sich die Polenfraktion der Abstimmung über die üeüen HaüdelS-Verträge, die auf dem Wucherzolltarif basierten. Im Dezember1906 erklärte sich die Polenfraktion gegen daö Verlangen der sozial-demokratischen Abgeordneten, die Grenzen für die Einfuhr desViehes zu öffnen. Im März 1907 stimmte die Polenfraktionbei der zweiten Lesung für den Entwurf, der die K o n t i n g e n-tierung der landwirtschaftlichen Brennereien besser— i m I n-teresse der Großgrundbesitzer— regeln sollte. ImDezember 1907 schwieg die Polenfraktion zu der sozialdemokrati-schen Interpellation wegen der Lebensmittelteuerung, wobei dieWiedereinführung des Identitätsnachweises, sowie Aufhebung allerLcbensmittelzölle verlangt wurde. Im Juni 1909 brachte die so-zialdemokratische Fraktion eine Interpellation ein, die die zeitweiligeAufhebung der Getreidezölle und der Zölle auf Futtermittel, sowieAbschaffung der Ausfuhrscheinc verlangte, um auf diese Weise derTeuerung entgegen wirken zu können. Die Polenfraktion erklärtesich zwar für die erste Maßregel, schwieg sich aber über die zweiteaus, obgleich ein Zusammenwirken beider nötig ist.Endlich krönte die Polenfraktion ihr Werk der Beschützung desGeldsacks der polnischen Junker, indem sie zuletzt bei der Reichs-sinanzreform gegen das Erbschafts st euergesetz und fürdie Branntweinlicbesgabe stimmte.sZon den Reichsfinanzen.DaS Deutsche Reich ist durch seine unverantwortliche Rüstungs-Politik so in Geldschwierigkeiten geraten, daß die erst kürzlich bc-willigten SOO Millionen Mark bei weitem nicht ausreichen, umdie Finanzvei-t.ältnisse wenigstens einigermaßen zu regeln. Vorallem ist noch ein großes Loch auszufüllen, das durch Rückständeaus den Jahren 1906 bis 1909 entstanden ist. Diese Rückständesetzen sich zusammen aus Fehlbeträgen des Etats und aus rück-ständigen Matrikularbeiträgen in einer Höhe von 613 Mil-I i o n e n; ferner aus den Besoldungserhöhungen für 1909 imBetrage von rund 90 Millionen und für 1908 von 6 0 Mil-l i o n e n. Hinaus ergibt sich eine Summe von rund 679 Mil-lionen Mark. Der Betrag vermindert sich jedoch durch die Mehr-einnahmen aus den neuen Steuern und die Minderübertveisungenaus den Stempelsteuerbeträgen für 1909; beide Posten zusammenkönnen jedoch höchstens mit 140 Millionen veranschlagtwerden. Mithin bleibt ein Bedarf zur Deckung derReste von 630 Millionen Mark, der durch Nach-tragSetat gedeckt werden muß. Im ganzen genommenkann man also behaupten, daß das Reich für die letzten vier Jahrefast 600 Millionen, davon 200 für das Jahr 1909 und 400 für1906 bis 1908, zu zahlen hat, ehe es überhaupt die neue Finanz.ära beginnen kann.— Von den Nachtragetats aus Anlaß der Be-soldungserhöhungen für 1909 in Höhe von rund 90 MillionenMark entfallen auf die Reichspost 66, die Armee 24, Marine undReichseisenbahnen je 3, das Reichsamt des Innern l�h Millionen.Der Rest verteilt sich auf die kleineren Verwaltungen.Die„Frankfurter Zeitung" über die Ablehnung derBerliner Resolution.Frankfurt a. M., 17. September.(Privatdepesche d.