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Bahnverbindung mit der Kiistenprobinz am Japanischen Meer vorhanden sein und die transmandschurische Bahn bis zu einem gewissen Grade militärisch ersetzen wird. Wollen also China   und Japan   warten, bis alle diese bereits in der Aus- führung begriffenen Bauten fertig sind, dann wird der Krieg von beiden Seiten mit vollkommeneren Transportmitteln ge° führt iverdcn, also um so hartnäckiger und blutiger werden. Uebrigens wissen auch die Russen ganz gut, worauf es in letzter Linie ankommt: Wie demDaily News" aus Montreal  berichtet wird, hält sich zurzeit ein Fürst Lyoff,Repräsentant der russischen SemstwoL", in Kanada   auf, um das dortige Ansiedelungswescn zu studieren. Er willdie besten Methoden für eine organisierte Kolonisation der Mandschurei durch russische Siedler" ausfindig machen, um eine landwirtschaft- liche Pufferkoloniegegen das Vordringen der orientalischen Raffen" zu schaffen. Wir vermuten, daß Fürst Lyoff zu spät konimt. politische(leberliekt. Berlin  , den 6. September 1909. Herr Reichstagsabgeordneter W. Schuck. ImHamburger Fremdenblatt" erschien am 29. Juni 1909 eine Anzeige, durch die eine Reisebegleiterin nach der holsteinischen Schweiz   gesucht wurde. Ein junges Mädchen von zwanzig Jahren, das sich erbot, die Stellung an- zunehmen, ward anonym nach einem größeren Lokal Ham- burgs bestellt. Dort fand es ein Ehepaar vor, das merk- würdigerweise seinen Namen nicht nannte und auch manche dunklen Redewendungen gebrauchte. Nach der Unterredung ging dem Mädchen folgendes Schreiben zu: Hamburg  , den 19. Juli 1909. Geehrtes Fräulein! Bon denjenigen jungen Damen, die sich bei uns vorgestellt haben, würden wir am allerliebsten mit Ihnen die Verhandlungen weiterführen. Die Bemerkung meiner Frau über das von Ihnen gewünschte Verhältnis war nicht so aufzufassen, daß von Ihnen ein Abschließen Ihrer vorhandenen gesellschaftlichen Beziehungen verlangt wird, im Gegenteil würden Sie über Ihre freie Zeit natürlich ganz nach Ihrem Ermessen verfügen können, in dieser Beziehung überhaupt eine so angenehme Stellung haben, wie Sie sich nur wünschen können. Es ist uns aber zweifelhast, ob Sie uns richtig verstanden haben, waS wir unter dem innigen Verhältnis meinen, zu dem wir einladen. Wir wollen mit der junge» Dame, die wir suchen, das Leben und die Freuden der Liebe, ihre Schönheiten in allen Teilen gemeinschaftlich genießen in k ö r p e r- l i ch e r und seelischer Gemeinschaft. Sie soll als richtig gleichberechtigte Dritte in unseren Bund eintreten und müßte bei gegenseitiger Neigung natürlich ebenso wie meine Frau die Gefühle für einen Mann und Frau in sich ver- einigen. Sollten Sie uns aber doch richtig verstanden haben, so bitten wir um Ihre Nachricht. Jedenfalls würden Sie bei uns recht glücklich sein. Indem ich Ihnen Ihr Bild, da wir Sie ja jetzt kennen gelernt haben, zurücksende übrigens reicht das Bild nicht entfernt an die Wirklichkeit heran. verbleibe in der Hoffnung auf eine zu- sagende Antwort, die erbeten wird unter T r i o l   e. Wenn an dem Sinne dieses Briefes noch ein Zweifel wäre, die Pseudonyme UnterschristTriole" würde ihn be- seitigen. Nach Meyers Kleinem Konversationslexion bedeutet das WortTriole" nämlich eine Figur von drei Noten, die soviel gelten sollen wie sonst zwei derselben Art. Die Eltern des Mädchens übergaben den Brief der Kriminal- Polizei, weil sie der Ansicht waren, es mit einem Mädchen- Händler zu tun zu haben. Beim Abholen der postlagernd