die Zentralittstanz noch der Lokalverein eine klare Stichwahl-Parole auszugeben wagen. Dafür tauchen in der freisinnigenPresse Stimmen auf. die da sagen, daß in der Stichwahl nungewiß die Konservativen siegen werden, da..zweifellos sehrviel liberale Wähler mehr für ihn als für den sozialistischenKandidaten" eintreten würden, weil„das bürgerlicheG e m e i n s a m k e i t sg e f ü h l" bei den Liberalen stärkerentwickelt sei als bei den Konservativen. Die„Kieler Ztg.",die sich so äußert, benutzt die Gelegenheit zugleich, um denKonservativen verstehen zu geben, daß die Liberalenbei den nach st en Wahlen für ein Zusammen-geh en mit den Konservativen zu haben seinwürden, sosern die Herren Konservativen„berechtigen libe-ralen Wünschen" Rechnung tragen wollen.„Berliner Volkszeitung" und„Berliner Tageblatt"sind's allein unter den linksliberalen Blättern, die direktesEintreten des Freisinns für den sozialdemokratischen Kan-didaten fordern. Ihnen geht die gestern von uns erwähnteAuslassung der„Lib. Korresp.", des Organs der FreisinnigenVereinigung, worin die Hoffnung ausgedrückt wird, daß dieWählerschaft trotz der Freigabe der Abstimmung durch denliberalen Wahlausschuß„den politisch einzig rich-t i g e n W e g", d. h. den n a ch l i n k s, finden werde, nochnicht weit genug. Die„Tägliche Rundschau" aber nennt dieseAeußerung zornentbrannt einen„Verrat des Reichstags-Mandats an die Sozialdemokratie".Wie nicht anders zu erwarten war. halten es die Na-tionalliberalen mit den Reaktionären. Sie haben be-schlössen,„trotz schwerwiegender Bedenken" für den kon-servativen Kandidaten zu stimmen.Der deutsch-schweizerische Niederlaffnngsvcrtrag.In den letzten Tagen fand in Bern die staatliche Kon-ferenz zur Revision des deutsch-schweizerischcn Niederlassungs-Vertrages statt. Die Verhandlungen, die soeben beendetwurden, führten zu einer Reihe Ergänzungen des alten Ver-träges. So soll z. B. künftig die Voraussetzung derNiederlassung der Besitz eines gültigen H e i m a t s-s ch ei n es sein, dessen Folgen von der ausstellenden Behördeauch dann getragen werden müssen, wenn die Urkunde ausIrrtum ausgestellt sein sollte. Bei der Uebernahme einesfrüheren Angehörigen eines der vertragschließenden Teile sindseine Ehefrau und die in seiner häuslichen Gemeinschaftlebenden minderjährigen Kinder auch dann mit zuübernehmen, wenn sie dem übernehmenden Lande weder an-gehören noch früher angehört haben, aber nicht Angehörigedes anderen Teils oder eines dritten Staates geworden sind.Im weiteren enthält der Vertrag eine nähere Feststellung desUebernahmeverfahrens.Der Vertrag wird den Parlamenten der beiden Länderim Frühjahr unterbreitet werden.Steuerpolitische Schwenkungen des Zentrum?.Im Sommer lSvö trat das Zentrum mit großer Entschieden-heit gegen die Vermehrung der indirekten Steuern auf, wie sie inder dann bald erscheinenden„kleinen" Reichsfinanzreform gefordertwurde. Damals erschien in der ultramontanen Presse eine ganzeAnzahl von Artikeln, worin auf die„volkssreundliche" Haltung desZentrums in der Steuerfrage hingewiesen und gegen die weitereVermehrung der Volkslasten Front gemacht wurde. In einem dieserArtikel, der am 2S. August 1905 in der, K ö l n i s ch e n B o l l S z t g."erschien, wurde mit großer Genugtuung hervorgehoben, daß daSZentrum