We jammervollen Zustände njcht ändern und alle Verhandlungenscheitern, die Zustimmung zum Streik zu erteilen.Heber dieEinführung der KrankenunterstützungReferiert Grünzel.Er empfiehlt, die Vorstandsvorlage der genauen Prüfung zuunterziehen, lvas am besten in einer Kommission geschehen könne.Nach der Vorstandsvorlage soll die Krankenunterstützung folgender-Weise gestaltet werden:Bei unverschuldeter Krankheit wird vom achten Tage der Er-Zankung an Unterstützung gewährt:Bei einjähriger Mitgliedschaft undzrrankenbeitrag von.. tl), 20, 80, 40 Pf.Unterstützung pro Woche 2,—, 4,—, 6,—, 8,— M.Auf die Dauer von. 6, 6. 6, 6 WochenHöchstleistung innerhalb62 Wocken.... 12,—, 24,—, 88,—, 48 M.Bei zweijähriger Mitgliedschaft undKrankenbeitrag von..- 10, 20, 80, 40 Pf.Unterstützung pro Woche 2,60, 6,—, 7,60 10,— M.Auf die Dauer von. 10, 10, 10, 10 WochenHöchstleistung innerhalb62 Wochen.... 26.—, 60.—. 75.—. 100,— M.Bei zweijähriger Mitgliedschaft undKrankenbeitrag von.. 10, 20, 30, 40 Pf.Unterstützung pro Woche 2.60, 6,—, 7,60, 10,— M.Auf die Dauer von. 13, 13, 13, 13 WochenHöchstleistung innerhalb62 Wochen.... 32,50, 86.—. 97,60, 130,— M.Die Krankenunterstützung ist obligatorisch, und richtet sich dieBeitragszahlung nach der Höhe der Verbandsbeiträge: jedoch habendie Mitglieder der 60 Pf.-Klasse das Recht, zwischen den beidenobersten Klaffen der Krankenunterstützung zu wählen.Der Korreferent Kall. Bülte- Leipzig spricht sich gegen dieEinführung der Krankenunterstützung aus, weil diese Unterstützungs.einrichtung den Kampfcharakter der Organisation untergrabe undweil die Einführung mit Beitragserhöhung verquickt sei.DieDebattesetzt äußerst lebhaft ein, doch geht aus den ganzen Ausführungenhervor, daß nicht viel Neigung für Einführung solcher Einrichtungenvorhanden ist. D r u n s e l als Vertreter der Generalkommiffionempfiehlt der Generalversammlung, diesem Projekt die größte Be-achtung zu schenken. Genoffe Wollmann, Vertreter der Por-zellanarbeiter, betont, daß nach seiner Meinung gerade die Unter-stützungseinrichtungen geeignet seien, daS Solidaritätsgefühl derArbeiterschaft zu wecken. Der Verlust in seiner Organisation seinicht auf die Einführung der Krankenunterstützung, sondern aufdie Krisis zurückzuführen. Wenn man die Verschmelzung wolle, sosolle man sich mit dem Gedanken der Krankenunterstützung be-freunden. Die beteiligten Verbände würden ohne Zweifel dieseEinrichtung nicht wieder preisgeben. ES sprachen noch eine ganzeReihe'Delegierter, doch bewegen sich die Ausführungen in dem schongeschilderten Gedankengang.Durch Echlußantrag wird die Debatte beendet und eine fünf-gliederige Kommission gewählt zur Beratung dieser Materie.Auf die Kunde von dem Tode des Genossen Deinhardterheben sich die Delegierten von ihren Plätzen.D>e Sitzung wird auf Donnerstag vertagt.Stadtverordneten-Uerfammlang.20. Sitzung vom Donnerstag, den 3. Juni 1909,nachmittags 6 Uhr.Die von dem dienstältesten Beisitzer G e r i ck e in Vertretungder beiden beurlaubt gewesenen Vorsteher einberufene Sitzung wirdnach 6'/, Uhr vom Vorsteher-Stellvertreter Cassel eröffnet.Dieser gedenkt zunächst des in der letzten Nacht verstorbenenDr. Theodor