Einzelbild herunterladen
 
it. 46. 27. Ww 1. KtilM Ks Jotitiitts" Kerlim MMM Aolltlerstllg. 24. FebtMlM l�eickstag. 42. Sitzung vom Mittwoch, den 23. Februar. nachmittags 1 Uhr. Am BundeSratStisch: Mermuth  , Dr. Delbrück. Der Platz deS Abg. Bebel ist mit einem schönen Strauh roter Nelken geschmückt. Vor Eintritt in die Tagesordnung teilt Vizepräsident Dr. Spahn mit, datz aus Anlast des Todes des Präsidenten Grafen Stolberg- Wernigerode Beileidsschreiben eingegangen sind vom Deutschen Kaiser, vom König von Sachsen  , einer Reihe von Fürsten   der Bundes- staaten sowie vom Präsidium des preustischen Herrenhauses und dem Oberbürgermeister von Königsberg  . Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung cles Entwurfs eines Retcha- hontrollgcfctzes, durch welches die Kontrolle des gesamten ReichShauShalts. deS Landeshaushalts von Eliah- Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete bis aus weiteres der preustischen Oberrechnungskammer unter der BenennungRechnungshof des Deutschen R.e i ch e s' unterstell! wird. Reichsschatzsekretär Mermuth   begründet den Entwurf, der nicht wie frühere ähnliche Gesetze nur für ein Jahr gelten, sondern die Materie bis auf weiteres, nämlich bis zum Erlast des noch ausstehenden Gesetzes über den Rechnungshof, regeln soll. Im wesentlichen handelt es sich bei dem Entwurf um vereinfachende Bestimmungen zur Verringerung des Schreibwerks; so soll der Rcchnungsiiof von der Herbeiführung der Einziehung von Beträgen absehen dürfen, wenn sie mit Weilerungen oder Kosten verbunden wäre, die nicht im richtigen Verhältnis zu der Höhe des Betrages ständen. Abg. Görcke snatl.) beantragt, den Entwurf an die Budget- kommission zu überweisen, da noch im einzelnen geprüft werden müsse, ob die Vereinsachung auch ausreichende Sicherheit für die Kontrolle ergebe und ob nicht der Rechnungshof durch die geplanten Ver- einfachungen zu sehr belastet werde. Abg. Stacken(Z.) schließt sich dem Antrag auf KommisstonS» Überweisung an. Abg. Frhr. v. Gamp sNp.) erklärt sich im allgemeinen mit den Verbesserungen, die der Entwurf im Rechnungswesen bringt. einverstanden: Einzelheiten könnten in der Kommission noch erwogen werden. Abg. Frhr.   v. NichtHofen sk.) erklärt sich ebenfalls für KommisstonS berotung: die Gleichgültigkeit deS fast leeren Hauses beweise, daß die Materie sich für die Beratung im Plenum nicht eigene. Hiermit schliest« die Debatte i der Entwurf wird der Budget kommission überwiesen. Hierauf wird die zweite Beratung cles Etats für das Reicks­amt des Innern mit den dazu gestellten Resolutionen fortgesetzt. Abg. Gras v. Carmer-Ziseerwitz(k): Ich möchte die von meinen Freunden beantragte Resolution zur Annahme empfehlen, welche die Penfions- und Hinterbliebenenverflcherung der Privatbeamten noch in dieser Session wünsch!. Empfehlen möchte ich ferner die Resolution des Zentrums, welche die Unfallfürsorge wünscht bei Arbeiten, die zur Rettung von Personen und zur Bergung von Gegenständen vorgenommen werden. Die Resolution des Zentrums. welche Vereinbarungen oder Mastnahmen zur Verhinderung des Gebrauchs des gesetzlichen Koalitionsrechts unter Strafe gestellt wisten will. halten wir für sehr bedenklich; es könnten dann ja Abwehrkoalitionen der Unternehmer verboten werden I Der§ 152 der Gewerbeordnung bleibt am besten wie er ist. Ganz unannehmbar ist für uns die Resolution der Polen  , welche das KoalilionSrecht auch für die Landarbeiter verlangen. Auf dem Lande herrschen ganz andere Verhältnisse als in