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Die großen Anstrengungen unserer Gegner, in den sieben sozialdemokratischen Hochburgen Boden zu gewinnen, sind zu- schänden geworden. Am erfreulichsten ist jedoch die Eroberung zweier neuer Wahl. Ircise. und zwar haben wir den schon einmal in unserem Besitz gewesenen Wahlkreis Wasungen   im ersten Anlauf mit einer Mehrheit von 300 Stimmen geholt, außerdem fiel uns nach großen Anstrengungen die letzte freisinnige Hochburg Eisfeld  als reife Frucht in den Schoß. Die sozialdemokratische Fraktion zählt nunmehr neun Mann. Dadurch ist die Zweidrittelmehrheit der Gegner gebrochen, und unsere Parteigenosien, die man bisher im Landtag geradezu mißhan�lt hat, indem man sie aus den Kommissionen ausschloß, sind zu einer achtunggebietenden Minorität geworden. Die Stimme des Volkes wird von jetzt an im Meininger Landtage kräftiger als bisher ertönen können. Der Liberalismus hat eine vernichtende Niederlage erlitten." Der..liberale" Reichstagsabgeordnete für den 2. Meininger Reichstagswahlkreis, Schuldirektor Enders, hat für sein Ver- halten im Reichstage eine Quittung erhalten, an die er lange denken dürfte. EndcrS wurde aus dem Landtage herausgewählt, die Camburger Höchstbesteuerten, die er bisher vertrat, stellten ihn gar nicht wieder als Kandidaten auf, und nun wollte er unseren Genossen Weigelt in Steinach aus dem Sattel heben. Es ist ihm übel bekommen. 863 Stimmen fielen auf ihn, während der Vertreter der Sozialdemokratie 1856 Stimmen auf sich vereinigte._ Schwarze Wahlrechtsfeinde. Köln   ist an Einwohnerzahl die drittgrößte Stadt in Preußen; an Flächenraum aber ist Köln   bei weitem die größte Gemeinde. Es umfaßt 11 100 Hektar. Berlin   dagegen nur 6350. Um das eigentliche Köln   herum liegen zahlreiche große eingemeindete Vor« orte: Ehrenfcld mit 69 000 Einwohnern, Nippes   mit 62 000, Deutz  mit 26 000, Lindenthal   mit 20 000. Sülz   mit 19 000 usw. usw. Die Zahl der in der dritten Abteilung Wahlberechtigten beträgt 70 000, wovon mehr als ein Drittel in den Vor- orten wohnen. Aber alle Wahler des geschilderten großen Bezirks müssen bei den Stadtverordnetenwahlen in das Zentrum der Altstadt hinein, da dort sämtliche Wahllokale sozusagen auf einen Punkt konzentriert sind. Zahllose Wähler, die nicht stunden- lang ihrem Berufe fernbleiben oder ihren Lohn einbüßen konnten, haben durch diesen Zustand bisher ihr Wahlrecht verloren. Um den Arbeitern und kleinen Leuten die Ausübung deS Wahl­rechts zu erleichtern, hatte der Kölner   sozialdemokratische Verein an die Stadtverordnetenversammlung den Antrag emgereicht. statt der jetzigen alphabetischen Ordnung der Wähler die Wahlberechtigten nach dem Wohnort einzuteilen und auch in den sieben größten Bororten Wahllokale einzurichten. Es waren also nicht Bezirköwahlen(die das Kölner Zentrum schon einmal abgelehnt hall) beantragt, sondern nur Abstimmungsbezirke,«ine rein formale Sache, die lediglich eine allerdings außer- ordentlich wichtige Erleichterung für die Wähler rst. Man wußte zwar, daß dieser Antrag, der auch nachher von der liberalen Rathausfraktion eingebracht wurde, dem Zentrum nicht in den Kram paßte, denn es weiß, daß es bei den in den Vororten wohnenden Industriearbeitern bedeutend weniger An Hänger