lament zu vimgen, Zvs»uf üct Anmhms gefußt hätte, daß derdeutschen Regierung kein Glauben beizumessen sei.... Immerhinschloß auch der englische Premierminister mit den Worten:„Deutschland hat sich im Schiffsbau ungeheuer ent°wickelt und noch mehr auf dem Gebiet der Ausrüstungdieser Kolosse. Er wolle nicht unnötige Beunruhigungim Lande hervorrufen, aber vom nationalen Gesichtspunkt auödürfe man sich nicht länger mit dem Tröste begnügen, in derSchnelligkeit des Schiffsbaues einen Vorteil zu haben, daDeutschland 30 Monate, England 24 Monate zur Vollendungeines Schiffes brauche. Die Regierung sei darauf bedacht, fürdie sozialen Reformen Geld zu sparen, aberdie Summe, welche im Flotte»etat gefordertwerde, sei daö Geringste, was man vom Unter-Haus verlangen könn e."DaS ist also dos Ergebnis des FlottenrüstcnS sowohl in Deutsch-femb als in England, daß der Ausbau der sozialen Gesetz-gebung aus Sparsamkeitsrücksichten aufs äußerste einge-schränkt wird, damit die nötigen Mittel für die Fortsetzung dcöwahnsinnigen Flottenwettrüstens aufgebracht werdenkönnen? Wie in Deutschland infolge der ins Aschgraue steigendenVermehrung der Marineausgaben(sind doch Deutschlands Flotten-ausgaben binnen einen Jahrzehnt um das Fünffache gestiegen) aneinen Ausbau der sozialen Gesetzgebung zugunsten der proletarischenMehrheit des Volkes schon längst nicht mehr gedacht wird, so sollenauch in England die sozialen Ausgaben eingeschränkt werden, damitdem Marinemoloch die ungeheuerlichsten Opfer gebracht werdenkönnen!Es bedarf keiner längeren Darlegung, daß ein solches un-sinniges Wettrüsten, das die Nationen in finanzieller und sozialerBeziehung dem Ruin entgegentreibt, schließlich zu einer Kata.strophe führen muß. denn wenn das Wettrüsten in dem bis-herigen Tempo auch nur ein Jahrzehnt hindurch in dem bis»herigen Tempo fortgesetzt werden sollte, werden sowohlEngland wie Deutschland zum Bankerott getrieben werden.Dieser Einsicht, die allerdings sehr verspätet kommt, scheinensich selbst das Zentrum, ja sogar einzelne Konservativenicht mehr verschließen zu können. Führten doch in der Budget-kommission bei der Beratung des Marineetats die Zentrumsrednerwiederholt aus, daß eS aufs höchste wünschenswert sei mit Eng-Tand zu einer Vereinbarung über den Flottenbau zu kommen.Diese Einsicht kommt— wir wiederholen es— sehr verspätet.Hat eS doch das Zentrum durch seinen Flottenbewilligungscifererst zu dem aberwitzigen Wettrüsten gebracht. Hätte das Zentrumim Jahre 1900 und bei den seitdem angenommenen beiden Flotten-Gesetznovellen nicht blindlings da rauflos bewilligt,hätte eS die Flottenrüstungen nicht erst zu einem so unsinnigenMaßstabe ausarten lassen, so wäre Deutschland überhaupt nichtin den Konflikt mit England hineingeraten, so würde eine Ver-ständigung mit England viel leichter zu erreichen gewesen sein.Gang abgesehen davon, daß die Panzerplattcnpatrioten dann nicht,wie daS jetzt geschehen wird, alles aufbieten würden, um eineFortsetzung der deutschen Marincpolitik in dem Maßstabe durch-zusetzen, auf den sich jetzt leider die Panzerplatteufabrikanteneingerichtet haben ZImmerhin wäre es auch jetzt noch nicht zu spät, wenndie Mehrheit der Volksvertretung ernstlich für einenEinhalt des Flottenrüstens und eine Verständigung mit Eng-land zu haben wäre. Ob das aber der Fall ist, steht noch sehrtahin. Auf daS Versprechen des Herrn von Tirpitz, daß nachAusführung des FlottengefetzcS unsere Flotte„für absehbare Zeitausreichend" sein werde, ist nicht daS geringste zu geben. Dashaben die Staatssekretär« des ReichSmarineamts stets