Barth, der 1890—1893 auch der Versammlung an-Sehört hat, mit ehrenden Worten, welche die Mitglieder stehend an-ören.Die Einführung des Stadtv. Rechtsanwalt Dr. KarlLiebknecht iSoz.), der. nach dem Reichsgerichtsurteil vom12. Oktober 1907 am 8. November 1907 wiedergewählt.der Versammlung l'/a Jahre fernzubleiben gezwungen gewesen ist.kann nicht, wie beabsichtigt, zu Beginn der Sitzung erfolgen, daDr. Liebknecht durch einen Trauerfall verhindert ist. rechtzeitig zuerschemen�n gastfreien und glänzenden Empfang, derden Mitgliedern der stadtischen Behörden in London zuteil ge-worden, spricht der Vorsteher-Stellvertreter Cassel seinen wärmstenDank aus. Dem Lordmayor von London und der Korporation derCity sowie dem Empfangskomitee soll dieser Dank noch besondersdurch den Magistrat übermittelt werden.(Lebhafte Zustunmung.)Dem Magistratsvorschlage, auch an den städtischen Waisen-hauilazaretten in Berlin und Rummelsburg je einen Prakti-kanten nach abgelegter ärztlicher Prüfung zur Ableistung des prak-tischen Jahres zuzulassen, stimmt die Versammlung ohne De-batte zu-den Gasanstalten und am Röhren-s v st e m sind für da» Etatsjahr 1909 Erweiterungs- und Erneuerung«»bauten im Gesamtbetrage von S 183 000 M. vorgesehen, für die dieim Ertraordinarium des Etats für 1909 bereitgestellten 2 Millionenals 1. Rate Verwendung finden sollen.Stadtv. G o l d s ch m t d t(N. L.) führt Beschwerde darüber, daßsich die Behörden nicht genügend untereinander verständigen, wennArbeiten vorgenommen werden, die ein Aufreißen des Pflaster«erfordern. Auf diese Weise reiße die.ewige Buddelet' in Berlinüöökhaupt flb.Stadtbaurat Krause legt dar, daß die Schuld nicht oder dochnicht vorwiegend an der Stadtverwaltung liegt: soviel als tunlichsuche er solche unangenehmen Erscheinungen zu verhindern.Die Vorlage wird angenommen.Zur Minderung der Seuchengefahr auf dem stadtischenVi e'h markt soll dort u. a. ein besonderer S e u ch e n h o f fürRinder hergerichtet werden. An Kosten entstehen insgesamt16 000 M.. die dem Viehmarkt-ReservesondS entnommen werdensollen.Die Versammlung stimmt zu.Mit der Z i e g e l t r a n S p o r t- A.- G. ist zunächst für daSZahr 1909 ein Abkommen vereinbart, wonach diese für ihre Kran«anlagen eine feste Abgabe von 10 Pfennig für je 1000 zurLöschung gelangende Steine an die Stadt zahlen soll. Eine neueKrananlage am Schöneberger Hasen(Hasenplatz) sollihr gleichzeitig genehmigt werden. v m rStadtv. Spendig(A. L.) beantragt Ueberweisung der Vorlagean einen Ausschutz.. � �.Stadtv. Singer(Soz.): Auch wir schließen im» diesem Antragean. Die jetzige Form deS Löschens von ZiegelschiffSladungenführt ja gewiß eine Reihe von Uebelständen mit sich; anderer-schs niuß ,m Auge behalten werden, baß große Jntereffentenkrei ebeteiligt sind, daß ein Monopol nicht aufkommen darf. Ich lassedahingestellt, ob diese Befürchtung ungerechtfertigt erscheint. Jeden-falls müssen derartige Einrichtungen frei gehalten werden für alleAnteresscnten. die in der Lage sind, sie zu benutzen, und dafür bietetdie Vorlage keine genügende Sicherheit. Will man die Einrichtungenin eine Hand bringen, dann würde sich die städtische Regie empfehlen.Alle