hat als die Sozialdemokratie, und überdies beruht die Hauptstärke des Kölner Zentrums in seinem beispiellos funktionierenden Schleppapparat, der es gegenüber den anderen Parteien bisher in Vorteil setzte; aber der Antrag war doch eine solche Selbstverständ lichkeit. er forderte etwas so Notwendiges und Gerechtes, daß eigentlich niemand glaubte, daß die Zemrumsmehrheit ihn ablehnen würde. Man sagte sich: wenn die Klerikalen auch den Antrag zu allen Teufeln wünschen; aber sie können ihre eigenen Arbeiteranhänger. kleinen Beamten. Geschäftsleute usw. unmöglich so brüskieren, daß sie den Antrag ablehnen. Aber es gibt nachgerade keine Volks» und arbeitSfcindliche Tat, keine parteipolitische Nichtsnutzigkeit mehr, deren das Zentrum nicht fähig wäre! Die Kölner   Rathausmehrheit hat den Antrag ab- g e l e h n t I Lediglich die Wahlstunden wurden etwas günstiger gelegt. Nach wie vor aber müssen die Wähler auS den weitab liegenden Außenorten in das Innere der Altstadt nur weil es dem parteipolitischen Interesse des Zentrums so dienlicher ist. In Köln   finden im nächsten Monat die Gemeindewahlen statt. Die Wahlbewegung war bisher stets fast zu ruhig, weil die Mandate demjgentrum von vornherein sicher waren. Jetzt aber hat infolge deS Wegfalls des Wahlzensus und infolge des Angeberparagraphen des Einkommensteuergesetzes die Zahl der Wahlberechtigten bedeutend zugenommen, so daß die Aussichten der Sozialdemokratie sich außer ordentlich günstig gestaltet haben. Wenn nun die Wahlbewegung einen anderen Charakter annimmt, wenn die Erregung sich zur Siede- Hitze steigert, so hat sich das das Zentrum wegen seiner brutalen Niedertrampelung des sozialdemokratischen Antrages zuzuschreiben. Staatssekretär Kraetke wird splendid. Der Staatssekretär des Reichspostamtes Herr Kraetke hat an die Direktion der Reichsdruckerei unterm 30. September 1909 folgenden Erlaß gerichtet: Aus dem Bericht vom 22. August habe ich zu meiner Freude gesehen, daß trotz der gewaltigen Arbeitslast, die durch die Druck- arbeiten anläßlich der Beratung und Durchführung der Reichs fiitanzreform sowie der Besoldungsgesetze der ReichSdruckcrci er­wachsen ist, der Geschäftsbetrieb sich glatt abgewickelt hat. 5 nehme deshalb gern Veranlassung, dem beteiligten Personal{ die bewiesene Hingebung und Arbeitsfreudigkeit meine An- erkennung und mernen Dank auszusprechen." In den Kreisen der Arbeiterschaft der Reichsdruckerei wird man nicht wenig erfreut sein darüber, daß Herr Kraetke sich in so ge- waltige Unkosten stürzt, dem Personal seine Anerkennung und seinen Dank auszusprechen._ Moderne Polizeifolter. Einen krasien Fall von Polizeiterrorismus teilte im Nürnberger Gemeindekollegium Genosse Simon mit. Einer LehrerSfrau waren zwei Brillantringe von der Toilette abhanden gekommen; die Frau beschuldigte ohne weiteres ihr Dienstmädchen deS Diebstahls. Das Mädchen wurde der Polizei übergeben, zur Wache gebracht und dort verhört. Sie legte dort ein Geständnis ab. Da man die Ringe nicht bei ihr fand, erklärte sie, sie habe die Ringe ins Feuer ge- worfen. ES wurde darauf die staatSanwaltschastliche Untersuchung eingeleitet. Nach wenigen Tagen wurden aber die Siinge wieder« gefunden; die LehrerSfrau hatte sie verlegt. Das Mädchen war schuldlos. Als man nach