erklärt, umstets von ihren Nachfolgern desavouiert zu werden. Außerdem be-deuten ja bis Ersatzbauten für unsere so außerordentlich ver-stärkte Flotte schon ein fortwährendes Weiter-rüsten insofern, als ja die Ersatzbauten in immer k o-lofsaleren Dimensionen vorgenommen werden. Undwenn auch e i n konservativer Redner erklärte, daß es wohl genüge,künftig nur zwei Schlachtschiffe jährlich zu bauen,so wurde er ja durch einen anderen konservativen Rednerdesavouiert, der erklärte, daß die Ausführungen seines Frak-tionskollegen„sehr persönlicher Natur" gewesen seien.Auch die nationalliberalen und reichsparteilichen Redner wolltenvon einer Verständigung mit England nicht das geringste wissen!Dem Wahnsinn des Flottenrüstens wird nur das P r o l e-t a r i a t erfolgreich entgegentreten können. Die arbeitende Klasse.auf deren Schultern ja der Löwenanteil aller durch die Flotten-rüstungen natwendig werdenden neuen Steuern gelegt werden, unddie unier dem Stillstand der Sozialpolitik soschwer zu leiden hat. würde geradezu Selbstmordverüben, wenn sie nicht mit dem äußersten Nachdruck dasWettrüsten bekämpfen wollte!Bebel 40 fahre Parlamentarier!- Am historischen RebolutionStage, am 13. März, hielt der Ab-geSrdnete Bebel seine erste Rede im Reichstage. Es war heute vor40 Jahren, in der 10. Sitzung 1839 der ersten LigiSlaturpcriode>u...... i......, i i J........................ 1'.aflneh eine iliärzcrinnernng.Aikhelm. der spätere„Heldengreis" und Stolz der Hohen-zöllern, spielte in den Berliner Märztagen, wie man weiß, einerecht wenig heldenhafte Rolle. Er war die Seele der militärischenReaktion und begriff wohl, daß er sich bei dem siegreichen VolkeBerlin? keiner übermäßigen Beliebtheit erfreute. Als der Steg desVolkes unzweifelhaft feststand, und sein Bruder Friedrich Wil-Helm lV. jammernd sein GotteSgnadentum fahren ließ, um Königvon Gnaden des Volkes zu bleiben, zog Prinz Wilhelm von Preußenvor, Sei Nacht und Nebel zu verschwinden. Die Metamorphosedes Hohenzollernhelden in die Gestalt eines simplen Postillionsist bekannt uno kann hier übergangen werden. Weniges bekanntu»d auch nicht gan, ohne historisches Interesse sind die weiterenBegebnisse auf jener Hekdenfahrt iwch Ehland, die sich in derNacht Vom 23. zum 34. März 1848 abspielten. � M r.„In den„Mitteilungen des Vereins für ine Geschichte BerftnS'(Nr. II. Jahrg. 1908) erzählt ein Herr Franz A besser diesekleine Erinnerung:Am 23. März 1348 nachmittags, kurz vor dem EintreffenIth verlin— Hamburger Personenzuges— von den Eisenbahn-bcamten„Polkazug" genannt—, trat der Sekretär Sr. Hoheitdes Herzogs Gustav von Mecklenburg, namensFI,r. eilig in das Expeditionsbureau zu Bahnhof Hagen owund Sat. die Egilipage des Herzogs von Augustenburg noch zudem inzwischen in den Bahnhof einfahrenden Zuge zu expedieren.Während»e» Unterhandlung mit dem Sekretär Flor gewahrteich vor dem Bilettschalter zwei Herren, von denen der eineerneu langen Rock trug, das Kinn mit einemTuch« verbunden hatte und auf dem K»pfz mrteinerFilzmützebekleidetwar. Ich erkminte in diesemHerrn den Prinzen Wilhelm von Preußen, den ichausgangs der S0er Jahr« auf einer Jagd zu Warlolv in Mecklen-bürg stehen hatte, und machte von dieser Wahrnehmung sofortdes Norddeutschen Bundes. Der Drechsler August Bebel, wohn»hast in Leipzig, vertrat den 17. Wahlkreis des Königreichs Sachsen.Am 18. März 1869 stand die erste Beratung der Gewerbe-o r d n u n g auf der Tagesordnung. Eben war ein Schlußantragdes Grafen von der Schulenburg abgelehnt worden, und der Ab-geordnete Duncker hatte sich mit den