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sammenhZngs auZelnanderzusetzen. und so bon langer Hand die nächsten Wahle» vorzubereiten, damit bei diesen mit Junkern und Pfaffen eine gründliche Abrechnung gehalten werden kann. Auch Ihre Tagesordnung hat für uns das größte Interesse. Ich freue mich, daß ich in Ihrer Mitte weilen darf und wünsche Ihren Arbeiten den besten Erfolg. sLebhafter Beifall.) Genossin Zietz-Berlin  : Ich habe Ihnen namens der deutschen   Genossinnen die herz- lichsten Grüße zu überbringen. Die deutschen   Genossinnen verfolgen mit lebhaftem Interesse und mit wärmster Sympathie alle Lebensäußerungen des österreichischen Proletariats namentlich in den letzten Jahren und bringen besonders der Teilnahme der Frauen an diesen Lebensäußcrungen ihr lebhaftes Interesse ent- egen. Wissen wir doch, daß die glänzenden Erfolge, die sie sowohl ei den Wahlrechtskämpfen wie im letzten Wahlkampfe errungen haben, nicht in letzter Linie der starken Teilnahme der Genossinnen zu danken sind. Die deutschen   Genossinnen haben mit Bewunderung und Freude diesen Kampf verfolgt und wir danken den öfter- reichischen Genossinnen, daß sie durch ihr tapferes Verhalten das Vorurteil gegen die Anteilnahme der Frauen am politischen Leben besiegt haben. Die österreichischen Genossinnen haben den politischen Befähigungsnachweis in geradezu glänzender Weise erbracht. sLebhafte Zustimmung.) Wir wissen, daß die österreichischen Genossinnen in Agitation und Organisation außerordentliches ge- leistet haben. Sie haben damit das beste Mittel erwählt, nicht nur unsere Reihen zu vergrößern, sondern auch die reaktionären Be- stimmungen zu beseitigen, die den Vereiuigungsbestrebungen der Frauen in Oesterreich   noch entgegenstehen. Wir in Deutschland  haben durch das Reichsvereinsgesctz, das allerdings weit entfernt ist, ein liberales Gesetz zu sein, immerhin die Möglichkeit er- halten, politische Frauenorganisationen zu bilden; und ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß es der regen Agi- tation unserer Genossen und Genossinnen zu danken ist, daß die bürgerlichen Parteien in dieser Frage kapituliert haben. Nach unserem Erfolge hoffe ich, daß es auch Ihrer Tätigkeit gelingen wird, die Gesetzesbestimmungen zu beseitigen, die die Organisierung der proletarischen Frauen in Oesterreich   heute noch hemmen, wenn auch nicht verhindern. In Leipzig   haben wir ein neues Organisations- statut beschlossen und es ist dann festgesetzt worden, daß mindestens eine Frau in den Vorstand jeder Organisation zu wählen ist. Da- durch ist die Gleichberechtigung der Frau nicht nur theoretisch an- erkannt, sondern auch praktisch durchgeführt, und ich verspreche mir gerade von dieser Bestimmung für die proletarische Arbeit und die Stärkung der Frauenorganisationen sehr viel. Unsere Organisationen sind von 28 Ol)0 im letzten �Zahre auf 62 000 gestiegen und ich bin überzeugt, sie wird sich im nächsten Jahre mehr als verdoppeln.(Großer Beifall.) Wir haben inimer gestrebt, unsere Aufklärungsarbeit prinzipiell zu gestalten. Wir knüpfen nicht nur an die politischen Tagesereignisse an, sondern ver- suchen immer, unsere Frauen zu durchdringen mit unserer alles überragenden Weltanschauung. So wollen wir eS auch in Zukunft halten. Wie der Leipziger   Parteitag dazu beigetragen hat, die deutsche Partei vorwärts zu bringen, so hoffe ich auch, daß Ihre Beschlüsse dazu führen werden, die KampfeSfähigkeit der österreichischen Partei und besonders die Organisation der Frauen zu stärken.