rmtg, in welcher Rechtsanwalt Jerfchle refenrte. Nahezu einstimmig ernannte diese ländliche Versammlung einen Sozialdemo-kraten zum Leiter der Versammlung. Tie beiden AdvokatenJerschke und Lonnig— ohne Advokaten geht es beim Freisinnnicht— mühten sich ab, den Leuten die Schredlbiloer des„Zukunstsstaales" vorzumalen, während ihnen der Sozialdemokrat Bühle aus Straßburg mit dem Gegemvartsstaal des liberalenKapitalismus ersolgreich entgegentrat. Eine Resolution zugunsten der Sozialdemokraten fand beinahe einstimmige An-nähme. Die Bürgervereinler verrichteten also ganz vergeblicheSonnlagsarbeit.Die Agitationskommission von M ü h l b u r g in Baden unternahm am Sonntag mit einer großen Zahl Parteigenossen eineSchriftenvertheilung in Eggenstein, Linkenheim, Leopoldshafen,Hochstetten und Umgebung. Die Landleule waren über die sozial-demokratische Lektüre hocherfreut.Am gleichen Tage machten etwa 200 Parteigenossen ausAachen einen Ausflug ins Kohlenrevier über Morsbach,Bardenberg und Würselen, wobei die Rede Bebel's über denZukunftsstaat verbreitet ivurde. Während die große Mehrheilder Landbewohner die Schriften freundlich in Empfang nahm.machten andere die Thür zu, bekreuzten sich oder zerrissen dieBlätter. Einigen Frauen konnte es gar nicht einleuchten, daßdie Verlheiler der Schriften Sozialdemokraten seien, denn siesähen doch gar nicht wie Räuber oder dergleichen aus. Es beweist dies, wie groß der Unsinn ist, der von den Kanzeln herabund von der Zentrumspresse über die Sozialdemokratie ver-breitet wird.'Ueber eine neue Heldenthat des PnstorS JSkraut bc-richtet das Kasseler„Volksblatt für Hessen und Waldeck". Ver-gangenen Sonntag sollte in Rehme in Westfalen eine Ver-sammlung stattfinden, in welcher Genosse Adolph Hoffmann ausZeitz über die„Zehn Gebote und die besitzende Klasse" sprechenwollte. Schon Mittags rückte Jskraut mit seiner Garde an. erstellte sich rechts neben der Bühne auf einen Stuhl, gruppirteseine Getreuen um sich herum und gab von Zeit zu Zeil wieein Feldherr seine Instruktion. Mehrere andere Pastoren gabenim Saale die Parole aus, konnten aber keine rechte Gegenliebeerwerben. Die Bureauwahl war das Signal zum Beginn desSkandals. Herr Jskraut winkte von seinem erhöhtenStandpunkt, und die Garde stimmte ein nicht wieder zugebendes Gebrüll an. Die Majorität entschied sich für einsozialdemokratisches Bureau, nun war natürlich für denin seinen Hoffnungen getäuschten Jskraut kein Halten mehr.Der Einberufer der Versammlung forderte darauf den PastorJskraut auf, den Saal zu verlassen, indem er mittheilte, daß derWirth dem Einberufer das Hausrecht übertragen habe und derPastor eine Anklage wegen Hausfriedensbruchs zu gewärtigenhabe, wenn er nicht Folge lerste,- Jskraut nahm seine Sachenund wendete sich mit dem Hinweis, daß man ihn ins Gefängnisbringen wolle, an feine„Getreuen", die natürlich„Hierbleiben!"brüllten. Als der Amtmann und die Gendarmen es ab-lehnten(!!), den Pastor zu entfernen, bekam dieser neue5iourage, er blieb, und der Skandal begann von neuem. DerReferent nahm nunmehr das Wort, wurde aber von Jskrautund seiner Garde mit Gebrüll begrübt, Stöcke wurden ge-fchwu, gen, Taschentücher mit eingebundenen Feldsteinengeworfen.