Ausführungen Dr. Schweitzersund des ZigarrenmacherS Fritzsche zur Frage der Zwangs-unter st ützungSkassen beschäftigt und mit der Phrase ge-schlössen: es möchten„vor den erwärmenden und belebendenStrahlen der Sonne der Freiheit und Gleichberechtigung all dieschwarzen und roten Gespenster, welche man gestern hier herauf-beschworen hat, verschwinden wie die lichten Morgennebel einesFrühlingstages".Da sprach der Präsident Dr. Simson:„Der Abgeord-nete Bebel hat das Wort."Nunmehr erhob sich der 29jährige Drechsler, um mit der Er-klärung, er sei erst heute in das Hohe HauS eingetreten, zu bc-tonen, daß tz gezwungen sei, jetzt erst aus die in diesen Tagengefallenen Angriffe gegen die sozialdemokratische Richtung, zu derer sich ebenfalls bekenne, näher einzugchen. Anknüpfend an dieobige Phrase des Abgeordneten Duncker verwies er diesen unddessen politisch-sozialcn Freunde auf England, wo durch einenmusterstaatlichen KonstitutionaliSmuS das Volk unumschränkt dieHerrschaft ausübe, dennoch aber die Klassengegensätze zwischenArbeit und Kapital, zwischen Arbeitern und Besitzenden auf eineHöhe gestiegen seien, welche die entschiedensten Anhänger derherrschenden Oekonomieschule nicht zu leugnen wagten. Wenn derAbgeordnete Duncker für seine Charakterisierung der sozialdemo-kratischen Partei als„RückschrittLPartei" sich aus die AusführungendeS Abgeordneten Wagner von der konservativen und feudalenRichtung berufen habe, so sei es allerdings die Gewohnheit diesesGeheimen OberregierungSratcS, in sozialen Fragen in einer Weiseaufzutreten, welche dem cnragiertesten Sozialisten Ehre machenwürde. Es stecke eine gewisse Absicht hinter dem Königl. preußischenHofsozialisten(große Heiterkeit: Bravo!), nämlich die, in der Ar-beiterwelt den Glauben zu erwecken, die preußische Regierungwolle durch irgendwelche Staatsintervention dem Messenelend undder unterdrückten Lage der Arbeiter abhelfen. Auch trotz der ellen»langen Artikel in der regierungsoffiziösen„Norddeutschen Allge-meinen Zeitung" ließen sich die Arbeiter nicht ködern; sie begriffen,daß die Regierung bei dem faktisch vorhandenen Klassengegensatz«einen Nutzen ziehen möchte zu reaktionären Zwecken aus derSpaltung zwischen der liberalen Bourgeoisie und dem Proletariat.(Hört! links.) Die ungeheure Mehrheit der deutschen Arbeiterschafthabe einen viel zu gesunden Sinn, um auf diesen Regierungsköderanzubeißen.Gegenüber dem Abgeordneten Stumm, der die sozialistischeArbeiterbeivcgung der Tätigkeit einzelner Agitatoren zuschrieb,verwies Bebel auf dieselben Einwände zur Konfliktszeit im Ab-geordnetenhause, wo das Rechtsbcgehren des Volkes vom Minister-tische aus mit denselben Einreden bekämpft wurde.„Ich gebe zu, daß das in gewissem Grade vom Standpunkteunserer Gegner richtig ist: denn wenn man den Arbeitern nichtsagt, was sie zu fordern berechtigt sind, wenn man ihnen nichtnachweist, wie ihre Lage eigentlich gegenüber den anderenGesellschaftsklassen beschirffcn ist, dann werden sienie zur Einsicht kommen; und ich begreife daher vollkommen.wenn die Herren sich gegen unsere Agitation mi! aller Gewaltwehren."Er, Bebel selbst, sei noch vor wenigen Jahren ein entschiedenerAnhänger der sogenannten Selbsthilfe gewesen, die EntWickelungder tatsächlichen Verhältnisse hätte ihn von der Unzulänglichkeitder bisher angepriesenen Heil- und Rettungsmittel überzeugt.Bebel schilderte dann die Gefahr, welche die staatlichen„Palliativmittelchen" der Unterstützungskassen usw. in den Händendes heutigen Staates mit sich bringen, er stimme den Liberalendarin bei, daß die Verwaltung der Kassen