„Vorw.")Die„Frankfurter Zeitung" beschäftigt sich heute ineinem großen Artikel mit dem Sozialdemokratisch en Par-teitag und besonders mit der Ablehnung der BerlinerResolution. Es heißt in dem Artikel:„Man hat nicht geglaubt, daß den sogenannten Revisionistenauf dem Leipziger Parteitage Erfolge blühen würden. Wenn esaber liberale Blätter gibt, die sich darüber vor Freude kaumfassen können, so scheint uns das nicht nur unbegründet, sonderilauch wenig politisch zu sein. Wir können uns nichts Unzweck-mäßigeres denken. Mag der Revisionismus noch soviel, vielmehr als man glaubte, an Kraft gewonnen haben, so ist es docheine Unterschätzung der Wirksamkeit der marxistischen Gedanken,wenn man glaubt, die Sozialdemokratie würde alsbald darüberhinweg dem Liberalismus die Hand reichen. Die Ablehnungjener Resolution ist nur zum Teil ein Symptom der Stärke desRevisionismus. Denn es ist anzunehmen, daß auch Radikalegegen sie gestimmt haben und dies natürlich nicht aus Neigungzum Liberalismus, sondern einfach aus der politischen Erwä-gung, daß man sich nicht überflüssigerweise die Hände zu bindenbrauche. Uebrigcns ist ja diese Angelegenheit auf dem Leip-ziger Parteitag noch nicht ganz erledigt. Man hat eine neueResolution eingebracht, die den Eindruck jener Ablehnung ab-schwächen soll und es würde uns gar nicht wundern, wenn jetztdie Radikalen einen Erfolg erzielten, gerade infolge der unvor-sichtigen Aeußerungen einiger Blätter."Herr Karl Trimborn,der Vertreter von Köln- Stadt im Reichstage, hat endlichseinen Wählern Bericht erstattet, nachdem man ihn, sozusagen anden Haaren zum Rednerpult schleifen mußte. Der Schlaue wolltemöglichst viel GraS über die klerikalen Steuertaten wachsen lassen.Darum spielte er den Iranken, von den parlamentarischen Stra«pazen erschöpften Mann. Erst als mehrere Zentrumskonventikelrebelliert hatten, bequemte sich die Kölner Parteileitung dazu,anzukündigen, daß Herr Trimborn in vierzehn Tagen seinenRechenschaftsbericht erstatten werde. Wie cS in Wirklichkeit mitdem Wohlbefinden Trimborns aussah, konnte man an der Tat-fache ermessen, daß der dem Eucharistischen Kongreß Anfang Augustund nachher dem Katholikentag in dem weit entfernten Breslauvon Anfang bis zu Ende beiwohnen konnte, und insbesondere aufdem letzteren fiel Herr Trimborn durch eine ungewöhnlichsprudelnde Fröhlichkeit auf. Auch jetzt in der KölnerVersammlung hatte man den Eindruck, daß die Entschuldigung mitden Gesundheitsverhältnissen Trimborns eitel Flunkerei. derKölner Parteileitung gewesen ist. Herr Trimborn sprach zweiStunden ohne jedes Zeichen der Ermüdung. Sein Vortrag be-wegte sich in dem Rahmen, den man schon aus den Erzberger-,Spahn- und sonstigen Reden, sowie aus den schwarzen Preß-erzeugnissen kennt. Durch die Form der Versammlungseinladungenhatte man von vornherein die Gegner ausgeschlossen. Dennochertönten kräftige Pfuirufe, als Herr Trimborn die Zentrums-Politik zu rechtfertigen suchte, und als er gegenüber der Streich-holzsteuer das fade Mätzchen von der dadurch herbeigeführten Ber-Minderung der Brände zu präsentieren wagte, da scholl ihm derempörte Zuruf„KarncvalSschcrz!" entgegen.Im Brusttone sittlicher Entrüstung erwiderte Herr Trimborn:„Das Zentrum treibt keine Karnevalspolitik I" In der Tat:etwas Scherzhaftes hat der zentriimliche Volksbetrug nicht an sich.Uebrigens hatte Herr Trimborn, der Jurist und Parteiführer, dieUnverfrorenheit, auf die Stufe der Agitatoren dritter und vierterOrdnung herabzusteigen und der Sozialdemokratie nachzulügen,sie habe gegen die Unterstützung der Tabak-arbeiter gestimmt. Zum