die Lust, auf politische Art blau zu machen, vonweitem ansehen konnte, mit milder B e st i m n, t h e i tnötigte, aus einem anderen Wege wieder die S t a m m d e st i l l ezu erreichen."Sehr schön gesagt und tief empfunden. Dem BildungZstand derKapazitäten der Landbündler völlig angepastt l Heißt es doch schonin einem bekannten Knittelvers:Es wühlt das Schwein gern in der Jauche;Denn Dreck, das ist sein Element.Kamarillen-Tcharmiitzel.Den industriellen Scharfmachern ist es offenbar nicht an-genehm, daß dem Fürsten Vülow von verschiedenen Seitenscharf zu Leibe gegangen wird. Seine versteckte Ankündigungeines neuen Ausnahmegesetzes scheint ihm in diesen Kreisenneue Freunde geschaffen zrl haben. Daraus erklärt es sichwohl, daß das Organ der Scharfmacher, die„Post", sich ganzenergisch für Bülow ins Zeug legt. Sie läßt sich von„wohl-informierter" Seite schreiben, daß es kaum noch einem Ziveifelunterliegen könne, daß es sich bei den Angriffen gegen denReichskanzler um ein wohlvorbcreitetcs, planmäßiges Vor-gehen handele. Hier sei kein Dilettant, sondern ein Meisterder Intrige am Werke, den Reichskanzler zu stürzen und anseine Stelle einen bestimmten, den Wünschen einer besonderenClique gefügigen Mann an die Spitze der Geschäfte zu bringen.Daß Hofkreise an diesem Treiben beteiligt seien, sei nichtanzunehmen.— Den Konservativen wird dann in unvcrhülltenWorten Vaterlandsverrat vorgeworfen. In dem Artikel findetsich nämlich folgender Satz:„Wenn sich deutsche Parlamentarier an dieser Hetze beteiligen,so machen sie damit lediglich die Geschäfte de» Auslandes. Dassollten sich die Herren v. Oldenburg. Graf Dohua-Finkenstein undv. TreuenfelS gesagt sein lassen."Dann folgt die Behauptung, daß die politische Lage über-aus ernst sei, ernster als man denke, und daß man gerade indiesem Moment die geschickte Hand des Fürsten Bülow nichtentbehren könne. Dem Reichskanzler jetzt in den Rücken zufallen, sei weder patriotisch noch konservativ.— Der Artikelschließt damit, daß man der Hetze gegen den Kaiser, die inWitzblättern zum Ausdruck gelange. scharf entgegentretenmüsse._Zur bayerischen �Steuerreform.Der Stenerauöschuß hat das Kapitalrentengeietz in namentlicherAbstimmung im wesentlichen nach der Regierungsvorlage einstimmigangenommen. Wie alle ErtragSstcuern ist auch die Kapitalrentensteuerals eine Ergänzungssteuer zur allgemeinen Einkommensleuer vor-gesehen, hat aber mehr einen vermögenssteuerlichen Charakter feS istz. B. der Schuldenabzug zugelassen), weshalb auch unsere Partei-genossen dem Gesetzentwürfe zustimmen konnten. Die Steuer beträgtbei steuerbaren Kapitalrentenvon 70 iR. bis 100 M.... 1 Proz.von mehr als 100„, 400„,.. 1'/«,..„ 400„„ 700.... IVa.„„„ 700„„ 1000..... l»/4„„ um 1000„....... 2 yder steuerbaren Kapitalrente.Ein Steuerpflichtiger, dessen steuerbare Kapitalrente nicht mehrals 1000 M. und dessen struerbarcs Einkommen nicht mehr als2000 M. beträgt, hat. wenn er von der Steuer nicht befreit ist, dieHälfte der Steuer zu entrichten.Ein Steuerpflichtiger, dessen steuerbare Kapitalrente nicht mehrals 2000 M. und dessen steuerbares Einkommen nicht mehr als8000 M. beträgt, hat drei Viertel der Steuer zu entrichten. DerMindestbetrag der Steuer ist SO Pf. Die Höchstbelastung desKapitals durch Kapitalrentensteucr und Einkommensteuer ist 6,61 Proz.Das istum 2,01 Proz. höher als in Elsaß-Lothringen,um 1,19.