GewerkrcbaftUcbed«Berlin und Qmgcgend.Forderungen der Schmiede.Die bei Jnnungsmeistern beschäftigten Schmiedegesellen hattensich am Mittwoch in Wittes Festsälen versammelt, um zu derFrage Stellung zu nehmen, ob die Minimalsätze des Lohntarifs er-höht werden sollen. S i e r i n g referierte. Es gelten in Berlinnoch die tariflichen Abmachungen von ISOS. Danach beginnen dieMinimallöhne mit 42 Pf. pro Stunde für Stockgesellen und endenmit 60 Pf. pro Stunde. Zweifellos sind diese Sätze nicht mehrzeitgemäß. Aus diesem Grunde haben die Gesellen aus einerReihe von Betrieben das Ersuchen an den Gesellenausschuß gc-richtet, zu prüfen, ob nicht an eine Verbesserung gedacht werdenkönne. In Äoepe'nick seien bereits höhere Minimallöhne verein-bart, so für Stockgesellen 46 Pf. und für Schirrmeister 65 Pf.—Anfangs des Jahres sei festgestellt worden, daß zu den BerlinerMinimalsätzen ein erheblicher Prozentsatz der Gesellen arbeiteten.Es werde sogar unter dem Minimallohn gearbeitet und in manchenBetrieben werde selbst die Arbeitszeit nicht so innegehalten, wie essein sollte, namentlich in der Zeit der Krise. In nächster Zeit sollehesonders Obacht darauf gegeben werden, daß mindestens inne-gehalten werde, was 1965 als tariflich festgelegt wurde. Solltendie Kollegen gewillt sein, Forderungen aufzustellen, dann müssevor allen Dingen auf ein günstiges Organisationsverhältnis gc-sehen werden, zumal die Arbeitgeber sehr gut organisiert seien.Die Organisationsleitung wolle die Entscheidung der Kollegenschaftüberlassen. Sie würde jedoch in jeder Beziehung in der Sache ihrePflicht tun. Zunächst sollen Wertstattversammlungen abgehaltenwerden. Auch seien alle Schritte getan, um die Zentralleitung zuinformieren.-- In der Diskussion wurde allgemein betont, daßdie Löhne im Kleingewerbe(bei den Jnnungsmeistern) nicht aus-reichten, um einigermaßen das Leben fristen zu können, und daßan eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen gedacht werdenmüsse. Im Schlußwort hob S i e r i n g nochmal hervor, daß cSder Verwaltung ernst damit sei, das Bestreben der Jnnungs-gesellen auf Verbesserung ihrer elenden Lage zu unterstützen.—Der Gesellenausschuß erklärte, daß er die Sache der Kollegen indie Hand nehmen und ihre Wünsche formulieren werde.Der Altgeselle Köhler teilte die neueste Entscheidung überdie Sonntagsarbeit auf dem JnnungsarbeitSnachweis mit. DieGcwerbedeputation hatte es seinerzeit abgelehnt, gemäߧ 95 Abs.4 der Gewerbeordnung die vom Gesellenausschuß verweigerte Zu-stimmung zur Arbeitsvermittelung am Sonntag zu„er-g ä n z e n". Dieser, dem Willen der Gesellen und ihrer Vertretungentsprechende Bescheid ist durch den Oberpräsidenten aufgehobenworden. Er- hat die verweigerte Zustimmung. zu der Arbeits-ausgabeordnung dahin ergänzt, daß die Arbeitsvermittelung anSonn- und Feiertagen vom 1. April bis 39. September von 8 bis16 Uhr vormittags und von lllh bis 12V2 Uhr mittags und vomI. Oktober bis 31. März von 2 bis 4 Uhr nachmittags gestattet ist.—Die Versammelten gaben der Meinung Ausdruck, daß man sichgegenüber den Mißständen auf den: Nachweis in der Mulackstraßenur auf die Selbsthilfe verlassen könne. Bei der nächsten Lohn-bewegung müsse daran gedacht werden, auch auf diesem Gebieteregelnd einzugreifen._Zum Streik der Jungbierfahrer ist zu berichten, daß die ur-sprünglich am Streik beteiligten 116 Mann nach wie vor fest zu-sammenstehen. Die Fahrer von der Brauerei Gruhn, Fruchtstraße,haben am Donnerstag die Arbeit aufgenommen und verkaufendas Bier für 13 Pf. Diese Fahrer