und nach den EssenZpausen müssen sich die Arbeiter regelmäßig aufBretterflötzen über den Kanal setzen. Bei dieser Gelegenheithaben schon Miederholt Arbeiter Bekanntschaft mit dem Wassergemacht. Schwarzbrunn befand sich als letzter gerade beim Ein-steigen zur Ueberfahrt, als die Fähre sich schon loslöste und erins Wasser fiel. Dabei schlug er mit dem Arm auf einen neben-stehenden Kahn auf und erlitt einen Schlüsselbeinbruch des rechtenArmes. Mittels Droschke wurde der Verunglückte nach einerKlinik gebracht._Ein internationales Wcttfliegen beginnt heute auf dem Flug-Platz Johannistal-Adlershof. Der Flugplatz ist fiskalisches Terrainund war früher ein billiger und gern aufgesuchter Ausflugsort derBerliner Arbeiter. An schönen Sonntagen lagerten hier Tausendevon Arbeitern mit Weib und Kind, um sich von den Strapazender Woche auszuruhen. In der letzten Zeit ist der Waldbestandder Axt zum Opfer gefallen und heute umschließt ein drei Meterhoher Zaun das Ml) Morgen umfassende Gelände. An bekanntenFliegern sind gemeldet: Orville Wright, Farman. Nougiers.Sanchez Besa, Dufour, Bleriot, Latham und andere.Fliegende Menscken. Unter diesem Titel hielt HauptmannHildcbrandt am Freitag einen Vortrag in der„Urania", der dieEntWickelung der Flugmaschine von ihren ersten Anfängen biszu den jüngsten Apparaten schilderte. Der Vortrag zeichnete sichbesonders durch seine zahlreichen Lichtbilder aus, die zum Teilziemlich unbekannte, aber für die EntWickelung der Flugapparatebedeutende Modelle zeigten. Besonders interessant war die Auf.nähme eines Apparates des Berliner Regierungsrats Hoffmann,der schon vor Jahren als erster bei seinem Modellflieger, der auflangen„Storchbeinen" aufgebaut war, unten kleine Räder be>festigte, die zum Start dienten, eine Ablaufvorrichtung, die mitAusnahme der Wrightschen Flieger sämtliche anderen Konstruk-tionen heute verwenden. Eigenartig berührten auch die gelungenenAufnahmen Bleriots bei seinem Flug über den Kanal. Hoch inden Lüften der Riesenvogel mit seiner Motorseele, unten auf demMeere ein ruhig dahingleitendes Vollsegelschiff: Vergangenheitund Zukunft. Hauptmann Hildebrandt, der Gelegenheit hatte,einen Flug mit Orville Wright zu unternehmen, schilderte wieder-holt, daß das Fahren im Aeroplan Wrights vollkommen frei vonErschütterungen jeder Art sei, daß man ruhig die Hände frei be-wegen könne, um Notizen usw. zu machen, und daß man sowohlbeim Fahren als auch beim Landen nie das Gefühl der voll-kommensten Sicherheit verlöre. Der Vortragende war auch einerder ersten Apostel der Brüder Wright in Europa, nachdem er sichin der Heimatstadt der Brüder in Dahton durch persönliche Nach-forschungcn von der Richtigkeit ihrer Behauptungen überzeugthatte. Doch ihm wurde damals ebenso wenig geglaubt, wie denBrüdern selbst und dem französischen Kapitän Ferber, der indiesen Tagen seinen Tod bei einem Versuch fand. Ferber, einerder ältesten Äeronautiker, war sonst bei seinen Flugversuchenäußerst vorsichtig. Ein Lichtbild zeigte, wie er sich ein hohes türm-artige? Gerüst mit einem Ausleger bauen ließ, an dem seinApparat mit einem Seil, wie ein Schwimmschüler an der Leine,aufgehängt war, so daß er nie abstürzen konnte. Ferber scheintdieses System verlassen zu haben und ist eben in diesen Tagenbei einem Freiflug verunglückt. Besondere Beachtung verdientauch der jüngste