d«» Betten Handelsverträge das Exportgeschäft.Im Baugewerve führte die allgemeine wirtschaftlicheStagnation zu einer weiteren Verschärfung der schon imBorjahre ungünstigen Lage. Dementsprechend ist auch ein Rückgangdes Absatzes in der Stein industri» zu verzeichnen. Besondersgilt das von den Ziegeleien. Für den Holzhandel wardas verflossene Geschäftsjahr ein ungünstiges. Die Möbel-industrie zeigte einen Rückgang des Umsatzes. Sehr gelittenhat auch die Fabrikation musikalischer Instrumente.Namentlich der Export wies einen erheblichen Ausfallauf. Die Textilindustrie erlitt auf der ganzenLinie einen starken Rückschlag. Am schwersten wurde dieBaumwollindustrie getroffen» Aber auch der Leinengarn-markt und die W o l l i n d u st r i e zeigten niedergehende Konjunkturund Nachlassen des Konsums. Der Preissturz auf dem Vaumwoll-markte führte zu eine» weiteren Verschärfung der Lage auf demWollmarkte. In allen Zweigen der Branche wurden Betriebs-einschränknngen vorgenommen. In der Trikot- und Strick-Warenindustrie lagen die Verhältnisse ähnlich. Dasgleiche gilt auch von allen übrigen Branchen in der Textil-Industrie. In der S ch u h w a r e n i n d u st r i e herrschte einetiefgehende Depression. Die Lederhands chu h i n d u st r i e be-zeichnet das abgelaufene Jahr als eines der ungünstigsten desletzten Jahrzehnts. In der Bettfederfabrikation trat einemerkliche Verschlechterung der Lage ein; auch in der Pelz-Warenfabrikation ist der Absatz im Rückgange begriffen. Inder Metall» und Maschinenindustrie trat derRückschlag mit voller Wucht ein. Allgemeine Zurückhaltungdes Bedarfs, weichende Rohmaterialmärkte und starkerPreissturz verliehen der Berichtsperiode ihre Signatur.Bei der Feilenfabrikation verschärfte sich die Rückwärts-bewegung. Unbefriedigende Ergebnisse werden schließlich auch ausder Buchbinderei und der Papierfabrikation gemeldet.Diesen durchweg schlechten Schilderungen stehen nur ver-schwindend geringe Betriebszweige gegenüber, in denen wenigstensvon keiner Verschlechterung berichtet wird.Soziales.«ltMhförfoföe im Lande der Pfaffen und Jnvker.Auf dem sogenannten„Armenpflegertag" des deutschen Vereinsfür Armenpflege und Wohltätigkeit zu München am 24. Sep-tember ILM schilderte der Direktor des Hamburger Armenamtesin„lebhaften Farben" die große Belastung der Gemeinden durchArbeitsscheue usw.„Arbeitszwang ohne Richterspruch" war dasAllheilmittel dieses Donnerredners, welcher, freilich auch unter leb-haftem Widerspruch, Beifall fand. Interessanter wurden die De-batten» als man die Armenpflege auf dem Lande behandelte. WarStadtrat Münsterberg sehr zahm in sMer Kritik über die Zu-stände in der ländlichen Armenpflege, so trat ein Bezirksamts-assessor Decker als München, der sicher aus Erfahrung im Amtesprechen konnte, kühner hervor. Er gab zu, daß in Bayern schwereMängel vorhanden seien. Die Landgemeinde unterstütze zu spätund zu langsam, ihre Armenhäuser(sofern überhaupt vorhanden)sind unhygienifch und überfüllt mit Personen beiderlei Geschlechts,Kranke und Gesunde, alte Säufer und schuldlose Kinder, Elendund Laster durcheinander, ein Sch»ecken der Gemeinde, ein An-steckungSherd körperlicher und sittlicher Entartung.Welche Scheinheiligkeit, wenn dagegen die Pfaffen, die ge-wohnlich den„Armenpflegschaftsrat" der Gemeinde bilden, die„christliche Nächstenliebe auf dem Lande" jo loben und preisen, denStädten gute Ratschläge geben wollen, i-4».!. i Weiter wurde berichtet, daß nicht allein Gesunde und Krankevernachlässigt, auch„die Anstaltsversorgung von erwachsenenBlinden, Blöden und Siechen sei ungenügend."