Schluß unternahm Trimborn denzurzeit wieder sehr beliebten Zentrumstrick, den Kulturkampf andie Wand zu malen, um die Erregung der Wähler in die Sackgasseabzulenken.Nach Trimborn sprach GieLbertS. Er schüttelte mit Eiferden berüchtigten Zitatensack der München-Gladbacher, derenOberster er einer ist.Freie Aussprache gab es natürlich nicht I Nurein Mittelständler und ein Postbeamter durften Anfragejt stellen,wozu sie offenbar vorher beauftragt korbeu mssn,Polizei und Reichsvereinsgesetz.Eine eigenartige Auslegung des Reichsvereinsgesetzes erlaubtesich vor einigen Wochen die Polizeiverwaltung in W e r m e l s-kirchen(Kreis Nemscheid-Lennep-Mettmann). In einem dor-tigen Lokale tagte eine öffentliche Schuhmach erver-s a m m l u n g, die sich mit der Aussperrung der Ar-b e i t e r bei der Schuhfabrik R. und A. Pfeifer befaßte.Obwohl in den Ausführungsbestimmungen zum neuen Reichsver-einSgesetz deutlich genug gesagt ist, daß Gelverkschaftsversamm-lungen der polizeilichen lleberwachung nicht unterliegen, erschienen dennoch zwei Behelmte in der Versammlung und der-langten zu allem Ueberfluß die Entfernung der Jugendlichen unter18 Jahren. Lediglich um die Versammlung nicht durch die Polizeistören zu lassen, kam der Vorsitzende derselben, Genosie Berg-h a u S, dem völlig unberechtigten Verlangen nach. Der Schuh-macherverl-and(Filiale Wermelskirchen) wandte sich darauf miteiner Beschwerde an die Polizeiverwaltung inWermelskirchen, worauf folgende Antwort einlief:„Auf Ihre am 29. Juli 1909 hier eingegangene Beschwerdegegen die Polizeibeamtcn Horstmann und Kohn wird Ihnenhierdurch mitgeteilt, daß die benannten Beamten den g e s e tz-lichen Bestimmungen nachgekommen sind undihre Befugnisse in keiner Weise überschrittenhaben. Es liegt deshalb zu einem Einschreiten gegen dieselbenkein Anlaß vor. Gez. Miel."Das könnte eigentlich für einen beschränkten Untertanenver-stand genügen. Was geht es auch die Polizeiverwaltung in Wermels-kirchen an, daß in Gewerkschaftsversammlungen die Polizei über-Haupt nichts zu suchen hat und daß das Jugendlichenvcrbot fürsolche Versammlungen erst recht nicht besteht. Indessen glaubte sichder Beschwerdeführer mit dieser eigenartigen Entscheidung nichtzufrieden geben zu können und wandte sich an den L a n d r a tdes Kreises Lenncp-Remscheid-Mettmann, von dem folgendersalomonischer Spruch eintraf:„Die Entscheidung über Ihre Beschwerde vom 19. dS. MtS.ist davon abhängig, ob die fragliche Versammlung vom20. Juli ds. IS. als eine öffentliche politrschs Ver-sammlung anzusehen ist oder nicht. Diese Frage wird in demgegen den Leiter der genannten Versammlung eingeleitetenStrafverfahren demnach st zur gerichtlichenEntscheidung kommen. Die Entscheidung über IhreBeschwerde wird daher einstweilen ausgesetzt, bis ein rechts-kräftiges gerichtliches Urteil in dieser Sache vorliegt. Gez.Hentzen."Abgesehen von allem anderen berührt es sonderbar, daß indiesem Schreiben von einem Strafverfahren gegen den Leiter derVersammlung die Rede ist, während diesem davon nichtsbekannt war. Erst nach der Beschwerde an den Landrat wurdedem Genossen Berghaus ein Strafmandat von 15 Mk. präsentiert,und zwar wegen Nichtanmrldung einer öffentlichen politischenVersammlung!Also einen vollen Monat hat die Polizeiverwaltung inWermelskirchen