der Apparate des unermüdlichen BrasilianersSantoS Dumont, der sowohl auf dem Gebiete der Lenkballons, alsauch auf dem Gebiete der Flugapparate als erster Erfolge aufzu-weisen hatte. Der Apparat von Santos Dumont, bezeichnenderweise„Demoiselle",„Fränleinchen" genannt, wiegt m i t dem Fahrer nur180 Kilogramm. Allerdings wiegt der Fahrer selbst nur IM Pfund.Er braucht, da sein Gewicht so klein ist, nur eine sehr kleine Trag-fläche, die nicht mehr als 9,5 Quadratmeter beträgt. DieserApparat, der für 2— 3000 M. herzustellen sein wird, soll nach SantosDumont dazu berufen sein, das Fahrzeug des Privatmannes zuwerden. Leider berichtete der Vortragende nicht, ob Santosmit diesem Apparat beträchtliche nennenswertere Flüge durchge-führt hat. Auch die beiden einzigen bis jetzt wenigstens etwaserfolgreichen Flugapparate Zathos und Grades, beides Doppel.decker und Drachenflieger, erschienen im Lichtbild. HauptmannHildebrandt erhofft von der in der nächsten Woche beginnendenaviatischen Woche, die uns die besten und erfolgreichsten Fliegerder Welt, Farmann, Wright, Latham, Bleriot und viele anderezeigen soll, einen Aufschwung deS deutschen Flugsports und einenAnstoß für die deutschen Konstrukteure, sich diesen Apparaten mehrals bisher zuzuwenden. Bisher hatte man in Deutschland die Be-deutung der Flieger verkannt, während im Ausland, besonders inFrankreich, schon seit Jahrzehnten auf diesem Gebiete gearbeitetwird, so daß, trotzdem in Deutschland die grundlegenden Versucheeines Lilienthals stattfanden. Frankreich unbestritten die ersteStelle einnimmt.Der JugenbauSschuß für Groß-Berlin veröffentlicht imInseratenteil der heutigen Nummer näheres über die in Aussichtgenommenen Vortragsabende, worauf wir besonders verweisen.Straßensperrung. Gesperrt sind: Die Kurfürstenstraße vonder Steinmetzstratze bis zur Dennewitzstraße(unter Ausschluß derKreuzdämme der beiden letztgenannten Straßen); die Mühlen-straße wegen Kanalisationsarbeiten sofort bis auf weiteres.Zeugen gesucht. Passanten, welche gesehen haben, wie amIS. August, abends S Uhr, Brunnenstraße Ecke Demminer Straßeein Radfahrer von einem Schutzmann arretiert wurde, werdenersucht, sich bei Döring, Brunnenstr. 79, Laden, oder bei Köpke,Reinickendorf, Amendestr. 109, zu melden.Feuerwehrbericht. Wegen eine» KellerbrandeS wurde dieWehr nach der ProSkauer Straße L3 gerufen, wo Säcke u. a. inBrand geraten waren. Grober Unfug lag einer Alarmierung ausder Landsberger Allee 30 zugrunde. Eine Schlägerei auf derStraße, Hilferufe usw. hatten einen Mann veranlaßt, den viertenAutomobilzug zu alarmieren. Durch die Explosion einer Petra-leumlampe kam Brunnenstraße III Feuer aus. Wegen einesBodenbrandes rückte der 17. Löschzug mit vier Fahrzeugen nachder Kommandantenstraße 50 aus. Schornsteinbrände mußten inder Lübecker Straße 52. Wilhelmstr. 94/90 und anderen Stellenbeobachtet werden. Samariter der Feuerwehr hatten in der Fehr.belliner Straße 83 und Lützowstraße 40 zu tun. Der eine Krankewurde nach dem Elisabethkrankenhause gebracht. In der Friedrich.straße 182 mußte ein Kellerbrand gelöscht werden und in derAnklamer Straße 35 ein kleiner Wohnungsbrand. Ferner liefenAlarme aus der Hochstraße Lö und anderen Stellen ein.Arbeiter-Samariter-Kolonne. Montagabend 9 Uhrt I. Ab-teilung, Dresdener Straße 45: Fortsetzung des Kursus Vortragüber