„Die Umkost, woder Arme von Haus zu Haus seine Verpflegung finde, werde oftungesetzlich auf Kinder angewandt."Alles das läßt der„Herr ArmenpflegfchaftSrat" im geistlichenGewände ruhig zu. Seit Jahrzehnten agitieren unsere Genossenim Reichstag und auch in Bayern z. B. für eine Aenderung dessogenannten Heimatrechtes, ohne Erfolg. Auf dem Armenpflegertagwurde zwar perkündet, daß die Regierung sich„seit Jahren mitAbänderungsvorschlägen befasse", bis heut« aber nichts getan hat.Es wurde jetzt wenigstens offen zugegeben, daß„die bedenklichsteUrsache in dem Heimatpriuzip liegt, das trotz der modernen Be-weglichkeit der Bevölkerung dennoch der Heimat, die durch Geburtoder Heirat erworben, die Unterstützung des Armen für seinganzes Leben auferlege. Wohnort und Heimat falle in zahllosenFällen auseinander und werde die kleine Landgemeinde mit Lastenüberbürdet für Leute, die in der Fremde geboren, ihre Heimat kaumdem Namen nach kennen. Dazu seien die Gemeinden viel zu kleinund leistungsunfähig, um solche Aufgaben zu erfüllen." Man hättehinzufügen können,„auch in den meisten Fällen viel zu geizig,ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen."v, i Für das Land der Junker berichtete ein„Generallandschafts-direktor" Kapp aus Königsberg, welcher sehr vorsichtig„ähnlicheMißstände für den Osten Deutschlands zugab, die jedoch nichtschlimmer seien als im Westen oder Süden". Vor allen Dingenmüsse man die„Landflucht" zu beseitigen suchen, gesunde Be-bölkerungSpolitik tveiben,„im Wege der Gesetzgebung und Ver-waltung alle zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Hebungländlicher Arbeiter geeignete Mittel ergreifen" usw. SchöneWorte. Ob aber der llieferent sich für das Organisationsrecht derländlichen Arbeiter erwärmen würbe? Jedenfalls haben inMünchen nun auch der Sozialdemokratie fernstehende Redner diehimmelschreienden Mißstände in der deutschen Armenpflege.speziell auf dem Lande, dem Bereiche der Pfaffen und Junker,offen zugeben müssen,i,- llttzulässiger Lshnavzug für Ferienurlaub.'% Die Arbeiterin W. klagte gestern vor dem Gewerbegerichtgegen den Fabrikanten Samulon. Sie hatte ihre Stellung beimBeklagten gekündigt, weil ihr eine bessere geboten wurde. Der Be-! klagte hat ihr für die letzten 14 Tage, ihre Kündigungsfrist, denLohn mit 35 M. nicht gezahlt. Dies begründete der Beklagte da-! mit, daß die Mägerin einen Fcrienurlaub unter Fortzahlung ihre?Lohnes im laufenden Jahre gehabt habe, der ihr nur unter derVoraussetzung, daß sie bis zum Jahresablauf bei ihm bleibe, ge-währt wurde. Da sie sich nun von der ehemaligen Direktriceseines Geschäfts für eine Konkurrenzfirma habe engagieren lassen,halte er stch für berechtigt, den für die Ferienzeit gezahlten Lohnin Anrechnung zu bringen.Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung. WennSuch keine gesetzliche Bestimmung den Beklagten zur Lohnzahlungfür den Fcrienurlaub verpflichte, so habe aber dieser sie durchdie tatsächliche Zahlung als seine moralische Pflicht anerkannt.Ein Recht, diesen Lohn zurückzuverlangen, gibt ihm das Gesetznicht. UeberdieS würde einer Aufrechnung gegen den bereits ver-dienten Lohn der Z 394 des Bürgerlichen Gesetzbuches entgegen-stkhen._*Gmcbtd-ZeitungiHaMirg-Amerikauische Paketfahrt-Aktiengesellschast und PolizeibehördeHamburg.Um die Behandlung hilfsbedürftiger Rückwanderer einheitlich zuregeln, wurde zwischen der Polizeibehörde Hamburg und der Haniburg-Amerikanischen Paketfahrt-Akiiengesellschaft ein Abkommen getroffen,nach welchem sich die Polizeibehörde Hamburg verpflichtete, die ausden Schiffen der Hamvurg-Amerikanifchen Paketfahrt-Aktiengesellschastbeförderten europäischen Rückwanderer, die sich bei ihrer Ankunft imHafen wegen eines geistigen oder körperlichen Leidens in hilfs-bedürftigem Zustande befanden, in eigene Fürsorge zu nehmen.Andererseits verpflichtet sich die Paketfahrt-Aktiengesellschast, derPolizeibehörde alle Kosten zu erstatten, welche derselben duHh dievorläufige Verpflegung und Rückbeförderung der Hilfsbedürftigenin die Heimat erwachsen werden. Bei etwaigen Hindernissensollt« ein Pauschalbetrag von 300 M. geleistet werden,ohne Rücksicht auf die Dauer der Verpflegung. Die Kostenpro Person und Tag wurden dann zunächst mit l.öv M. bezlv. 1 M.in Rechnung gestellt. Dies ging bis zum Jahre 1904. Won diesemZeitpunkte an forderte die Polizeibehörde Beträge von 3,S0 bezw.1,50 M. Die Paketfahrt-Aktiengesellschast zahlte diese Beträge unterVorbehalt und klagte dann auf Rückzahlung der aus denMehrzahlungen inzwischen auf 613 000 Mark angewachsenenSumme. Sie macht geltend, daß mit dem damaligen Polizeiherrn,dem Herrn Senator Dr. H., eine derartige Abrede in Ansehung desVortrages getroffen worden sei. Die beklagte Polizeivehörde be-streitet das und machte auch Unzulässigkeit des Rechtsweges geltend.Beide Instanzen verwarfen die Einrede der Unzulässigkeit desRechtsweges. Es erkannte das Landgericht Hamburg denAnspruch der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Aktiengesellschastzunächst dem Grunde nach als gerechtfertigt an. Auf die Berufungder beklagten Polizeibehörde hob das Oberlandesgericht daslandgerichtliche Erkenntnis insoweit auf, als Rückerstattung mit Rück-flicht darauf verlangt wird, baß mehr als 1 M. bezw. 1,50 M. proPerson und Tag gezahlt worden sind. Insoweit wies e§ dieKlage ab. Das Oberlandesgericht legt dar, daß die Beklagteallerdings an den Vertrag von 1388 wie auch an den späteren von1892 solange gebunden sei. bis seitens eines Teiles eine Kündigungstattgefunden habe. Jedoch könne das Gericht die Höhe der Beträgenicht als vereinbart anerkennen. Wenn die erwähnten Beträge in denKrankenhäusern damals gezahlt und so in Rechnung gestellt wordenseien, so möge darin eine Vereinbarung für die Verrechnung liegen.Dadurch komme jedoch nicht zum Ausdruck, daß die Beträge ingleicher Weise für immer festgesetzt werden sollten, wie der Pauschal-betrag von 300 M.Dieses für die Klägerin ungünstige Erkenntnis wurde auf dieRevision der Gesellschaft hin vom dritten Zivilsenat des Reichs-gerichts aufgehoben, soweit als die Klägerin mit ihrem An-spruch auf Rückzahlung der Mehrleishingen abgewiesen worden war.Insoweit wurde die Sache nochmals an das OberlandesgerichtHamburg zurückverwiesen. Die auch von der Polizeibehörde ein-gelegte Revision