gebraucht, um zu konstatieren, daß es sich um eineöffentliche politische Versammlung handelte. Es wäre aber von derpreußischen Polizei zu viel verlangt, zuzugeben,, daß sie sich geirrthabe; da greift man lieber zur alten bewährten Methode, spanntden Staatsanwalt vor den festgefahrenen Polizeikarren und ver-steckt seinen Reinfall hinter eine zu inszenierende Gerichtsaktion.Nun, vielleicht erhalten die in Frage kommenden beiden Behördenvon da aus die entsprechende Rechtsbelehrung, wie daS Reichs-Vereinsgesetz auezulegen ist.Die Volksbildung macht der Herr Landrat.Das„Greifswalder Tageblatt" erzählt:«In Grimmen fand kürzlich eine Versammlung des Vereins zur Vorbereitung von Volksbildung statt. Da»KreiSblatt brachie nicht nur die jedenfalls ordnungsmäßig bezahltenAnzeigen für diese, es veröffentlichte unter.Lokales" warme Hin»weise auf die segensreiche und weitverzweigte Tätigkeit desVolksbildungsvereins. Die Versammlung fand statt und nahmeinen angeregten, erfolgreichen Verlauf; eS wurden Beschlüsse gefaßt, die ein erhebliches„lokales" Interesse fürGrimmen und den ganzen KreiS hatten, aber vergeblich suchte manauch nur eine Zeile eines Berichtes im Kreisblatt. Warum dieserplötzliche Frontwechsel? Aber der Verein zur Verbreitung vonVolksbildung sollte nicht nur totgeschwiegen, er sollte auchtotgeschlagen werden, so will es, ja wer denn? natürlich ledig-ltch die Konsequenz und die Unabhängigkeit der Kreisblätter. Anderselben Stelle unter„Lokales" bringt das„Grimmer Kreis-Wochen-blatt' mit der Spitznmrke:„Die Schmutz- und Schundliteratur" folgendenunverkennbaren Angriff auS dem Hinterhalt gegen den VolksbildungS-verein:„Es werden in letzter Zeit allerlei Anstrengungen gemacht, hierauswärtige Bibliotheken mit Literaturwerten zweifelhaften Charakterseinzuführen, und man kann nichts dagegen haben, wenn die Werkegeeignet sind, eine auf christlicher Grundlage aufgebaute Kultur zuverbreiten. Vorsicht ist jedoch die Mutter der Weisheit, und darumgehe man bei der Auswahl der Lektüre sorgfältig zuwege I"Schließlich erklärte sich aber auch das„Kreisblatt" wieder für„Volksbildung".„Man wolle sich"— so schrieb es zum Schluß—„die serhalb nur an die hiesige Kreisverwaltung wenden."Steuerleistung und Landtagswahlrecht in Sachsen.In dem Artikel über die Landtags Wahlen inSachsen in Nr. 215 des„Vorwärts" wurde mitgeteilt,daß nach den Entscheidungen der Wahlbehörden alleLandtagswähler aus den W ä h l e r l i st e n g e-strichen würden, die innerhalb der letztenfünfzehn Jahre noch einen unbeglichmen Steuer-r e st hätten. In erster Linie war es der Stadtratin Dresden, der also voranging. Von der„Dresdener Volkszeitung" wurde das Verfahren scharf kritisiertund dabei auch darauf hingewiesen, daß sowohl der ß 80 desEinkommensteuergesetzes wie eine Entscheidung des Ober-vcrwaltungsgerichts eine dreijährige Verjährungsfrist fürSteuerreste festgestellt hätten. Jetzt hat der Rat zu Dresdendurch einen Beschluß eingeschwenkt. Er will jetzt nurStcuerreste als wahlentrcchtend gelten lassen, die bis 1906aufgefunden sind, ältere aber nicht mehr als Grund fürStreichungen auS der Wählerliste gelten lassen. So hat denndie sozialdemokratische Äritik doch Erfolg gehabt.