„,„ Preußen undum 0,26—0,68 Proz. höher als in Sachsen.Als einen Fortschritt des Gesetzes darf man die wesentlich«chärfere Heranziehung deS Kapitalvermögens beim Erbgang be-zeichnen.—_.Die Ersatzwahl in Verden«Hoya.In dem bisher von dem Abgeordneten Hejd vertretenen Wahlkreise Verden-Hoya scheint die Blockpolitik Schiffbruch zu leiden.Die Bündlcr haben ihr Mitglied Harries aus Uenzen auf-gestellt. Die Nationallibcralen lvandten sich darauf an die Bündlermit dem Ersuchen, gemeinsame Sache zu machen. Sie stellten dieBedingung, daß sich der Kandidat deS Bundes der Landwirte ver.pflichren solle, zunächst nur für die Tauer der Wahlperiode dernationalliberalen Fraktion als ordentliches Mitglied beizutreten;dem Bunde könne er weiter angehören! Man wollte ein gemein-samcs Wahlkomitee bilden und die Kosten gemeinsam tragen. DerVorsitzende des Wahlkomitecs sollte von diesem selbst gewähltwerden. Die Nationallibcralen gingen also in ihrer Sclbstver-leugnung so weit, daß sie auch noch die Wahlleitung dem Bundeder Landwirte überlassen wollten. Der Bund wies das Anerbietenhochmütig zurück.Jetzt wollen die Nationalliberalen eine eigene Kandidatur auf.stellen, und zwar den Präsidenten der Seehandlung in Berlin,H e i l i g e n st a d t. Am Sonntag soll dieser Akt vollzogen werden.Außer diesen beiden Blockbrüdcrn krebsen auch die Freisinnigenmit einer Kandidatur, sie sind aber noch nicht zum Schluß ge-kommen. Unsere Partei und auch die Welsen haben ihre Kandi-baten bereits aufgestellt. Bevor der„Held" der Nationallibcralenden Wahlkreis eroberte, war dieser lvelfisch vertreten, und bei dergegenwärtigen Lage ist es nicht ausgeschlossen, daß der Wahlkreisdem Block wieder verloren geht.Viel mehr als die einzelnen Blockparteien fft die Regierungan dem Ausfall der Wahl interessiert, denn um das Renommee derRegierung geht es. Deshalb ist auch der eigentliche Wahlleiterdie Regierung selbst. Auf besonderen Wunsch der Regierung habendie Nationalliberalen den Bittgang bei den Bündlern gemacht. Alsdiese ablehnten, hat silb der Kandidat des Bundes auf Wunsch derRegierung für die freikonservative Fraktion entschieden, um denNatioiialliberalen den Verzicht auf den eigenen Kandidaten, dernoch vor dem Wahltage erfolgen soll, nicht zu erschweren. Jetzt istman am Werke, um dem nationalliberalen Kandidaten Heiligen-stadt nahezulegen, von der Kandidatur Abstand zu nehmen.Andererseits finden Verhandlungen des Beauftragten der Regie-rung im Wahlkreise selbst mit den Wahlkomitees statt, um dochnoch eine gemeinsame Blocklandidatur zustande zu bringen. DenFreisinnigen ist nahegelegt, auf eine Kandidatur ganz zu ver-zichten, worauf sie auch bedingungslos eingegangen sind. Sichaben sich nur vorbehalten, für den Fall, daß die Blocklandidaturnicht zustand: kommen sollte, doch no» einen Beschluß über eineeigene Kandidatur fassen zu dürfen. Selbstverständlich sind dieseVerhandlungen vertraulich geführt, sie sind aber Tatsache undkönnen durch kein Dementi aus der Welt geschafft werden.Die Ersatzwahl in Verden ist also keine Wahl, die von denParteien zur Stärkung ihrer Partei betrieben wird, sondern eineWahl, bei der die Blockparteien Handlanger für die Regierungspielen. Der Block hat zu einer bejammernswerten Versumpfungder bürgerlichen Parteien geführt. Man versucht sogar die Block-einigkcit mit dem Hinweis auf die Rede Bülows