sowohl, als auch die vom„Deutschen Brauhaus", Rixdorf, Johann-Huß-Straße, sowie dievon der Genossenschaftsbrauerei(Frömmchen) Wiesenstraße, undHoffmanns Brauerei, Kochhannstraße, die unorganisiert sind, geltenals Arbeitswillige.venttdies Reich.a'<' mm troArt»»: � 1Umfangreiche Lohnbewegung im Malergewerbe.Zu den am 31. Dezember 1969 ablaufenden Tarifverträgenund den in Aussicht genommenen Verhandlungen für den Abschlußeines Normaltarifvertrages über Deutschland haben 238 Zahl-stellen des Verbandes der Malergehilfen Forderungen formuliert.Diese sind in tabellarischer Form zusammengestellt und in einergedruckten Broschüre vom Vorstande dem Hauptverband deutscherArbeitgeberverbände eingereicht.Die Verkürzung der Arbeitszeit wird in 161 Orten gefordert,und zwar wie folgt: 4 Orte um täglich eine Viertelstunde, 126 Orteum täglich eine halbe Stunde, 36 Orte um je eine Stunde und einOrt um Wi Stunden. Die Orte Berlin, Hamburg und Bremenverlangen die beständige Arbeitszeit, während es sich in allenübrigen Orten um die neunstündige und 9estündige Arbeitszeithandelt.Die Erhöhung des Stundenlohnes wird in 231 Orten verlangt,durchschnittlich eine zehnprozentige Aufbesserung. Die Tarifdauerauf drei Jahre ist eine ziemlich einheitliche Forderung aller Orte.Die Hoffnung auf eine friedliche Verständigung zwischen denOrganisationen ist nur gering, da bereits der Arbeitgeberverbandauf dem Malertage in Dresden sich gegen jegliche Lohnaufbesserungausgesprochen hat. Streiks oder eine größere Aussperrung imkommenden Frühjahr sind daher für das Malergewerbe nicht aus-geschlossen._Lohndifferenzen in der Schuhindustrie.In Lößnitz sind bei der Firma Auertvald-Sauerbrunn Difse-renzen ausgebrochen, die zur Einreichung der Kündigung führten.Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, so ist die Ärbeitsnieder-legung unausbleiblich.In Groitzsch bestehen bei der Firma Kalischer Lohndifferenzenwegen Aenderung der Arbeitsteilung in der Schäftemacherei. Auchhier ist eine Arbeitsniederlegung nicht ausgeschlossen.Ein Erfolg des Bergarbeiterverbanbes.Im Jahre 1906 wurde durch einen hartnäckigen Kampf imZeitzer Revier die neunstündige Schicht anstatt der zehn- und elf-ständigen erreicht. Jetzt glaubten die Herren die gegenwärtigeKonjunktur ausnutzen zu müssen, um die verlorene Position wieder-zugewinnen. Den Anfang damit wollte die Bruderzeche in Heu-reckendorf bei Wintersdorf machen. Die Verwaltung dieser Zecheverfügte durch Anschlag, daß ab 19. August die zehnstündige Schichtwieder eingeführt würde. Sie hatte aber die Rechnung ohne diegut organisierte Belegschaft gemacht, welche erklärte, die beab-sichtigte Schichtverlängerung unter keinen Umständen hinnehmenzu wollen. Von der 60 Mann starken Belegschaft gehörten nur4 unserem Verbände nicht an. Als Vorstellungen bei dem Besitzernichts fruchteten, nahm eine Belegschaftsversammlung zu der SacheStellung; in dieser war auch der Besitzer erschienen. Die Beleg-schaft war entschlossen, falls der Anschlag nicht zurückgezogen würde,sofort die Kündigung einzureichen. Das half. Der Besitzer er-klärte, von der geplanten Schichtverlängerung einstweilen Abstandzu nehmen.Interessant war die Erklärung des Besitzers, daß andereGruben auch eine Schichtverlängerung geplant hätten.Achtung! Former und Gießereiarbeiter! Der Streik derStahlformer auf dem Eisen- und Stahlwerk Ohligs, G. m. b. H.,dauert unverändert fort. Meister und Ingenieure sind fast ständigunterwegs, besonders im Rheinland, Westfalen und im Saar-revier, um Arbeitskräfte