der Ursache deS auffallenden Geständnisses forschte, stellte sich heraus, daß das Mädchen auf der Wache einer förmlichen seelischen Folter unterworfen worden war. Bier Schutzleute hatten das sechzehnjährige Kind zugleich bearbeitet, ihr den Brummstall" gezeigt und gedroht, wenn sie nicht gestehe, komme sie die Nacht über hinein und am nächsten Tage mit dem grünen Wagen ins Gefängnis. Aus Angst, die Nacht im Arrest verbringen zu müssen, sagte sie auf alle Fragen der Schutzleute ja. In einem von den Sozialdemokraten gestellten und einstimmig angenommenen Antrage wird der Magistrat aufgefordert, Aufklärung über den Fall zu geben. Korfantys Presse im Konkurs. Wie dieOberschl. Grenzztg." mitteilt, stehen die beiden Polen  - blätter des Abgeordneten Korfanty   im Konkurs. Korfanth gibt die beiden OrganePolak" undKurier Schlonski" heraus, bei denen die gesamte Schuldenlast 160 000 M. betragen soll, während an Aktiven nur 10000 M. vorhanden sein sollen. Militärische AuSbildungsmethode. Vor dem Kriegsgericht der 20. Division hatte sich dieser I zu verantworten. Er stand unter der Anklage, in mindestens S6 Fällen sich der Mißhandlung bezw. vorschriftswidrigen Behandlung von Untergebenen, auch der Beleidigung von Untergebenen und der Anmaßung von Befehlsbefugnissen schuldig gemacht zu haben. Jahnke. der von dieser Anklage nur einen verschwindenden Bruchteil zugab und seinetatkräftige Wirksamkeit" damit entschuldigte, daß er vor- schützte, in den Jahren 1906 und 1907, aus welcher Zeit die ihm zur Last gelegten Delikte datieren, gerade eine sehr schlechte Korporalschaft gehabt zu haben, hat nach einer oft an- gewandtenAusbildungs methode" verfahren. Nach dem Ergebnisse der umfangreichen Beweisaufnahme sind die dem Militärpädagogen Jahnke unterstellten Leute in der Zahl nach nicht mehr zu ermittelnden Fällen ge- stoßen. geschlagen, gepufft. geohrfeigt, auch mit dem Seitengewehr über die Finger gehauen worden. Stöße mit dem Gewehrkolben und Schläge mit der Hand ins Gesicht waren desgleichen an der Tagesordnung; am schlechtesten hat es anscheinend der Reservist H e r b st aus Hermannsburg   gehabt, dem der Angeklagte eines TageS obendrein den eiskalten Inhalt eines Wasserkruges über den Kopf und den entblößten Ober- körper goß. Den Musketier Icke ließ er einmal 10 15 Minuten am Reck hängen bis zur Ermattung. In der Auferlegung von Strafdienst war Jahnke Meister Sonntags mehrstündiges Stiefelschmieren vor dem Appell, Ersatz der Frühstückspause durch interessante Freiübungen standen in erster Linie aus seinem Pro« gramm. An einem Abend ließ er seine Leute zur Strafe auf dem Hofe von 79 Uhr Tische und Schemel scheuern. Dann ließ er sie in der Stube zu eigentümlichen Freiübungen antreten, fortgesetzt Kniebeugen machen, auf die Spinde klettern, nach Kommando in und unter die Betten gehen, um die Betten laufen usw. den Schluß dieses herrlichen Abends bildete ein allgemeines Scheuern des Fußbodens mit Hand wasch bürsten, das erst mit der gänzlichen Erschöpfung der Leute nach 11 Uhr nachts sein Ende er- reichte. Daneben wurden die Mannschaften noch mit allerhand Kose- namen(Zuchthäusler. Verbrecher, Chausseegrabentapezierer, Mist- schwein, polnisches Riesenroß, polnische Edelsau usw.) bedacht. Der Vertreter der