er- betenen Antwort sollte der vermeintliche Mädchehändler ae- faßt werden, und als man zugriff, da hatte man den Reichs- tagSabgeordneten W. Schack gefangen. Also kein Mädchen- Händler, sondern ein Neichstagsabgeordneter war der Kriminalpolizei in die Hände gelaufen I Und es ist auch kein Zweifel, daß der im 41. Lebensjahre stehende Wilhelm Schack   mit seiner Frau und der 20jährigen, für vier Wochengleichberechtigten Reisebegleiterin" wirklich, wie in dem Inserat angegeben war, nach der holsteinischen Schweiz   reisen wollte, denn dort befindet sich in herrlicher Gegend die idyllisch gelegene Villa Schack. Welche Rolle die Eheleute Schack als Privat- Personen in dieser Sache spielen, ist gleichgültig, uns interessiert nur der Sl b g e o r d n e t e W. S ch a ck. der als V o r st e h e r des Deutschnationalen Handlungsgehilfen- Verbandes   so sehr gegen die sittlichen Gefahren der Frauen- arbeit im Handelsgewerbe zu wettern verstand und über den Segen der Tätigkeit der jungen Mädchen imreinen deutschen   Hause" wahre Loblieder zu singen wußte. Die Oeffentlichkeit aber hat jetzt die Frage zu beantworten: Kann dieser Mann, der eine treue Stütze des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie ist, noch längerMitglied desReichstags bleiben? Zeutrumstaktik. Der Führer der Zentrumsfraktion des Reichstages, Herr Dr. Spahn, hat am Sonntag in Rheinbach   bei Bonn   eine Rede vom Stapel gelassen, in der er sich gegen die Be- mühungen aussprach, eine Definition mitkonfessionellem Einschlag" für die Zentrunispartei aufzustellen, und in der er zugleich etwas von der Taktik mitteilte, die die Zentrums- leitung in nächster Zeit auf parlamentarischen! Gebiete zu befolgen gedenkt. Er sagte: Wie bisher werden wir in Zukunft bemüht bleiben, daß bei allen Gesetzen der Meistbeteiligte, das deutsche   Volk, zu seinem Rechte kommt. Die gegnerische Presse beschäftigt sich wieder mit der Wiedereinbringung eines Antrages auf Aufhebung deZ§ 1 des Jesuitengesetzes, die im früheren Reichstag beschlossen ist. Die Fraktion hat sich damit nicht befaßt. Deshalb dürfen unsere Wähler doch überzeugt sein, daß wir die Ehrenpflicht, die wir den Jesniten schulden, nicht vergessen haben und nicht vergessen werden. Deshalb sind wir nicht kulturfeindlich; mit dieser abgestandenen Redensart mögen die Herren aus dem Kulturblock uns vom Leibe bleiben. Wir pflegen ebenso früh aufzustehen wie sie. Die Zentrums- staktion ist durch die lange Zeit ihres Bestehens manchen schweren Gang gegangen. Sie hat im festen Vertrauen auf ihre Wähler im Glücke nicht nur, sondern auch in Unglück und Rückschlägen ihre Festigkeit und Entschlossenheit bewahrt. Wer auf ihre Zer- splitterung wettet, verliert auch jetzt den Einsatz." Sind diese Sätze auch sehr vorsichtig gehalten, so ergibt sich daraus doch, daß daS Zentrum, um nicht mit den Kon- servativen in Zwist zu kommen, zunächst seine Forderungen aus kirchenpolitischem Gebiete, besonders sein Verlangen der Aufhebung des§ 1 des Jesmtengesetzes zurückzustellen gedenkt. Sein Bestreben geht offensichtlich dahin, sich unentbehrlich zu machen und wieder fest in den Sattel zu gelangen das Weitere folgt später.