anzuwerben. Erfolg hat die Firma trotzgeradezu glänzender Versprechen damit nicht gemacht, denn was siebisher bekommen hat, taugt nicht. Wie lange selbst Streikbrecherausharren werden, wird die Firma bald genug verspüren.Deutscher Metallarbeiterverband. Verwaltungsstelle Solingen.Metallarbeiker! Die Firma Brand u. Sohn in D 0 r t m u n d.Kesselschmiede und Brückenbauanstalt, sucht Schlosser, Kessel-schmiede, Stemmer, Nieter und Zuschläger. Die genannte Firmahat ihre organisierten Arbeiter gemaßregelt, weshalb der Zuzugfernzuhalten ist._Knappschaftswahl.Bei der Knappschaftswahl in P e i ß e n b u r g, die Sonntag,22. August, stattfand, kam zum ersten Male der Proporz zur An-Wendung. Wie wenig Zugkraft die schwarzgelben Kandidatendieser drei Listen besaßen, bewies das Wahlresultat. Von den zuwählenden 12 Knappschaftsältesten fielen der Liste des Berg-arbeiterverbandes 11 zu, während die buntscheckige, stark gelb an-gehauchte Liste L mit knapper Not ein Mandat errang.Das ist die Q u i t t u n g für die Leute, die es fertig gebrachthaben, fast der Hälfte der Belegschaft das Wahlrecht zuden Knappschaftswahlen zu rauben und einer Reihevon Verschlechterungen hinter dem Rücken der Belegschaftz u z u st i m m e n.Ausland.Streik gegen Akkordarbeit.Paris, den 26. August. Die Maurer beschlossen gestern abendin einer Versammlung in der Tivoli-Halle, an welcher über tausendPersonen teilnahmen, heute morgen den Generalstreik zu ver-künden, um gegen die Akkordarbeit zu protestieren. Es wurde be-schlössen, heute vormittag 10 Uhr in Massen die Arbeitsstätten aus.zusuchen, um die Arbeitskollegen abzuholen und Arbeitswillige zumAnschluß zu bewegen._Huö Induftric und Handel.Liebesgaben.Während das Volk allmählich dahinter kommt, was die Finanz-reform des Schnapsblocks bedeutet, indem es wucherisch gesteigertePreise zahlen muß, heimsen die Hauptmacher dieser Politik schmunzelndihre Liebesgaben ein. Das Eiusuhrscheinsystem praktiziert denJunkern seit Erhöhung der Zölle viele Millionen in die Taschen.Durch Entblößung des heimischen Marktes von Getreide treibt manhier die Preise zu schwindelnder Höhe hinauf und gleichzeitigplündern die Exporteure die Reichskasse, sür deren Füllung demVolke die einfachsten Genußmittel und notwendigen Gebrauchsartikelverteuert werden. Wie sich Deutschlands auswärtiger Handel mitBrotgetreide und Mehl für die Zeit vom 1. August bis 31. Juligestaltete, zeigt diese Aufstellung:Einfuhr Ausfuhr1906/07 1908/09 1906/07 1908/09in TonnenRoggen... 6 903 382 2 356 839 2 915 044 8 408 354Weizen... 24 290 402 22116 621 3 334 305 4 007 056Roggenmehl. 27 744 15 397 891 893 963 407Weizenmehl. 189 932 185 042 879 470 1 654 020Demnach ist die Einfuhr von Roggen ganz gewaltig zurück-gegangen. dagegen stieg die Ausfuhr in ganz außerordentlicherWeise. Auch bei Weizen und Mehl ergibt sich ein Rückgang derEinfuhr, eine Zunahme der Ausfuhr. Die Exportsteigerung bedeutetfür die Staatskasse eine ganz enorme Schwächung der Einnahme.Die durch das Einfuhrscheinsystem an die Exporteure gezahlteAusfuhrprämie ist auf mehr als daS Doppelte der im Jahre 1907gezahlten gestiegen. Nach den amtlichen Ausweisen ist in den erstensieben Monaten der letzten drei Jahre der Zoll mittels Ausfuhr-schein beglichen:1907 im Betrage von 26 878 208 M.1903.