•In der Sitzung vom 16. September des DresdenerStadtverordnete nkolleaiunis wurde von unseren Ge-nassen in scharfer Weise daS rigorose Vorgehen des Wahl- undListenamtes über Auslegung deS Wahlgesetzes kritisiert. Der Ober-bürgermeister erklärte, daß der Rat an diesem Verfahren keinenAnteil und sofort eingegriffen habe, als er Kenntnisdavon erhielt.— ES bleiben aber im,» er noch über 7300Personen übrig, die wegen Steuerriickständen in den letztendrei Jahren ihr Wahlrecht einbüßen. Diese ungeheureZahl der Steucrrestaiiten ist ein Beweis für die S ch w e r e derwirtschaftlichen Krise in den letzten Jahren. Es soll ver-sucht werden, auch noch für diese Personen das Wahlrecht zu er»langen und zwar dadurch, daß sie um Steuererlaß einkommen.OestemicK.Nationale Naudanpolltlk.Wien, 16. September. Der Niederösterreichische Landtagist heute zusammengetreten, und hat den Antrag der Christlich-sozialen und des konservativen Großgrundbesitzes angenommen,in welchem dem tiefsten Bedauern Ausdruck gegeben wird, daßG.esetzentMrs betreffend die Festlegung der deutschenUnterrichtssprache an den öffentlichen Volks- undBürgerschulen bisher zur Sanktion noch nicht unterbreitet wordenist und das Präsidium des Landtages aufgefordert wird, bei denbeteiligten Mitgliedern der Negierung in dieser Angelegenheitvorstellig zu werden. Gegen den Antrag st i m m t e ndie Sozialdemokraten, welche die Kompetenz des Land-tage? in dieser Angelegenheit bestritten. Die Landtagsmehrheitbeschloß zur Wahrung der Interessen der Deutschen in Nieder-österreich, aus den deutsch-bürgerlichen Parteien des Landtags inVerbindung mit NeichSratsabgeordneten einen deutschen„Volks-rat" in Niederösterreich einzusetzen.—Schweiz.Wieder eine Auslieferung au Rußland.Zürich, 16. Sept.(Eig. Ber.) Wir berichteten kürzlich von der in Genferfolgten Verhaftung des Russen Viktor W a s s i l i e f f wegenBeteiligung an einem am 28. Januar 1903 in NarotschcrkaSk(Kaukasus)von Mitgliedern der russischen anarchistisch-kominunistischen Gruppeausgeführten Bankraub. Die gegen daS von der russischen Regie-rung gestellte AuslieferungSbegehren von Wassilieff gerichtete Ein-spräche, daß der betreffende Banküberfall ein politisches Delikt sei,ist vom Bundesgericht in Lausanne einstimmig zurückgewiesen unddie Auslieferung des Verfolgten bewilligt worden.Das„Züricher Volksrccht" bemerkt zu diesem neuesten Liebesdienstder Schweiz gegenüber dem russischen Henkerzaren:„Die russischenHenker können also wieder einen Unglücklichen aus den Händenunserer republikanischen Polizei in Empfang nehmen. Väterchenmuß uns lieb geivinnen."Spanien.BeschlenuigteS Morde«.Madrid, 17. September. Wie aus Barcelona be>richtet wird, werden die Kriegsgerichte von nächster Wochehäufiger zusammentreten, um Revolutionäre abzuurteilen. Die Voruntersuchungen gegen zahlreiche An-geklagten sind beendet.Englanck.Eine Krise in der konservativen Partei.London, 17. September.