(Ein solcher Held war bereits von der Polizeiverhaftet.) Hoffmann erklärte darauf mit dröhnenderStimme, die für einige Augenblicke Ruhe schaffte:„HerrJskraut, brüllen Sie nicht so, mir jagen Sie durch Ihr Gebrüllkeine Furcht ein, ich fürchte mich auch nicht vor der von einemPastor geleiteten Knüppelgarde, ich bin derartige geistige Waffenvon Eisleben aus gewöhnt." Dauernder Beifall auf der einen,wüthendes Geschrei unter Leitung Jskraut's auf der andernSeite. Als der Referent den Vortrag beginnen wollte, winkteJskraut, und das Gebrülle begann von neuem. Nochmals gelanges dem Referenten, sich Ruhe zu verschaffen. Er wandte sichan die JSkraut'schcn Bauern, erklärte ihnen,„daß man doch erstihn, den Redner hören sollte, dann könnte ja Herr Jskrautwiderlegen; ob es ihnen denn nicht auffiele, daß Jskraut nuruns verhindern will, ihnen die Wahrheit zu sage»?" EinenAugenblick schien es, als wenn eine bessere Einsicht Platz greifensollte. wiederholt hatte Jskraut das Signal zumSkandal vergebens gegeben; jetzt stampfte er ungeduldigmit den Füßen auf, und das Gebrüll beganngvon neuem. Hoff-mann schreit:„Herr Jskraut, Sie beweisen dadurch, daß Sie zuseig oder unfähig sind zu widerlegen." Jskraut und seine An-Hänger brechen in wüstes Geschimpfe aus, welches schon vorherrecht niedliche Blüthen gefördert hatte. Schließlich schreck JskrautHöhnisch:„Sprechen Sie doch über die zehn Gebote". Rednermacht nochmals den Versuch, doch das Gebrüll machte es un-möglich, durchzudringen. JSkraut, der mit Auktionatorstimmevorausbrüllte. schrie höhnisch:„Sie müssen lauter sprechen".Hoffmann:„Verzeihen Sie, wenn ich das nicht kann, ich binbisher nur gewöhnt zu Menschen zu sprechen, nicht aber imKuhstall". Alle Versuche durch Vertagung, Unterhandlungenmit den anderen Pastoren w. scheiterten an der Skandal-sucht des Jskraut und der dämonischen Gewalt, welche erüber seine blinden Getreuen hatte. Schließlich begann derbekannte Gesang„Heil dir im Siegerkranz",„Ein' feste Burg istunser Gott" und„Allein Gott in der Höh' sei Ehr'", welcher vonder anderen Seite mit„Arbeiter all' erwacht",„Marseillaise" undschließlich mit der„Holzauktion" beantwortet wurde. Das Endewar, der Amtmann löste unter dem frenetischen Jubel des HeldenJskraut und seiner Getreuen auf. Wenn man aber glaubt, da-mit die Sozialdemokratie getödtet zu haben, so ist man im argenJrrthum, selbst unter den Getreuen wurden Stimmen laut, welchemeinten,„man hätte doch erst hören sollen, was die Sozial-demokraten wollten". Die Versammlung wird trotz oder geradedurch JSkraut sür unS einen große» Erfolg haben, insbesondere,da es dem Referenten noch gelungen war, eine Auf-forderung in die Menge zu schleudern,„dem Herrn Js-kraut und seinem Helfershelfer bei der Wahl dieAntwort auf sein Betragen zu geben." Finanziellwaren wir auch zufrieden, die Versammlung brachte 73 M. 90 Pf.Kosten. Abends fand in dem 3/4 Stunde weit entfernten Vlothoeine Versammlung statt, in welcher Genosse Hoffmann über das-selbe Thema unter sich immer wiederholendem Beifall der denSaal bis auf den letzten Platz füllenden Menge sprach.