Anklage, KriegSgerichtSrat Schönborn, beantragte eine Gesamtstrafe von 5 Monaten Gefängnis. Das Kriegsgericht gewann eine noch viel mildere Auffassung. ES fand de» Angeklagten schuldig der fortgesetzten Beleidigung von Unter- gebenen, der Mißhandlnng von Untergebenen in 22 Fällen(in 10 Fällen unter Mißbrauch der Waffe), sowie der vorschriftswidrigen Behandlung von Untergebenen in vielfacher Verbindung mit An- maßung von Befehlsbefugnissen, wofür es eine Gesamtstrafe von 6 Wochen mittleren Arrestes als ansrcichcnde Sühne erachtete. Spanien  . Beschwichtigungen. Offiziös wird erklärt: Die spanische Regierung Ijat in Berlin   amtlich erklären lasten, daß die notwendig gewordene Entsendung weiterer Verstärkungen nach Melilla   keine Aende- rung ihres Aktionsprogramms bedeute. Diese Aktion werde sich den bereits früher abgegebenen Erklärungen ent- sprechend auch fernerhin im Nahmen der Algecirasakte halten. Die deutsche Regierung hat von dieser Erklärung Kenntnis genommen. . In Paris   wurden ähnliche Erklärungen abgegeben. Der spanische Botschafter erklärte einem Interviewer, die Gerüchte, Spanien   wolle nach Taza marschieren und T e t u a n und Larache besetzen, seien widersinnig, ebenso falsch sei die Be- hauptung, daß Spanien   dem Sultan Mulay Hafid Krieg er» klären wolle. Man schreibe Mulay Hafid allerdings seit- s a m e P l ä n e zu. Es heißt, daß er die Stämme gegen uns aufreizen werde. Sollten wir angegriffen werden, so werden wir uns allerdings verteidigen, an eine Kriegserklärung denken wir aber gar nicht. Man wird diesen Erklärungen um so weniger Bedeutung bei- mestcn können, als der mit den Verhältnissen vertraute Gouver- neur von Tetuan seiner Ansicht dahin Ausdruck gab, der Krieg werde, wenn Spanien   ihn nicht beendige, lange dauern und der Feldzug werde von keinem Nutzen sein, auch wenn Spanien   trium- phiere; denn es handele sich um einen Krieg gegen Rebellen ohne Zahl, die vom Sultan   so unabhängig seien, daß weder dieser noch der Machsen eine Verantwortung übernehmen könnten. Der Sultan   wache eifersüchtig über die Unabhängigkeit seine? Reiches und sei gezwungen, sie zu verteidigen. Sein Mißmut werde vermehrt durch die Befürchtung, daß er trotz seiner Freund« schaft für Spanien   zu einem peinlichen aber unvermeid- lichen Bruch gezwungen werden könnte, wenn die Zinge so weiter gehen._ Ein neuer Angriff. Melilla  , 6. Oktober. Die Mauren   machten gestern früh gegen 6 Uhr einen Angriff auf das Lager der Division Soto mayor. Zwei Kompagnien machten einen Ausfall. Das feind» liche Feuer dauerte bis 9 Uhr morgens; Artillerie erwiderte das Gcwehrfeuer. Zwei Spanier wurden verwundet, ein Maure geriet in Gefangenschaft, Cnglanä. Vermittlungsversuche. London  » 5. Oktober. Premierminister Asquith   verließ heute im Verlaufe der Debatte über wichtige Budaetfragen das Unterhaus und begab sich nach Balmoral   zum König, der ihn tclegraphisch unerwartet zu sich berufen hat. Dem Bc such deS Premierministers wird große Bedeutung beigelegt, zumal da er auf den Besuch des Earl of Cawdor folgt, der zu den einflußreichsten Mitgliedern der Opposition im Oberhause gehört. In liberalen Kreisen wird vermutet, daß von höchster Stelle darauf hingewirkt werden wird, den schweren konstitutionellen Kamps abzu