wurde zurückgewiesen.Milde Strafe für Rowdys von Besitz«nd Bildung.Vor dem Verhener Schöffengericht hatten sich am 1. Oktobervier Herren aus Hastedt, einem Vorort von Bremen, zu ver-antworten: der Landwirt H a g e n s, der Landwirt D ep p e, derBauunternehmer Meyer und der Prokurist Oehlschläger.In der Nacht zum 1. Juli hielten diese mit einem Auto vor demHotel„Hannover". Der Tabakarbeiter I. Becker aus Verden kamdes Weges und besah sich das Auto, ohne im geringen eine Be-lästigung der Autobefltzer vorzunehmen. Plötzlich fielen dievier„Helden" über den B. her und mißhandeltenihn auf unmenschliche Weise; mußte B. dochsieben Wochen an einer erlittenen Augeiiverletzung im Henrietten-stift zu Hannover zubringen. Alle Zeugen des B. bekundeten in derVerhandlung die Roheit, die die Angeklagten an den Tag gelegthätten, als sie über den wehrlosen B. hergefallen seien. Selbst derAmtsanwalt bezeichnete die Behandlung als schwer eKörperverletzung und beantragte zwei MonateGefängnis. Bei der Urteilsbegründung betonte der Vor-sitzende, daß die Tat der Angeßlagten als roh und brutal be-zeichnet werden müsse, doch hätte das Gericht von einer Gefängnis-strafe abgesehen und als mildernde Um st ände den gutenEindruck, den die Angeklagten vor dem Gerichtgemacht hätten, gelten lassen. Die Angeflagten wurden jezu 300 Mark Geldstrafe oder 60 Tagen Gefängnis und indie Kosten verurteilt.— Der Verletzte(mit kranker Frau und achtKindern) hat gegen die Herren mit dem guten Eindruck jetzt eineSchadenersatzklage angestrengt, da die Verletzungen des Auges vondauerndem Einfluß sind. Auch die Ortskrankenkasse wird jetzt vonden Angeklagten die Kosten der Kasse einfordern.Es ist doch ungemein interessant, was alles ein deutscher Richterals Milderungsgrund ansieht und wie gerade dann ein solcher vonGefängnisstrafcii absteht, wenn die Angeklagten ihrer Lebens-Haltung nach die Geldstrafe nicht als Strafe empfindenkönnen und der Verletzte ein Arbeiter ist. Ist esreiner Zufall, daß man von der Verhängung von Geldstrafen nichtshört, wenn der Fall umgekehrt liegt oder ein Arbeiter etwa einenLandwirt, einen Unternehmer oder einen Prokuristen ohne jedenAnlaß roh und brutal überfällt und arbeitsunfähig schlägt? Manvergleiche mit dem ergangenen Urteil z. B. das am Freitag von unsmitgeteilte des Jnsterburger Landgerichts gegen einen Knecht. Dawurde ein Jahr Gefängnis ausgesprochen, wiewohl der Knechtmit Prügeln nur gedroht hatte. So lange nicht die Gerichts-Verfassung dahin geändert ist, daß lediglich aus allen Teilen derBevölkerung und von dieser gewählte Richter an Stelle der heutigenentscheiden, wttd unsere Justiz Klassenjustiz bleiben.Kautkensschwindelei.Trotz aller Warnungen vor KautionSschwindlem finden sichimmer noch Personen, die mit einer beniitleidcnSwerten Naivitätund Vertrauensseligkeit ihre mühselig gemachten Ersparnisse gemein-gefährlichen Schwindlern opfern. Die 2. Strafkammer des Land-gerichts II unter Vorsitz des LandgerichtSdirekters Dr. L i e p m a n nverhandelte gestern eine umfangreiche Anklagesache wegen KautionS-schwindels, die wiederum zeigte, mit welchem sträflichen LeichtsinnLeute, ohne sich irgendwie zu erkundigen, ihr Geld opfern.Wegen gemeinschaftlichen Betruges waren der Kauf-mann Otto Gottschalk und der Kaufmann KarlG a n s ch i e w e tz angeklagt.