit.) Ehe eS nicht gelinge, in Preußen die Junkerherrschaft zu stürzen, werden wir nicht, wie in Frankreich   zur Trennung von Staat und Kirche gelangen. Selbst der Liberalismus habe diese alte Forderung schon längst aufgegeben. in schlotternder Angst vor der Sozialdemokratie. Die Massen aber haben eS in der Hand, dem Staate das Interesse an der AuS- Haltung der Kirche zu nehmen, indem sie mit Kind und Kegel auS der Landeskirche scheiden. In vielen Kulturländern werde heute schon in den Schulen Moral- und Sittenunterricht statt dogmatischer Religionslehre gelehrt. In die theologische Streitfrage, ob Jesus   gelebt habe, könne er. Redner, sich nicht einmischen, ober sein Verstand und Gefühl sage eS ihm, daß nicht ein Jesu?, sondern daß eS Hunderle und Tausende waren, die ihr Leben und ihre Freiheit für ihre Uebcrzeugung hingegeben haben. Würde aber Jesus   heute wieder erscheinen und etwa auf dem Kreuzberg   am Viktoriapark   eine Bergpredigt halten wollen, so würde eS ihm wohl schlecht ergehen, sicher würde er mit Schutzmanns- fausten in Berührung kommen!(Große Heiterkeit.) Redner schließt seinen zweistündigen, mit treffender Satire durchsetzten Vortrag mit einem wuchtigen Appell an die Aniveienden, au-s der Landes­kirche auszuscheiden. An gesunde und sittliche Zustände sei erst zu denken, wenn unser Volk befreit ist von dem Modergeruch der Reaktion! Tosender Beifall lohnte den Redner für seine Ausführungen. In der Diskussion forderte eine Genossin die Anwescuden zur regen Propaganda für die demnächst stattfindenden Protestversammlungen gegen die geplante Gesellschaftssteucr auf. Eine andere Genossin warnte besonders die Frauen, Beiträge auf die von Hans- Wirten und Geistlichen an die Mieter versandten Bettellisten zu zeichnen, sondern lieber daS Geld für die eigenen Kinder zu verwenden. Auch wurde noch zur Sprache gebracht, daß die Kinder einer Arbeiterfamilie, die dem Turnverein Fichte" angehören, in der Schule aufgefordert lvurden, aus diesem Verein auszutreten, am nächsten Tage sollten sie in der Schule mitteilen, ob sie der Anfforderung Folge geleistet hätten. Noch wurde ihnen anbefohlen, daß sie bei anderen Schulkameraden umherhorchen sollten, ob noch mehr dem gefürchteten Verein angehören. Die Mutter der betreffenden Kinder hat diesen das vcrständigerweise untersagt. So werden Kinder zu Denunzianten erzogen, zur höheren Ehre von Sitte und Moral!_ Ter Reichstag   nnd die Bureauangestellten. Dieses Thema beschäftigte am Mittwoch eine öffentliche Ver» sammlung der Bureauangestellten, die den großen Sagl der Armin». hallen füllte. Das Referat hatte der ReichStagsabgeordnete Rechts- anwalt H e in e übernommen. Außer ihm waren von der sozial- demokratischen Fraktion noch die Abgeordneten Hildebrano, Bühle   und N o s k e erschienen. Der Redner, der, als er vor nunmehr 10 Jahren seine Jungfernrede im Reichstag hielt, schon gesetzliche Regulierung für die Bureauangestellten verlangte, führte aus, wie diese Frage seirdem wiederholt den Reichstag beschäftigte. Nach der Reichs tagsauflösung von 1906 haben dann die bürgcr- lichcn Parteien in alle Welt hinausposaunt, daß nun bor allem für denneuen Mittelstand" und damit auch für die Privatbeamtcn gesorgt werden sollte. In dem neuen Reichstag war es damals merkwürdigerweise der Freiherr von Heyl, der vor allem sein warnicS Herz für die Bureanbcamtcn offenbarte, er, der in seinen eigenen Betrieben die sozialpolitischen Maßnahmen aufs ärgste vernachlässigte. Es wurde dann auch mit Recht von sozialdemb- kratischer Seite darauf aufmerksam gemacht, daß gerade in den Betrieben dieseszweiten Grotzhcrzogs von Hessen  " die berüchtigte Konkurrenzklausel die allerschlimmste Rolle spielte. Vor einigen Tagen hat sich