der Industrie; das KoalitionSrecht der Landarbeiter würde nur einen Keil treiben in das gute Verhältnis zwischen Landwirten und Landarbeitern. sLachen bei den Sozialdemokraten. Zustimmung rechts.) In einer weiteren Resolution wünschen meine Freunde eine gesetzliche Regelung des Verkehrs mit Futter- und Düngemitteln; das läge namentlich im Jnlereste der kleinen Landwirte. Ferner wünschen wir. daß in Molkereien die ununterbrochene Ruhezelt aus achl Stunden täglich herabgesetzt werden darf. Den Arbeilerinnen ist in diesem Falle elne mindestens dreistündige Mittagspause zu gewähren. Dadurch wird die beständige Ruhezeit gewahrt. Eine solche Bestimmung wird niemand schaden. lZustimmung rechts.) Eine rigorose Sonntagsruhe schädigt den kaufmännischen und ge- kleines feuilleron. Da« erste Fahrrad. Die Erfindung des Fahrrades, wenigstens die erste Anregung dazu, scheint doch älteren Datums zu sein, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Man hat insgemein den von dem badischen Forstmeister Karl von Draise in Sauerbronn 1817 hergestellten zweirädrigen Wagen zum Selbstfahren, nach seinem Erfinder Draisine genannt, für den Porläufer des Fahrrades gehalten. Aber dieKöniglich privilegierte Ber- linische(Haude- und Spenersche) Staats- und gelehrte Zeitung' bringt bereits in ihrer Nummer vom 25. März 1784 folgenden, Graetz, den S. März, datierten Bericht:Herr Philipp Ignatz Trexler allhier hat nun schon den zweyten Wagen fertig, mil welchem man ohne Pferd ebenso geschwind fährt, als ihn ein im Trapp laufendes Pferd ziehen könnte. Dieses Pirutsch hat zwey Räder, welche der Fahrende nach und nach mit den Füsten zu treten hat. um sich aus dem graben Wege zu erhalten; und wenn er sich wenden oder umkehren will, so ist hierzu wieder eine andere Maschine angebracht. Der erstere Wagen wurde für zwanzig Dukaten ver- kauft.' Es unterliegt hiernach keinem Zweifel, dah Trexler der erste Erfinder der Idee des nachmaligen Stahlrosses gewesen ist und daß die Draisine höchstens eine größere Vollkommenheit erreicht hat. Da Trexler vermutlich noch eine größere Anzahl seiner Wagen in die WeU geschickt haben wird, so ist es auch keineswegs ausgeschlossen, daß Draise von der Konstruktion des TrexlerschenPirutsches' Kenntnis gehabt hat. Bildende Kunst bei den K-ngonegern. Ein einzigartiger Fund ist im Gebiet des Kongo  - oder Kassaistromes in West- afrika   gemacht worden und hat ein begreifliches Aufsehen bei den Pertretern der Völkerkunde erregt. Bisher hat es als eine un- umstöstliche Tatsache gegolten, dätz die Anwendung der bildenden Kunst zur Darstellung menschlicher Porträts in Afrika   für frühere Zeiten auf das alte Aegypten   beschränkt gewesen ist. Der Satz wird berichtigt.durch eine Holzstatue, die der Engländer Torday bei dem Volksstamm der Buschongo in dem bezeichneten Gebiet des Kongostaates aufgefunden hat. Nach der Beschreibung, die ihr in der MonatsschriftMan' gewidmet wird, beweist sie, daß eine Porträtkunst schon zu alten Zeiten bis tief hinab ins Innere des afrikanischen Kontinents gereicht haben mutz. Die Statue stellt nach der Ueberlicferung einen Nationalhelden dar, der unter dem schwungvollen Namen Schamba Bolongonga verehrt wird. Das Aller scheint nicht genau feststellbar zu sein. Aber die dortigen Eingeborenen nennen diesen Helden den 93. in der DMastie ihrer Häuptlinge, während der jetzt' regierende König der 121. in dieser Folge sein soll. Es würden also zwischen jenem und diesem Herrscher 28 Regierungswechsel geschehen sein. Nun mühte frei- lich Genaueres darüber ermittelt werden, wie lange be» jenem Negerstamm die Könige igt Durchschnitt qn der.Herrschaft zu werblichen Mittelstand, besonders auf dem Lande und in den kleinen Städten. sLebhasler Beifall rechts, besonders beim Abg. Pauli- Potsdam.) Bei der Ehauffeurprüfung sollte nicht nur auf die physischen, sondern auch auf die moralischen Qualitäten der Chauffeure gesehen werden. Vor dem üblen Geruch der Automobile muß das Publikum, besonders das ländliche, geschützt werden.