usw. den Arbeitern selbstzu übergeben sei. Gegenüber Miquel, der den Fortschritt desallgemeinen Stimmrechtes als ein besonderes Verdienst des Nord-deutschen Bunde? pries, betont Bebel die Absicht der Negierung,mit diesem System die Massen besser für sich bearbeiten zu können,nicht aber eine richtige Benutzung durch unS zu ermöglichen.Vier Jahrzehnte entschwanden, seit Bebel sein sozialdemo-kratischcS Bekenntnis vor den Junkern und Bürgern des Par-lamentes, vor dem Volke darlegte; es war der erste flammendeProtest gegen den kapitalistischen Klassenstaat in der Zeit der auf.steigenden Macht einer liberalen Aera, das prophetische Sehcrwortvom Anmärsche des aus der Tiefe der Knechtung sich aufreckendenund erwachenden internationalen Proletariats. Nichts von dem,was Bebel damals über den süßen Trug deS preußischen Regierungssystems, über die Täuschungslisten der bürgerlichen Sozial-Politik und über die kluge Erkenntnis der deutschen Arbeiterschaftvoraussagte, hat die Zukunft widerlegt. Wenn August Bebel, derheute im Reichstage der einzige Vertreter aus den Tagen des erstenReichstages ist, auf den 13. März 1869 zurückblickt, darf er sichfreuen, daß seine Prophetie von der politischen und wirtschaftlichenEntWickelung der Sozialdemokratie selbst seine eigenen Er-Wartungen heute, am 40. Gedenktage, überttoffen hat!dem Sekretär Flor Mitteilung. Letzterer gestand denn zu. daßeS der Prinz von Preußen sei, bat mich inständig, dessen Jnkon-nito zu bewahren und Sorge zu tragen, daß der Prinz nebstAdjutant, sowie seine Equipage ungehindert nach HamburgBeförderung fänden,Abcsser kani der Bitte nach, und da im Zuge„viele bewaffneteStudenten und Freischärler sich befanden", sorgte er überdies dafür,daß das Coupe ces Prinzen nicht beleuchtet wurde.Der Baumeister Fritze wurde ins Vertrauen gezogen. Er stiegin das Coupe dcS Prinzen und gab sich beim Halten zu BahnhofBrahlstorf dem Prinzen zu erkennen, mit dem Bemerken, daß esfür seine sichere Beförderung nach England besser sei.nicht mit dem Zug« nach Hamburg zu fahren, sondern inBergedorf auszusteigen und von dort per Wagen nach Ham-bürg zu fahren. Dieser Borschlag wurde von dem Prinzen an-genommen und so gelangte er ohne Unbill und Unannehmlichkeitenunerkannt nach Hamburg und aufs Schiff nach England.Diese Darstellung wird von Angehörigen des verstorbenen Bau-Meisters Fritze nach dessen Erzählungen noch ergänzt. In Nr. 2der genannten„Mitteilungen" von 1909 wird berichtet:„Während nun der Adjutant, Major v. OelrichS, im Zugenach Hamburg lveiterfuhr, stiegen der Prinz und Fritze inBergedorf aus, gingen in das nahegelegene Gasthaus undnahmen das Wendbrot ,m Gastzimmer ein, weil sie befürchteten,bah das Servieren auf dem Zimmer auffallenwürde. Dann wurden sie vom Wirte mit der Versicherung inihre Zimmer geführt, daß am anderen Morgen früh ein Wagenbeschafft werden könne. Kaum war der Baumeister Fritze inseinem Zinrmer allein, als es klopfte und der Prinz ingroßer Erregung bei ihm eintrat und die ganze Nacht inlebhaftem Gespräch mit ihm verbrachte.Frühmorgens hörten beide einen Wagen vorfahren, tratenauf den Flur und hörten, wie die Stimme deS Adjutanten untenfragte, ob hier zwei Serren abgestiegen seien. Mit einem lauten„Gott sei Dan!" eilte der Prinz zu dem soeben an-gekommenen Wagen deS preußischen Gesandten in Hamburg,stieg mit seinem Adjutanten hinein und fuhr davon-*.Der Coftitreiit.Paris, 15. März.