„„ 39 539 057„1909„„„ 54 227 089•„Die Wirtschaftspolitik im Reiche der Junker, Pfaffen und desSchnapsblocks ist anders nichts, als ein kapitalistisch-seudaler, organi-sierter, fortgesetzter Raubzug, dessen Objekte die Staatskasse und diearbeitende Bevölkerung sind. Das urwüchsige, stümperhafte Strauch-rittertum ist abgelöst durch eine modernisierte, großzügige Plünderung.Tabakindustrie und Tabaksteuer.Kaum ist das Gesetz über den neuen Wertzoll auf Tabak inKraft getreten, da kommen auch schon aus verschiedenen Bezirken derTabakindustrie Nachrichten über Arbciterentlassungen. Der Ein-fluß, den die neue Steuer auf die Gestaltung der R 0 h st 0 f f-Versorgung bereits ausgeübt hat, läßt sich ziffernmäßig nochnicht erfassen; soviel ist aber sicher, daß die Steigerung der Einfuhrsich in der Intensität, die sie bis zum August auswies, nicht mehr fort-setzen wird. Sind doch allein in den ersten 7 Monaten 503 829DoppelzentnerRohtabak importiert worden, während eS im vergangenen Jahrenur 428 894 Doppelzentner gewesen waren. Bemerkeuswert ist vorallem, daß die Preisentwickelung bei in- und bei ausländischemTabak ganz entgegengesetzt ist: dre einheimischen Tabaksorten sinddurchweg teurer als voriges Jahr, während der Preis für aus-l ä n d i s ch e Sorten fast allgemein tiefer steht als 1908. ImLaufe dieses Jahres selbst haben sich tief einschneidende Ver-änderungen in den Preisen nicht vollzogen, so daß der Julipreis dendiesjährigen Preisstand ziemlich charakterisiert. Im Juli gestaltetesich der Preis bei den wichtigeren Rohtabaksorten wie folgt:1 Doppelzentner kostete Mark 1903 1909 DifferenzBremen, Kentucky ordinär... 95,00 72,00— 23.00Brasil....... 128,00 103,50—24,50Stengel Virginy... 18,00 18,00—Hamburg, Domingo, Deckblatt usw. 75,00 46,00— 29,00Brasil...... 140,00 110,00— 30,00Mannheim, Zig.-Tabak Pfälzer. 125,00 135,00 ff- 10.00Die Preise sind demnach gegenüber dem Vorjahre trotz derstarken Nachfrage sehr stark zurückgegangen. Da die Fabriken auchnoch über die Steuer hinaus abgewälzt haben, machen sie glänzendeGeschäfte und die Arbeiter fliegen auss Pflaster.Erträgnisse im Brannkohlenbergbau. 37 Braunkohlenbergwerke.die in der Form von Aktiengesellschaften bestehen, arbeiten mit einemGesamtaktienkapital von 122,93 Millionen Mark nominal. Auf diesesKapital wurden sür das Jahr 1908 resp. 1908/09 12,45 MillionenMark Dividende verteilt, während in dem vorangegangenen Jahredie Dividendensumme 11,72 Millionen betragen hatte. Im Durch-schnitt ergibt sich demnach für 1903 eine Dividende von 10,1 Proz.,gegenüber einer solchen von 9,5 Proz. im Jahre 1907. Die Dividendeist demnach durchschnittlich noch um mehr als'/a Proz. gestiegen. Dabeiist nicht etwa die Dividende auf Kosten der Abschreibungen, Rück-stellungen usw. gesteigert worden. Im Gegenteil: die Abschreibungenwaren im Jahre 1908 sogar ganz bedeutend höher als 1907. Siestellten sich sür 33 Gesellschaften, bei denen sie vergleichbar sind, imJahre 1907 aus 11,79, im Jahre 1908 aber auf 14.11 MillionenMark. Die Sunime der Abschreibungen war demnach im Berichts-jähre um 2,32 Millionen Mark oder um rund 20 Proz. höher alsim Jahre zuvor. Auch die Rückstellungen find nicht eingeschränktworden. Erfuhr doch auch der Reingewinn eine kräftige Steigerung.Er belief sich nämlich bei 35 Aktiengesellschaften des Braunkohlen-bergbaues im Berichtsjahre auf 18.11 Millionen Mark,während er im Jahre 1907 bei denselben Gesellschaften14,60 Millionen Mark betragen hatte. In Prozenten desGesamtaktienkapitals berechnet ergibt sich für 1903 ein Reingewinnvou 15 Proz. gegen einen solchen von 12,1 Proz. im Jahre 1907.Neue Kohlengrube. Aug. Thyssen hat in Kirchhellen(Negierungs-bezirk Münster) ein Rittergut und ein großes Bauerngehöft in einerGesamtgröße von über 100 Hektar käuflich