im Abgeordnetenhause zu kräftigen und behauptet, daß der PassuS von Einigkcitdes Bürgertums an das nationalliberale Wahlkomitee in Verdengerichtet gewesen ist.Talles auch im Ncichslande.Bis vor ganz kurzer Zeit gehörte Elsaß-Lothringen zu denStaaten, deren Finanzen vom technischen Standpunkt aus zu Ein-Wendungen wenig Veranlassung gaben. Jetzt ist es anders geworden.Zusehends verschlechtert sich auch in Elsaß-Lothringen die Finanz-läge, und die soeben veröffentlichten Schlußzahlen des reichs-ländischen Etats offenbaren, daß auch hier der Dalles Trumpfist. Der Etat schließt in Einnahmen und Ausgaben mit 66 894137Mark ab. Davon entfallen auf den ordentlichen Etat an Ausgaben61 307 209 M. Der außerordentliche Etat verzeichnet an Aus-gaben 4 741 933 M., an Einnahmen 4 686 923 M. Um bilanzierenzu können, mußte die Regierung zu dem verzweifelten Aushilf-mittel greifen, zu den tarifmäßigen Sätzen der Verlehrssteuerneinen Zuschlag von einem Zehntel zu erheben.Die Regierung will diese verwerfliche finanzpolitische Maß-nähme nur vorübergehend anwenden; schon aber jubeln bürgerlicheBlätter, das sei ein Fingerzeig dafür, wie im Reichsland dieFinanzreform gemacht werden könne. Durch die Erhöhung derVerlehrssteuern will man um die Einführung der progressiven Ein-kommensteucr herumkommen.Eine Ersatzwahl im Neichstaßswahlkreis Stade-Bremervörde.Der nationalliberale ReichStagSabgeordnete Reese ist, wie wirbereits meldeten, Sonntag früh im Alter von 64 Jahren verstorben.Er hatte schon monatelang krank gelegen. Der Wahlkreis Stade ge-hörte früher zum sicheren Besitz der nationalliberaten Partei. Erwar lange Zeit von Bennigsen und später von Sattler bis zu dessenTode vertreten. Jetzt ist die Sozialdemokratie den Nationalliberalenstark ans den Leib gerückt, und auch der Bund der Landwirte machtgroße Anstrengung. Der Bündlerführer Hahn stammt aus demKreise.Bei der letzten Wahl erhielt Reese 9701. Genosse Rhein 6442,der Bündler 4891 und der Welse 1471. In der Stichwahl siegteReese mit 14 996 gegen 6661 sozialdemokratische Stimmen.Ein Minister-Anklagegesetzbesteht im Großherzogtum Sachsen bereits seit dem Jahre1860. Schon in der Verfassung dieses Landes, vom 6. Mai 1816,wurde dem Landtags das Recht gewährt,«bei dem Fürsien Be-schwerde und Klage zu erheben gegen die Minister und gegen andereStaatsbehörden über derselben Willkür und über deren Ein-griffe in die Freiheit, die Ehre und das Eigentumder Staatsbürger, sowie in die Verfassung des Landes."Obwohl von Willkür und Eingriffen in die Freiheit der Bürgerde« öfteren berichtet werden konnte, ist daS Gesetz doch nie zur An-Wendung gekommen. DaS halte seinen Grund. Da« Gesetz nimintsich zwar auf dem Papier wunderschön aus, aber praktisch ist eS ganzwertlos. Zunächst wird bestimmt, daß ein Antrag auf Klage-erhebung gegen einen oder mehrere Departementschefs(sowerden im weimarischen Regieningsdeutsch heute noch dieMinister benannt) nur eingebrockt werden kann, wenn er vonmindestens 16 Abgeordneten unterstützt ist. Der Landtag zählt jetztaber nur 33 Abgeordnete, bei Erlaß deS Gesetzes kamen 40 Abgeordnetein Betracht.