(Vielewaren von Rehme herüber gepilgert.) Wie lange die Behördedem Treiben eines Jskraut zusehen wird, sagt das„Volksblattfür Hessen und Waldeck", ist mcht abzusehen, sie ist abermit verantwortlich für das, was event. einmaldaraus entsteht, denn nur der musterhaften Haltung derSozialdemokratie ist es zu danken, daß es nicht zu ernsten Ex»zessen kam.Die maßgebenden preußischen Behörden wer-den gut thun, diesen Rath ernsthaft zu beherzigen.Man kann den Sozialdemokraten nicht ewig zumuthen, sich ihrgesetzliches Recht aus die Abhaltung von Versammlungen immerund immer wieder durch einen Menschen wie Jskraut und seineRowdybande illusorisch machen zu lassen. Versagt die Polizeiuns ihren Schutz vor derartigen Friedensstörern, dann müssenwir unser Recht schon selbst schützen. Die Macht dazu habenwir und anwenden werden wir sie gegebenen Falles auch.Polizeiliches, Gerichtliches ee.— Der Redakteur D i e h l von der„W urzenerZeitung"wurde vom Leipziger Landgericht wegen Beleidigung des Dort»munder Landgerichts zu 6 Wochen Gesängniß verurtheilt.— Die Parteigenossen N e u m a n n in Aken und Schöpsin Dessau wurden vom Dessauer Schöffengericht wegen Be-leidigung der Lehrer und der Fußjäger in Osternienburg zu 60 M.Geldstrafe verurtheilt. Der Amtsanwalt hatte SO M. Geldstrafebeantragt.Vommunoles.Stadtverordneten-Versammlung.Oefsentliche Sitzung vom Donner st ag, 27. April,Nachmittags 5 Uhr.In die Gesinde-Belohnungsdeputation wird Stadtv. Ladewig,in die Brennmaterialien- Deputation Stadtv. Matterne, in denAusschuß sür die Wahlen ron unbesoldeten EemeindebeamtenStadtv. Schulz durch Akklamation gewählt.In den Petitionsausschuß wählt die Versammlung denStadtv. Wallach mit 59 Stimmen, daneben erhält Metzner IIStimmen. In das Kuratorium für das Friedrich- WilhelmsHospital und die Sicchenanftalten tritt Stadtv. Hammerstein;Borgmann erhält 15 Stimmen.In das Markthallen- Kuratorium wird Stadtv. Herbig ent-sendet.Zur Vergrößerung der Saugekammer des älteren Theilesder Tegeler Wasserwerke werden 17 300 M. bewilligt.Die Verbreiterung der Mühlen st raße vomRummelsburgerplatz bis zur Warschanerstraße macht die Er-Werbung mehrerer bebauter Grundstücksparzellen nothwendig.Bis jetzi ist nur der Eigenthümer des Grundstücks Mühlenstr. l lzum Abschluß eines dem Magistrat annehmbar erscheinenden Ab-kommens bereit gewesen. Es soll ihm für das abzutretendeTerrain von ca. IZb Quadratmetern ein Preis von 85 M. proQuadratmeter und außerdem die Summe von 1800 M. sür dieVerkleinerung des Wohnhauses gezahlt werden.Die Vorlage wird ohne Debatte angenommen.Der Magistrat erneuert seine Vorlage betr. die innereAusschmückung des Rathhauses. Aus den, Entwurfist diesmal die bei der Berathuug der abgelehnten Vorlage be-anstandete Statue des Frhrn. vom Stein, die in der Nische desMagistrats-Vorsaals Ausstellung finden sollte, weggelassen worden.Der Anschlag der Kosten beläuft sich denigemäß nur auf90 000 M. Die Arbeiten sollen unter Oberleitung der gemischtenDeputation für die innere Ausschmückung des Rathhauses aus-geführt werden.Auch diese Vorlage gelangt ohne Debatte zur Annahme.Unter Aufhebung der drei