__ Hakatistenkongreh. In Kattolvitz(Oberschlesien  ) hielt am Sonnabend und Sonntag der Ostmarkenvercin, das heißt der Bund der Hakatisten, einen so- genanntenDeutschen Tag  " ab, um sich zum Kampf gegen das Polentum durch gegenseitige patriotische Versicherungen zu stärken. Daneben wurden Telegramme an den Kaiser und den Reichskanzler fabriziert. Das Telegramm an den Kaiser hat folgenden Wortlaut: Euerer Kaiserlichen und Königlichen Majestät legen die auf den Ruf des Deutschen Ostmarkenvereins   zum Deutschen   Tage in Kattowitz   vereinigten viele Tausend treuer Patrioten ihre ehr- furchtsvollen Huldigungen zu Füßen. In unserem Bestreben, das Deutschtum im Osten und insonderheit auch in dieser Pro- vinz, die Euerer Majestät großer Vorfahr gewonnen, zu kräftigen und gegenüber feindlicher Agitation den deutschen   Besitzstand zu sichern, blicken wir dankbar aus zu Euerer Majestät, als dem erhabenen Hort jeder nationalen, auf die Größe und Einheit des Vaterlandes gerichteten Tätigkeit. Gez.: v. Tiedemann. Pohlmann. Auf dieses Telegramm ist folgende Antwort eingelaufen: In dankbarer Anerkennung der Bestrebungen des Deutschen OstmarkenvereinS  , das Deutschtum auch in der Provinz Schlesien  zu kräftigen und zu fördern, spreche Ich allen zum Deutschen  Tage dort vereinten Patrioten für die freundliche Begrüßung Meinen wärmsten Dank aus. Möge der für die Zukunft und die Größe des deutschen   Vaterlandes so bedeutungsvollen Arbeit Gottes Schutz und Segen, in reichem Matze beschiedcn sein. Wilhelm, l. R. Der Sonntag war vornehmlich dem Vergnügen gewidmet. Am Mittag fand ein großes Festmahl zu 200 Gedecken statt mit den üblichen Toasten auf Kaiser und Reich, und darauf zog ein großer wohl an 10000 Teilnehmer zählender Festzug nach dem Südpark hinaus, um dort Sedan zu feiern» Der weibliche Lockspitzel. Die russische Polizeiagentin Jutschenko hat dem Berliner  Korrespondenten der Moskauer ZeitungRußkoje" mitgeteilt, daß sie a u S g e w i e s e n worden sei und Berlin   im Laufe der nächsten drei Tage verlassen müsse. Sie sei auf die Polizei geladen worden. Dort habe man ihr mitgeteilt, daß ihre weitere Anwesenheit zu Unzuträglichkeiten führen könne und daß sie deshalb Preußen ver- lassen müsse. Von der rusiischen Polizei wurde ihr angeraten, nach Brasilien   zu fahren. Sie lehnte dies ab und will in einem Orte Europas   Aufenthalt nehmen. Die preußische Polizei kann also doch russische Lockspitzel auS- weisen. Allerdings erst dann, wenn sie entlarvt worden sind und also für Väterchens Polizei keinen Wert mehr haben. Alsdann ist der preußischen Polizei erlaubt, ihr Reinlichkeitsbedürfnis bor  aller Welt zu demonstrieren._ Moderne Gesetzgebungskunst. Wie oft Gesetze abgefaßt werden, dafür gibt der Direktor der Seeberufsgenossenschaft, S ch a n s e i l. in der deutschen   nautischen ZeitschriftHansa  " ein Beispiel. Schauseil bespricht die Reichs ver- sicherungsordnung vom Standpunkte der Seeschiffahrt aus. U. a. verweist er auf den§ 1160, der die Bestimmungen über die Heil- anstaltspflege enthielt. Der Paragraph beginnt mit den Worten: Für Heilanstaltspflege find die§§ 688, 689 Abs. 1, 690, 691 ent- sprechend anzuwenden." Schlägt man diese Paragraphen nach", so schreibt Direttor Schauscil,so findet man, daß in ihnen wiederum auf die§§ 648, 665 bis 669, 671 und 223 verwiesen wird. In diesen wird wiederum Bezug genommen auf die§Z 202, 205, 208, 209, 214 bis 221, 223, 226, 240, 503, 504, 505, 514, 518, 525, 528 und 717. Beschäftigt man sich sodann mit letzteren Paragraphen, so findet man dort wieder Verweisungen auf die§§ 218, 263 und 417. Durch diesen ganzen Wust von Paragraphen, die an die Stelle der durchaus ein- fachen, klaren und verständlichen Bestimmungen des§ 17 des bis­herigen See-Unfallversicherungsgesetzes getreten sind, würde sich für die Zukunft jeder hindurchzuarbeiten