Physiologie. Neue Mitglieder können noch eintreten.Am Donnerstag in demselben Lokal Wonatssitzung der dienst-tuenden Abteilung._Vorort- JVacfmcbtemRixdorf.Don der Arbelt des Stockes. Es gibt Lehrer, die mitKindern nicht ohne P rügel fertig werden können. Dienst-Vorschriften und Gesetzesbestimmungen sichern ihnen das Prügel-recht, ihrem Stock läßt sich daher nicht wehren. Nur wo dasPrügelrecht„überschritten" wurde, da kann gegen sie vorgegangenwerden. Aber waS heißt das: sein Prügelrecht„überschreiten"?Wenn ein Lehrer nur daS vorgeschriebene Prügelinstrumcnt be-nutzt, nur auf die vorgeschriebenen Körperteile schlägt und keineGe(undheitSschädigung herbeiführt, dann kann ihm nichts passieren.Es kann ihm nichts passieren, selbst wenn er mit einer Ausgiebig-keit geprügelt hat, die in keinem richtigen Verhältnis steht zu demVergehen deS Kindes, in keinem auch zu dessen Fähigkeit, Schlägezu ertragen. Dieser Tage hat in der 15. K n a b e n» G e m e i n d e-schule der Lehrer Harnack in Klasse IIO einen Schüler L.,der seine häusliche Rechenarbeit heimlich in der Zeichenstunde an-gefertigt hatte, recht nachdrücklich abgestraft. Das Verhalten desJungen war unzulässig, gewiß. Aber Herr H. soll noch einen be-sonderen Grund gehabt haben, ihn so nachdrücklich zu züchtigen,obwohl L. sonst einer der besseren Schüler ist. L. erzählt hierüber,zunächst habe er sich vorschriftsmäßig gebückt, um die Stockhiebe ent-gegenzunehmen. Da aber der erste Hieb unerwartet schmerzhaftwar, so richtete L. sich auf und zeigte sich dann minder bereit.wieder die gebückte Stellung anzunehmen, um noch mehr Hiebezu empfangen. Das galt nun dem Lehrer wohl als Ungehorsam,am Ende gar als Widersetzlichkeit, die eine Extrastrafe verdiente,und jetzt gabs um so mehr. Aus dem Widerstreben, sich zubücken, soll hinterher der Lehrer gegenüber dem Jungen dieReichlichkeit der Prügel erklärt haben; wenigstens hat der Jungeihn so verstanden. Wir finden, das wäre denn doch ein sehr eigen-artiger Grundsatz, das Quantum der zu verabreichenden Prügelzu bemessen. Der Lehrer selber scheint freilich die Prügel nichtmal für reichlich gehalten zu haben. Er verwies es dem Jungen,sich zu gebärden, wie wenn ihm der Kopf abgerissen würde, währender doch nur einen Klaps auf die Hosen bekommen habe.Ueber die Wirkungen des Klapses auf die Hosen hat die Mutterdes Jungen einen Arzt, den Rixdorfer Stadtverordneten Dr.Silberstein, um sein Gutachten ersucht. Silberstein hat folgendesbescheinigt:„A... L.... 11 Jahre, wurde mir am 19. September 1M9vorgestellt. Der Junge, der einen sehr schwächlichen und blut-armen Eindruck macht, zeigt auf seinem Gesätz 5— 8 dicke großeschwer blutunterlaufene Stellen. Er hat ferner am linkenDaumenballen eine längere blutunterlaufene Strieme, ferneram rechten vierten Finger eine Hautwunde! Wenn diese Ver-letzungen, wie das Kind angibt, von Schlägen durch den Lehrerherstammen, so muß ich als Arzt konstatieren, daß diese Schlägemit einer Heftigkeit ausgeführt sein müssen, die bei dem elendenGesundheitszustand des Kindes wohl geeignet sind, dieGesundheit ernstlich zu gefährden."