für die Verwaltung der städtischenKrankenhäuser bestehenden Kuratorien soll eine aus vier Magistrats-Mitgliedern und acht Stadtverordneten bestehende„D e p u-tation für die städtischen Krankenanstalten"»eben der Deputation für öffentliche Gesundheitspflege errichtetwerden. Der Magistratsvorschlag entsvricht einer von der Ber-sammlung bei der Etatsberathung beschlossenen Resolution.Stadtv. K a l i s ch beantragt Ausschußberathung. Man könnedem Magistrat für die schleunige Erfüllung der Resolution freilichnur dankbar sein, doch empfehle sich behufs besserer Abgrenzungder Kompetenzverhältniffe noch nähere Erörterung in einemAusschuß.Stadtv. Dr. Z a d e k: Ich beantrage, zu der Deputationauch drei Bürger-Deputirte gehören zu lassen. Dieser An-trag spricht eigentlich für sich selbst. In den früheren De-putationen haben immer Bürger- Deputirte gesessen; sie sindauch in die Kuratorien übergegangen und sitzen noch heutedarin. Ich finde keine Erklärung dafür, daß der Magistratletzt von dieser Gepflogenheit abgehen will. Ich habeschon bei der Etatsberathung darauf hingewiesen, wiewünschenswerth es ist, wenn in diesen Verwaltungskörpern auchVertreter derjenigen Klaffen sitzen, welche hauptsächlich in denstädtischen Hospitälern behandelt werden, nämlich Arbeiter, zu-mal in der neu zu bildenden Deputation, die doch auch bis zueinem gewissen Grade als Berufungsinstanz zu gelten habenwird. Ich bitte Sie, unser Amendement anzunehmen.Die Einsetzung eines Ausschusses von 15 Mitgliedern wirddarauf beschlossen; dem Ausschuß wird auch der Antrag Zadelüberwiesen.Die Petition der Plahn'schen Buchhandlung. Henri Sauvage,Französischestr. 33, um Befriedigung von Forderungen für anden 1830 verstorbenen Direktor Gallenkamp von der Friedrich-Werderschen Ober-Realschule in den Jahren 1863 bis 1890 ge-lieferte Bücher wird dem Magistrat zur Berücksichtigung mit derMaßgabe überwiesen, daß der Buchhandlung noch der Betragvon 267,71 M. gezahlt werde.Der Schlächtermeister Robert Hartig, Solmsstr. 38, und Ge-nassen petitioniren um Bewilligung einer Entschädigung für diebei dem Gewitter am 17. Juli 1892 in den unteren Räumen derHäuser Gneisenaustr. 101/2 erlittenen Beschädigungen und Ver-luste, welche sie aus 4000 M. berechnen.Die Petionskommission ist nicht der Meinung gewesen, daßder Vorwurf, die Stadt habe nicht dafür gesorgt, den Schadenzu verhüten, irgendwie begründet sei, hält auch dafür, daß dieKanalisationsverwaltung keine Schuld trifft, daß diese Schuldvielmehr an den Terrainverhällnissen am Kreuzungspunkt derGneifenau- und Nostizstraße liegt, and lehnt es ab, die Petitionzu befürworten.Stadtv. Kreitling bittet um Ueberweisung zur Berücksichtigung. da solche Ueberschwemmungen sich oft wiederholenund die Anwohner aus die Dauer schwer schädigen muffen.Stadrralh Hagen: Der Magistrat kann eine Verpflichtungzur Entschädigung nicht zugeben. Für die Folgen des außer-ordentlichen Naturereignisses können wir von Stadlivegen nichteintreten; es würde das einen sehr unangenehmen Präzedenzfallbilden, da wir derartige Terrainverhältnisse auch noch m vielenanderen Theilen der Stadt haben. Die Schuld für die