öffentlicht daher die„Oberschl. Volksztg." folgende Erklärunggegen den wahrheitsliebenden Redakteur:.Herr Dr. M eh er, der seit dem 11. April als berantlvort-licher Redakteur bei mir beschäftigt war, hat sich während meinermehrwöchentlichen Augenkrankheit, die mich in der Augenklinik zuBreslau festhielt, während welcher Zeit ich weder lesennoch schreiben konnte, schlimme Entgleisungen in poli-tischen Artikeln zuschulden kommen laffen. Nach meiner Rückkehrhabe ich diese mißbilligt' und deshalb Herrn Dr. Meher vor-gestern entlassen. Die befreundete Zentrumspresse, diebereits fälschlich die Stellungnahme der„Oberschlesischen Volks-zeitung* kritisiert hat, bitte ich. von dieser Erklärung Notiz zunehmen. Der Verleger I. Chimitzek."Daß die Wahrheit zu sprechen eine politische Entgleisungist. diese Entdeckung konnte nur das Zentrum machen.Betriebsbeamte gegen den Hansabnnd.Recht erfreuliche Einsicht zeigten die Steiger des Ruhr-r e v i e r s. Ter Hansabund versuchte, sich an diese heranzumachen.Das Organ des Steigerverbandes warnt aber vor dem Beitrittund erklärt, daß der Hansabund sich zu einer antisozialenOrganisation auswachsen werde. Nach Erledigung derReichsfinanzreform werde der Hansabund eine Bremse für denweiteren Ausbau der sozialen Gesetzgebung, speziell auch Hinsicht-lich unserer Beamten, abgeben. Außer Kirdorf bürgten noch zweiNamen dafür: Stinnes und Müser. Daß Stinncs im Bor-stände des Hansabundes sei, müsse jedem mittleren und unterenGrubenbcamten zu denken geben. Mit jedem Groschen, den dieBeamten an den Hansabund zahlen, würden sie die Waffenschmieden helfen, die gegen sie selbst angewendet werde» sollen.„Nicht offiziell?"In der Neichstagssitzung vom vorigen Sonnabend hieltder Abg. Dr. Hieb er dem Zentrum vor, in welch unlös-lichcm Widerspruch die jetzige Haltung dieser Partei zu denVersprechungen der Erzbergerschen Broschüre:„Warum ist der Reichstag aufgelöst worden?"steht(wir haben ebenfalls schon darauf hingewiesen). Dawußten sich nun die äußerst verlegenen frommen Herren nichtanders aus der Patsche zu helfen als dadurch, daß sie be-sagtes Elaborat als„nicht offiziell" bezeichneten, ob-wohl es auf dem Titelblatt den Vermerk:„Druck undVerlag der Germania" enthält. Wie steht esaber in Wirklichkeit damit? Wenn die Zentrumsparteiwährend des letzten ReichstagswahlkamPfeS der Meinung war.daß die in der Broschüre vertretenen Ansichten sich nicht mitihren politischen Grundsätzen decken— wäre es dannnicht ihre Pflicht gewesen. Herrn Erzbergerzu desavouieren und von sich abzuschütteln?Nichts dergleichen hat sie getan. Sie hat eS ruhig zugelassen,daß die Erzbergersche Lügenschrift in Massen ins Volk ge-worfen wurde, daß dadurch zahlreiche Wähler die Ucber-zeugung gewannen, das Zentrum werde gegen dieSchnapsliebesgabe und gegen neue indirekteSteuern stimmen.Und wie steht es mit Herrn Mathias Erzbergerselbst? Mußte er, der fchnpde sein Wort gebrochen, derdie Zentrumswähler in unverantwortlicher Weise irre führte,nicht wenigstens soviel Anstandsgefühl besitzen, um zuerkennen, daß er sich als Politiker unmöglichgemacht hat, mußte er nicht nach dieser beispiel-losen Blamage sein Mandat niederlegen?Er wird sich hüten! Und ebensowenig wird ihn seine Parteidazu veranlassen. Denn sie hat den letzten Reichs-tagswahlkampf in genau