haben, der sich ein zu- treffendes Urteil über die auf dem Gebiete der Seeunfallversicherung zu leistende Heilanstaltspflege bilden wollte. In ähnlicher Weise liegen die Verhältnisse bei vielen übrigen Bestimmungen. Einem Fachmann wird es schon sehr schwerfallen, sich in den verschiedensten in Rücksicht zu ziehenden Gesetzesbestimmungen zurechtzufinden, für weite Kreise der Versicherten aber dürfte sich die Möglichkeit einer auch nur einigermaßen zutreffenden Orientierung direkt als aus- geschlossen erweisen. Die praktische Verwendbarkeit des Gesetzes und auf diese muß doch in erster Linie Rücksicht genommen werden wird aber unter diesen Umständen in hohem Grade erschwert, wenn nicht gar illusorisch gemacht werden." Mtlitärrevolte in Kamerun  . Wie es scheint, ist es dem deutschen   Militarismus im tropischen Kamerun   noch nicht gelungen, den farbigen Vaterlandsberteidigern durch eiserne Disziplin und barbarische Bestrafung jeder Auf- lehnung gegen die Befehle der Vorgesetzten in gleichem Maße blinden Kadavergehorsam und SelbstgefühlSlosigkeit einzupauken, wie den deutschen   Volkssöhnen im Waffcnrock. In der farbigen Schutztruppe Kameruns   ist eine bedenkliche Revolte ausgebrochen, über welche dieNordd. Allgem. Ztg." folgendes zu berichten weiß: Nach soeben aus dem Schutzgebiete Kamerun   bei dem Reichs- kolonialamt eingetroffenen Meldungen haben etwa sechzig farbige Soldaten der in Banjo   stehenden 4. Kompagnie der Schutztruppe für Kamerun   am 14. Juli d. I. ihreStationbewaffnet in Richt ung der Küste verlassen, um in Soppo, dem Sitze des Kommandos d-r Schutztruppe, wegen verschiedener Kom- petenzfragen gemeinschaftliche Beschwerde zu führen. Es handelt sich anscheinend in erster Linie um das für die farbigen Soldaten schon seit mehreren Jahren im Interesse der Schlagsertigkeit der Truppe erlassene allgemeine Verbot, mehr als ein Weib und einen Boy zu halten, während bei der genannten Kompagnie manche Leute nachweislich bis zu fünf Weibern   und drei Boys hatten. Die hierdurch den einzelnen Soldaten in ihrem HauS- halte entstehenden Verpflegungsschwierigkeiten und Geldverlegen- heiten haben dann die Unzufriedenheit der Leute wachgerufen. Dem energischen Eingreifen der Europäer der Kompagnie und ihrer tadellos sich haltenden farbigen Dienstgrade gelang es, die abziehenden Leute unweit der Etation ohne Waffengewalt zur Rückkehr und Abgabe der Gewehre zu bewegen. Die Rädels- führer wurden sofort in strengen Gewahrsam genommen und harren nunmehr ihrer Bestrafung. Ucber den Verlauf der kriegsgerichtlichen Untersuchung ist näherer Bericht telegraphisch eingefordert worden. Die Ablösung der ganzen Kompagnie durch andere Mannschaften hat in- zwischen stattgefunden." Die schwarzen Vaterlandsverteidiger haben es demnach in Kamerun   noch nicht bis zu der tiefen Erkenntnis gebracht, daß Gehorsam und Fügsamkeit die höchsten aller militärischen Tugenden sind. DieNordd. Allgem. Ztg." tritt denn auch erneut für den Vorschlag ein, die Zuverlässigkeit der farbigen Schutztruppen der deutschen   tropischen Schutzgebiete dadurch zu verstärken, daß man in sie landfremde Söldncrmannschaften auS anderen Gebieten ein­reiht. Ob das nützen wird, ist fraglich. Die Schönheiten des deutschen   Militgrisinus sind so eigenartiger Aatur, dgß kngn selbst bei den rohesten afrikanischen und ozeanischen Völkerschaften sür sie kein Verständnis finden wird. Nenderungen in den höheren Kommandostellen der Marine sind durch Kabinettsorder bekanntgegeben