ein-getretenen üblen Folgen trifft vielmehr die Hausbesitzer, welchediejenigen Einrichtungen und Vorrichtungen vernachlässigthaben, die sie im eigenen Interesse hätten treffen müssen.Es steht in keinem Gesetz, daß der Hausbesitzer gegenhöhere Gewalt, wie sie durch solche Naturereignissesich geltend macht, durch die Allgemeinheit geschützt werden muß.Was geschehen kann, um den hervorgetretenen Uebelständen durchneue allgemeine Einrichtungen abzuhelfen, wird geschehen. Wirsind mit Versuchen derart andauernd beschäftigt.Stadtv. Sachs II verlritt im Anschluß an diese Argu-mentation den Standpunkt des Ausschusses, über die Petition zurTagesordnung überzugehen.Stadtv. E s in a n n: Gewiß besteht auch nach meiner An-ficht keine Verpflichtung der Stadtgemeinde. Dennoch sollte diePetition berücksichtigt werden. Es handelt sich nicht um Haus-besitzer, sondern um die geschädigten Kellerbewohner, speziell umden ruinirten Schlächtermeister.Stadtv. L a d e w i g bittet aus prinzipiellen Gründen demAusschußantrag beizutreten. Gegen höhere Gewalt gebe es nurdie Versicherung, die, wie gegen Feuer-, auch gegen Wasserschädendewirkt werden könne.Der Antrag Kreitling wird abgelehnt, die Versammlung gehtüber die Petition zur Tagesordnung über.Aus Veranlassung der in jüngster Zeit wiederholt erfolgtenVerleihung des Prädikats„S l a d l ä l t e st e r" hat der Magistratdie bisherige Ausfertigung der Vorrechte dieser Stadt-ältesten einer Durchsicht unterzogen und ihr eme zeitgemäßeFassung gegeben. Er ersucht die Versammlung um ihre Zu-stimmung zu der neuen Fässung, welche Zustimmung ohne Dis»kussion ertheilt wird.Die Stadtvv. Rast und Genossen beantragen, den Magistratum Auskunft zu ersuchen:wie weck die Angelegenheck wegen Herstellung einer Ber-zwischen ChausseeundWöhlert'schenkehrsverbindung...G a r t e n st r a ß e auf dem ehemaligenTerrain gediehen ist.Stadtv. Burckhardt beantragt, einen Ausschuß von10 Mitgliedern für diesen Antrag niederzusetzen.Stadtrath Friede!: Ob der in Aussicht genommene Fuß-gängertunnel unter dem Geleis« der Berlin-Stettiner Eisenbahnsobald in Angriff genommen werden kann, wissen wir nicht.Auf wiederholte Anfrage bei der Eisenbahndirektion haben wirnoch keine Antwort bekommen, nachdem früher uns gesagt wurde,daß die Angelegenheit zweckmäßig erst mit dem neuen Bahnhofs-Bauprojekt erörtert würde.Stadtv. R a.st hält es doch für ersprießlich, einen Ausschußniederzusetzen(Widerspruch), dessen Einsetzung wohl auch auf diefiskalischen Behörden einen Druck ausüben würde.(Heiterkeil.)Die Verbindung der beiden Straßen sei doch schon vor'S Jahrenbeschlossen worden.Stadtvv. Wohlgemuth und D i n s e können nicht be-greifen, wie ein Ausschuß in der Angelegenheit auch nur dasMindeste zu fördern vermöchte.Nachdem auch noch Stadtv. Sachs II sich gegen einenAusschuß ausgesprochen, wird die Einsetzung eines solchen ab-gelehnt.Das im Besitz der Bleichröder'schen Erben befindliche Ritter-gut Gütergotz, welches südlich von Berlin zum großen Theileden städtischen Rieselgütern Schenkendorf und Sputendorf be-nachbart ist, soll zu R i e s e l z w e ck e n für den Preis vonI 400 000 M. angekauft