(Stürmischer, tanganhaltendcr Beifall.) Genosse Buchinger  -Budapest   überbringt die Grüße der ungar» ländischen Sozialdemokratie. Genosse Dr. Soukup spricht für die tschechische Sozialdemokratie: Wir freuen unS, daß wir uner Mandat erfüllen können, Sie im Namen der tschechischen Sozialdemokratie zu begrüßen. Wir kommen, könnte ich beinahe sagen, von unserem Parteitag und ich kann Ihnen die freudige Mit- teilung machen, daß die tschechische Partei unter den schwersten Verhältnissen erhebliche Fortschritt gemacht und erneut den Beweis geliefert hat. daß sie die stärkste politische Or- ganisation des tschechischen Volkes ist und bleibt. Wir tschechischen sozialdemokratischen Abgeordneten sind ruhigen Ge- Wissens vor das Forum unserer Partei und unserer 400 000 Wähler getreten. Der ganze Parteitag hat nach längerer Debatte unserem tschechischen Klub sein vollstes Vertrauen votiert sowie die parla- mentarische Taktik des Gesamtverbandes sanktioniert. DaS tschechische Proletariat hat gesprochen. ES ist ebenso weit davon entfernt. das Parlament zu überschätzen, wie es zu unterschätzen. Es er- blickt im Parlament ein gewaltiges Instrument seines Emanzipations- kampfes, es versteht und will die positive Arbeit; es ist aber auch bereit, dem nationalen Wahnsinn ebenso wie der geheimen Ver- schwörung und der Minierarbeit der reaktionären Konterrevolution mit allen Kräften entgegenzutreten und alles aufzubieten, um die Demokratie in diesem Staate zu kräftigen und die revolutionäre Arbeit fortzusetzen.(Beifall.) Wir haben auch auf unserem Parteitage die Stellung der Sozialdemokratie zur nationalen Frage diskutiert. Wrr waren uns sowohl der Größe dieses Problems wie auch unserer Verantwortlichkeit voll bewußt. Wir haben aber gefühlt, daß wir notwendig bis zu den tiefsten Wurzeln dieser Frage greifen müssen und daß wir vor allem unS selbst darüber Kar sein müssen, was die Sozialdemokraten in der nationalen Frage selbst wollen, ohne Rücksicht nach rechts oder links. Je früher wir das tun, desto besser für das Proletariat, desto besser für seine Klassenkämpfe und unsere Zukunft. Was augenblicklich möglich war. haben wir getan; wir haben eine Generaldebatte absolviert. Das weitere liegt nicht allein bei uns, sondern in Evern Händen und den Händen der Gesamtpartei Oesterreichs  . Die tschechische Sozialdemokratie hat in den schwersten Zeiten die rote Fahne der internationalen Sozial- demokratie in Ehren gehalten. Wo wir im Kampfe um tschechische Schulen stehen, tun wir daS aus Gründen der kulturellen und sozialen Notwendigkeit und im Dienste des Emanzipations- kampfeS des Proletariats. Wir wollen, daß die Kinder unserer Arbeiter nicht in Schulen, deren Sprache sie nicht verstehen, geistig verkümmern. Wir wollen die Fabrikation von Streikbrechern verhindern(Beifall.) und die Erziehung zu Kampfgenossen fördern. (Erneuter Beifall.) In der kulturellen Ebenbürtigkeit sehen wir die beste Garantie der proletarischen Solidarität. Morgen kommt der böhmische Landtag zusammen, der über die Gemeindestatuten nicht nur von Prag  , sondern auch von Reichenberg zu beschließen haben wird. Wir werden die Arbeitsfähigkeit des Parlaments wie den Fortschritt der Demokratie zu fördern suchen.