(Die hervorgehobenenSilben und Wörter sind in dem Attest unterstrichen.)Daß der Junge für sein Alter von 11 Jahren ungewöhn-l i ch schwächlich ist, das kann auch ein Laie ohne weiteres er-kennen. Hat Herr Harnack das nicht bemerkt?Tchöneberg.Die morgen stattfindende Stadtverordnetenversammlung wird stchu. a. mit folgendem Antrage unserer Genossen beschäftigen:„Die Stadtverordnetenversammlung richtet das Ersuchen an denMagistrat, bei den bevorstehenden Stadtverordnetenwahlen die Wahl-zeit für die dritte Abteilung auf einen Sonntag festzusetzen.Gleichzeitig wird der Magistrat ersucht, für den 9. Wahlbezirkder dritten Abteilung zwei Wahllokale vorzusehen."Die Schöncberger Volksbücherei hat seit ihrer Neuorganisationim Jahre 1907 einen erfreulichen Aufschwung genommen. Der Lese-saal der Bibliothek in der EberSstratze wurde im Monat August von1785 Personen besucht und eS wurden in demselben Zeitraum nichtweniger als 11 034 Bücher ausgeliehen. Um dieser sseigenden In-anspruchnahme gerecht zu werden, wird am 1. Oktober eine Zweig-stelle im Berliner OrtSteil und zwar an der Ecke der Martin Luther-und der Freistngerstraße errichtet. Die BücherauSgabe findet anWochentagen von 12V, bis 1'/, Uhr und nachmittags von 5 bis9 Uhr statt. Die Lesehalle ist an Wochentagen von 4 bis 9 Uhr,Sonntags von 3 bis 7 Uhr geöffnet.Wilmersdorf-Schmargendorf.Die Dclegicrtenwahle» für die Wilmersdorfer Ortskrankenkassefinden am Mittwoch, den 29. September, abends von 6 bis8'/a Uhr, im Gesellschaftshause(früher Luisen-Park), Wilhelms-Aue 112 statt.'Einige Arbeitgeber versuchen gegen die Kandidatenliste derfreien Gewerkschaften eine von den Unternehmern selbst zusammen-gestellte Kandidatenliste gegenüberzustellen. Wohin daS führt, wennUnternehmer Arbeiterinteressen vertreten, das dürfte wohl im Laufeder Zeit selbst dem einfältigsten Arbeiter klar geworden sein.Vor einigen Wochen haben Unternehmer eine Beschwerde an dieRegierung über angebliche Mißstände und Mißwirtschast der jetzigenVerwaltung gerichtet und hierzu auch einen Teil ihrer Arbeiter zurUnterschrift verleitet. Die Beschwerde mußte von der Regierungals unbegründet zurückgewiesen werden. WaS damals nichtglückte, soll jetzt bei der Wahl der Mitglieder gelingen, den weiterenAusbau der sozialen Aufgaben der Kasse aufzuhalten.Arbeiter I Genossen l laßt Euch nicht irreführen. Eure Jnter-essen werden von Euch s e l b st am besten gefördert. Deshalbweife jeder die Unternehmerliste mit Entrüstung zurück und gebe beider Wahl seine Stimme nur den von den freien Gewerk-schaften aufge st eilten Kandidaten.Die Wahl ist geheim!Jedes Mitglied besorge sich von seinem Arbeitgeber eine Legiti-mation(Arbeitsbescheinigung).Die GewerkschaftS-Unterkommisfion.Am heutigen Sonntag, nachmittags 3 Uhr, schließt die hiesige„Freie Turnerschaft" ihr diesjähriges Sommerlurnen auf dem Spiel-platz Mannheimer- Ecke Berliner Straße durch ein Abturnen. DieArbeiterschaft ist hierzu freundlich eingeladen.Groh-Lichterfelde.„Die Aktion der Sozialdemokratie" war das Thema eines Vor-träges, den Genosse Kurt Eisner in einer öffentlichen Partei-Versammlung hielt. Eingangs seines Vortrages betonte der Redner.daß auf dem Leipziger Parteitag mehr denn je die Stimmung vor-herrschend gewesen sei, einheitlich und geschlossen zu arbeiten. Beider gegenwärtigen politischen Situation könne eS auch kein anderesInteresse geben, als der Arbeiterklasse zu zeigen, waS die Sozial-demokratie leisten kann und will. Wenn wir uns weiter einigeFremdwörter wie: Radikalismus, Revisionismus, Opportunismususw. abgewöhnten und nur sagten, was