werden. Es umfaßt 678 da(darunter341 da Forst, zum Theil angeblich 60— 70jähriger Holzbestand),aus denen die Kanalisationsverwaltung ca. 500 da zum Rieselngeeignete Ländereien zu gewinnen hofft. Es würde damit demfür die Entwässerung der Radialsysteme III und VII bestehendenBedürfniß für lange Zeit genügt werden können.Stadtv. Wohlgemuth beantragt Ausschußberathung dader geforderte Preis ein sehr hoher und vorsichtige Prüfungalso doppelt geboten sei.Dem Antrage entsprechend wird ein Ausschuß von 15 Mit-gliedern niedergesetzt.Von den Stadtvv. Sachs II und Meyer I wird am Schlüssenoch ein dringlicher Antrag eingebracht, nach welchem dieVersammlung gemeinsam mit dem Magistrat beim Abgeordneten-hause gegen die zum Z 18 des Kommunalstenergesetzes auf AntragFriedberg beschlossene Aufhebung der Miethssteuern, die bisspäteiiens zum Jahre 1900 durchgeführt sein muß, petitio-niren soll.Vom Stadtv. Singer und von verschiedenen anderenMitgliedern wird gegen die sofortige Berathuug Widerspruch er-hoben; der Antrag wird daher bis zur nächsten Titzung zurück-gestellt. Schluß 7 Uhr.Lofcnles.Die Miethssteuer ist von Herrn Alexander Meyerim preußischen Abgeordnetenhause für die beste Kommunalsteuererklärt, und da Herr Meyer die Seele der freisinnigen Majoritätder Berliner Stadtverordneten-Versammlung ist, so ist auch nichtdaran zu denken, daß die Miethssteuer in Berlin beseitigt wird.Neben Berlin erfreuen sich in Preußen nur noch Frankfurt a. M.,'falle und Danzig dieser besten Kommunalsteuer. Trotz des frei-nnigen Widerspruchs hat, wie wir bereits gemeldet, nun daslbgeordnetenhaus am Dienstag in zweiter Lesung mit einerMajorität von nur 4 Stimmen den Beschluß gefaßt, daß dieKommunal-Miethssteuer auch dort, wo sie noch besteht, am 1. April1900 fortfallen soll. Daß das Rothe Haus sich entschließen wird,eh« es durch das Gesetz dazu gezwungen ist, die Miethssteuerfortfallen zu lassen, dafür ist vorläufig keine Aussicht. Die besteGelegenheit dazu war im vorigen Jahre gegeben. Dank der durchdas neue Einkommensteuer-Gesetz bewirkten Verhütung der Steuer-Hinterziehungen der besitzenden Klassen, war die Stadt in der Lage,die Steuer herabzusetzen. Das Nächstliegende wäre nun gewesen,die Miethssteuer, welche die ärmere Bevölkerung am meiste» be-lastet, zu beseitigen, wie es von den sozialdemokratischen Stadl-verordneten beantragt ivurde. Statt dessen wurde aber die Ein-kommensteuer herabgesetzt. Wir wiesen in einem Leitartikel„Freisinniger Steuererlaß" am 3. April 1892 nach, daß dieseArt der Steuerermäßigung besonders vortheilhaft für die Be-sitzenden sei, während der Forlfall der Miethssteuer den minderBesitzenden zu gute käme. In bezug hierauf schreibt ein ziemlichunabhängiges Zentrumsblatt, die„Deutsche Reichs-Zeitung" inBonn vom 25. April:„In Berlin beträgt die Miethssteuer feit 1891 voneinem Mielhspreise in der Höhe von 200—400 MarkpEt., von 400—600 Marl 3 pCt., von 600 bis800 Mark 4 pCt., von 800—1000 Mark 5 pCt., unüdarüber hinaus 63/s pCt.; also wer 1000 M. Miethe zahlt, zahlt50 M. Miethssteuer. Sie trifft hauptsächlich die unteren undmittleren Klassen. Eine Wohnung von drei Räumen in an-ländiger