(Beifall.) Wir sind von Prag  , der Geburtsstätte der tschechischen Bewegung, nach Neichen- berg, der Geburtsstätte der deutschen   Sozialdemokratie Oester- reichs gekommen. Wir stehen in Böhmen   am vulkanischen Krater Oesterreichs  . Hier wird das Schicksal Oesterreichs   entschieden, hier steht die Sozialdemokratie vor ihren schwersten Aufgaben. MeinungS- Verschiedenheiten sind auch bei unS aufgetaucht, aber wir haben nie vergessen, daß das deutsche wie das tschechische Proletariat vierzig Jahre lang Schulter an Schulter in den schwersten Bedrängnissen um dasselbe Ziel kämpft. Wir sind fest aneinander gekettet; wir haben die gleichen Verfolgungen erduldet, die gleichen Märtyrer wie Sie, und wir sind gerüstet wie Sie, jedem Ansturm zu trotzen. (Stürmischer Beifall.) Es sprechen noch Genosse Skaba für die italienisch sprechenden österreichischen Genossen, Kristan für die slowenischen Genossen. Besonderes Interesse erweckt das Erscheinen des Genossen Rauscher aus Set oje wo, der die Grüße der Genossen aus Bosnien  und der Herzegowina überbringt: Auch in Bosnien   und der Herzegowina gibt es. wenn auch seit kurzer Zeit, eine sozialdemokratische Bewegung. Vor vier Jahren wurden� die ersten Gewerkschaften gegründet. Den Anlaß dazu gab die Tatsache, daß Wiener   Bauarbeiter trotz kürzerer Arbeitszeit in Serajewo höhere Löhne erhielten als die einheimischen Arbeiter. Im Jahre 1006 kam es schon zu Massenstreiks, deren Folge die Ansbreitung der Gewcrk- schaften war. Politisch herrscht bei uns der Absolutismus  , und vor- läufig streiten sich noch Ungarn   und Oesterreich, wohin wir gehören sollen. Wtxrlejt.) Wir»pissen also noch nicht, ob wir im Himmel oder auf Erden sind(erneute große Heiterkeit); man bestreitet uns noch das Recht zu jeder Agitation und Organisation; Lersamm- lungen werden bei uns verboten. Was wir aber geworden sind trotz aller Verfolgungen. daS verdanken wir der österreichischen Sozialdemokratie, und ich bin beauftragt, dem sozialdemokratischen Verband der Abgeordneten für die Unterstützung, die er uns er- wiesen hat, zu danken. Wir hoffen, daß er uns eine demokratische Verfassung erringen helfen wird.(Stürmischer Beifall.) Nachdem Genosse Eldersch eine Sympathiekundgebung für die schwedischen Arbeiter und Genosse WinarkSkr eine solche für die spanischen Revolutionäre eingebracht haben, spricht Genosse Dr. Viktor Adler über die russische Revolution: Wir können unsere Arbeit nicht beginnen, ohne der kämpfenden Proletarier in Rußland   zu gedenken.(Beifall.) Die russische Revolution ist tatsächlich zu einem Wendepunkt für Europa   und die Welt geworden, und nicht minder wichtig für die Geschichte der Völker, wie es die französische  Revolution im vorigen Jahrhundert war. Jetzt aber herrscht in Rußland   die Konterrevolution und eine Reaktion, von deren Grau» samkeit und Brutalitäten wir. die wir doch auch an manches ge- wöhnt sind, uns kaum eine Vorstellung machen können. Die einzige Methode, Rußland   zu regieren, ist letzt der Mord und die Lock- spitzelei, und der Träger, der verantwortliche Träger dieses RegierungsshstemS ist der Zar.(Lebhafte Zu- stimmung.) Solange der Absolutismus   in Rußland   nicht gebrochen ist, solange muß der Zar für alle die dort geschehenen Greuel- taten persönlich verantwortlich geinacht werden.(Erneute Zustimmung.) Wir sprechen nicht nur im Namen aller Sozialdemokraten, sondem aller guten Menschen, wenn wir rufen: Weg von unserem Bodenl wenn er sich ihm nahen sollte.