derselben Weisegeführt wie HerrErzberger. In einem Wahl-aufruf vom 15. Dezember 1906 heißt es:.Seien wir uns auch bewußt, daß bei einer anders gebildetenMehrheit des Reichstages die Garantie entsällt, daß bei der Be-willigung der bereits angekündigten neuen Steuern die von unsimmer festgehaltene Schonung der minderbemittelten Klasse» aufrechterhalten wird."Der Aufruf schließt mit den Worten:„ M i t G o t tfür Wahrheit, Freiheit und Recht!" und istunterzeichnet von dem„Vorstand der Zentrums-fraktion im Deutschen Reichstag". Ist diesesManifest, das dieselben groben Unwahrheiten enthält wie dieErzbergersche Broschüre, nur nicht in so klar ausgesprochenerWeise,— ist das etwa auch—„nicht offiziell"?!Man sieht, mit welchen Mitteln diese Partei, die anderenMoral predigen will, ihre Wahlkämpfe führt. Maßgebend istfür sie noch immer der schöne Grunddsatz:„Der Zweckheiligt die Mittel". Und so etwas prunkt dann mitseinem„Christentum" I_Kadavergehorsam!Ein geradezu skandalöser Fall von„Gehorsams-Verweigerung" war Gegenstand einer Verhandlung vor demDresdener Kriegsgericht. Wegen ausdrücklicher Ge-horsamsverweigerung, Beharrens im Ungehorsam und Achtungs-Verletzung war der Fahrer Wagner von der 3. Batterie desArt.-Rgts. Nr. 28 in Pirna angeklagt. Am 16. Juni war derAngeklagte zum Ausmisten des Stalles befohlen. Er litt an einemHals leiden und hatte der Vorschrift gemäß(I) dieHalsbinde während der Arbeit um. Während der Arbeit trat deraufsichtführende Unteroffizier Flemmingcr an den Angeklagtenheran und befahl ihm, die Halsbinde abzulegen! Denersten Befehl hatte Wagner nicht gehört und aus den zweiten Be-fehl machte er dem Vorgesetzten die Mitteilung, daß er einHalsleiden habe. Trotzdem wurde der Befehl wiederholt!„Ich habe ein Halsleiden, ich tue es nicht" ant-wartete schließlich Wagner. Dies hörte ein in der Nähe stehenderUnteroffizier namens Wolf. Jetzt nahm sich dieser den„wider-spenstigcn" Angeklagten vor, indem er ihm ebenfalls befahl, d i eHalsbinde sofort abzulegen!„Ich bitte den HerrnUnteroffizier mit Rücksicht auf mein Halsleiden, von diesem Befehlabzusehen", sagte in höflichem Tone der Angeklagte. Der Unter-ostizicr Wolf ging auf diese Einwendung gar nicht ein, sonderndrängte auf Ausführung seines Befehls! Schließ-lich nahm Wagner die Halsbinde, ab. Daß sich die Vorgesetztenihrer uneingeschränkten Gewalt bewußt sind, beweist die Tatsache,daß die Unteroffiziere noch die Kühnheit besaßen, den Fall zurMeldung zu bringen.Vor Gericht erklärte der Angeklagte, daß er den Befehl ledig-lich wegen seines Halsleidens nicht befolgt habe. Er habe dasVerhalten der Unteroffiziere als Schikane aufgefaßt, denn nachder Vorschrift war er ja zum Tragen der Halsbinde verpflichtet.Er habe auch den Eindruck gehabt, als seien die Unteroffi-ziere angetrunken gewesen, denn sie hätten fortwährend tmStalle herumgeschimpft: er selbst sei alles möglichegenannt worden! Der Unterofstzier Flemmingcr stellte cnt-schieden in Abrede, daß ihm der Angeklagte von seinem Halsleidenetivas gesagt habe! Der Unteroffizier Wolf gab dies dagegen zu,erklärte aber trocken, er habe oas nicht geglaubt!! Diebeiden Unteroffiziere schnitten in der Verhandlung sehr schlechtab; sie mußten sich sagen lassen, daß der Befehl sinn- und«weckloj» wer.