diese Punkte werden nur in einem Ausschuß näher erörtertwerden können.Die Borlage geht an einen Ausschuß.Für die internationale Automobiltourenfahrt, diesogenannte Prinz-HeinrichFahrt, die in diesem Jahre vondem kaiserlichen Automobilklub im Verein mit dem österreichlichen.ungarischen und bayerischen Klub zum zweiten Male veranstaltetund am 10. Jimi vom Tempelhofer Felde abgehen wird, will derMagistrat der Leitung einen Ehrenpreis im Werte von zirka1000 M. zur Verfügung stellen.Stadtv. Singer; Wir sind nicht in der Lage, für die Vorlagezu stimmen. Diese Automobilfahrteu sind häufig Gegenstand derDiskussion und auch allgemeinster Verurteilung gewesen; es wirddabei mit einer Rücksichtslosigkeit gegen Menschen-leben vorgegangen, daß nach unserer Meinung nichtdavon die Rede sein kann, solche Arrangements überhauptzu treffen und noch viel weniger, sie durch solche Stiftungen zufördern. Diese Automobilwetlfahrten, wenn sie im Interesse derIndustrie notwendig erscheinen, sollten auf abgeschlossenen Bahnenveranstaltet werden; es wäre Sache der Staatsbehörden, der Polizei,dafür zu sorgen, daß sie in einer Weise sich vollziehen, daß Gefahrfür Leben und Gesundheit von Menschen ausgeschlossen ist. Da unsaber ein Einfluß darauf nicht zusteht, können wir die Gewährungirgendwelcher Unterstützung nicht befürworten. Die Förderungdieser Unternehmungen, auch in gesetzgeberischer Beziehung, istwesentlich zu danken der Liebhaberei und Unter-stützung dieser Wettrennen durch allerhöchsteKreise. Ich halte das für tief bedauerlich und für ge-fährlich. Wir sollten uns nicht dazu hergeben, Unternehmungen zuunterstützen, von deren Unnötigkeil und Gefährlichkeit wir durch-drungen sind. Es ist das erste Mal, daß der Magistrat mit solcherVorlage kommt; ich weiß nicht, ob früher andere Erwägungen denMagistrat zurückgehalten haben. Jedenfalls sollten wir die Bor-läge zurückweisen und damit aussprechen, daß wir dem ganzenUnternehmen mit Rücksicht auf seine Gefährlichkeit und Nutzlosigkeitfür die Industrie uns fernhalten wollen.Stadtrat Namslan: Die Veranlassung zur Vorlage ist gegebendurch den Umstand, daß die Wettfahrt zum ersten Male von Berlinausgeht; wir haben uns lediglich nach dem Vorbild anderer Städtegerichtet. Die Ausführungen des Vorredners haben ja viel für sich;aber bei der ersten Prinz-Heinrich-Fahrt ist Überhaupt kein Unglückpassiert, und das ist doch schon tröstlich. Die Idee der Verweisungder Fahrten auf unbelebte Straßen ist unendlich schwer durch-zuführen.Die Vorlage wird angenommen.Die Vorlage betreffend Versorgung der städtischen Waisen-Häuser und Säuglingsfürsorge stellen mit Kinder-milch gelangt ohne Diskussion zur Annahme.An die Deputation zur Verwaltung des Gesindebeloh-nungS- und Unter st ützungSfonds sollen jährlich 818 M.auS angesammelten Zinsen, die gesetzlich„für gemeinnützige Zwecke'Verwendung finden müssen, widerruflich ab 1. April 1910 überwiesenwerden.Stadtv. Stadthagen(Soz.): Ich beantrage AuSschutzberatung derVorlage. Es soll eine an sich geringe Summe dem Gesinde-Be-lohnungS- und UnterstützungSfondS überwiesen werden; dieser Antragsollte unS Anlaß bieten, daS Statut dieses Fonds einmal vonGrund auS zu revidieren. Wir haben ja schon öfter den Anstoß dazugegeben, aber ein Erfolg ist nicht erreicht worden, namentlichist es nicht gelungen, die Steuer von 60 Pf., die jeder Dienst-böte beim Stellenwechsel an den Fonds abführen muß, zu be-seitigen.