wenden. Hus der parteü Die Organisationen zum Parteitag. Die Genossen von Lübeck   nahmen am Montag den Bericht über den Parteitag entgegen. Zunächst referierte Arbeiter- sekretär Genosse M e h r l e i n. Zur Erbschaftssteuerallgelegenheit er- klärte Mehrlein, daß die Frakrion auch in dritter Lesung für die Vorlage hätte eintreten müssen. Zum Schluß besprach Referent noch die Gegensätze in der Partei und führte aus, daß auch hier viele Voreingenommenheit mit in Frage käme. So fei zum Bei- spiel das neue OrganisationSstatut, die Beteiligung an den Landtags- wählen, die Straßendemonstrationen, der Alkoholboykott usw. gerade zuerst nur von, sogenannten rechten Flügel vertreten worden. Erst allmählich sei schließlich auch der linke zu der Ucberzeugung gekommen, daß neue Kämpfe auch neue Mittel erfordern. Die Ausführungen Mehrleins fanden die allgemeine Zustimmung der zahlreich erschienenen Genossen. Auch der zweite Lübecker   Delegierte, der Abgeordnete deö Kreises, Genosse Theodor Schwartz.   der über die Maifeier und den parlamentarischen Bericht referierte, stellte fest, daß dieser Parteitag in recht erfreulicher Weise gearbeitet habe. Zum Erb- schaftsstreit bedauerte Genosse Th. Schwartz es, daß die ' raktionSinterna von Hoch, Eminel und Stadthagen   in die effentlichkeit gebracht worden seien. Besonders auch im Hinblick auf die Agitation im Lande. In der Maifeierfrage gelte es jetzt alles daran zu setzen, daß die Feier eine würdige bleibe. In der Diskussion traten sowohl Redakteur Genosse Stelling wie auch Parteisekretär Bromme entschieden und unter lebhafter Tage in Celle   der"23jährige Sergeant August Jahn k e von I Zustimmung der Versammlung dafür ein. daß eS dringend not- der 1. Kompagnie des 2. hannoverschen Infanterieregiments Nr. 77 j lvendig. richtig und konsequent gewesen wäre, daß die Fraktion auch in der dritten Lesung für die Erbschaftssteuer stimmte. Ebenso waren beide Redner für möglickste Propagierung deS Schnaps- boykotts, der auch von der Versammlung zugestimmt wurde. In Halle a. S. erstattete Genosse Hennig das Referat. Er behandelte zum Schluß sehr sehr ausführlich die Debatten über die Stellungnahme der Fraktion und der Partei zur ErblchastSsteuer. Er forderte grundsätzliche und schärfste Klassenkampftaitik. die durch Rücksichtnahme aufreine Wahlpolitik" unter keinen Umstanden ver- wässert werden dürfe. Die Partei habe nun bis zum nächsten Parte:- tage ruhig und gründlich die Taktik gegenüber direkten Steuern zu diskutieren, auf daß der Parteitag die Grundlinien feststelle, die dre Fraktion bei ihrer Taktik einzuhalten hat. Die AuSführimgcn fanden den Beifall der Versammlung. Eine Diskussion schloß sich nicht daran an, so daß der Vorsitzende Genosse Albrecht feststellen konnte, daß die Parteigenossen mit der Haltung der Delegierten und mit den Ausführungen einverstanden sind. In Stettin   wurde nach dem Bericht des Genossen M e h l i ch und lebhafter Diskussion eine Resolution angenommen, in der es heißt:Die heutige Versammlung des Sozialdemokratischen V-renis Stettin erklärt sich nach Anhörung des Berichtes vom Parteitage m Leipzig   mit den Beschlüssen des letzteren einverstanden. Sie sieht ,m neuen Organisationsstatut und im Maifeierabkommen einen wesent- lichen Fortschritt und erkennt an. daß unter den augenblicklichen Ver- Hältnissen eine andere Regelung der Maifeierfrage nicht angängig war. Besonders begrüßt die Versammlung die Prollamierung des SchnapsboykottS. den sie als ein bedeutungsvolles politisches Kampf- mittel ansieht. Sie hofft, daß dieser Beschluß unseren Organisationen in Pommern   ein gewaltiges Hindernis in der Fortentwickelung aus dem Wege räumen muß."