sich„schon unter der Führung Windthorsts' energischgegen eine weitere Vermehrung der indirektenSteuern ausgesprochen" habe, es wurde gerühmt, daß eS1887 gegen das Bräunt!v ein st euerge setz gestimmtund 1895 die geplante Verdoppelung der Tabak st euerzu Fall gebracht habe, und endlich wurde darauf hingewiesen,daß eS 1898 in einer Resolution gefordert habe, daß„wertereReichsausgaben nicht auf die breiten Di assen desvolles abgewälzt werden dürften." Dann hieß es:„Merkwürdigerweise wollen aber gerade diejenigen Parteien,die alle Forderungen für neue und erhöhte Reichsausgaben be-günstigen, ja geradezu noch auf solche hindrängen, die Konservativen,Freikonservativen und Nationalliberalen, von cfiner Heran-ziehung der leistungsfähigen Schultern zurDeckung der Reichsbedürfnisse nichts wissen, wiefrüher sind sie auch jetzt wieder bestrebt alles aufden kleinen Mann, den Arbeiter, den Bauernund Handwerker durchSteuern aufBier undTabakabzuwälzen, roährend sie die großen Besitzeraus allen Kreisen schonen wollen.... Die neuer-dingö in Aussicht gestellte, durch die Aufwendungen fürdie so wenig fruchtbare Weltpolitik nötig gewordene„ReichSfinanzreform", d. h. Beschaffung neuer Steuern, muß hierinWandel schaffen, es muß einmal mit dem Systemgebrochen und die Heranziehung derLeistungS-fähigen angebahnt werde». Das wird für daSReichsschatzamt. de» Bundesrat und den Reichstag eineschwierige. aber ehrenvolle und dankbare Aufgabe sein.Zu unserem Bedauern wissen wir bereits, daß einflußreiche Kreise tätig sind, um eine solche großzügigeSteuer.p o lit i k z u v e r h i n d e r n; sie wollen v i e lme h r die in-direkten Steuern noch mehr erhöhen. Auf wen aberglaubt der Bundesrat mit einer solchen Vorlage rechnen zu lönnen?Der jetzige Reichstag geht unter keinen Umständen darauf ein. Will man er st Neuwahlen,es soll uns angenehm sein."So die führende Zentrumspresse im Sommer 1905. Bei derWahl 1907 haben die Ultramontanen ihre Versprechungen in ebensoentschiedener Weise wiederholt. Und nun vergleiche man damit ihrVerhalten im Sommer 1909 und urteile, ob das Zentrum nicht seineWähler schmählich hinters Licht geführt und einen gemeinen Bolls-verrat begangen hat._Kommunalwahlen.Einen schönen Achtungserfolg errang die Sozialdemokratie beiden Gtadtverordnetenwahlen im schwarzen Recklinghaüsen(Westfalen). Das Zentrum hatte sich aus Furcht vor einer Nieder-läge mit d e n P o l e n k o a l i e r t. Ihre Stimmenzohlen, die imJahre 1907 zusammen 2551 betrugen(Zentrum 1504, Polen 1047)sanken auf 1031, die auf ihre geineinsame Liste entfielen. DieNationalliberalen sanken von 010 aus 317. Die sozial-demokratische Stimmenzahl dagegen stieg von 270 auf 799.«In Brandenburg a. H. behauptete die Sozial-deurokratie bei den Stadtverordnetenwahlen der drittenAbteilung vier Mandate und gewann eins dazu. IhreS t i m m e u z a h l hat um ungefähr 700 zugenommen.»Bei den Stadtverordneten wählen in Ohlau(Schlesien) kanren vier Sozialdemokraten in die Stich-wähl. Die Stimmenzunahme beträgt über hundertProzent.•Einen gewaltigen Fortschritt machte die Sozialdemo-lraiie bei der S t a d t v e r o r d n e t e n w a h l in der schwärzesten Iund rückständigsten aller deutschen Großstädte, in Aachen. Diesozialdemokratische Stimiuenzahl stieg von töO im Jahre 1907 auf1508. Sie hat sich also verztvölffacht. Wer die AachenerVerhältnisse kennt, der weiß, daß diese lö08 öffentlich abgegebenen sozialdemokratischen Stimmen einen beispiellosen Erfolgund für die dortige Parteibewegung eine neue Epoche bedeulen.