-Selbst der Anklagevertreter trat unter Berücksichtigung derganzen Umstände für den Angeklagten ein. Er warf zuerst dieFrage auf, ob der Befehl zu dienstlichen Zwecken nötig war undverneinte das. Die Befehle seien nur als Schikane aufzu»fassen. Es sei sogar zu erwägen, ob der Angeklagte in Notwehrgehandelt habe, da er durch Ausführung des Befehls eine G e-sundheitsschädigung befürchtete. Da der UnteroffizierFlcmminger entschieden bestreitet, daß ihm der Angeklagte etwasvon seinem Halsleiden gesagt habe, so müsse der Angeklagte sub-jektiv wegen der Gehorsamsverweigerung bestraft werden. Zweifel-los müsse aber hier dem Angeklagten§ 38 des M.-St.-G.-B.(durchvorschriftswidrige Behandlung zur Not gereizt)zugebilligt werden.Das Kriegsgericht verurteilte den Angeklagten unter An-Wendung des ß 38 zu-- 3 Wochen einen Tag strengen Arrest!!!(Die Mindeststrafe wäre 6 Wochen ein Tag Gefängnis gewesen.)Daß der Angeklagte in Notwehr gehandelt habe, hat dasGericht nicht angenommen, wohl aber, daß er vor-schriftswidrig behandelt worden ist. Subjektiv warder Angeklagte verpflichtet, dem Befehl nachzu-kommen, deshalb konnte er nach dem Gesetz nichtstraffrei ausgehen!!Dieser Fall verletzt das Rechtsempfinden aufs tiefste undschreit geradezu nach einer Reform des Militärstrafgesetzbuches.—Zur Ncichstagsnachwahl in Stollberg-Schnceberg.Die Nachricht, daß der Univcrsitätsprofessor C a l k e r auf-gestellt ist, wird dementiert; es ist vielmehr det SchuldirektorVorberk in Untersachsenberg als gemeinsamer Kandidatder Ordnungsparteie» im 13. sächsischen Wahlkreise aufgestelltworden._Die badischen Landtagswahlenfinden im Oktober dieses Jahres statt. Das Ministerium desInnern hat die Gemeindeverwaltungen beauftragt, die Auf»stellungen der Wählerlisten vorzunehmen.'Oestemicb.Tie ungarische Krise.Budapest, 12. Juli. Das Abgeordnetenhaus nahm einenAntrag an, nach welchem von der Wicdererncnnung des KabinettsWeierle Kenntnis genommen und der Wunsch ausgesprochenwird, die Lösung der Krisis möge im Herbst unter Berück.sichtigung der Majorität erfolgen. Danach vertagtesich das Haus bis zum 28. September.frankreick.Eine Aktion gegen den AnarchosyndikaliSmus.Paris, 11. Juli.(Eig. Ber.)Die traurige Lage, in die die anarchosyndikalistischen Tema-gogen die französische Gewerkschaftsbewegung gebracht haben, hatdie reformistischen Organisationen, d. h. diejenigen, die für einewirklich gewerkschaftliche, nicht aus.AntiParlamentarismus" unddergleichen hinauslaufende Arbeit eintreten, endlich veranlaßt, eineentschiedene Gegenaktion zu beginnen. Ein Aufruf, der die Zieledes neugegründeten„Komitees der GewerkschaftScinhcit" darlegt,ist von folgenden Gewerkschastsleitern unterzeichnet: C o rd ie r,Bergarbeiter; Cleuet, Angestellter; Cohen.Musiker; Gervaise, StaatSarbeiter; Gusrard,Eisenbahner; Keufer, Buchdrucker; Niel, ehe.maliger Sekretär der Arbeitskonföderation;Renard. Textilarbeiter. Thil, Lithograph.Wie aus dem Manifest hervorgeht, handelt es sich nicht umeine Loslösung von der Konföderation, sondern darum, in dieserdurch die angemessene Aenderung des Organisations-statuts den Willen der Mehrheit an Stelle der bishernach Willkür und mit größter Intoleranz schaltenden Minderheitmaßgebend zu machen. Der Aufruf läßt es an scharfen kritischenWorten nicht fehlen. Er weist darauf hin, daß den Statuten