erworben. Der Zweckder Erwerbung ist, auf seinem hier belegenen Grubenfeld eine neu«große Bergwerksanlage und gleichzeitig eine große Kolonie fürArbeiter und Beamte erbauen zu lassen.Massenkündigung. Die Waggon- und Maschinenfabrik vo«Zhpeu-Charlier in Köln-Deutz kündigte 400 Arbeitern und kürzt—laut Ankündigung— die Arbeitszeit für die übrigen Arbeiter Von»1. September ab um täglich zwei Stunden.Soziales.Gesicherte Existenz der Landarbeiter.Der Landarbeiter Heinrich M. war ununterbrochen 32 JahrSlang auf dem Gute des Grafen von Bismarck-Osten, Schloß Plathein Pommern, tätig gewesen. Als er, bald 70 Jahre alt, invalidewurde, entließ ihn sein Herr und gewährte ihm auch Anerkennung der treuen Dienste als Altersversorgung— 2 ZentnerRoggen jährlich. Als ehemaliger Kriegsteilnehmer— er hat 1866und 1870/71 mitgemacht und zahlreiche Tapserkeitsauszeichnungenerhalten— bezieht M. eine Veteranenbeihilfe von monatlich 10 M.Er fand in der Familie seines Schwiegersohnes in Hehdebrock Auf-nähme. Da aber die schmalen Einkünfte für den Lebensunterhaltnicht ausreichten, wandte sich M. vergeblich an den Grafen um einehöhere Unterstützung. Graf von Bismarck-Osten besitzt nicht wenigerwie sieben Güter. M. bemühte sich nunmehr um Gewährung einerArmenunterstützung. Der Kreisausschuß des Regenwalder KreiseSbeantwortete das Gesuch wie folgt:Labes, den 25. März 1909.Der Kreisausschuß hat in der Sitzung vom 20. d. M. be-schlössen, Ihren Antrag vom 1. Februar er. auf Festsetzung einerlaufenden Armenuntersiützung zurückzuweisen.Wie festgestellt worden ist, beziehen Sie monatlich eine In-validenrcnte von 12,30 M. sowie eine Veteranenbeihilfe von10 M. und erhalten ferner von dem Rittergutsbesitzer HerrnGraf von Bismarck-Osten. Schloß Plathe, zwei Zentner Roggenjährlich.Bei diesen Bezügen müssen Sie für sich in der Lage er-achtet werden, Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und könnendeshalb als hilfsbedürftig im Sinne des Gesetzes keineswegsangesehen werden.Außerdem haben Sie einen Sohn, der in der Lage ist, Siezu unterstützen. Der VorsitzendeI. V.: Unterschrift(nicht leserlich)�Der Sohn, auf den da Bezug genommen wird, ist. wie de?Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben mag,— Portier inBremen.Gründlich kuriert von dem Glauben an die„gesicherte Existenzbis ins hohe Alter" ging M. nach dem Gute Farbezin, dem be-kannten Major v. Dewitz gehörig, wo seine zweite Tochter ver-heiratet ist. Hier fand er mit Zustimmung(!!) des GutsbesitzersAufnahme und kann nun über die gottgewollte Ordnung im Staateder belobtesten Sozialpolitik nachdenken.Schutz gegen unsaubere Barbiere.Der Barbier Schöneborn war wegen Ucbertretuug der Regie-rungs-Polizeiverordnung vom 8. Oktober 1904 angeklagt worden,welche im Interesse der Gesundheit des Publikums eine AnzahlVorschriften über den Betrieb des Barbier- und Haarschneide-gewerbcs enthält. Das Landgericht Dortmund sprach den Ange-klagten erst frei, indem es die fraglichen Bestimmungen für un-gültig erklärte. Nachdem«aber das Kammergericht die Sache«mdas Landgericht zurückverwiesen hatte, verurteilte es den Ange-klagten wegen Uebertretung der Vorschrift, daß die Rasierpinselmit Seifenspiritus auszuwaschen seien. Diese Bestimmung seirechtsgültig im Hinblick aus 6k des PolizeiverwaltungsgejctzeS,wonach zu den Gegenständen polizeilicher Vorschriften der Schützvon Leben und Gesundheit gehöre. Sie verstoße auch nicht gegendas Mcnschenseuchengesetz von 1904.