(Große, andauernde Unruhe. Der Vorsteher ersuchtum Ruhe.) Diese Steuer ist schon seit 1872 nicht mehr Rechtens:jedenfalls kann man nicht von einer Gemeinnützigkeit reden. Es isteine an Erpressung grenzende Handlung, wenn diese60 Pf. gefordert werden, ohne daß wirklich etwas Gemeinnütziges ge-schieht; denn nach dem Statut können nur Mädchen etwas bekommen,welche bei 80 Lebensjahren 10, bei 60 Jahren 20 Jahre lang ununter-brachen in Berlin im Dienst gestanden haben und bedürftig sind.Da hat von dieser Einrichtung nur eine verschwindende Anzahl vonDienstmädchen wirklich einen Borteil. Sie müssen unterstützungs-bedürftig geworden und mindestens 60 Jahre alt sein, um über-Haupt etwas aus dem Fonds zu erhalten. Da kann man nicht vonGemeinnützigkeit reden; dieser Charakter deS Fonds ist bei demjetzigen Statut durchaus zweifelhaft. Andererseits stellen sich dieVerwaltungskosten als enorm hoch dar. Nehmen Sie deshalbunseren Antrag auf Ausschußberatung an lDer Vorsteher-Stellvertreter Cassel rügtpreffung grenzende Handlung' und ersuchtWendungen in Zukunft nicht zu gebrauchen.Stadtv. Ladewig(N. L.) kann nicht begreifen, wie die Nützlich-keit dieses Fonds bestritten werden kann.Stadtv. Stadthagen: Ich habe erklärt, eS ist nicht gemeinnützig.von etwa 80000 Dienstmädchen 60 Pf. im Wege der Besteuerungzu nehmen, um nachher einer ganz kleinen Anzahl Wohltaten zuzu-wenden. Anders wäre es, wenn seitens der Stadt ohne solcheSteuern wirklich gemeinnützige Einrichtungen derart getroffen würden,wie es in vielen Kommunen der Fall ist.Stadtv. Ladewig findet, daß auch diese Darstellung an einer ganzkolossalen Ucbertreibung leidet.Damit schließt die erste Lesung. Gegen die zweite erhebtStadtv. Singer Widerspruch, der genügend unterstützt wird. Diezweite Lesung kann danach erst in der nächsten Sitzung stattfinden.Inzwischen ist Stadtv. Dr. Liebknecht erschienen. Er wirdvon den Stadtvv. Dr. Arons und Dr. Wehl in den Saal geleitetund vom Vorsteherstellvertreter Cassel unter Hinweis auf seinebereits sechsjährige frühere Mitgliedschaft durch Handschlag auf dieStädteordnung verpflichtet. Bon seinen Parteifreunden wirdDr. Liebknecht darauf aufs lebhafteste begrüßt und beglückwünscht.Schluß»Z«? Uhr._den Ausdruck»an Er-den Vorredner, solcheSoziales.Kautionshaftung.Durch die bei den Wach, und Schließgesellscha'ften üblicheGepflogenheit, von den zu engagierenden Angestellten die Ein-zahlung einer Kautionssumme zu fordern, sind eine Anzahl beider Preußischen Wachgescllschaft m. b. H. angestellte Wächter ge-schädigt worden. Der bei dieser Gesellschaft bedienstet geweseneInspektor Faß hat— wie der Vertreter der beklagten Gesellschaftim gestrigen Termin bor der Kammer 8 deS Gewerbegerichts er-klärte— denen, die sich um eine Anstellung bei der Gesellschaftbewarben, stets 20 M. Kaution abverlangt und nach geleisteterZahlung derselben die Einstellung für die nächsten Wochen ver-sprachen. Dies