undden Gewerkschastsbeschlüssen zum Trotz in der KonföderationPolitik betrieben wurde— nämlich die des A n a r ch i s-m u s. Sie hat persönliche Rivalitäten, Konflikte und Spaltungenhervorgerufen. Die Unterzeichner treten dagegen auf, daß die Ge-Werkschaftsbewegung eine politische Kirchengemeinde in ber Handeines Häufchens von Demagogen und schwatzenden Agitatorenwerde. Die Gewerkschaftsbewegung kann nur traurig vegetieren,solange politische Leidenschaften und innere Kämpfe sie zerreißen.Das Komitee will, ohne seine Verteidigung gegen Unterschiebungenund Verleumdungen zu vernachlässigen, vor allem bemüht sein,die Gewerkschaftsbewegung in ihre natürlichen wirtschaftlichen undberuflichen Grenzen zurückzuführen, um die notwendige Einheitder Arbeiterschaft in der Arbeitskonföderation zu befestigen. ESwill seine Methoden entwickeln und für Gerechtigkeit, Duldsamkeitund kameradschaftlichen Geist eintreten, um die Werbe kraftder Gewerkschaften zu stärken. Dieser Aufgabe soll auchein Preßorgan dienen:„Der anarchistische Syndikalismussitzt mehrere Blätter, der wirtschaftliche nicht ein einziges. Darm»gründen wir die„Action ouvriere"(„Die Aktion der Arbeiter").Der Aufruf richtet sich an alle aufrichtigen Gewerkschaftler ohneUnterschied der Tendenz und des Temperaments und fordert sieauf, mitzuwirken, die französischen Gewerkschaften zu einer metho-dischen, starken und männlichen Organisation zu machen, die fähigist, die wirtschaftliche Befreiung des Proletariats zu beschleunigen.Die„Humanitö" druckt diesen Aufruf„als Dokument"ab und Genosse I au res verwahrt sich dagegen, sich mit seinenKritiken durchaus zu identifizieren. Doch hebt er die Notwendig-keit hervor, im jetzigen Zustand der Konföderation die Methodenund möglichen Reformen der Organisation zu formulieren und zudiskutieren, nur müsse das in der Einigkeit und für die Einigkeitder Arbeiterschaft geschehen.Die oben angeführten Stellen zeigen, daß die im„Komitee"vereinigten Gewerkschaftler ihr Ziel innerhalb der Kon-föderation zu verwirklichen bestrebt sind und sie dürften sichdurch Jaures Bedenken: das neue Komitee darf nicht als einKeim der Zwietracht erscheinen, nicht getroffen fühlen. Die Re-formisten, die noch einmal den Versuch unternehmen, die Arbeits-konföderation von der Bahn der anarchistischen Abenteuer zurück-zureißen, wissen sehr gut, daß sie bei diesem Unternehmen von denniedrigsten Anwürfen nicht verschont bleiben werden und daß mansie beschuldigen wird, die Konföderation der Regierung und derKapitalistenklasse in die Hände zu spielen. Bei diesem selbst-verleugnenden Ausharren in der Konföderation, das sie gewiß so-lange fortsetzen werden, als nur irgendeine Hoffnung bleibt, dortder Arbeiterklasse zu dienen, dürfen sie mit Genugtuung fest-stellen, daß, wenn leider noch nicht die Gesamtheit der Arbeiter,so doch ihre gefährlichsten Gegner die Bedeutung ihresBeginnens erkannt haben und daß das Kapitalistenblatt„Figaro"besorgt ausruft, der Reformismus, der sich hier zum Kampf vor-bereite, sei viel gefährlicher als der Lärm der Pal cur undBousguet._Ei» Schiedsgericht.Paris, 12. Juli. Die Kammer setzte die Diskussion über dasGesetz fort betr. die zeitweise Aufhebung des Monopols der stan-zösifchc» Flagge i» Ausnahmsfällen und»ahm den Artikel 2 ein-stimmig an, der die Einrichtung eines ständigen SchiedS»gerichteS vorsieht, das im Falle von Differenzen zwischenReedern und der Schiffsmannschaft ohne Verzug von derRegierung angerufen werden soll. Das Schiedsgericht fetzt sich auseiner gleichen Zahl von Arbeitgebern und Arbeit-n e h m e r n zusammen. Das ganze Gesetz wurde mit 496 gegen63 Stimmen angenommen.