(Stürmische Zustimmung.) Die Revolution in Rußland   ist nicht tot, sie wird ihre Auferstehung feiem. Deswegen schlage ich Ihnen folgende Re- solution zur Annahme vor: .Der russische   Zarismus setzt sein grauenvolles Werk der Volksverwüstung fort. Seine Justiz ist der Galgen, seine Politik die Lockspitzelei. Der Parteitag spricht seinen Abscheu aus und brandmarkt dieses System von Blut und Infamie, dessen Duldung und Fortdauer die Schmach und Schande Europas   ist. Der Parteitag erklärt, daß der persönlich verantwortliche Vertreter dieser ver- brecherischen Gewaltherrschaft von der Arbeiterschaft als Ver- brecher an der Menschheit angesehen wird und jede Annäherung als eine entehrende Beschimpfung enipfunden wird. Der Parteitag entbietet dem heldenmütig kämpfenden Proletariat aller Zungen in Rußland   seinen brüderlichen Gruß und sehnt mit ihm seinen endlichen Sieg im Kampfe um die Befreiung herbei." Unter stürmischer Begeisterung wird diese Resolusion ein st immig zum Beschlutz erhoben. Hierauf tritt der Parteitag in seine eigentliche TageS- ordnung ein. Zunächst wird eine Kommission gewählt, die die für das neu eOrganisationS statut vorliegenden Anträge prüfen und sichten soll. Nachmittags erstattete sodann der Vorsitzende der Pgrtei- leitung, Genosse Skaret, den Bericht über die Tätigkeit der Parteileitung: Die Partei hat in den letzten zwei Jahren erfreuliche Fort- ritte gemacht. Die Nachwahlen haben überall ein bedeutsames achstum der Partei erkennen lassen. An Stelle von zwei bürgcr» lichen Abgeordneten sind in der Nachwahl Sozialdemolraten gewählt worden. Bei keiner Wahl ist ein Rückgang der Stimmen bemerk- bar geworden. In Oberösterreich  , Salzburg  , Vorarlberg   hat die Partei Erfolge bei den LandtagZwahlen erzielt. Seit dem letzten Parteitag vor zwei Jahren haben sich aber auch in organisatorischer Beziehung die Dinge vorteilhaft verändert. Statt der früher oft recht losen Organisation ist jetzt eine geschlossene politische Organi- sation getreten. Beinahe 113000 Arbeiter sind polt- tisch organisiert. Die bloß gewerkschaftlich Organisierten und diejenigen, die mit der Partei sympathisieren und sozialdemo- kratisch wählen, find dabei nicht mitgerechnet. Freilich ist das noch kein zufriedenstellendes Resultat. In den Gewerkschaften sind 300 000 deutsche Arbeiter organisiert und bei den Wahlen sind 500 000 Stimmen abgegeben worden. Demgegenüber ist die Zahl der wirklich politisch organisierten Genossen gering. Auch die Frauenorganisation wie die Jugendorganisation weisen Fortschritte auf; aber auf beiden Gebieten muß noch mehr geschehen. Die bürgerlichen Parteien sind in letzter Zeit sehr beflissen, die Jugend ihren Bestrebungen dienstbar zu machen und es ist dringend er­forderlich. daß auch wir mehr Muße und Arbeit auf die Erziehung unserer Jugend verwenden. Das BildungSwesen verdient unsere stärkste Aufmerksamkeit und wir haben es nur auS Zeitmangel nicht auf diesem Parteitag schon zu eingehender Besprechung gestellt. In Wien   ist ein Bildungsausschuß errichtet worden, der alle Erwar- tungen übertroffen hat. Dieser Bildungsausschuß gibt ein Korre- spondenzblatt heraus, das den Funktionären im Lande Anleitungen für Vorträge gibt, sie aber nicht der Mühe, selbständig zu denken und die Vorträge individuell zu gestalten, überhebt. Unsere Agitation ist eine lebhafte gewesen. Der Nachfrage nach Rednern komrte nicht genügt werden. Besonders konnten die Wünsche nach Reichs- tagsabgeordneten und speziell nach einer Auslese von Reichstags- abgeordneten nicht erfüllt werden. Gut entwickelt hat sich unsere neueste Parteigründung, die große Pa r te i b ä ck er ei, die wir an der Grenze von