*AuS der Pfalz, aus dem östlichen Westfalen undLippe werden an» vielen kleineren Orten Siege bei den Stadt-verordneten- und GemeinderatSwahle» genieldet.Klerikale Kampfesweise.Bei der Stadtvcrordnetenwahl der dritten Abteilung in Kölnhatte die örtliche Zemrumsleitimg die Sozialdemokratie in Flug-blättern und Plakaten in der schimpflichsten Weise verleumdet. Niebei einer Reichslagswahl ist von klerikaler Seite so gehetzt uirdgeschwindelt worden. Als alle Vorhalinngen in dyr„RbeuiischciiZeitimg* ohne Eindruck blieben, ließ unser Kölner Parteisekretär,Genosie B. Müller, ein Plakat an den Säulen anschlagen, woriner die einzelnen Behauptungen der Gegner wiederholte und imAnschluß daran erklärte. daß es sich hier„um gemeineLügen und Verleumdungen" handle; das Wahlkonutee der ZentrumSpartei. dessen Vorsitzender ausdrücklich mitNamen und Beruf genannt wurde, habe„sich damit selbst als eineGesellschaft gekennzeichnet, deren moralische Qualitätnicht zweifelhaft sein kann". Im Anschluß hieranforderte Genosse Müller die Mitglieder des Wahlkomitees derZentrumSpartei auf, gerichtliche Klage gegen ihn zu erheben.um die Wahrheit feststellen zu lassen.Daraus erschien TagS darauf in dem Organ der KölnerZentrumspartei, dem Bachenischen.L o k a l- A n z e i g e r", eineNotiz, worin es hieß:„Dem Wunsche des sozialdemokratischen Partei-sekretärs aus gerichtliche Klage ist prompt stattgegeben worden. Es istzu begrüßen, daß auf diese Weise Gelegenheit gegeben wird.festzustellen, daß die von der ZentrumSpartei vehaupteten Aeuße-rungen von sozialdemokratischen Führern tatsächlichvon denselben gemacht worden sind. Es muß dann anihören, daßdiese, den Sozialdemokraten so unbequemen Aeußermigen von ihnenbeharrlich abgeleugnet werden."Zugleich erschien an den Säulen ein Plakat) worin dasWahlkomites der Zentrumspartei seine sämtlichen Behauptungenaufrecht hielt.Jetzt aber bringt daö Zentrumsblatt die Mitteilung, daß dievon der Leitung der Kölner ZentrumSpartei gegen ParteisekretärMüller angestrengte Klage zurückgezogen worden ist.Aus dem Lande der Sparsamkeit.In Düsseldorf ist für den Oberlandcsgerichtspräsidenten eineneue Dienstwohnung errichtet worden, die für das Gebäude nebstGrund und Boden und großem Garten allein 900 000 M. er-fordert! Während der Oberlandesgerichtspräsident ein Jahrcseinkom-inen von„nur" 18 000 Mk. bezieht, müssen für die Verzinsungseiner Dienstwohnung jährlich fast 40 000 M. aufgebracht werden!Bei Benutzung einer Privatwohnung dagegen würden nur 4500 M.Mietentschädigung gewährt werden.Landtagsersatzwahl in Stnhm— Marienwerder.Bei der heutigen LandtagSersatzwahl im Kreise Stuhm— Marienwerder wurde Jusiizrat Dr. Schröck(Freik.) mit 249 Stimmen ge-wählt, v. Donimirski-Zohensen(Pole) erhielt 89 Stimmen.Hilf,"Thyssen!Der bekannte Großindustrielle August Thyssen ist, einerMeldung des„Berl. Tagebl." zufolge, nach Berlin zumReichSmarineamt berufen worden, um dort als Sach-verständiger mitzuarbeiten bei den festzusetzenden Maßnahmenzur Beseitigung der Mißstände auf den kaiser-lichen Werften, die sich im Kieler Prozeß gezeigt haben.