—_Weitere Enthüllungen.Paris, 12. Juli. Burzew hat jetzt an den JustizministerBriand folgenden Brief gerichtet:„Die russische Geheimpolizeihandelt in der französischen Republik wie im Zarenreich. Sieverachtet in Frankreich die französischen Gesetze, als ob sie nichtvorhanden seien. Das französische Gesetz verbürgt Gedern BewohnerFrankreichs, er sei Franzose oder Ausländer, unbedingt dasBriefgeheimnis. Die in Frankreich wohnenden Russen sindjedoch dieser Bürgschaft beraubt. Die russischen Poli-zistcn üben in Frankreich unter Verachtung des gemeinen Rechtssystematisch Unterschlagung der Briefe. Ich klageRatschkowsky, Ratajew, Manuilow, Harting-Landeisen an, inParis ein schwarzes Kabinett eingerichtet und den Brief-diebstahl selbst oder durch ihre Untergebenen regelmäßigverübt zu haben. Der zweite Vorstand der russischen Geheim-Polizei, Blint, der noch immer im Amt ist, hat seinBureau in der russischen Botschaft selbst, wo er selbst oder seineGehilfen die Briefe photographieren, die sie französischen Post-beamten oder Pförtnern abkaufen oder den Empfängernstehlen. Blint und seine Gehilfen bezahlen 6 Frank für einenBrief und 2 Frank für eine Postkarte. Das ist der amtliche Tarif."perfteu.Ein Aufruf persischer Reformer an England.London, 8. Juli.(Eig. Ber.) In der„Justice" veröffentlichenzwei persische Reformer einen Aufruf an die englische Nation,die sie bitten, das ihrige zu tun, die russische Intervention vonPersien abzuwenden. Sie sagen, sie seien von der konstitutionellenBewegung ihres Landes nach England geschickt worden, um alleFreiheitsfreunde mit dem Unglück PerfienS bekannt zu machen.Die Perser haben bereits viele schwere Opfer für die Wieder-Herstellung der Verfassung gebracht, so daß sie die SympathieEnglands wohl verdienten. Aber im Augenblick, als diese Opfernicht vergeblich zu sein scheinen, drohe die militärischeIntervention Rußlands alle Hoffnungen Persiens zuvernichten. Trotz aller revolutionären Kämpfe der letzten Jahrewurde kein einziger Ausländer in Persien behelligt, und die Ver-treter der ausländischen Mächte haben ausdrücklich anerkannt,daß die persischen Reformer alles getan haben, die Gebräuche derZivilisation und die Bestimmungen des Völkerrechts zu wahren.Aber wie handeln die Vertreter der russischen Regierung? DieHerren Hartwig, Liachoff, Schapsal usw. unterstützen in jeder Be-ziehung den Tyrannen Persiens, und russische Truppen besetztenAserbaidschan. Selten habe eine Reformbewegung mit so großenSchwierigkeiten zu kämpfen gehabt wie die persische, und seltenhabe eine revolutionäre Bewegung soviel Mäßigung an den Taggelegt wie die persische. Und doch habe Europa ihr die Sympathienversagt, die cS in so freigebiger Weise den Jungtürken zugewendethabe. Der Aufruf schließt:„Wir möchten besonders die Aufmerk-samkeit darauf lenken, daß wir Perser den Beistand fremderMächte nicht nachsuchen; wir wünschen nur, daß man uns alleinläßt, daß wir durch unseren nördlichen Nachbarn nicht gehindertwerden, unsere Freiheit zu erringen. Sind wir denn nicht genugbestraft, daß wir über uns die Regierung eines Mohamed AliSchah ergehen lassen müssen? Müssen wir uns auch noch mitrussischen Soldaten herumschlagen, die jetzt in unserem Landelagern und die auf Einladung der britischen Regierung ge-kommen sind?"