(Bravo  ! rechts.) Abg. Dr. Stresemann snatl.): Die Schutzzollpolitik hat Großes geschaffen, sie kann aber verhängnisvoll werden, wenn sie zum Zoll- krieg mit Ländern führt, auf deren Rohprodukte unsere Industrie angewiesen ist. Gegenüber der lleberspannung des Schutzzoll- gedankens, wie sie namentlich jetzt in Frankreich   zutage tritt, muß die Reichsregierung die schärfsten zulässigen Mittel ergreifen. In Frankreich   selbst erklären weite Kreise die schärfsten deutschen   Rc- preisivmaßregeln gegenüber dem vorgeschlagenen Hochschutzzolllarif für berechtigt oder doch begreiflich. Wir wünschen dringend die Ver- meidung des Zollkriegs, schlagen aber vor. die Reichsregierung mit Vollmachten gegenüber den wichtigsten Einfuhrartikeln aus Frank- reich sChampagner, Kognak usw.) auszurüsten. Wenn die Voll- machten nicht zur Anwendung zu gelangen brauchen, um so besser. Der dcutsch-portugiesische Handelsvertrag hat große Befriedigung ausgelöst in Portugal.(Große Heiterkeit.) Die Liffaboner Handelskammer hat der portugiesischen Diplomatie zu ihrem großen Erfolge gratuliert. sHört l hört! im Zentrum und bei den National- liberalen.) Die Kritiker an dem Vertrage hatten also recht. Kollege Mayer- Kaufbeuren hat hier ein angebliches Flugblatt des Hansabundes verlesen. Dieses Flugblatt war nebenbei ge- sagt ein vertraulicher Entwurf.(Hört! hört l bei den Liberalen.) Wenn aber in diesem Entwurf gesagt wird, daß wirtschaftspolitische Auffassungen nicht das eigentliche Einigungsband des Zentrums bilde», warum entrüstet sich Kollege Mayer- Kaufbeuren darüber? Ich dächte, sehr einflußreiche Leute im Zentrum selbst waren es, die die konfessionelle Gemeinschaft als das eigentliche Band be- zeichnet haben, durch das das Zentrum zusammengehalten wird. iHörtl hörtl bei den Liberalen.) Ein Zentrumsmann selbst. Geh. Kommerzienrat Vollem in Aachen   hat erklärt, daß er nach wie vor in religiöser Beziehung das Zentrum unterstützen werde, daß er aber doch dem Hansabund beitreten werde, weil das Zentrum gegen die Interessen der Industrie und des Handels verstoßen habe. (Hört! hört I links.) Uebrigens ist eS auch dem Verfasser jenes an- geblichen Flugblattes nicht eingefallen, das Zusammengehen deS Hansabundes mit dem Zentrum zu predigen. Herr Mayer-Kauf- beuren hat nämlich den wichtigen Vordersatz weggelassen:Wenn da« Zentrum feine Wirtschaftspolitik ändert."(Hörtl hörtl bei den Liberalen.) Herr Mayer-Kaufbeuren sprach weiter vom Interessengegensatz zwischen Großhandel und Großindustrie aus der einen und dem Kleinhandwerk auf der anderen Seite. Gewiß find Gegensätze vor- banden sHörtl hörtl recht»), aber fie verschwinden gegenüber dem gemeinsamen Gegensatz zu den Hochagrariern, die schon heute die Parole ausgeben: noch weitere Erhöhung der Getreidezölle!(Leb- haste? Hört I hört I links.) Die Existenz deS Hansabundes wird übrigens weder gefährdet durch Reden wie die des Abg. Mayer noch durch Pfuirufe im Zirkus Busch.