— Sobald ein solcher Antrag beim Präsidenten desLandtag? eingeht, hat dieser, wenn der Landtag versammelt ist, dieWahl eines Ausschusses zu veranlassen, welcher aus deu drei Mit-gliedern des Landtagsvorstandes und nock vier Abgeordneten besteht.Ist der Landtag aber nicht versammelt, dann vertritt der Landtags«vorstand die Stelle dieses Ausschusses.Dieser Ausschuß hat die erforderlichen Aufklärungen über diein dem Anklageantrage enthaltenen Anklagepunkte zu beschaffen.Dann erst ist an den Landtag Bericht zu erstatten. Dieser be-schließt, ob die beantragte Klage erhoben werdensoll.— Ist der Landtag nicht versammelt oder auf längerwie dreißig Tage vertagt, dann hat der Präsident, sobaldder Ausschuß seine Arbeiten beendet hat, die sofortigeEinberufung deS Landtages bei der Regierung zu be-antragen. Sollte inzwischen die Auslösung des Landtages erfolgtsein, dann bleiben trotzdem die Mitglieder des Ausschusses bis zumZusamnientritt des nächsten Landtages in ihren Funktionen.— Hatder Lnndtag einen Beschluß auf Klageerhebung gefaßt, so hat derAusschuß einen oder mehrere, aber nicht über drei Aktoren zu be«stimmen, welchen die weitere Fortführung der Sache über-wagen wird.Die Aktoren haben beim Präsidenten des StaatsgerichtS-h ofes die Anzeige einzureichen. in der die Anklagepunkte kurzaber bestimmt zu bezeichnen sind. Der Staatsgericklshof bestehtauS dem Präsidenten deS Oberlandgerichts und zwölf Räten.Wenn der SlaatSgerichtShof die Anklage nicht sofort als un-begründet zurückweist, hat er eine aus drei Mitgliedern in-ländischer Justizkollegien, die nicht Mitglieder deS StaatsgerichtS-Hofes sind, bestehende Kommission zu bestellen, die die weitereUntersuchung zu führen bat. Nach Abschluß dieser Voruntersuchungtritt erst daS ordentliche Verfahren nach den Bestimmungen derStrafprozeßordnung gemäß Artikel 193 bis 199 in Kraft. Wird vomStaatSgerichtshofe gegen einen Angeschuldigten wirklick der Anklage-stand erkannt, so wird nach den Artikeln der Strafprozeßordimngweiter entschieden.Also ein so umständliches Verfahren, daß dabei sicherlich nieetwas herauskommt. Zu alledem kommt noch in Betracht, daß in-folge des Wahlgesetzes die Zusammensetzung des Landtages schondafür bürgt, daß dos Gesetz nur auf dem Papier steht und aiick beiden größten Willküralren und sonstigen Verfehlungen niemals inAnwendung kommen würde.— Jnimerhin ist eS ein Beweis dafür,wie solche Gesetze nicht beschaffen sein dürfen.—WnhlrechtSjesuiten.In M.- G l a d b a ch hat das Zentrum im Stadtverordneten-kollegium den Antrag auf Herabsetzung des Wahlzensuöeingebracht. In Köln hat dagegen das Zentrum gegen einenvom sozialdemokratischen Verein gestellten Antrag deS nämlichenInhalts gestimmt, und in Aachen brachten Zentrumsleutemit Hilfe der nationallibcralen Stadtverordneten den gleichen An-trag zu Fall.DeS Rätsels Lösung ist einfach: In Köln und Aachen hat dasZentrum im Rathause die Mehrheit; in M.- G l a d b a ch ist esin der Minderheit. In Köln und Aachen fürchtete dasZentrum von der Herabsetzung des Wahlzensus eine Verminderungseiner Macht; in M.-Gladbach erwartet es von der Annahme desAntrages eine Stärkung seiner Position gegenüber den Liberalen.Zur Handhabung des NeichSvereinsgcseyeS.Am 31. Mai v. I. fand in Jnsterburg eine öffentliche Land-tagSwählcrvcrsammluüg statt, zu der ausdrücklich die Landtags-Wähler eingeladen waren. Außer zirka 160 Wählern waren auch6 bis 7 Frauen mit ihren Männern mitgekommen. Deshalb glaubtedie Jnsterburger Polizei, die diese Versammlung, die nicht ange-meldet war« bewachen ließ, der Vorsitzende Hab« gegen§ b desReichs-Vereinsgesetzes