geschah in einem den Bedarf an Wächtern bei derGesellschaft übersteigenden Umfange. DaS Geld ist aber vielfachvon ihm nicht an die Gesellschaft abgeliefert worden. Mehrereder Bewerber drängten nun auf die ihnen versprochene Einstellung.Dadurch erhielt die Gesellschaft Kenntnis von diesen Manipulationendes Inspektors. Von ihrem Rechte, ihn sofort zu entlassen, machtedie Gesellschaft zunächst keinen Gebrauch. Sie begnügte sich da-mit, in den Kontorräumen in einigen Exemplaren ein Plakat au?»zuhängen, durch das die Wächter darauf hingewiesen wurden,daß die Gesellschaft nur die Quittungen, die mit der Unterschriftdes Direktors versehen sind, für sich als rechtsverbindlich betrachte.Jetzt schwebt gegen diesen Hüter fremden Eigentums wegen dieserUnterschlagungen ein Strafverfahren.Der Wächter K. ist im Oktober 1908 bei der Beklagten inDienst getreten und hatte die Kaution in der üblichen Höhe von60 M. erlegt. Der Inspektor Faß hatte sie trotz jenes Aushangesvom Kläger in Empfang genommen, aber nur 30 M. an die Ge-sellschaft mit dem Bemerken abgeliefert, daß K- zurzeit nicht mehrzahlen könne und die fehlenden 20 M. später noch einzahlenwerde. Bei der kürzlich erfolgten Lösung des Arbeitsverhältnisseserhielt K. nur 30 M. Kaution zurück. Um den Rest zu erhalten,nahm er das Gewerbcgericht in Anspruch. Die Beklagte ver-weigerte unter Berufung auf jenen Aushang die Zahlung.DaS Gericht legte dar: Wenn der Aushang rechtsverbindlichist, ist er es nicht nur für die im Gesckäftsverkehr weniger routi-nierten Angestellten, sondern auch für die Gesellschaft selbst. DieGesellschaft hat aber, obwohl der Inspektor Faß zur Entgegen-nähme solcher Kautionseinzahlungen nicht mehr berechtigt gewesensein soll, die 30 M. deS Klägers von ihm entgegengenommen, ohnesich mit dem Kläger über die in Art und Höhe inkorrekte Ein»zahlung auseinanderzusetzen. Demnach ist tatsächlich dem In»spektor die Vollmacht zum Abschluß solcher Rechtsgeschäfte nichtentzogen worden. Demzufolge töar die Gesellschaft zur Heraus-zahlung der geforderten 20 M. zu verurteilen.Aus der Lederindustrie.Der Umfang der Lederindustrieberufsgenossenschaft hat nachdem uns vorliegenden Bericht für 1908 6268 Betriebe versichert.Die Zahl der versicherten Arbeiter ist aber zurückgegangen. ImJahre 1907 waren 79 146 Arbeiter, im Jahre 1903 dagegen nur76 788 oder 2358 weniger versichert. Das ist ein Zeichen der Krise,welche in der Lederindustrie natürlich erheblich einsetzen muß. DieZahl der entlassenen Arbeiter betrug also 2,98 Prvz.In Konkurs gerieten im Berichtsjahre 47 Betriebe mit 496 Ar-beitern, gegenüber 26 Betrieben mit 263 Arbeitern im Jahre 1907.Die Zahl der Konkurse hat sich also fast berdonpelt.Gegen die Heranziehung zur Versickxrung wurde von vielenUnternehmern geltend gemacht, daß„andere gleichartige Betriebeauch nicht versichert seien". Die alte Ausrede.Die von der vorjährigen Genossenschaftsversammlung be-schloffenen„Bestimmungen für Anlagen zur Verarbeitung vonrohen Schaf» und Ziegenfellen sowie von trockenen ausländischenRohhäuten"(Milzbrandverhütungsvorschriften) wurden vomReichsversicherungsamt genehmigt und traten mit dem 1. Oktober1908 in Kraft. Der