(Eig. stkr.)1Wenn jemals ein Konflikt zwischen einer Betriebsleitung undihren Angestellten durch blinden Autoritätsdünkel, durch Unvcr-ständnis und grobes Dreinfahren provoziert worden ist. so dieAktion der Pariser Tclcgraphenbeamtcn. die jetzt immer weiter umsich greift und vielleicht zum allgemeinen Streik aller Post- undTelcgrapheiibcamtcn. jedenfalls aber zu einer argen Störung desPostverkehrs und damit auch des geschäftlichen Lebens führen wird.Der Unterstaatssckrctär Simhan, ein kleiner Clemenceau inseiner Begabung, alle Dinge in Verwirrung und alle Leute inAerger zu bringen, spricht jetzt von einer„Revolte". Aber SimhansPostmeisterei ist nichts als eine Kette von Revolten, des Publikumsnicht minder alö der Beamten. Anscheinend will Simhan jetzt durch„Schneidigkeit" gegen diese einen Generalpardon des bürgerlichenPublikums für die chronische Unzuverlässigkeit des Telephons unddie immer wiederkehrenden Stockungen im Brief- und Telegraphen-Verkehr erwirken. Denn nichts wäre leichter zu vermeiden gewesenals der jetzige Konflikt. Tie Assoziation der Post- und Telegraphen-Beamten ist weit entfernt davon, revolutionär-syndikalistische Propa-ganda zu betreiben. Sie ist eine reine Jnteressenvereinigung, diebei ihren 5kongreßbanketten Minister und Vorgesetzte empfangenhat. Auch sind speziell die Telegraphenbeamten in ihren Anschau-ungen eher gemäßigt, was denn auch die Briefträger bei ihrem miß-glückten Ausstand vor drei Jahren zu ihrem Leidwesen erfahrenmußten. Herr Simhan hat alles getan, um seine Bcamtenschasizu heftigen Ausbrüchen der Unzufriedenheit zu reizen. Unter ihmsind nicht nur ihre Forderungen nach Avfbesscrung ungehört ge-blieben, sondern die Avancementsderhältnisse haben noch eine Ver-schlechterung erfahren, vor allem darum, weil das bisher geltendeVorrücken nach dem Dienstalter zum Teil durch ein Vorrücken„nachVerdienst" ersetzt wurde, wobei dann— durch Präparierung derFührungSlistrn-- die Protektion und die politische Korruption zurGeltung kamen. Vor allem dagegen haben die Telcgraphenbeamtcuprotestiert, und bei dieser Gelegenheit appellierte Simhan an diePolizei, die denn auch mit professioneller Kraftauwendung eingriff.Die Situation scheint im Augenblick unentwirrbar. Die Bcamten, über die willkürlichen Verhaftungen, die Maßregelungen,die Polizeiaussicht beim Dienst, die rüde Tonart der Chefs erbittert,finden im Streik die natürlichste, sichtbarste Reaktion; die Regierungwiederum, darin natürlich von der großkapitalistischen Presse unterstützt, versteift sich darauf, zur Rettung der„Autorität" ein Exempe!zu statuieren. Vielleicht steckt die Spekulation dahinter, durch einekünstlich erzeugte Störung des ganzen postalischen Betriebs dieletzten Hemmungen im radikalen Bürgertum gegen eine vollständigeKonfiskation des KoalitionSreckstS der öffentlichen Angestellten zubesiegen. ES ist Wohl das Bewußtsein, solche Anschläge vereitelnzu müssen, das die Beamten bisher davon abgehalten hat, durch un-nütze„Sabotage"— wie sie ihnen von zweifelhaften Freunden nahe.gelegt wird— ihren Feinden selbst Waffen in die Hände zu drücken.Der bloße Ausstand des ambulanten Postpersonals genügt, denVerkehr zwischen Paris und der Provinz und dem Ausland stillzu-setzen, auf den Telegraphenämtern kann die Beteiligung auch nureines Teils der Beamtenschaft am Streik die furchtbarsten Ver-legenheiten schaffen. Kein Mensch glaubt an die Zuversicht, die dieRegierung noch immer zur Schau trägt. Die Beamten aber könnendie Chancen ihrer sicher nicht gefahrlosen Aktion nicht besser ge-stalten, als wenn sie neben der Pflicht der Solidarität auch dasInteresse erkennen, das sie daran haben, daß die Simhan undClemenceau nicht von der Spicßerangst vor