verstoßen, als er die Versammlung nicht an-meldete. Er erhielt einen Strafbefehl über 16 Mk. Der dagegeneingelegte Einspruch wurde vom Schöffengericht verworfen mit derBegründung, daß die Versammlung durch die Anwesenheit der6 Frauen ihren Charakter als Wählerversauunlung verloren hatteund daher anmeldepflichtig war.Entgegengesetzter Ansicht war jedoch die Strafkammer zuJnsterburg als Berufungsinstanz. In ihrer Sitzung vom 20. Ja-uunr d. I. hob sie das SchöffengerichtSurtcil vom 20. Novemberauf und sprach den Angeklagten frei. In der Begründung desUrteils führte der Vorsitzende auS, daß die Beteiligung einigernicht wahlbcrccktigtqr oder minderjähriger Personen an derWählerversammlung den Charakter einer anmeldepflichtigen Ver-sammlung nicht verleihen könne.Bei seiner Verteidigung hatte sich der Angeklagte, GenosseJung, auch auf ein Urteil der Breslauer Strafkammer vom 3. No-vember 1903 berufen. Diesem Urteil schloß sich das Gericht an.In der diesem Prozeß zugrunde liegenden Versammlung hatteder Referent, Genosse Lmde aus Königsberg, der PolizeivcrwaltungUnkenntnis des Vereinsgesetzes vorgeworfen. Dafür wurde er vonderselben Strafkammer zu 60 M, Geldstrafe verurteilt.Hochschullehrer und Sozialdemokratie.ES ist schon oft, auck von bürgerlicher Seite, gesagt worden,daß der Durchscknittsarbeit« mehr von politischen Dingen verstehe,als mancher Gelehrte. Eine abermalige Bestinigung diews Satzeslieferte dieser Tage Professor Dr. A s ch a f f e n b u r g ineinem Vortrage an der Kölner Handelshochschule. Erleistete sich bei der Besprechung de? Thema?.Alkohol und Ver«brechen" diesen Satz:„Für die wirtschaftliche Not gibt eS keinRezept, auch im Z u k n n f t S st a a t nicht; bei einer Vermögens-tcilung wäre in zehn Jahren alles beim alten."Der Psychiater Aichaffenburg genießt in Fachkreisen einen ge-wissen Ruf. In politische» Dingen ist er ein Kind, sonst hätteer nicht mit dem schon seit Jahrzehnten abgetanen Mätzchen vomTeilen kommen können. Der Mann hat also nie etwas davon ge-hört, daß die Sozialdemokratie die ProdukttonSmittelvergesellsckaftcn will. Er redet vom Katheder einer Hochschuleherab über eine Kulturerscheinmig, ohne sich jemals die Mühe ge-macht zu haben, mich nur durch einen Blick in eine sozialdemokratftcheZehnpfennig-Broschüre sich über die von ihm zitierte Partei zuunterrichten._Die Balkankrise.Eine nene Komplikationist eingetreten. Bulgarien hat plötzlich, angeblich zur Abwehrbedrohlicher türkischer Truppenbewegungen, einen Teil seiner Armeemobilisiert. Die 8. Grenzdivision ist am Sonntag durch tele-graphische Einberufung von 13 Reservcjahrgängcn auf volle Krieg?-stärke, am Montag ist die 2. Division mobilisiert und sind die Grenz-truppen verstärkt worden. Die Regierung will die Nachricht erhaltenhaben, daß im Grenzgebiet bei Adrianopel großeTruppenbewegungen statisinden und die Türkei dieBesetzung zweier strategisch wichtiger Grenz-punkte beabsichtige.In der Sobranje wurde am Montag eine Interpellation überdiese Maßnahmen verhandelt. Das- Mitglied der Regierung?