Bericht bemerkt aber hierzu, daß die Be-kanntmachung der Vorschriften„in den Fachblättern" erfolgte. Diesgenügt doch nicht. ES sollten bielmehr alle Arbeiter auf diegroßen Gefahren einer Milzbrandvergiftung hingewiesen werden.Der Bericht fühlt dies aber auch, denn es wird erwähnt, daß ereine„Belehrung über die Entstehung und Bekämpfung der Milz-branderkrankung" ausarbeiten ließ und zum Aushang in den Be-trieben vertreiben will. Weniger Wert hat wohl der Beschluß,„sämtliche unter die Vorschrift fallenden Betriebe bestimmte»Krankenhäusern zuzuteilen". Es soll dadurch ein„schleuniges undsachgemäßes Heilverfahren" gewährleistet werden. Die Hauptsacheist doch, um daß die Krankheit verhütet wird, die großen Gefahrenbei der Arbeit schon beseitigt werden.Im Jahre 1908 sind 2129 Unfälle zur Anmeldung gekommengegen 2072 im Jahre 1907. Auf je 1000 Versicherte entfallen somit27,72 Unfälle gegen 26,18 im Vorjahre. Entschädigt wurden davonjedoch nur 612 Unfälle oder 24 Proz. der gemeldeten Unfälle.Davon entfielen 462 Fälle auf Erwachsene männlichen und 23 weib-liehen Geschlechts, auf Jugendliche unter 16 Jahren männlichenGeschlechts 25 und weiblichen Geschlechts 2 Fälle.Die mangelhafte Statistik des Berichts, welche sich leider nurauf die entschädigten Fälle bezieht, ergibt, daß 198 Unfälle davonan Motoren und ArbeitSmaichinen sich ereignet haben, 13 anFahrstühlen, Aufzügen usw., 2 an Dampfkesseln, 37 durch feuer-gefährliche Stoffe, 14 durch Zusammenbruch, Einsturz, 73 durchFall von Leitern, Treppen, 96 beim Auf- und Abladen, 22 durchFuhrwerk, 4 im Eisenbahnbetrieb, 6 durch Tiere. 36 durch Hand-Werkszeug und 13 Unfälle durch sonstige Ursachen entstanden sind.Als Folgen der Unfälle wird bezeichnet: Tod in 31 Fällen, völligeErwerbsunfähigkeit in 6 Fällen, teilweise Erwerbsunfähigkeit in316 Fällen, vorübergehende Erwerbsunfähigkeit in 160 Fällen.Während also die Todesfälle auf 31 gestiegen sind, wurdenaber nur 6 Schwerverletzte als„völlig erwerbsunfähig" mit Ablaufder 13. Unfallwoche von den Vertrauensärzten der Berufsgenossen-fchaft bezeichnet.Die technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschafthaben im Jahre 1908 1247 Betriebe revidiert, gleich 19 Proz. allerBetriebe.Festgestellt wurden insgesamt 964 Mängel in den revidiertenBetrieben. Wieviele mag der Beamte gar nicht gesehen haben?Em der frauenbenegung.Kirche und Frauen.Seit die aus den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen her-vorgegangene Frauenbewegung immer gewaltigere Kreise zieht, suchtauch die Kirche sich mit ihr anzufreunden, im Gegensatz zu den Wutpam»phlets, die sie zu Anfang dieser Bewegung und ihren verschiedenenVertreterinnen widmete. So wurde vor 14 Tagen in der St. Pauls»Kathedrale zu London öffentlich für das Frauenstimmrecht ge»predigt. Und die konfessionellen Zweige der Frauenbewegung inDeutschland entfalten eine fast unheimliche Tätigkeit und werdenden„Bund deutscher Frauenvereine" zweifellos bald beherrschen.Sowohl die evangelische wie die katholische und auch eine israeli-tische Frauengruppe sind an der Arbeit, um der Kirche womöglichden Hauptanteil des von den Frauen zu Erstrebenden oder Er-strebten zu