— Das Kammergericht wiesdie vom Angeklagten eingelegte Revision zurück indem es vonfolgenden Erwägungen ausging: Nach§ 37 des Gefetzs von 1904,betreffend die Bekämpfung der Menschcnseuchen, seien allerdingsPolizeivorschristen unzulässig, die denselben Zweck verfolgten wiedieses Gesetz. Soweit die Verordnung des Regierungspräsidentendie Uebertragung ansteckender Krankheiten verhindern solle, sei sieungültig. Diesen Zweck verfolge aber die hier angewandte Vor-schrift über das Auswaschen der Rasierpinsel nicht. Sie wolle viel-mehr Krankheiten vorbeugen, welche Folgen von Unsauberkeit seien,ohne daß es einer Uebertragung von Mensch zu Mensch bedürfe.Deshalb sei die Vorschrift gültig und mit Recht angewendetworden.Letzte JVfacbncbten und Denefchen.Aus dem schwedischen Kampf.Stockholm, 26. August.(B. H.) Eine königliche Verordnungstattet die Magistrate aller Orte mit größeren Rechten zur Auf-rechterhaltung der Ordnung aus. Auf die Einladung der Regie-rung an die früher eingesetzte Kommission zur Ausarbeitung einesGesetzes über Arbeitskonfliktschiedsgerichte, einen Entwurf bis zum1. November auszuarbeiten, antwortete diese, daß sie zur Fertig-stellung mindestens ein Jahr brauche.Zeppelins Fahrt.Friedrichshofen, 26. August.(B. H.) Wie die Luftschiffbau»gesellschaft Zeppelin bestätigt, ist die Abfahrt des„Z. III." nachBerlin bestimmt auf morgen früh 3 Uhr festgesetzt worden, undzwar wird das Luftschiff nicht die Route über Memmingen ein-schlagen, sondern den direkten Weg nach Ulm nehmen. Von dortaus geht die Fahrt in gerader Linie nach Nürnberg, Hof undPlauen. Bis heute abend 7 Uhr regnete es noch immer in Strömen.Graf Zeppelin ist gegenwärtig in Manzell anwesend, lieber event.Landungen auf der Strecke ist nichts weiter bekannt,Patronenfabrik explodiert.Budapest, 25. August.(W. T. B.) In der Patronenfabrikvon Manfred Weiß ereignete sich heute nachmittag eine Explosion,bei der fünfzehn Personen schwer und drei leicht verletzt wurden.Die Explosion war so heftig, daß die Einrichtung teilweise in Brandgesteckt und die Arbeiter in lebendige Fackeln verwandelt wurden.Insgesamt wurden 17 Personen schwer verletzt, an einzelnenKörperteilen fast verkohlt. Außerdem erlitten zahlreiche Arbeiterleichtere Verletzungen. Von den bei der Explosion der Patronen-fabrik von Weis schwer Verletzten sind bis zum Abend zwei ge-starben, an dem Aufkommen von dreizehn weiteren Verwundetenwird gezweifelt.._Das schwarze Gespenst.Haag, 26. August.(B. H.) Der Minister des Aeußern benach-richtigte die fremden Gesandten offiziell von dem Auftreten derCholera in Rotterdam, welcher bereits zwei Personen erlegen seien.Der Bürgermeister von Rotterdam teilte mit, daß zurzeit siebe»choleraverdächtige Kranke im Spital liegen. Alle Maßregeln zurBekämpfung der Seuche sind getroffen.Rotterdam, 26. August.(W. T. B.) Zu Beginn der heutigenMagistratssitzung äußerte sich der Bürgermeister über den Standder Cholera folgendermaßen: Bier Personen sind an Cholera ge-starben, neun Personen sind in Baracken untergebracht; bei dreienvon ihnen ist der Cholerabazillus festgestellt worden, bei dreiweiteren hat die Untersuchung ein negatives Ergebnis gehabt, beiden letzten drei ist das Ergebnis der Untersuchung noch nichtbekannt. 42 Personen, die zwar vollkommen gesund, aber mit Er-krankten in Berührung gekommen sind, sind isoliert worden undbefinden sich unter ärztlicher Beobachtung.Verantw. Redakteur; Emil Unger, Berlin. Inseratenteil verantw..:»h, Glocke, Berlin. Druck u.Vcrlaa: Vorwärts Buckidr. u. VerlaaSgnttall Paul Singer Lc Co-. Berlin LIV, Hierzu 2 Beilagen«.llnterhaltungttl.