—Aus Kiel wird gemeldet, daß Staatssekretär v. T i r p i tz amSonntagvormittag mehrere Stunden lang die kaiserliche Werst, be-sonders die Verwaltungsbetriebe, eingehend besichtigt hat.Alle leitenden Beamten waren zugegen.Die Arbeitslosigkeit in der Tabakindustrie.Die„Süddeutsche Tabakzeitung", das Organ der Fabrikanten,schreibt folgendes:„Die Arbeitslosigkeit der Arbeiter im Tabakgewerbe hat sich seitEintritt der Tabaksteuer erheblich verschärft. Wenn selbst der MonatSeptember ein leises Abflauen der Arbeitslosigkeit gebracht hat, soist sie doch trotzdem noch besorgniserregend hoch. Im August kamenauf je 100 offene Stellen in der Tabakindustrie an den öffentlichenNachweisen durchschnittlich 457 Arbeitsuchende, und zwar der Mehr-zahl nach wohl Arbeitslose, der Andrang im September betrug nochimmer 400. Dieses ungewöhnliche Neberangebot am Arbeitsniaritein der Tabokindustrie erfolgt jetzt zu einer Zeit, wo in allen Ge-werben die Arbeitsgelegenheit kräftig zunimmt. Besonders empfindlichleiden unter dem Arbeitsmangel die Hamburger, Bremer, dierhemisch-westsälischeu und badischen Tabakarbeiter; aber auch inBerlin und ün Königreich Sachsen besteht ein äußerst starkes Ueber-angebot."_Mschbeck ade!Eine kräftige Abfuhr holte sich am Montag der AbgeordneteFischbcck in der Hauptstadt seines Wahlkreises, in Liegnitz. ErIvar seit der Finanzreform zum ersten Male im Wahlkreise er-schienen, und die Versammlung mußte wegen Ueberfüllung ab-gesperrt werden.Die reichlich 1000 Personen, die versammelt waren, hörten dieRede des Fleischermeisters Kabelt aus Magdeburg ruhig an,als aber F i s ch b e ck daS Wort ergriff, empfingen ihn stürmischeAbzugs- und Pfuirufe!— Nach Fischbeck sprachen mehrereGenossen, die sein Verhalten beim Mandatsraub und sein Paktierenmit den Konservativen kennzeichneten. Trotz Fischbecks Erwide-rung konnte er nicht verhindern, daß eine Resolution angenommenwurde, in der ihm die Wähler von Liegnitz das Vertrauen entziehen!Als Fischbeck um Illsi- Uhr zum dritten Male das Wort er-greifen wollte, löste sich die Versammlung auf, da alle Teilnehmerden Saal verließen.Disziplinarprozest ZoUrtsch.Die„Tägliche Rundschau" berichtet, daß dem Vernehmen nachsowohl die Postbehörde als auch der verurteilte OberpostassistentZ o l l i t s ch gegen das Urteil der Disziplinarkammer in PotsdamBerufung an den Disziplinarhof in Leipzig einlegen werde. DiePostbehördc legt Berufung ein, weil sie glaubt, daß die Disziplinar-kammer in Potsdam gegen Zollitsch zu milde gcurteilt hat,Zollitsch dagegen hält seine Verurteilung überhaupt nicht für ge-rechtfertigt.Jugendliche als„Landfriedensbrecher".Die Lorbeeren, die die Berliner Polizei im Kampfe gegen diefreie Jugendbewegung geernlet hat, lassen die Polizei zuDüsseldorf nicht schlafen. Am Sonntagnachmittag unterfingsich die Düsseldorfer freie Jugend daS staatsgefährliche Beginnen,mit einigen Kölner Freunden einen zwanglosen Spaziergang zuunternehmen. In seiner Jugendfrende stimmte der Trupp dasharmlose Lied an:„Das Wandern ist des MüllersLust". Freilich geschah das noch innerhalb der Stadt.Die zahlreichen Spaziergänger hatten ihre helle Freude an denfrischen jungen Leuten, als auch schon ein Schutzmann zur Rettungder bedrohten Ordnung die Sänger barsch