sichern. Schon einmal, im Mittelalter, hat eS eineFrauenbewegung gegeben, die zur Gründung der Nonnenklöstergeführt und woraus später die charitative Frauenbetätigung, dixbarmherzigen Schwestern usw. hervorgingen. Nun, ins Klosterwerden sich die Frauenrechtlerinnen von heute, soweit sie denzivilisierten Völkern angehören, wohl nicht mehr zurückbugsierenlassen, desto kräftiger versucht die Kirche, in Gestalt der Missionenauf die unkultivierten Völker einzuwirken.In dem„Ev. Lutherischen Missionsblatt" vom 1. Juni schreibtein Missionar den folgenden Passus über indische Frauen:„In ganz Indien gibt eS etwa 150 Millionen Frauen, vondenen etwa 40 Millionen, die den höheren Volksklaffen angehören.besonders ,n Nordindien ihr Leben in dumpfen Frauengemächern,den SenanaS, zubringen müssen. Nach der letzten Volkszählung1901 waren% des weiblichen Geschlechts verheiratet, war unverheiratet und von diesen waren% jünger als 10 Jahre. Daßunter den Hindu» die Vielehe selten ist» geht daraus hervor, daßauf auf 1000 Ehemänner 1011 Ehefrauen kommen. Wie häufig dieKinderheirat ist kann man daraus ersehen, daß nach jenem ZensuSvon je 1000 Mädchen im Alter von 1—10 Jahren 116 und im Altervon 1»— 16 Jahren 423 verheiratet waren. Witwen gibt eS26,9 Millionen, Kinderwitwen unter 10 Jahren 116 286, unter6 Jahren 19 487. Wieviel Jammer und Elend besagen dieseZahlen I Wie schlecht es mit der Bildung deS weiblichen Geschlechtsist, erhellt daraus, daß von 1009 Hindufrauen nur 7 lesen undschreiben können.(Von den christlichen Frauen 91.)Obgleich die Männer in den höheren Volksklassen in bezugauf Bildung den Frauen weit voraus sind und unter ihnen schonlange Vereine zur sozialen Reform bestehen, so haben doch dieFrauen auch bei diesen„Gebildeten" noch viel zu leiden unter derhergebrachten Mißachtung des weiblichen Geschlechts und der Be-obachtung alter Unsitten....Diesem Elend kann aber nur daS EvangeliumAbhilfe schaffen.DaS Hort sich ja beinahe so an, als hätte die christlicheKirche die Frau wirklich frei gemacht. Die christlichenKirchen predigen doch auch die Herrschaft des Mannes, die Unter-ordnung des WeibeS.„Er" soll dein Herr sein! Wenn dieKirche bei unS nun etwas andere Seiten aufzieht, dann nur zudem Zwecke, um die Frauen an ihren, das heißt an den kapitalisti-sehen Wagen zu spannen. Der Toleranzmantel birgt ein erzreaktio-näreS Herz._Frcmdcnindustrie und Arbeiterinuenschutz i« der Schweiz.Die Krämer und Konsorten in den Fremdcnorten des KantonsBern haben eS fertig gebracht, daß das kaum in Kraft getreteneneue kantonale Arbeiteriirnenschutzgesetz schon wieder verschlechtertwurde. DaS Gesetz bestimmt den Ächtuhr-Ladenschluß und dieminimale zehnstündige Nachtruhe. Der Große Rat hat nun be-schloffen, das Offenhalten von Ladengeschäften bis abenvS lO'/z Uhr(I)für die Dauer von vier Monaten und die Verkürzung der Rächt-ruhe auf nur neun Stunden zu gestatten. Daraufhin hat die sozial-demokratische Fraktion die Einführung des einheitlichen Laven-fchluffeS für den ganzen Kanton und die Gewährung der Kompetenzan die Gemeinden, einen früheren Zeitpunkt zu bestimmen, be-antragt, worüber die Regierung einen Bericht erstatten soll.