-,-_Kämpfe bei Teheran.Teheran, lt. Juli. Eine Abteilung von etwa 1200 Mann R e»gierungstruppen mit vier Geschützen griff heute früh dieNationali st en 16 Meilen westlich von Teheran an; es gelangihr jedoch nicht, die letzteren aus ihrer Stellung, die zwei Stundenhindurch heftig beschossen wurde, zu verdrängen. Die Verlust-Ziffern sind noch' unbekannt. Wahrscheinlich wird daS Gefecht heuteabend wieder aufgenommen werden.Marokko.Neue Kämpfe.Der Gegensatz zwischen den Spaniern und den Nif f-k a b y l e n in Nordmarokko hat in den letzten Tagen zu offenenFeindseligkeiten geführt; bei Meli IIa kam es zu einem Gefecht,bei welchem aus s p a n i s ch e r S e i t e ein Offizier und vier Soldatengetötet und vier Offiziere und 22 Soldaten verwundet wurden. DieMauren haben einen Verlust von 40 Toten und 120 Verwundetenerlitten.Ob Spanien wirklich eine größere Armee nach Marokko schickenwird, ist noch ungewiß. Jedenfalls werden aber die Besatzungenvon Centa und Melilla verstärkt werde».8Uclafriha.Die Eingeborenen und die Union.London, 7. Juli.(Eig. Ber.) Die Verfassung der süd-afrikanischen Union, die noch vom britischen Parlament bestätigtwerden muß, schließt bekanntlich die Eingeborenen und diefarbigen Einwohner Südafrikas vom Wahlrechtaus, denn nur Südafrikaner„europäischer Abstammung" sollenals Vollbürger betrachtet werden. Gegen die Herabsetzung derEingeborenen und der Nichteuropäer haben einflußreiche Bürgerenglischer Abstammung in der Kapkolonie Protest erhoben undeine Petition zugunsten der Eingeborenen an das britische Parka-ment geschickt. Die Petition erklärt:„... In der Kapkoloniegibt es etwa 22 000 farbige Wähler, darunter Geistliche, Re-dakteure, Lehrer, Aerzte, Beamte, Grundbesitzer, Geschäftsleuteund Handwerker, die durch ihre Tätigkeit die Achtung ihrer Mit-bürger gewonnen haben....Der Ausschluß der Eingeborenenvom Wahlrecht, ihre Brandmarkung als minderwertige Menschenist eine große Ungerechtigkeit, die einen großen Teilunserer Mitbürger tief verwunden wird. Eine derartige eng«herzige Politik ist eine Beleidigung gegen die Institutionen derKopkolonie, die seit dem Jahre 1863 bestehen und auf dem Prinzipder Gleichberechtigung der Eingeborenen aufgebaut sind. Sie istauch eine Gefahr für den Frieden und das Wohlergehen Süd»afrikas.... Wir wären keine treuen Südafrikaner, wir wärenpflichtvergessen gegenüber unserem Lande, würden wir dem Reichs-Parlament und der Regierung nicht nahelegen, daß es absolut not-wendig sei, die Grundrechte und Grundfreiheiten der Kapkoloniezu schützen und aufrechtzuerhalten. Nur durch das EingreifenEnglands dürfen wir hoffen, die unklugen und unliberalenTendenzen der Unionsverfassung zu beseitigen, die unserertraditionellen Politik, den besten Idealen moderner Politik undden edelsten Anforderungen der Humanität und der Religionwidersprechen."Die Petenten sind— mit der einzigen Ausnahme Schreiner?—lauter Bürger englischer Abstammung. Burennamen sind darunternicht zu j inüfeti.