— Der Angeklagte Gottschalk ist einder Kriminalpolizei schon seit vielen Jahren bekannter Kautions-schwindler. Er ist etwa zehnmal vorbestraft, darunter zuletzt wegenKautionsschwindelS mit drei Jahren Zuchthaus und 1500 M. Geldstrafe. Da er im Wiederholungsfälle mit einer noch höheren Straferechnen mußte, suchte er sich einen„Strohmann" zu seinen unerlaubtenGeschäften, den er auch in der Person des nur geringfügig vorbestraftenGanschiewetz fand. Beide eröffneten unter dem Deckmantel einer„General-agentur" für die Versicherungsgesellschaft„Urania"ein Bureau. Beide hatten keinen roten Pfennig in der Tasche, ver-standen es aber bald, sich auf»em„nicht mehr ungewöhnlichen"Wege des Kautionsschwindels die Taschen zu füllen. ES wurden insogenannten„parteilosen" und in bürgerlichen Zeiinngen Inserateerlassen, in denen Kassierer gesucht iveroen, die eme Kaution stellenkönnen. Es wurde nun fleißig drauflos engagiert und sechsLeute, die selbst nicht viel übrig hatte», gaben zumeist1 0 0 0 M. als Kaution her. Keinem fiel es ein, sich irgendwievorher über die famose Firma zu erkundigen. Die Folge war, daßalle Sechs keinen Pfennig von ihrem Gelbe wieder-gesehen haben.— StaatscmwaltS-Assessor M a r e s ch beantragtein Anbetracht deS ganz gewerbsmäßig betrügerischen Vorgehens derAngeklagten gegen Gott schall 3 Jahre Zuchthaus und1600 Mark Geldstrafe und gegen Ganschiewetz 1 Jahr Gefängnis.Das Gericht erkannte gegen G o t t s ch a l k auf 2 JahreZuchthaus, 760 Mark Geldstrafe und 5 Jahre Ehr-Verlust und gegen Ganschiewetz aus S Monate Ge»fängnis und S Jahre Ehrverlust.Ein raffinierter Streich,durch welchen der eigene Bruder tn eine recht üble Lage gebrachtwurde, führte gestern den Photographen Ludwig L e t s ch unter derAnklage der schlveren Urkundenfälschung mid deS Betrüge» bor die2. Straskammer des Landgerichts l. Außerdem mußte sich L. nochwegen eines im Freibad Wannsee verübten Dieb-stahls verantworten. Der Angeklagte entstammt auseiner sehr angesehenen Familie im Rheinlande, welcherer schon großen Kummer und Aerger bereitet hat. Aufseinen vielfachen Irrfahrten kam der Angeklagte nach Berlin,Ivo er sich einige Tage obdachlos herumtrieb und schließ»lich in dem Hotel„Krone" Wohnung nahm. Von hier aus schrieb erin dem Namen seines Bruders, der in der Nähe von Mainz dasJngenieurfach studiert, an das Postamt in Mainz, daß an diesenadressierte Briefe und Geldsendungen ihm nach Berlin nachgesandtwerden sollten. Der Angeklagte rechnete damit, daß der für seinenBruder bestimmte Monatswechsel an ihn ausgezahlt werden würde.Das geschah denn auch, nachdem die 2ijährige Tochter desHotelinhabers ihn ahnungslos als Empfänger legitimiert hatte,da er unter dem Namen seines Bruders in dem Hotelabgestiegen war. Dieser Betrug hatte insofern recht eigenartigeFolgen, daß als Geschädigter schließlich der Briefträger Fentzke inFrage kam, dem die Postbehörde den Bettag der Postanweisungratenweise vom Gehalt abzog und noch jetzt abzieht, da die Tochterdes Hoteliers nicht als eine„vertrauenswürdige und zahlungsfähigePerson" im Sinne der postalischen Bestimmungen anzusehen sei unddeshalb zur Legittmation eines unbekannten Empfängers nichtdienen könne. Der Vater des Angeklagten hat jedoch das Einsehenfiehabt und dem geschädigten Geldbriefträger vorläufig 30 M. über-andt.