Wien   errichtet und am 20. Juni d. I. er- öffnet haben. Die Brotfabrik bäckt täglich 70 000 Kilogramm Brot und die Mühle mahlt täglich 10 Waggon Roggen. Mühle und Bäckerei sind Gründungen der Parteiorganisation und der Nutzen kommt den Organisationen zugute. Natürlich haben wir Muster» betriebe in hygienischer wie sozialer Beziehung eingerichtet. Sämt- liche Bäcker und Müller haben den achtstündigen Arbeitstag. Es ist also eine Forderung hier durchgeführt, die von den kapitalistischen  Betrieben für undurchführbar erklärt worden ist. Der Redner weist zum Schluß darauf hin, daß die Parteileitung gern noch mehr für die Agitation usw. getan hätte, wenn ihr mehr Geldmittel zur Verfügung gestanden hätten und knüpft daran die Hoffnung, daß die Schaffung des neuen Organisationsstatuts die Zentralstelle auch in finanzieller Hinsicht besser stellen werde. Nachdem der Genosse Dr. Ellenbogen-Wien den Kassenbericht gegeben und der Genosse Dr. Czech-Brünn namens der Kontrollkommission berichtet hat. wird der Parteileitung Entlastusig erteilt. In der Diskussion bemängelt Genosse Dr. Bauer-Wien  eS, daß so wenig Flugblätter verteilt und zu wenig große Volks- Versammlungen abgehalten worden sind. Die Aktion der Massen selbst ist hinter der lebhaften Parlamentstätigkeit in den letzten Jahren leider etwas zurückgetreten. Bei der Annektion von BoS- nien, bei der Lebensmittelverteuerung hätten mehr Aktionen außer- halb des Parlaments stattfinden müssen. Die Obstruktionisten im Parlament hätten sich vielleicht etwas mehr Reserve auferlegt, wenn die Stimme der hungernden Bevölkerung lauter vernehnftar ge- wesen wäre. Es werde etwas zu viel Rücksicht auf das Parlament genommen und zu wenig Politik außerhalb des Parlaments ge- macht. Das sei natürlich nicht Schuld allein der Parteivcrtretung, sondern auch Schuld der lokalen Organisationen. Aber es hätte nichts geschadet, wenn die Parteivertretung hier mehr Direktiven gegeben hätte. Der Redner schließt: Gerade in der heutigen Zeit, wo wir einer Zukunft entgegengehen, die von der Vergangenheit erheblich verschieden sein wird, gerade in einer Zeit, wo Oesterreich sich in der Umwälzung befindet, können wir bei aller Anerkennung der Notwendigkeit des Parlaments nicht unsere alte revolutionäre Lehre vergessen, daß das letzte entscheidende Wort von den Massen selbst gesprochen werden mutz.(Lebhafter Beifall.) Ecrmak-Teplitz verbreitet sich über Mängel auf organisa» torischem Gebiete und wünscht eine Uebertragung der Wiener  Bildungseinrichtungen auf das gesamte deutsche Proletariat in Oesterreich.  (Zustimmung.) Reumann-Wien   tritt der Meinung des Genossen Dr. Bauer esiigegen und Wivt« NW dürfe die Wusses Mt Sil sehe Nit VsllLt versammlunKn überlasten. Gerade bei tii LebenSmitkelverkeü«- rung hätte es sich gezeigt, daß man mit Demonstrationsversamm- lungen auch zuviel des Guten tun könne. Nachdem mehrere Redner für die Erweiterung und Förderung der Bildungsbestrebungen gesprochen haben, nimmt Abg. Dr. Renner das Wort, um sich den Ausführungen Dr. Bauers im wesentlichen anzuschließen. Er führt aus: Das Parlament überschattet bei uns naturgemäß jede andere öffentliche Parteitätigkeit. Das ist ge- fährlich, denn das Parlament wird in der Zukunft nicht immer beisammen sein und dann sind die im Parlament vor sich gehenden Dinge oft so kompliziert, daß sie von den Massen nicht ohne weiteres verstanden werden. Die außerparlamentarische Aktiyn ist deshalb sehr wichtig. Unsere Presse