Gegend, im Hofe, 4 Treppen hoch, kostet 700 M., solcheWohnungen hat der Beamte oder Kaufmann mit einem Ein-kommen von 4—5000 M. Wer aber eine halbe Million Ein-kommen hat, also 100 Mal so viel als der erwähnte Beamte oderKaufmann, der benutzt doch nichr eine Wohnung, die 100 Malmehr an Miethswerth hat. Also ist die Miethssteuer ein Nutzenür die Reichsten. Die Stadt Berlin erhebt 12 Mill. M. anMiethssteuer, an Staats- Einkommensteuer wurden 22 Mill., anGemeinde- Einkommensteuer(neben der Miethssteuer) nur15 Mill. M. erhoben; für das Jahr 1833/94 werden nur 85 pEt.Zuschlag zum Staatseinkommen erhoben. Eine Aufhebung istalso dringend nöthig, und dazu sehr leicht, weil dieselbe nurErhöhung der Zuschläge zur Einkommensteuer von 85 auf 120 pCt.nöthig macht, was ja immer noch ein(verhältnißmäßig) mäßigerZuschlag ist."Diese Ausführungen stimmen vollständig mit dem überein,waS der„Vorwärts" in spezialistrter Ausführung im vorigenJahr schrieb und was in der Stadtverordneten-Versammlung vom31. März 1892 von den Genossen Zubeil und Singer des Näherendargelegt wurde.Eine große antisemitische Versammknng fand am Mick-woch Abend in den Konkordia-Sälen statt mit der TagesordnungDie Behandlung Ahlwardt's von seinen Gegnern." Die„National-Zeitung" berichtet über diese Versammlung:„Als A h l w a r d t mit dem antisemitischen AbgeordnetenWerner erschien, wurden dieselben mit stürmischem Beifallempfangen. Abg. Werner sagte etwa folgendes: Währendsonst der Reichstag an chronischer Schwindsucht leide, habe dasAuftreten Ahlwardt's ein volles Haus geschaffen. Der Senioren-konvent habe Ahlwardt verurtheilen wollen, obwohl diesem, nurein Bnichtheil der Akten vorgelegen habe. Eine traurige Rollehaben die Abgg. Lieber und v. Manteuffel im Reichslage gespielt.Lieber habe Ahlwardt von vornherein verurtheilt und v. Man-teuffel habe ihm hierbei sekundirt. Auf dem deutsch-konservativenParteitage, der im Dezember 1332 aus Tivoli stattfand, sei wohletwas Antisemitismus gelrieben worden, um die Wählermasseneinzufangen, am Dienstag aber, wo es galt, offen Farbe zu be-kennen, da sei Herr v. Manteuffel als Retter der Juden auf-getreten und dem ganz allein stehenden Ahlwardt in denRücken gefallen.(Rufe: Pfui!) Das sei keineswegs ritterlich.'ür die Antisemiten sei das aber eine Mahnung, sich aus eigene� üße zu stellen und mit keiner anderen Partei Fühlung zu halten.Der konservative Abgeordnete Hultsch habe sogar Ahlwardt zu-gerufen:„Nur Dumme lassen sich betrügen." Hoffentlich werdees dem antisemitsschen Abgeordneten Zimmermann gelingen,Herrn Hultsch bei den nächsten Wahlen aus feinem Wahlkreisezu verdrängen. Die Freisinnigen haben ein wahres Indianer-geheul angestimmt, als Ahlwardt aufgetreten sei. Mau nennedie antisemitische Partei die Radau-Antisemiten; selbst Hof-Prediger Stöcker sage dies. Allein solchen Radau hahen'dieAntisemiten jedenfalls noch niemals gemacht, als gestern die Ab-«ordneten im Reichstage. Die antisemitische Partei werde inZukunft weder Kompromisse schließen, noch sich an eine alte.überlebte, morsche Partei anlehnen. Abg. Ahlwardt äußertesich ungefähr folgendermaßen: So lange mein Beweis-