_ Das Befinden des Genossen Otto Hue  , der vor Wiederherstellung seiner Gesundheit im Bad Münster   ant Stein weilt, ist dauernd besser geworden. Wenn die Genesung so weiter Fortschritte macht, was wir dringend hoffen wollen, so wird Genosse Hue demnächst wieder an seinen Posten treten können. Entwendetes ParteimitglicdSbuch. Auf der Herberge in Wilkau  sind dieser Tage den: Genossen Bäcker Bonifazius M a ch n i ck, ge- boren am 13. Mai 1886 in Müsseck, die Legitimationspapiere ent- wendet worden. Unter den gestoblenen Papieren befindet sich auch daS Parteimitgliedsbuch mit dem Eintrage: Eingetreten in Oederan  . Die Beiträge sind vom 26. August 1908 bis Ende November 1909 bezahlt. Die Parteifunktionäre werden ersucht, daS Mitgliedsbuch anzuhalten, wenn es ihnen vorgezeigt wird. Hua Industrie und ftandeL Anarchie im Kleinhandel. Die Transportkosten der Rohstoffe, die Verschiedenheit der Steuerlasten und des Preises von Grund und Boden beeinfluffen naturgemäß die Preise aller Erzeugnisse. Alle Umstände aber, welche bei der Preisbildung mitwirken, können kaum einen so großen Preisunterschied hervorbringen, wie er sich bei den Preisen von Backwaren an verschiedenen Plätzen Deutschlands   offenbart. Ende August stellte sich im Kleinhandel für Semmeln und Roggen- brot der höchste Preis auf 78 resp. 43, der niedrigste auf 40 resp. 22 und der Durchschnittspreis unter Berücksichtigung von 50 Städten auf 56 resp. 33 Pf. pro Kilogramm. Es beträgt für Semmeln die Preisdifferenz 95 und für Roggenbrot 95,5 Proz. So auf- fallende Unterschiede sind sicherlich nicht gerechtfertigt. Der Ort, an dem für 1 Kilogramm Semmeln der Maximalpreis von 78 Pf. gezahlt wird, ist Köln  , während in dem in nicht allzu weiter Ent« fcrnung liegenden Krefeld   nur 46 Pf. gefordert wurden. An zweiter Stelle steht Wiesbaden   mit 72 Pf., so daß zwischen den beiden teuersten Städten die große Differenz von 6 Pf. vorhanden ist, alsdann folgen Emden   und Stettin   mit je 70 und Reuh mit 68 Pf. Berlin   sowie Brandenburg  , KottbuS  , Erfurt  , Kassel  , Trier  , Aachen  , Köslin   und Hannover   bezahlen ungefähr den Durch- schnittSpreis von 56 Pf. Billige Semmeln gibt es in Breslau  , Königsberg  , Memel  , Tilsit, Potsdam   mit 45 Pf., in Dortmund   mit 43, Königshütte O.-S. mit 42 und Münster  , Osnabrück  , Görlitz  , Liegnitz   und Allenstein   mit 40 Pf. Das teuerste Roggenbrot gibt es in Aachen   mit 43 Pf. für 1 Kilogramm, dem Köln   mit 42 Pf. folgt, dann Düsseldorf   mit 41 und Hannover   mit 40 Pf. Biersteuer und Börsenspekulation. Die Börsenspekulation versteht es meisterhaft, aus jeder Blume Honig zu saugen. Die Einführung der Biersteuer brachte den GlaS- fabriken neue Aufträge auf kleinere Schankgefäße, sofort stiegen die Kurse der GlaSakticn. Aber nicht etwa die der Glasfabriken, die Schankgefäße herstellen, allein, sämtliche Glasfabriken zeigen ge- steigerte Aktienkurse.  _ Viersteuer in Bayern  . Der dem bayerischen Landtage zugegangene Entwurf, die Malz« steuer beireffend, sieht die Bestencrirng nach einer Skala vor und zwar werden die ersten 1000 Doppelzentner mit je 16 M., und für je weitere 100 Doppelzentner mit einer Mark mehr belastet. Auf diese Weise hofft man, daß die Erhöhung deS BierpreiseS im Aus­schank 2 Pf. pro Liter nicht übersteigt. Eine beachtenswerte VerkehrSericheinung. Im Eisenbahnverkehr der hauptsächlichsten Kulturstaaten macht sich eine auffallende Erscheinung bemerkbar. Wie wohl bekannt sein dürfte, ist der Güterverkehr allenthalben der Haupt- träger der Einnahmen; aber je weiter in einem Lande der Verkehr vorwärts schreitet, um so mehr nähern sich den auS dem Güter- verkehr erzielten Einnahmen die des Personenverkehrs. In minder entwickelten Ländern steigt zunächst der Prozentsatz deS Güter- Verkehrs und der des Personenverkehrs geht zurück, wohingegen industriell vorgeschrittene Länder eine Zunahme des Personen- Verkehrs und einen Rückgang des Güterverkehrs aufweisen. Beginnen wir zur Veranschaulickmug dieses Gegensatzes mit unentwickelteren Ländern, so zeigt sich bei den russischen Vollbahnen, daß im Jahre 1886 der Personenverkehr 18,7 Proz. und der Güterverkehr 72,9 Proz. der Einnahmen brachte. Im Jahre 1906, dem letzten, für welches aus Rußland   eine allgemeine Statistik vorliegt, waren die Einnahmen aus dem Personenverkehr auf 14,2 Proz. gesunken und die aus dem Güterverkehr auf 85,1 Proz. gestiegen. Auch in Schweden  , wo der Personenverkehr sehr viel stärker ist als in Rußland  , kamen 1885 auf den Personen- verkehr 39,1 Proz., auf den Güterverkehr 56,5 Proz. der Gesamt- einnahmen, im Jahre 1906 war das Verhältnis wie 31,8 zu 67,0. Das entgegengesetzte Bild bieten die industriell entwickelten Länder. Beginnen wir mit Deutschland  , so zeigt sich von 1886 bis 1906 ein Steigen des Personenverkehrs von 27,6 auf 20,2 und ein Sinken des Güterverkehrs von 67,3 auf 66,0 Proz. In Frankreich   verhielten sich Personen« und Güterverkehr im Jahre 1885 wie 38,4 zu 67,6 Proz., im Jahre 1906 dagegen wie 44,6 zu 63,6 Proz. In dem industriell am meisten vorgeschrittenen europäischen   Staatswesen Großbritannien   ist der Per- sonenvcrkehr dem Güterverkehr fast gleich und es scheint, als ob hier schon seit langem sich das Stabilitätsverhältnis heraus- gebildet hat. 1906 kamen hier auf den Personenverkehr 42,6 und auf den Güterverkehr 49,8 Proz. der Gesamteinnahmen. Ein besonderes Bild bietet noch die Schweiz   mit ihrem sich ständig entwickelnden Touristenverkehr. Hier entfielen 1836 auf den Personenverkehr 42,4. auf den Güterverkehr 60,8 Proz. Im ahre 1906 waren die Verhältniszahlen 46,8 zu 48,8 Proz. uch wenn man die Schweiz   als eigentliches Reiseland außer Betracht läßt, kommt man auf Grund der hier wiedergegebenen Zahlen zu dem auf den ersten Blick überraschenden Ergebnis, daß die wirtschaftliche Entwickelung eines Landes nicht so sehr im Güterverkehr als im Personenverkehr zutage tritt. Im zurück- gebliebenen Rußland   ist der Güterverkehr fast sechsmal so stark wie der Personenverkehr, in dem industriell außerordentlich, weit entwickelten britischen   Königreich gleicht sich beides fast au».