zur Ruhe verwies. Ge-horsam schwieg man und glaubte damit die Sache erledigt, als miteinem Male ein halbes Dutzend Schutzleute auftauchten und dieHand am Degen den„Zug", der aus etwa 40 harmlose» Burscheuund Mädchen, zum Teil Kindern bestand,„auflöste". Zehn Teil»nehmer wurden unter den üblichen polizeilichenHöflichkeitsformen zum Polizeikommissariat geschleppt,Ivo sich eine vielköpfige Menge, meist bürger-liche Spaziergänger, ansammelten, die ihrerEmpörung über daS Verhalten der Polizei Ausdruck gaben.Bei der Vernehmung der„Verbrecher" wagte der Herr Kommissarallen Ernstes von„Landfriedensbruch" und„Zuchthausstrafe" zu reden.Vorläufig möchten wir annehmen, daß die Düsseldorfer Polizeiklug genug sein wird, ihrem Heldenstück keine gerichtliche Fortsetzungzu geben. Lorbeeren werden dabei für sie sicher nickt zu holen sein.Die Staatsaktion fand am Abend einen trefflichen Abschluß.Die freie Jugend Düsseldorfs versammelte sich mit ihren KölnerGästen in einem rasch requirierten Saale. Die begeisterte Stimmunggab sich spontan in Wort und Lied kund, und so wird auch dieserneueste Angriff.auf die freie Jugendbewegung nur ihren Bormarschfördern.ftankmck.Die Steuervorlagen.Paris, 10. November. Die Gruppe der g e e i n i g t e nS o z i a l i st e n beschloh. mehrere der vom Finanzminister vor-geschlagenen Steuern abzulehnen, so unter anderem diebei Eröffnung von Schankwirtschaften zu zahlende Taxe, die Er-höhung der Alkoholsteuer, die Steuer auf die den Ursprung vonWeinen und Likören bezeichnenden Bignetten und die Erhöhung derTabaksteuer._Klerikale Demagogie.Paris, 15. November. Der E r z b i s ch o s von ToulouseGermain hat an die Priester seiner Diözese einen neuen Hirten-b r i e f gerichtet, in dem zunächst mit der größten Schärfe diegegen den Episkopat erhobenen Angrifft zurückgewiesen werden.ES heißt dann weiter in dem gestern von allen Kanzeln verlesenenSchriftstücke: Man hat Bischöfe und Priester aus ihren Be-hausungen gejagt, man hat ihnen unbekümmert um den unan-tastbaren Vertrag das letzte Stück Brot(!) weggenommen. Manstiehlt(!) uns unsere Einkünfte und Stellungen. Man hat gegendie katholische Kirche ein Werk dcS Hasses unternommen, das einerzivilisierten Nation unwürdig ist, und um diesem Werke denErfolg zu sichern, ist die Schule eine Stätte der Unterdrückungund Tyrannei geworden, geschützt von dem Staate, der unter demNamen Republik an die Stelle der Freiheit, der Gerechtigkeit, derFamilie und Gottes treten will. Erfüllen wir unsere Pflicht ohneScheu und ohne Groll! Drängen wir niemand unsere Lehre auf,aber verteidigen, verkündigen wir sie laut mit unermüdlicherTatkraft!6ngland.Die Kriegserklärung der LordS.Aus London kommt eine hochbedeutsame Nachricht.In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte der Führerder Konservativen Lord Lansdowne. daß er in der zweitenLesung der F i n a n z b i l l folgende Resolution ein-bringen würde:„Das Oberhaus ist nicht berechtigt, seine Zn-stimmung zu diesem Gesetze zn geben, bis es dem Urteil desLandes unterbreitet worden ist."Damit ist das Schicksal des Etats besiegelt. Die Lordssind entschlossen, den Verfassungskampf aufzunehmen. Vonder revolutionären Energie der englischen Arbeiter und vonihr allein wird der Ausgang abhängen. Die Liberalen werdenden Kampf nur