der Reichstag   bekanntlich mit einer Anzahl Peti» tioncn beschäftigt, darunter auch solchen von verschiedenen Organi- sationen der Bureauangestellten und Privatbeamten, und daS Er. gebnis war, daß die Wünsche nach Regelung der Rechtsverhältnisse und nach Erhebungen durch den Beirat für Arbeiterstatistik den: Reichskanzler zur Berücksichtigung, der Wunsch nach Bildung von Gehilfenausschüssen zur Erwägung überwiesen wurden, während man das Verlangen nach gesetzlichen Bestimmungen über Lohn- regelung, als eine Sache, auf die der Reichstag nicht einwirken kann, ablehnte. In der Debatte hatten Redner der verschiedenen Parteien sehr eifrig für die Interessen der Bureauangestellten ge» sprochcn. Es gilt nun, meint der Redner, diese Stimmung auSzu- nutzen Daß und wie dringend notwenoig eine gesetzliche Regelung ist, wissen Sie selbst am besten, da eS ja der Eeiverkschaft bisher nicht möglich gelvescn ist. die Verhältnisse zu regeln. Ter RKlNer schilderte dann, wie die Organisation der Bureauangcstethen auch in Berlin   vom Jahre 1897 an wiederholt versuchte, eine Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse zu erzielen. In jenem Jahre waren in der Versammlung des Anwaltsvereins, die sich mit der Frage befaßte, von dessen 500 Mitgliedern nur- v0 erschienen, und von diesen stimmten 24 gegen die Regelung. Bei der neuen Be» ivcgung, 1903/04, lehnte man eS, als der Würde des Anwalts- standcs"icht entsprechend, ab. mit der Kommission der Angestellten zu verhandeln, setzte att:r eine eigene Kommission ein, die dann Beschlüsse faßte, welche sich mit den Forderungen der Angestellten deckten, aber schließlich von der Anwaltsversammlung verworfen wurden. ES ist also hier in Berlin   nickst einmal gelungen,.auf diesem Wege eine Regelung zu schaffen. Für ein gesetzliche? Ein» greisen zugunsten der Bureauangestellten ist nun bei Beratung der Novelle zur Gciverbeordnung Gelegenheit geboten, vor allem bei dem§ 133a, der jetzt in der ReichstagSkommission zur VerHand- luiig kommt. Tie sozialdemokratischen Kommissionsmitgliedw stellen dazu einen Antrag, daß jener Paragraph auch auf die im Krankenkassengesetz§ 1 unter 2a genannten Personen ausgedehnt werde, wodurch für die Bureauangestellten usw. die auch im Handels- gesetzbuch vorgesehene Kündigungsfrist maßgebend wird. Dement  - sprechend soll dann auch der Titel 7 der Gewerbeordnung geändert und ergänzt werden.(Hierzu möchten wir bemerken, daß die Ab- geordneten Schmidt(Berlin  ), Molkenbuhr und Stadthagen   in der Gewerbeordnungskommission bereits im März dieses Jahres die Unterstellung der Bureauangestellten unter die Schutzvorschriften der Gewerbeordnung beantragt haben. D. R.  ) Der Redner, dem der Antrag in seinen: Wortlaut noch nicht vorlag, machte darauf aufmerksam, daß, wenn die Bnreauangcstell- ten VerbcsserungSvorschläge zu machen haben, diese geru von den sozialdemokratischen Abgeordneten«ntgcgengenom- men werden. Er tmes weiter darauf hin, daß die Regie- rung sich bisher den.Forderungew der Bureauangest.'llten gegen» über ausfallend ablehnend verhalten hat. Sie befürchtet offenbar, daß Verbesserungen oieser Art auf die Staatsbetriebe übergreifen könnten, und hat vor nichts solche Angst, wie davor daß die moderne Arbeiterbewegung in dieser Richtung ansteckend wirkt. Mau muß darauf gefaßt sein, daß die Regierung jenen Anträgen, wenn sie in Kommission und Reichstag angenommen werden, Schwierigkeiten bereitet, und sagt, eS passe nicht in die vorliegende Materie hinein, und sie werde in nächster Zeit ein besonderes Gesetz vorigen. Darauf mußte man dann allerdings, wie die Erfahrung in solchen Dingen gelehrt hat, unendlich lange warten. Im übrigen ist es weit besser, wenn die Regelung durch die Gewerbeordnung