— In dem zweiten Falle der Anklage wurde der Angeklagtebeschuldigt, tn dem Freibad Wannsee einem Herrn Kuhn ein Porte-monnaie mit 210 M. Inhalt entwendet zu haben. Dieser Fall fieljedoch einer Vertagung anheim. Wegen des Betruges lautetedas Urteil gegen den Angeklagten auf sechs Monate Ge»fängnis._Hus der frauenbewegung.Zentrum«nd Arbeiterinneuschutz.Auf allen Gebieten des Arbeiterinnenschutzes erweist daS Zenttumsich als falscher Freund. Das zeigte sich auch bei Gelegenheit derVerhandlung über einen Antrag unserer Genossen im Dreiklassen-Parlament. Die sozialdemokratische Fraktion hatte u. a. beantragt,Frauen für alle Gewerbeaufsichtsbezirke in Preußen, für jedenBezirk mindestens eine weibliche Kraft zur Gelverbeaufsichtheranzuziehen. Ueber den sozialdemokratischen Antrag er-stattete die Gewerbe- und Handelskommission kurz vor SessionL-schluß Bericht. Danach hat sie den Antrag, der auch die Zu-ziehung von Aerzten und männlichen Arbeitern für die Gewerbe-aufsicht verlangte, mit 13 gegen 3 Stimmen abgelehnt.Bemerkenswert und für die Arbeiterinnenfreundlichkeit des Zentrumscharakteristisch war dabei Idie Stellung dieser.Volkspartei". DerBerichterstatter der Kommission, der Zentrumsabgeordnete Dr.Pieper, meinte lakonisch, eS liege kein Grund vor, dem Antrageder Sozialdemokratie zuzustimmen. Das nationalliberale Mitgliedder Kommisston und der RegicrungSvertreter schloffen sich derArgumentation deS Abgeordneten Pieper an, daß die Einstellungvon Beamtinnen nicht in jedem Aufsichtsbezirk erforderlich sei.sonder» nur dort, wo zahlreich Arbeiterimien beschäftigtwerden. Und Herr OberregierungSrat Frick verwies darauf, daßBeamtinnen bei den Gewerbeiiispeltionenmiteiner großen Arbeiteriimen-zahl bereits eingestellt seien. Um solche Stellungnahme richtigzu würdigen, macht die„Gleichheit" eine Aufstellung der Fabrikenund der darin beschäftigten Arbeiterimien nach Jnspektionsvezirkeu.Es wurden weibliche Arbeitskräfte gezählt(Zahl der Fabriken inKlammern): Berlin 111424(10 081), Düsseldors 81 198(4900),Breslau 44 762(2943), Potsdam 32 229(1865), Frankfurt a.O. 81 974(1005), Liegnitz 31798(1542), Oppeln 28 324(1465), Aachen22 752(782), Köln 20220(1375), Erfurt 18 499(993),Arnsberg 18 217(1937), Wiesbaden 17155(1496), Minden17106(1198), Magdeburg 17 095(1446), Kassel 14 180(707),Münster 14027(813), Merseburg 13 612(1276), Schleswig 13 086(1842). Hannover 12 804(854), Lüneburg-Stade 8509(537), Stettin-Stralsund 8324(1169), Posen 8288(823), Danzig 8239(566),Königsberg-Allenstein 6640(868), Trier 5700(507), Hildesheim 5578(579), Koblenz 5544(538), Osnobrück-Aurich 4167(445), Bromberg3800(606), Maricnwerder 3376(637), Kösliu 3042(521), Gumbinnen2781(443) und Sigmaringen 1953(56).Für alle diese Betriebe sind bisher weibliche Hilfskräste in derGewerbeaufficht nur tätig in den Bezirken Berlin(drei Beamtinnen),Düsseldorf und Breslau(je eine Beamtin) und seit dem 1. April d. I.für Wiesbaden(eine Beamtin).In Bezirken Ivie Potsdam mit 32 229 Arbeiterinnen, Frankfurtmit 31 974 und den folgenden Bezirken mit je über 10 000 Arbeiterinnen hält man in Preußen weibliche Aufsicht nicht für notwendig.Hinzu kommen noch die in obiger Zusammenstellung nicht auf-gezählten jugendlichen Fabrikarbeiterinnen unter 16 