der„Anarchie" dieAutorisation zu schrankenloser Gelvaltpolitik erwirken können.Pari?, 17. März. Der Ausstand dehnt sich in Paris und in derganzen Provinz weiter aus. Die Briefträger, welche diegewöhnlichen Briefe und Drucksachen verteilen, haben beschlosseinsich den Streikenden anzuschließen. Weiter haben die 1500 Tele-graphistinnen und Telcphonistinnen heute nacht eine Versamm-lung abgehalten, in welcher sie sich verpflichteten, die Forderungender Postbeamten zu unterstützen und heute morgen die Arbeit. nichtaufzunehmen. In zahlreichen Provinzstadten ist die Aufregunggroß, und andauernd werden Bersammlungen abgehalten. DieMehrzahl der Provinzstädte konnte nur eine eingeschränkte tele-graphische Verbindung mit Paris unterhalten. Die Uebermittelungvon Telegrammen ist unmöglich geworden, und es ist beschlossen'worden, Telegrammabschriftcn per Post zu versenden. Was diePostbeamten deS Fahrdienstes anbelangt, welche aus den großenProvinzstädten eintreffen, so ist ihr« Zahl stark vermindert, und esist daher nicht möglich, die Driefsache» im Bahnwagen zu for-tieren. Zurzeit befinden sich im Pariser Zentralamt nicht wenigerals 100000 unbestellte Telegramme. 700 Postbeamtesind im Laufe des gestrigen TageS ihres Amtes enthoben worden.In Havre, Nouen und Lyon haben sich die Angestellten dem Streikangeschlossen. Alle Streikenden fordern übereinstimmend die Entlassung Simhans. Andererseits erklärt die Regierung, unter leinenUmständen nachgeben zu wollen.Paris, 17. März. Zu dem Schichtwechsel um 7 und 11 Uhrvormittags im Hauptpostamt in der Rue Grenelle sind dieBeamten teils nicht erschienen oder haben, wenn sie er-schienen sind. die Arbeit nicht aufgenommen. AlleLinien nach dem Auslände, ausgenommen die nach Brüssel,sind unterbrochenDie Angst war überstanden, das scheinbar bedrohte Leben ge.rettet— gerettet zu neuen Heldentaten, die er reichlich ein Jahrspäter an den Standrechteopfern von Rastatt vollbrachte!Aber der Prinz war nicht undankbar: Abesser erhielt denKronenorden und der Baumeister Fritze ward drei Jahrespäter noch weit königlicher bedacht. Er erhielt das folgende Hand-schreiben:Coblenz, zum 23. März 1851.Wenngleich drei Jahre vergangen sind, so kommt doch Dank-barkeit niemals zu spat. Als einen Beweis derselben empfangenSie anliegend ein Ankdenken an den 23. März 1848, an welchemTage, in der Nacht zum 24., Sie mir Beweise Ihrer Anhänglich-keit, Teilnahme und ivahrenPatriotismuS gaben, dt« ichnie vergessen kann. Ihrer Fürsorge verdanke ich es, daß an jeneilverhängnisvollen Tagen nicht noch Schlimme-res mir begegnete. Dafür Ihnen stets meine Dankbarkeitfu vergegenwärtigen, bitte ich Sie, die beigchende Medaillereunol'ch anzunehmen, damit auch später Glieder Ihrer Familieerfahren, was eines derselben für mich getan!IhrPrinz von Preußen.Diesem Schreiben lag eine goldene Medaille von4 Zentimeter Durchmesser bei, die von H. Lorenz modeüiert und inder Berliner Medaillenfabrik von G. LooS geprägt worden ist. DieBorderseite zeigt den Kopf des Prinzen mit der Umschrift:„Fried. Wilh. Lud. Prinz von Preußen",die Rückseite in einem geschlossenen Eichenkranze die eingraviertenWorte:„In dankbarer Erinnerung an den23/24. März 184 8."Die Medaille und das Handschreiben deS Prinzen befinden sichjetzt noch im Besitze eines Sohnes des 1874 verstorbenen Bau-meist«? Fritz«.DaS Hoyenzollern-Museum wird hoffentlich alles aufbieten, umdiese wertvollen Erinnerungen au sich zu bringen, damit sie dorterzählen von den großen Märztagen und von den: Angslbeben derHerrschenden, wenn das Volk seiner Stärke sich bewußt wird.