erfolgt, weil daraus folgen würde, daß auch andere Arbeiterschutzbestim» mungen auf die Bureauangestellten anzuwenden sind. Eine weitere Frage, die den Reichstag   Demnächst beschäftigen wird, ist die der Versicherung der Privatoeamten. Hierbei bezeichnete der Redner es als den einzig gangbaren Weg, daß in der Jnvalidität-versiche- rung eine höhere Klasse, die Einkommen bis zu 4000 M. umfassend, geschaffen werde. Der Redner erwähnte ferner die Reform der Zivilprozeßordnung usw. und machte darauf aufmerksam, daß die vorgeschlagene Herabsetzung der Entschädigung der Rechtsanwälte für Schrcibunkosten insofern für die Angestellten eine große Ge- fahr in sich schließt, als die Anwälte infolgedessen an den AuS» gaben sparen und um so weniger geneigt sein werden, die Lohn. und Arbeitsverhältnisse zu verbessern. In diesem Zusammenhang kritisierte der Redner auch die Aeußerung des freisinnigen Ab» geordneten und Rechtsanwalts Ablaß   von der eigenen Initiative der Anwälte zur Sicherung der Lage ihrer Angestellten, und wies darauf hin, wie ablehnend sich tatsächlich die Anwaliskammern wie die Masse der Anwälte allen Bestrebungen zur Verbesserung der Lage ihrer Angestellten gegenüber verhalten. Zum Schluß seines inhaltrcichen Vortrages erklärte der Redner, daß, so dringend not- wendig die gesetzliche Regelung auch ist, damit doch eine gründliche Besserung der Verhältnisse nicht erzielt werden kann, und daß in dieser Hinsicht die Hauptsache einer starken im Sinne der modernen Arbeiterbewegung tätigen Organisation überlassen bleibt. Nach dem Vortrag, der lebhaften Beifall fand, wuroen zunächst Gegner und vielleicht anwesende gegnerische Abgeordnete aufgefor- dert, ihre Meinung zu sagen; meldete sich aber keiner. Nachdem noch einige Vertreter des Verbandes der Bureauangestellten im Sinne des Referats gesprochen und zu eifriger Tätigkeit für die Organisation aufgefordert hatten, wurde einstimmig folgende Rcso» lution cmgenouunen: Tie von 500 Personen besuchte öffentliche Versammlung der Bureauangestellten Berlins   richtet an den Deutschen Reichstag das Ersuchen, in der gegenwärtig in Kommissionsberatung be. findlichen Novelle zur Gewerbeordnung die Benttsverhältuisse aller Kategorien der Bureauangestellten durch Gleichstellung mit den Handlungsgehilfen zu regeln. Die Versammelten halten diese Regelung nicht nur für dringend notwenoig, sondern auch für durchaus spruchreif. Sie wünschen in erster Linie eine Regelung des LchrlingSwesens, der Arbeitszeit, der Äündigungsbestimmungen, Entlassung?- gründe, der Gehaltszahlung bei unverschuldeter Behinderung zur Arbeit, des sanitären Schutzes der Arbeitskraft und ferner die Unterstellung unter die Gewerbe- oder KaufmannSgerichte sowie die Einbeziehung in die Gcwcrbeinspektion und die Arbeits- kämme rn. Tic Versammelten, erklären die von dem ReichStagsabgeord» neten Dr. Ablaß im Reichstage anläßlich der Debatte über die Reform des AmtSgerichtsprozesseS aufgestellte Behauptung, daß die Anwälte aus eigener Initiative sich entschlossen haben, für eine wesentliche größere und bessere Sicherstellung der Existenz» bcdingungen der Gehilfen des AntvaltSstaudes einzutreten, als mit den Tatsachen in schärfstem Widerspruch stehend. Die Ver, sammelten müssen vielmehr angesichts dieler Aeußerungen um so lauter die Forderung nach gesetzlichem Schutz erheben und das Verlangen aussprechen, die Reform des AmtSgerichtsprozesseS so zu gestalten, daß eine wirtschaftliche Schädigung der Angestellten! nicht eintritt, oder aber den Angestellten Ersatz für die ihnen er- wachsenden wirtschaftlichen Nachteile gewährt wird. Das Bureau der Versammlung wird beauftragt, diese Ent­schließung zur Kenntnis der gesetzgebenden Körperschaften zu dringen,