wir wollen, dann könne eskeine erheblichen Meinungsverschiedenheiten über unseren Weg unddie Mittel der Aktion mehr geben. Die Besorgnis, von dem Wege,der un» zum Ziele führt, cibzuweichin, halte er für einen voll-ständigen Irrtum. Jeder Fortschritt sei nur eine Etappe zu unseremZiel«. Keine bürgerliche Partei sei fähig, positive Arbeit zu leisten— dies fei nur allein die Sozialdemokratie. Im Reichstage beirieben die Führer bürgerlicher Parteien nur die Geschäfte der ver-schiedenrn Interessengruppen und kapitalistischen Cliquen; große be-geisternd« Aufgaben fehlten gänzlich. Keine der Parteien habe einenZukunftsstaatsg«dankcn, sie wurzelten in der Gegenwart.Redner gibt hierauf in großen Umrissen ein Bild von derWeltanschauung und der politischen Wirksamkeit der Konservativen,deS Zentrums und der Liberalen. Während bei erstcven eine Vor-wärtsentwickclung vollständig ausgeschlossen sei, habe die liberalePartei als einzige noch fruchtbare Gedanken, die� verwirklichtwerden könnten, wenn sie selbst nicht beinahe vollständig daraufVerzicht geleistet hätten. Daß daS der Fall, wies Redner an ein-zelncn Beispielen nach. Es gäbe nichts Trostloseres, nichts Er-niedrigendercs als diese bürgerliche Politik: Reue Schiffe, mehrSoldaten und— Zuchthäuser, daneben als Schminke ein bischenSozialpolitik.Wollten die bürgerlichen Parteien politischen Fortschritt, somüßten sie geistige Anleihen machen bei der Demokratie und So-zialdemokratie. Die bürgerlichen Parteien in ihrer heutigen Ge-ftalt seien gar keine politischen Parteien, sie hätten gar keineStaatSgedanken, sie seien die eigentlich Vaterlandslosen. Deshalbwerde die Finanznot kein Ende nehmen. Damit sei das gegeben,was er. Redner, Aktion nenne. Dez weiteren verbreitet sich derReferent über die Meinungsverschiedenheit in der Frage der Erb-schaftSsteuer. Seine Auffassung hierüber summiert er wie folgt:Wenn es gelänge, die direkte Besteuerung durchzuführen, sowürde dies zur Folge haben mindestens eine Hemmung derRüstungen, eine parlamentarische Regierung, eine entsprechende Be»lastung der Besitzenden, schließlich das Ende der Rüstungen ttndnoch mehr: die Volkshcrrschaft. Die Einführung der direktenSteuern wäre in ihrer Wirkung revolutionär. Das in-direkte Steuersystem sei das Mittel des Absolutismus � diedirekte Besteuerung das Werkzeug der Demokratie.Am Schlüsse seines mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vor-träges forderte der Redner die Entfaltung unjcrer eigene� Grundsätze in positiver Arbeit. Wenn die bürgerlichen Parteien etwasleisten wollen, müssen sie zu uns kommen— nicht wir zuihnen; es könne sich nur darum handeln, daß sie uns entgegen-kommen müssen, weil Staat und Reich zugrunde gehen und ihreWähler sich von ihnen abwenden. Praktische, positive Arbeit seinichts weiter als Arbeit für die sozialistische Gesellschaft.Eine Diskussion wurde nicht beliebt. Mit einem begeisterndenHoch auf die Partei wurde die auch von einigen Gegnern besuchteVersammlung geschlossen.Zehlendorf(Teltow-Beeskow).AuS der Gemeindevertretung. In Zehlendorf Wird derelektrische Strom für Bcleuchtüngszwccke mit 45 Pf. pro Kilowatt-stunde berechnet, während Berlin und die meisten Vororte nur40 Pf. erheben. Dem aus der Vertretung gestellten Antrag, denPreis für Zehlendorf entsprechend herabzusetzen, wurde stattge-geben. Es wurde