durchkämpfen, wenn ihnen das vorwärts-drängende Proletariat jeden Rückzug abschneidet. Auf jedenFall steht England jetzt vor einem der folgenschwersten Ab-schnitte seiner Geschichte, und der Ausgang dieser Kämpfewird in seiner Rückwirkung auch in allen anderen Staaten zuspüren sein. Vielleicht darf man hoffen, daß in der politischenKrise, die jetzt beginnt, Englands Arbeiter, einst auf gewerk-schastlichem Gebiet nach dem Wort von Marx die Preisfechterdes europäischen Proletariats, sich auch auf politischem Gebietendlich jene Stellung erobern werden, die ihrer Stärke undökonomischen Bedeutung entspricht.DaS Ergebnis der Gemeindewahlen.Die zu Anfang dieses Monats in England, Wales und Schott,land stattgefundcnen partiellen Gemeindewahlen hatten nach dem„Labour Leader", der in seiner Nummer vom Freitag eine aussiihr«liche Wahlstatistik enthält, folgendes Ergebnis: In England undWales gewannen die S o z i a l i st e n und Gewerkschaftler45 Mandate und verloren 29; in Schottland gewannen sie 9 undverloren 2. Insgesamt wurden 54 gewonneninnd 31 verloren, waseinen Reingewinn von 23 Mandaten ergibt.perfien.Protest gegen die russischen Umtriebe.Teheran, 15. November. Die bei der heutigen Parka-mentSeröffnung von Sipahdar verlesene Thronredenimmt Bezug auf die Anwesenheit fremder Truppenin Persien und bezeichnet sie als den einzigen unbefriedigen-den Zug in den sonst ausgezeichneten Beziehungen mit denMächten. Dann drückt die Thronrede die Hoffnung aus, daß durchdie guten Dienste der Diplomatie eine schleunige Zurück-ziehung der Truppen gesichert werden würde. Schließlichenthält sie das Versprechen. Gesetze vorzulegen zur Beseitigungder Mängel in der Verwaltung.Rückzug RakhimS Khan.Astara, 10. November. Rakhim Khan und die Schah»sebennen verließen, nachdem zwei Tage mit ihnen verhandeltworden war, freiwillig A r d e b i l. Die Stadt und die Festungbleiben bis zur Ankunft des Gouverneurs unter dem Schutz derrussischen Truppen.TJmerika.Der Fall de Lara.Gegen die Auslieferung de Laras an Mexikohaben in allen Städten der Union Protestversammlungender Soziali st en und von Arbeiterorganisationen statt-gefunden. In Los Angeles(Kalifornien), wo de Lara ge»fangen gehalten wird, vereinigte die von den Sozialisten ein-berufene Versammlung Taufende, und weitere Tausende mußtenumkehren, John Konneth Turner, Verfasser des Buchs„Mexika-nischc Barbarei", zu dessen Heransgabe de Lara behilflich gewesenist, erklärte, die Auslieferung nach Mexiko sei nicht? anderes alsein Mord. Er warf der Polizei ihren Uebereifer vor und erklärte,die Regierung der Vereinigten Staaten habe sich unter die An-Weisungen des blutigen mexikanischen Diktator« D iaz gestellt mitRücksicht auf die an nordamerikanische Geschäftsleute in Mexikoerteilten Konzessionen, Der Grafs chaftSrichtcr Wortserklärte, daß er die Verhaftung de Laras in vollkommener lln-Parteilichkeit geprüft und gesetzwidrig befunden habe. Er'agte:„Diese Leute müssen von Zeit zu Zeit«inen„Anarchisten"unter die Erde bringen, um ihre Stellung zu behaupten. Siebringen dem Präsidenten den blödsinnigen Glauben bei, daß erich in beständiger Lebensgefahr befinde." Nach den Reden einigerSozialisten wurden Resolutionen angenommen, die de Laras Un«schuld feststellen und gegen die Auslieferung protestieren.