-Partei Statanow sagte in der Begründung, die Nationwerde alle schnellen und entschiedenen Maßnahmen derRegierung zur Verteidigung der Unabhängigkeit und der nationalenInteressen mit Freuden begrüßen. Der Minister d e SA e u ß e r n Paprikow erklärte, baß die Einberuftmg derReserven nur eine Vorsichtsmaßregel sei und daßBulgarien nicht die Absicht habe, den Friedenzu stören. Dies sei am besten durch die Verhandlungbewiesen, die Minister Ljaptschew in Konstantinopel geführthat und an deren Schluß ein bulgarisches. Angebot formuliertworden fei. Ohne von dem Grundsatz abzuweichen, die zwischenuns und der Türkei schwebenden Fragen friedlich zuerledigen, haben wir die Mobilisierung angeordnet, welcheauch nicht die Bedeutung hat, die man ihr beilegt. DieKammer votierte zum Schluß der Regierung ein st im m ig ihrVertrauen.Die Mobilisierung erregt in der Bevölkerung Aufsehen, ebensoin diplomatischen Kreisen, wo man befürchtet, daß bei der gc»reizten Stimmung der Grenzbevölkerung leichtKonflikte entstehen könnten. AuS Ostrumelien liegenNachrichten vor, nach denen die dortige Bevölkerung die militätischen Maßnahmen freudig begrüßt.In den diplomatischen Kreisen Konstantinopels habendie Meldungen aus Sofia überrascht und Besorgnisseerregt. Von einer besonderen militärischen Vorbereitungtürkischerseits oder irgendwelchen türkischen Spezialpläncn aufstrategisch wichtige Punkte des bulgaischen Gebiets ist in den diplo-matischen Kreisen nichts bekannt. Allerdings herrscht seiteinigen Monaten im zweiten Korpsbereiche unter dem Kam-Mandanten Nazim Pascha reg« Tätigkeit, auch ist der Kam-Mandant des vierten Korps, Abdullah Pascha, vor zwei Tagen miteinem Auftrage nach Adrianopcl abgereist.Die österreichisch-türkischeu Verhandlunge»,.Wien, 24. Januar. Der„Politischen Korrespondenz" zufolge.hat sich bei Prüfung des Protokolles über die österreichisch»türkische Verständigung im Ministerium des Aeußernkein Anlaß zu wesentlichen Einwendungen er-geben. ES sei daher vorauszusehen, daß es möglich sein werde,Ende nächster Woche die Antwort deS Wiener Kabinetts nach Kon-stantinopel zu übermitteln.Oesterreich.Ungarn hat zwei Noten an die Pforte gerichtet,worin es Beschwerde über zwei Fälle von Beleidigung österreichi»scher Konsuln in Tripolis und Mersina erhebt. Die Vor.gange mit dein Boykott zusammen. Die Beleidiger sind nichtbestraft worden. Die Noten fordern, daß die Pforte sofort täte-gorischen Befehl für«ine exemplarisch« Bestrafung der Schuldigenund eine entsprechende Genugtuung gebe.OeNemicK.Neue«ationalistische Ausschreitungen in Prag.Prag, 24. Januar. AuS Anlaß deS Bummels der deutschenCouleurstudeuteu kam eS heute wieder auf dem Graben zuAusschreitungen. Gegen Mittag wurde der Grabendurch berittene Polizei geräumt. Es wurden zahl«reiche Verhaftungen vorgenommen. Da die Polizeinicht ausreichte, wurde Gendarmerie mit auf»gepflanztem Bajonett zur Verstärkung herangezogen. DieMenge leistete Widerstand und unternahm einen Sturm aufdaS Deutsche Haus, worauf die Gendarmerie im Lauf-schritt vorrückte. Es entstand eine große Verwirrung,wobei zahlreiche Personen verwundet wurden.frankreick.Ein Handelsabkommen mit Kanada.Paris, 24. Januar. Tie Minister Pichon, Caillaux, Cruppi,Riian sowie der hiesige englische Botschafter Bcrtie und der kana-dische Finanzministcr Fieldingi unterzeichneten ein Zusatz-abkommen zu der im Januar 1907 abgeschlossenen f r a n z ö»s i s ch- k a n a d i s ch e n H a n d e l s t o n v e n t i o n. Der Wort-laut wird erst veröffentlicht werden, nachdem die Vorlage dem Senatamtlich unterbreitet sein wirb. ES bestätigt sich, daß Kanada invicsem Zusatzabkommen Zugeständnisse betreffend dirViehaussuhr bewilligt,