beschlossen— obwohl man einen erheblichen Ein-nahmeausfall zu gerwärtigen hat— daß der Preis vom 1. Ok-tober 1909 ab für die ersten innerhalb eines Jahres verbrauchten00M Kilowattstunden 40 Pf, pro Kilowattstunde betragen soll.Der Preis für den Strom zu Kraftzwecken wurde für die gleicheEnergiemenge von 20 auf 10 Pf. herabgesetzt. Für die Fertig-stellung des Spielplatzes am Siebenendenweg sowie für dieRenovierung des Spielplatzes an der Burggrafenstraße sind 1100Mark erforderlich. Mit Recht wies Herr Münzer darauf hin, daßmit derartigen Forderungen, die durchaus nicht so sehr dringlichsind, das Etatreckt der Vertretung beschnitten wird. Da aber dieMehrheit solche Bedenken besonders dann nicht hat, wenn eS sichwie hier, um die Spielgelegenheit höherer Söhne und Töchterhandelt, wurde die Vorlage glatt angenommen. Für die Unter-Haltung des Marktplatzes wurden zu den seinerzeit bewilligten3M M. noch 1000 M. nachgefordert. UnS scheint die Summe etwashoch, da doch die Standinhaber Standgeld zu zahlen haben, wodurchmindestens ein erheblicher Teil der Kosten für Reinigung ver,wendet werden mutz. Trotz der nunmehr gesammelten Erfahrungenentspricht der Markt noch nicht den Anforderungen, die man billiger,weise stellen kann. Der Erdboden müßte gepflastert werden. Be-sonders an Regentagen ist ein Schmutz, der kaum zu durchwaten ist.Außerdem klagen die Hausfrauen mit Reckt über wenig zweck,dienliche Anordnung der Verkaufsgruppen. Daher kommt es dennauch, daß viele Händler die Lust verlieren, nach Zehlcndorf zukommen. Dringend der Aufklärung bedarf auch die Klage derWeißwarenhändler, daß ihnen der Verkauf bestimmter Waren,wie Spitzen. Reste usw. verboten ist, weil sich die Warenhaus-besitzer beschwert haben sollen. Der verstorbene Sanitätörat Dr.Sorauer hatte die Absicht, der Gemeinde Zehlcndorf ein Legat—man spricht von 20 000 M.— zu vermachen. Er starb jedoch ohneein Testament zu hinterlassen. Der in Schlesien lebende Bruderde? Verstorbenen hat nun der Gemeindeverwaltung 5000 M. indreiprozentigen Staatspapieren gestiftet. An die Annahme ist dieBedingung geknüpft, daß die Stiftung den Namen des Sanitäts-rat» Dr. Sorauer tragen soll, und daß die Zinsen dazu verwendetwerden sollen. Bedürftigen ohne Unterschied des Glaubens imWinter Heizmaterial zu gewähren. Die Vorlage wurde ange-nommen. In die Steuervoreinschätzungskommifsion ist für die Zeitvom 1. Oktober 1909 auf drei Jahre auch diesmal kein die Verhält-nisse der Arbeiter kundiger Mann hineingewählt. Die in den Etateingestellten 500 M. zur Säuglingsfürsorge waren auf 300 M.gestrichen worden. Es wurde nun beantragt, diese 300 M. auf dennächstjährigen Etat zu übernehmen und in diesen noch 500 M. ein»zusetzen, so daß dann 800 M. für den angegebenen Zweck zur Ver-fügung stehen. Dieser Antrag, der trotz geäußerter Bedenken gegeneine solche Etatänderung angenommen wurde, zeigt, daß auch inZehlendorf die Mütter ziemlich zahlreich sind, die nicht genügendNahrung für ihre Kleinsten besorgen können. Hat man dies abereingesehen, so ist es für uns in der Tat unerfindlich, warum mitdem Anfang lediglich deswegen noch gezögert wird, weil die Summeetwas gering ist. Mit etwas mehr gutem Willen hätte sich damitschon ein gut Teil Not lindern lassen.Tempelhof.