worden: Prinz Heinrich von Preußen   wurde unter Beförderung zun, Großadmiral zum Generalinspekteur der Marine ernannt. Vizeadmiral v. Holtzendorff   wurde zuni Chef der Höchste- flotte, Admiral v. Fischel zuni Chef des AdmiralstabeS der Marine. Admiral Graf Baudisstn zum Chef der Nordstestation, Konteradmiral Pohl zum Chef des ersten Geschwaders, Konteradmiral Jacobsen zum Jnspelteur der Schiffsartillerie ernannt, und Konteradmiral v. Krosigk   in das Marinekabinett kommandiert. Die Analphabeten im deutschen Heer. Nach der Statistik wurden im Ersatzjahr 1903 in das Heer 58 Rekruten(0,02 Proz. der Gesamtzahl aller Neueingestellten) ein- gestellt, die ohne Schulbildung waren. Bezüglich der verschiedenen deutschen   Länder verteilten sich die 53 Rekruten_ so: Aus Preußen stammten 40 und zwar 7 auS Posen, 8 auS Ostpreußen  , je 4 ans Pommern  , Schlesien  , Hessen  , je 3 aus Sachsen  , Westfalen  , je 2 anö Westpreußen  , Brandenburg  , Rheinland  , 1 auS Hannover  . Dann kommt Württemberg  , welches 7 aufwies. Aus Bayern   stammten 4. Bade» zählte 2 und Mecklenburg   und Brannschweig hatte je 1. J-.n Fahre 189? waren noch 200, im Jahre 1337 gar noch 1250 Rekruten Analphabeten. Es ist charakteristisch für die Zustände Ostelbiens, daß die Preußischen Ostprovinzen den größten Teil der Analphabeten stellen. Grober Unfug". Acht Genossen, die in Königsberg   von der Polizei fest- genommen waren, weil sie bei der Wahlrechtsdemonstration am 31. Januar Hochrufe auf daS Wahlrecht ausgebracht hatten, wurden vom Schöffengericht zu je 15 M. Strafe verurteilt. In der Be- rustmgsinftanz' mußten sechs der Angeklagten freigesprochen werden, da nicht genau festgestellt werden konnte, daß sie wirklich gernfen hatten. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Haase, wies darauf hin. daß man Hochrufe politischer Tendenz oft höre, wenn patriotisch- Umzüge veranstaltet würden und hohe Persönlichkeiten der Stadt Besuche abstatten. Bei derartigen Gelegenheiten wird in den Hoch- rufen kein grober Unfug erblickr. ES sei deshalb ganz unverständlich. warum Hochrufe auf eine Wahlreform, die in der Thronrede bereits zugesagt sei, grober Unfug sein sollen. DaS Gericht ging auf die Einwände des Verteidigers nicht ein. Landtagserfatzwahl in Neustadt a. H. Bei der vorgestern vollzogenen Ersatzwahl im bayerischen Land- tagSwahlkreise Neustadt(Haarst)- Edenloben erhielt Hamnierschmidt (Lib.) 4779, Lorenz(Zentr.) 3445, Ackermann(Soz.) 4179 Stimmen. Hammerschmidt ist somit mit 600 Stimmen Mehrheit gewählt. Die Aktendiebstähle in Kiel  sind weit größer als ursprünglich angenommen wurde. Die Unter- suchung hat ergeben, daß nicht nur eine Anzahl Briefe, die den Magazindirektor Heinrich belasten, entwendet worden sind, son- dein auch die umfangreichen eigenhändigen Abrechnungen der mir- angeklagten Kanfleute Franlenthal, Brakol und Jacob- söhn. Auch diese Dokumente sind wertvolles Beweismaterial für die jahrelang betriebenen großen Durchstechereien. Die Schriflstiicle sind gewaltsam aus den Akten herausgerissen worden. Die Kiclcr Staatsanwaltschaft hat auf die Wiederbeschaffung der Asten eins Belohnung von 500 Mark ausgesetzt. Der wegen Verdachts der Täterschaft verhaftete GerichtSaktuor Candenberg ist noch nicht wieder entlassen worden. Wie berichtet wird, soll ver Staatsanwaltschaft bekannt sein, daß seit etwa Jahres- frist von ganz bestimmter Seite mit großem Nachdruck immer von neuem versucht worden ist, den Gang der Untersuchung in der Affäre der Werftunterschleife