Jahren, bereuZahl für Preußen im letzten Jahre 75 093 betrug; auch fehlt hierdie Zahl der Betriebe, die nur Arbeiterinnen von unter 16 Jahrenbeschästigen. Angesichts dieser großen Zahl jugendlicher Arbeiterinnensollte man doch wahrhaftig das Schneckentempo in der preußischenSozialpolitik betteffs Emstellung weiblich« Kräfte in der Gewerbe«aufsicht etwas beschleunigen.Eine wirksame Kontrolle in bezug auf die Jnnehaltung derSchutzvorschristen für die Arbeiterimien in vielen Betrieben, auch in Hin-sichl auf da» Kinderschutzgesetz, wofür insbesondere das große Gebietder Hausindustrie zu bearbeiten wäre, ist nur denkbar und durchführbar,wenn in den zirka 160 Gewerbeinspektionsbezirken mindestens je eineBeamtin tätig wäre. Auch dann gäbe eö noch reichlich Arbeit fürjede einzelne. Unter den jetzigen Verhältnissen sind noch für Tausendevon Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitskräften die Schutzgesetzebollständig illusorisch. Der sozialdemokratische Antrag wurde zedochvon keiner bürgerlichen Partei unterstützt. So geht das Zenttumauf dem Gebiete des LrbeitcrinnenschutzeS wieder wirksam mitschlechtem Beispiel voran._Versammlungeit— Beranstaltunge«.Perein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse. Freitag, den8. Oktober, abends 8V, Uhr im Neuen Klubhaus, Koinman-dantenstraße 72: Vortrag mit Lichtbildern:„Der Maler HanSThoma und seine Stellung in der modernen Kunst". ReferentDr. Max Osborn.— Donnerstag,' den 7. Oktober: Besichti-gung de« Erziehungsheim? in Zehlendorf. Treffpunkt ljS Uhram Bahnhof Zehlendorf.Lankwitz. Mittwoch, den 6. Oktober, abends 8'/, Uhr. bei Ebel,Marienselder Straße S: Bortrag über Fnmculrankheiten. Gästewillkommen.Eingegangene Driichtdmften.vom„Kampf«, der Monatsschrift der deuffch-Ssterrelchischen Sozial»demottatie, tft da« Heft 1 des 3. Jahrgang» erschienen. SS hat folgendenInhalt: Karl Nenner: Unser Paweiiag— Franz S o u k u p: DerParteitag der tschechischen Sozialdemolraiie— Adolf Braun: Die Sozial-demolratie im Reiche— Otto Bauer: Nationale MinderheitSschulcn—felij S o m a r y: Zwischen zwei Konjunkturen— Richard W o l d t:»luS.eutrmgsmcthoden im modernen industriellen Großbetrieb.— AdelsHepner: GomperS im Unrecht.—1 Otto Wittner: Die Wiener Rc-volution tn der Literatur der�Gegenwart.— Bücherschau: Arbeiter-leben, Religion, Kunst.Die Nummer 21 deS„Süddeutschen Postillon«(Verlag M. Ernst,München) tft soeben erschienen. PostlllonS Zoo Nummer 12 bringt Schock,dm Trtolmheiigst(Bild), Variante<BiId), Die Entdeckung des Nordpolsdurch«in deutsches ReichSlustschiss(Bild), Das Lumen(Bild), Die großenHäuptlinge Cook und Pcary führen zur Feier der Entdeckung deS Nordpolseinen„KriegStanz" auf(Bild). Aus dem textlichen Inhalt heben wirhervor: Heines Erlebnisse in Haneburg, Ein Interview bei Schock, Was inder Welt vorgeht, Rehncrt» Abschied, Unterricht in der answärftgen Politik,Der Wettlaus, ZukunstSttänme des Leutnants von Blödwitz, Der atten-täterische Wespenstich, Frau Luxus. Der Traum deS„roten- Redakteurs.Schnitzel, Glossen und kleine Beiträge bieten reichlich Abwechselung. DieNunimer kostet 10 Ps. und ist bei allen Buchhandlungen und Kolporteure»zu habe».»Der MonismnS«, Zeltlchrist für einheitliche Weltanschauung undKulturpolitik(jährlich 12 Heste 3 M.). Nr. 39. Verlag Berlin W. 57.