kommt nicht an den letzten Miann heran, sie berührt nur die Oberschicht der Arbeiter, und unsere Flugblatt- Verteilung liegt oft sehr im argen. Mindestens fünfmal im Jahre müßten große umfassende Flugblattverteilungen stattfinden. Der Charakter unserer Versammlungen hat sich gegen früher verändert Nur orientierende aufklärende Versammlungen waren früher nicht möglich. Früher wurde in den Versammlungen stets zum Sturm gerufen, zur direkten Aktion aufgefordert. Die Parteigenossen, die jetzt zu den aufklärenden Versammlungen kommen, langweilen sich dort manchmal und müssen erst zu dieser Art der Versammlungen erzogen werden. Wir müssen von den allgemeinen Tagesereignissen auf das ABC des Sozialismus in diesen Versammlungen zurück. greifen, den Genossen wieder unsere Grundprinzipien lehren.(Leb- hafte Zustimmung.) Genosse Dr. Viktor Adlcr-Wien  : Ich gehöre auch zur Partei- leitung und kann sagen, daß wir selbst mit unseren Leistungen keineswegs zufrieden sind. Ja, die jetzige Parteileitung ist vielleicht der so riesenhaft angewachsenen Bewegung nicht mehr ganz ge- wachsen. Wir brauchen vor allem Menschen und Geld, um allen Ansprüchen gerecht zu werden. Was Dr. Bauer gesagt hat, ist zum Teil richtig. Aber gerade bei uns, wo die Politik fortwährend wechselt, können die Versammlungen nicht bei jedem Wechsel in der Politik zu einer neuen Aktion aufgerufen werden. Man hat von der Zentralinstanz mehr Initiative verlangt. Ich möchte den Be- zirksorganisationen mehr Selbständigkeit und Initiative wünschen. (Lebhafte Zustimmung.) Die politische Zentralisation birgt die Gefahr des Bureaukratismus in sich. Einverstanden bin ich damit, das BildungSwesen weiter zu fördern. Wir werden auch zu einer Parteischule kommen müssen, wenn wir auch nicht die Sache so groß anlegen können wie die reichen deutschen   Genossen. Nachdem noch mehrere Genossen im Sinne Dr. Renners gesprochen, ist die Diskussion erschöpft. Es wird noch der Bericht der Mandatsprüfungskommission entgegengenommen, aus dem hervorgeht, daß 204 Delegierte, darunter 14 w e i b- liche. am Parteitag teilnehmen. Die weiteren Verhandlungen werden auf Dienstag vertagt. Die Gefahren der Arbeiter der Zelluloid'Industrie. Schon des öfteren ist die Oeffentlichkeit erschreckt worden durch die furchtbaren Verluste an Menschenleben, verursacht durch Brände in Zelluloidfabriken. So traf auch wie ein Blitzschlag die zivili- sierte Welt die Nachricht, daß am 6. Juni v. I. wiederum durch den Brand in der Zelluloidloarenfabrik von Gebrüder Sailer in Wien   17 meist jugendliche Menschenleben in wenigen Minuten vernichtet waren. Dieses Unglück veranlaßte die zuständige Or- ganisation, in dieser Frage Untersuchungen anzustellen. DaS Resultat ist ein wahrhaft erschütterndes. Zunächst wurden auch die interessierten Verbände der Holz-, Fabrik» und Buchbindereiarbeiter um Mitarbeit ersucht. Die Eeststellungen ergaben folgendes Resultat: Innerhalb der letzten ahre fanden in der Zelluloid-, Stock- und Gummiindustrie, unter Hinzurechnung einer Oesenfabrik wie der Rohstoffabrik in Eilenburg  11 Brände statt, bei denen teils Menschenleben vernichtet wurden» teils körperlichen Schaden eclitten oder in Lebensgefahr schwebten. Insgesamt fanden hierbei 34 meist jugendliche Arbeiter und Ar- beiterinnen ihren jämmerlichen Flammentod. 