zu stören, und Akten und Belastungs- material zu beseitigen._ Der Fall Schiicking wird demnächst wieder von sich reden machen. Wie dem Berliner Tageblatt" telegraphisch gemeldet wird, ist die Ber- Handlung vor dem Obcrverwaltungsgericht als Bcrufungs- instanz auf den 21. September angesetzt worden. Die beleidigteSoldateska". In der Nummer vom 7. August 1903 unseres Bremerhavenc. ParteiorgansNorddeutsche Volksstimme" erschien ein Artikel mit der UeberschristSoldateska", der den sakrosankten Militarismus einer Kritik unterzog und Mittel und Wege angab, wie dessen Aus- wüchsen entgegengetreten werden müsse. Der preußische Krieg?- minister, der den das Wesen deS Militarismus kritisierenden Artikel als beleidigend für die Gesamtheit der Angehörigen deS Kriegsheeres erachtete, stellte gegen den verantwortliche-i RedalteurdcsgenanntenParteiorgans, Genossen Hartig, Strafantrag. Das Schöffengericht zu Bremerhaven   erkannte auf Frei- sprechung, während daS Berufungsgericht, die Bremer   Straf­kammer, auf eine Geldstrafe von 100 M. oder 10 Tage Haft erkannte. Wegen Verletzung des materiellen Rechts legte H. Revision ein, die aber vom hanseatischen OberlandeSgericht zu Hamburg   mit folgender Begründung verworfen wurde: Die Revision hat sich als uu- begründet erwiesen. Eine Gesetzesverletzung ist nicht zu erkennen. Der Einwand des Angeklagten, daß sich der Artikel lediglich gegen daS System des Militarismus richte und daß er nur durch A u s- kl ärun g wirken wolle, wird durch Wortlaut und Sinn des Artikels widerlegt: Welch Endziele der Verfasser auch verfolgt haben mag, die geschriebenen Worte enthalten gehäufte Schmähungen des deutschen   und insbesondere des preußischen Heeres; daß eine Personenmehrheit unter einer Kollektivbezeichnungdas deutsche Heer" gegen das sich der Artikel richtet beleidigt werden kann, ist unzioeifelhaft. Der preußische Kriegsminister war daher zum Strafantrag berechtigt. Diese Begründung läßt sich in die Worte kleiden:Rühret nicht daran!"_ OeHtemicb. Nationalitätcnradau und Polizeibrutalitäten. Am Sonnabendabend fanden in Wien   drei deutschnationale Versammlungen statt, in denen blöde Tschechenhetze betrieben wurde. Nach Schluß der Versammlungen wollten die Teilnehmer auf die Ringstraße ziehen. Obgleich dabei alles in vollster Ordnung vor sich ging, wollte die berittene Wack« die Demonstranten,zerstreuen". ES kam infolgedessen zu erbitterten Zusammcnstützen. Die Wach- leute zogen blank und schlugen auf dieflüchtendenDemon- stranten ein. Einer der Fliehenden blieb tot auf dem Platze, verschiedene andere wurden verwundet. Außerdem wurden massenhafte Verhaftungen vorgenommen. Einer der Verletzten ist inzwischen gestorben.__ Konfiskation derArbeiter-Zeitung  ". DieWiener Arbeiterzeitung  " meldet vom 3. September: In einem seiner periodisch wiederkehrenden Anfälle hat der Staatsanwalt heut« dieArbeiter-Zeitung  " konfisziert. Der Ar- tikel des Abgeordneten RennerReligionS-, Kultus- und Klassenkampf" schloß mit den Worten, daß Jesus   uns immer teuer sein wird und daß wir nicht müde werden, an sein Wort immer zu gemahnen. Und in diesen Schlußsätzen hat der weise Pollak anderthalb Zeilen als Gotteslästerung konfisziert? Ja auch gegen Pollak kämpfen Götter selbst vergebens? Gelegentlich werden die Leser noch erfahren, waS der Herr Staats­anwalt da konfisziert hat; selbstverständlich werden wir auch die gerichtSordnungSmäßigen Mittel nicht scheuen, um mit ihm, so weit es das jämmerliche Kreßgesetz zuläßt, abzurechnen.