„Daily Chronicle" verzeichnetan hervorragender Stelle das Gerücht, Lord Lans»d o w n e werde in kurzem den Vorsitz der Uniontstenim Oberhause niederlegen, da die der extremen Toryparteiangehörigen Peers es mißbilligen, daß er nicht geneigt ist,die Verantwortung für die Ablehnung des Budgetsauf sich zu nehmen. Das Blatt fügt hinzu, der Earl ofCa w dor sei zu Lansdownes Nachfolger ausersehen.Rußland.Die Karikatur einer Wahlkampagne.AuS Petersburg wird uns geschrieben:Einzigartig sind die Manieren, die die russische Verwaltungjeder Wahlkampagne gegenüber handhabt. Augenblicklich, da inPetersburg, Moskau und Odessa wichtige Ersatz»wählen zur Duma bevorstehen, tritt die ganze Macht derOrdnungshüter ungeniert in die Erscheinung. Für die sogenanntePropaganda soll der den Wahlen vorangehende Monat vorschrifts-gemäß anheimgestellt sein, aber diese also umgrenzte Frist derlokalen Redefreiheit bleibt unter dem außerordentlichen oder ver-stärkten Schutz nur ein toter Buchstabe: die überwachenden un.wissenden TschinownikS dulden nicht die geringste Kritik der Re«gierung und schließen gewöhnlich auS den harmlosesten Anlässendie Wählerversammlungen. Um jedoch die ganze Kampagne ackabsurdum zu führen, ist für die diesmalige Propaganda eine be-sonderS charakteristische Verschärfung ausgeklügelt worden; dieKandidaten, die als Redner auftreten wollen, sind dazu nur inner»halb ihre? Wohnbezirks und vor den Wählern dieses Wohnbezirksbefugt, so daß den anderen Wählern die Möglichkeit genommensein soll, ihren Kandidaten kennen zu lernen. Während jedochdiese Einschränkungen für die genannten Städte im allgemeinenzur Anwendung gelangen sollen, hat der findige Odessaer GebieterTolmatschow durch eine lokale SpezialVerfügung den Vogelabgeschossen. Er berief einfach in seiner Satrapie Odessa dieZeitungsredakteure zu sich und erklärte ihnen kurz undbündig, daß er jede Stellungnahme zugunsten der oppositionellenKandidaten aufs strengste bestrafen und die Druckereien, in deneneventuell zuwiderhandelnde Blätter erscheinen, ohne weiteresschließen würde. Hingegen ist eS den echtrussischen Organen ge»tattet, über die Kandidaten die schmutzigsten Verleumdungen zuverbreiten, ohne daß sie desavouiert werden dürfen. Denn Tol»matschow hat es schon vor langer Zeit den Verbändlern ver-prochen, daß er einen ihn genehmen„Patrioten" bei den Wahlendurchbringen werde. Und daS nennt sich in Odessa parlamentarischeWahlkampagne!_Stärkung des Absolutismus.Petersburg, 16. September. Ein UkaS über den Artikel 69 de»Grundgesetze entzieht olle Fragen der Organisation der Land»und Seestreitkräfte sowie der Landverteidigung, ferner die Fragenbetreffend die Armee- und die Flottenvcrwaltung, inbegriffen smnt»liche Verfügungen des Militär- und Marinerrssorts der Kom»petenz der Duma, die damit vollends zu einer reinen Schein»Vertretung degradiert wird.Oirfcd.Die Lage in Jemen.Konstantinopel, 17. September. Die Lage in U e m e n istwieder bedenklich. Außer den beschlossenen neuen Truppen-sendungen wird die Pforte eine besondere Kommission nach demUemen entsenden, um mit den Araberführern Jman Jahia undSaid Jdris auf gütlichem Wege zu unterhandeln und eine end,gültig« Lösung der Jemenfrage anzubahnen.«»-IMarohho.Das Ende des»uarokkauischen Prätendenten.Tanger, 17. September.(W. T. B.) Wie aus Fez vom13. d. M. gemeldet wird, ist der Roghi Buhamara am 12.in Gegenwart seines Harems erschossen worden.Indien.Eine Expropriation?Kalkutta, 16. September. In dem Po st loa gen deS gesternÜberfallenen Personenzuges befanden sich 1 500 000 Rupien,Eigentum der Bank von Bengalen. Die Polizei nimmt bestimmtan, daß der Ueberfall das Werk der Extremisten ist, die nachihren eigenen öfteren Erklärungen für ihre pojitischen Zwecke Geldnötig Men.''