20 Beteiligte sind körperlich geschädigt, haben Wochen und Monate in Kranken- Häusern zubringen müssen und sind teilweise dauerndem Siechtum verfallen. Zirka 200 schwebten in Lebensgefahr. Für die Ge- fährlichkeit solcher Zelluloidbrände nur folgende? Beispiel: In einer Kammfabrik war in wenigen Minuten der Ausgang durch Flammen versperrt und 50 Menschenleben sahen dem Tod inL Auge. Nur der Besonnenheit einiger war es zu danken, daß noch Rettung durch den Fahrstuhlschacht möglich war. In dieser Iii- duftrie sind im ganzen Reiche 2600 Personen beschäftigt, so daß man sagen kann, auf je 10 Arbeitskräfte entfällt ein Geschädigter. Hinzu kommen noch eine große Zahl Brände, über die genaue An- gaben nicht gemacht wurden. Wir sehe» uns demgegenüber vergeblich nach einer energischen Stellungnahme der Neichsregierung um. Es sind wohl in den letzten Jahren dahingehende Verordnungen im Bezirk Leipzig  , Hessen  , Mittelfranken  , Lippe, Anhalt, Meißen   und Darmstadt   er- lassen worden, welche aber den gerechtfertigten Forderungen der Arbeiter um Schutz für Leben und Gesundheit keineswegs ent- sprechen. Von einer Konferenz der Vorstände der vorgenannten Zentralverbände hat nun unterzeichnete Kommission den Auftrag, in der Frage weitere Schritte zu unternehmen. Wir richten hier- mit an alle Interessenten das Ersuchen, über etwaige Verord- nungen oder sonstige Erlässe in bezug auf die Zelluloidbrandgefahr der Kommission Mitteilung zu machen. Deutscher Holzarbeiterverband. Zentral-Kommifsion der Stock- und Kammindustrie. Alle Zuschriften erbitten wir an den Obmann: Julius Hildebrandt, Rixdorf, Sclchower Straße 6 III. Eue der parteu Kongreß der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Finnlands  . Vom 8. bis zum 13. September tagte in der kleinen Fischer- 'adt Kotka der fünfte Kongreß der finnischen   Sozialdemokratie lus dem Bericht der Partei entnehmen wir folgende Daten: Im Jahre 1908 umfaßte die Parteiorganisation 1156 Orts- gruppen im ganzen Lande mit zirka 82 000 Mitgliedern(darunter 63 000 Männer und 19 600 Frauen); daneben bestehen noch außer den gewerkschaftlichen Verbänden 293 Gesang-, Musik-, Turn- und andere Vereine. Vor 4 Jahren(Ende 1905) war die Mitgliederzahl der Partei bloß 45 298. Die Parteipresse er- scheint jetzt in einer Auflage von 137 200 Exemplaren, darunter öTageblätter inHelsingforS.Abo.Tammerfors, V i b o r g und Uleabor g, 11 dreimal und 2 zweimal wöchcnt- lich herausgegebene Zeitungen, 1 Witzblatt und 1 Monatsschrift. Im Jahre 1906 betrug die Auflage 82 900, im Jahre 1907 125 OCO Exemplare. Bei den Landtagswahlen wurden für die sozialdemokratischen Kandidaten Stimmen abgegeben: im Jahre 1907 829 946, 1903 310 082 und bei den letzten Maiwahlen 1909 336 396(40 Proz. der ganzen Wählerschaft). Das klassenbewußte Proletariat Finnlands   wird jetzt im Landtage durch 8 4 Dc- p u t i e r t e vertreten. Seit dem letzten Parteitage(Uleaborg 1906) waren drei be- wegte, wechfelreiche Jahre verflossen, und so mußte auch der jetzige Kongreß die politischen Erfahrungen dieser Zeitperiode zur Aus- spräche bringen. Die Leitung der Partei wurde im allgemeinen gutgeheißen, doch an einzelnen Maßnahmen fand man manches aus- zusetzen. In den Jahren 1906 und 1907 machten der Partei viel zu schaffen die geheimen Verbindungen: das waren die lieber- bleibsel der.roten Garde" nach der Sveaborgrevolte, welche sehr bald zu einfachen Räuberbanden ausarteten, Gelderpressungeu, ..Expropriationen" usw. ausführten und dabei vorgaben, im Namen der Revolution und des Sozialismus zu handeln! Der Partei- tetftäfiö jgh siÄ ßenfiiiflt, cwo diejes ttüfieitole Txeibes der