„Der neue Tteuerraubzug" lautete das Thema, über das derReichStagSabgeordncte Genosse Fritz Zubeil in einer gut besuchtenBolksversanmilung referierte. Unter lebhafter Zustimmung der Ver-sammelten besprach der Referent die Vorkommnisse in der äußerenPolitik und zeigte, wie verderblich das persönliche Regiment dieBeziehungen des Reiches zu den anderen Staaten beeinflusse. Hier-nach ging Redner auf den neuen Steuerraubzug ein. AllseitigenBeifall fand der Redner, als er zur stritten Durchführung de»Leipziger Parteitagsbeschlusses, den Echnapsgenuß gänzlich zu meiden,aufforderte. Hier fei eine Gelegenheit gegeben, den Junlern wenig-ftenS einen Teil ihres SiaubeS wieder abzujagen. Mit einem Hin-weis auf Schweden und Spanien zeigte der Redner, daß dasarbeitende Volk überall erwache und den Kampf gegen feine Unter»drücker aufnehme; er knüpfte unter lebhaftem Beifall der Ver»sammelten daran den Wunsch, daß auch das deutsche Volk die Zeichender Zeit verstehen und zur Abrechnung mit seinen Gegnern kommenmöge.Steglitz.Mit einigen interessante» Mitteilungen wurde die Ge,meindevertretersitzung am Freitag eröffnet. Im Februard. I. hatte die Gemeindevertretung beschlossen, der Nachbar-gemeinde Wilmersdorf einen Zuschuß von 150 000 M. zum Bauder Untergrundbahn zu zahlen, allerdings nur unter derVoraussetzung der Erfüllung einiger Bedingungen. Nunmehr teilteWilmersdorf in kurzen Worten mit, daß eS auf die 150 000 M.verzichtet. Die Steglitzer Steuerzahler werden darüber nichtungehalten sein, und die Bahn wird trotzdem gebaut werden. Auchdie Regierung ist um unseren Geldbeutel— ausnahmsweise— besorgt:sie hat den Beschlüssen der Gemeindevertretung betr. Regelungder Lehrergchälter die Genehmigung versagt,weil Steglitz höhere Sätze wie Berlin beschlossen hatte.Die Lehrer werden ob dieser Fürsorge der Regierung wenig erbautsein. Trotz dieser Ersparnisse ist das GeldbedürstuS unserer Ge-meinde so groß, daß beschlossen wurde, eine neue Anleihe imBetrage von drei Millionen Mark aufzunehmen. Zur An.legung eine» Spielplatzes an der Ring- und Südendstraßeverlangte der Gemeindevorsteher 1000 M. Gemeindevertreter Dr.L ö f e n e r, unseres Wissens Oberlehrer, bekämpfte die Anlegungdes Spielplatzes in der genannten Gegend deshalb, weil die An.wohner(auch er selbst wohnt zufällig dort) durch den Lärm be»lästigt würden. Der Antrag wurde schließlich angenommen. Aufdem Althoffplatze soll eine monumentale Bank mit der Bronzebüstede» früheren Ministerialdirektors Althoff aufgestellt werden. Zuden Kosten von 12 000 M. soll unsere Gemeinde 5000 M. bei-steuern, 7000 M. werden von der Althoffstiftung und dem Kultus-Ministerium getragen. Für den Betrieb der Rettungs.wache wurden 2000 M. und für eine„einfache und würdigeFeierlichkeit" zur Einweihung des Realgymnasiums1000 M. bewilligt. Einer der interessantesten Tagesordnung»-punkte mußte wegen Verhinderung des Referenten vertagt werden,nämlich die Beschlußfassung über Ueberschreitun-gen beim Bau der Badeanstalt, die bekanntlich eineenorme Höhe erreicht hatten. Gelegentlich der Bewilligung vonMitteln zur Umpflafterung der Filandastrahe wurden lebhafteKlagen gegen unsere Tiefbauverwaltung geführt, in der es aneiner umsichtigen Leitung zu fehlen scheint. Der Bürgermeisterversprach energisches Einschreiten. Ein alter Bekannter tauchte imletzten Punkt der Tagesordnung wieder auf, nämlich ein„Antragauf Beseitigung des Ausnahmezustandes im Ge,