(Lebh. Zustimmung bei den Liberalen.) Nebenbei gesagt: Wenn der Herr Reichskanzler wieder einmal das Bedürfnis empfindet, ein Kolleg über guten Ton zu halten, so halte er es dem Bunde der Landwirtel(Leb- haste stürmische Zustimmung auf der gesamten Linken. Zuruf deS Abg. G o t h e i n: Bei den Wahlern erster Klaffe l Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Der Bund der Landwirte kann ein Kolleg über guten Ton vorzüglich gebrauchen: Der Bund der Landwirte, der den Abg. Bassermann zum Dank für seine großen Verdienste um daS Zustandekommen des Zolltarifs von 1992 durch einen Diederich Hahn  durch den Schmutz ziehen läßt!(Unruhe rechts, lebhaste wiederholte Zustimmung links.) Redner weist im ferneren Verlauf seiner Ausführungen auf die Reichsversicherungsordnung hin, die ein schwer zu bewältigendes Riesenwerk sei. Vor der KommissionSberatung könne einen Grausen packen, wenn man etwa von Paragraph zu Paragraph Abänderungs- antrüge vom Kollegen Stadthagen   ausführlich und tiefgründig be- gründet sich vorstelle.(Heiterkeit bei den Liberalen und rechts, Zu> rufe bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück verbreitet fich über Fragen der Handelspolitik und verwahrt die Reichsregierung gegen den Vorwurf, die Interessen der Exportindustrie beim Abschluß von Handelsverträgen nicht genügend gewahrt zu haben. Die all- genieine Entwickelung gehl dahin, daß jede Nation sich ihre eigene Industrie zu schaffen sucht. Die Nationen, die bisher auch ihre Rohprodukte für unsere Industrie zur Verfügung stellten, suchen jetzt diese Rohprodukte selbst zu verarbeiten. Aber eine Abkehr von unserer bewährten Schutzzollpolitik, unter der Industrie, Handel und Landwirtschaft emporgeblübt find, kann nicht in Betracht kommen. Ueber die künstigen Handelsverträge jetzt schon Betrachtungen an« bleiben Pflegen. Jedenfalls ist die Statue deshalb von hohem Wert, weil sie sichtlich als Porträt gearbeitet ist und eine im Ver- hältnis erstaunliche Kunst zeigt. Namentlich die Gesichtsbildung und die schwellenden Formen deS Rumpfes sind mit einem Versuch von Realismus ausgeführt, für die es ein Beispiel in der afrika  - nischen Kunst bisher nicht gegeben hat. Es ist Torday gelungen, dies wertvolle Stück nach Europa   zu bringen, angeblich ohne das Zartgefühl der bisherigen Besitzer zu verletzen. Cook als Erzieher. Es war durchaus kein Wunder, daß Cook in Amerika   zuerst bis zum Wahnwitz gefeiert und dann, nach der Rückentdeckung', in allen Tonarten verwünscht wurde. Das ist ein- fach amerikanisch. Aber ziemlich unamerikanisch mutet eS an, wenn jetzt einzelne Stimmen laut werden, die da meinen, man dürfe doch die gute Lehre nicht so ganz übersehen, die Cook der Welt erteilt habe. In einem Blatte, das in St. Louiö erscheint, spricht Professor WatkinS es mutig aus, daß der Nordpolsport längst eines Dämpfers bedurfte und daß eS recht gut war, wenn er auf so drastische Weise erfolgte.Ich habe nirgend gelesen," schreibt Walkins,daß irgend jemand an Cook die Frage gericktet hätte, wie sich denn die Magnetnadel am Pol und rundherum verhalten habe. Das mag eine Lücke in der Berichterstattung gewesen sein, aber sie war befremdend allseitig und lieferte mir von neuem den Beweis, was für Köpfen und Federn der Ruhm erfolgreicher Reisender anvertraut zu werden pflegt. Mir scheint, als spiele bei der heut gebräuchlichen Verhimmelnng gewisser Reiseforscher all- zuviel Geschäflseiser von anderer Seile mit, und es ist nur zu be» klagen, daß die maßgebenden gelehrten Körperschaften, die hier einen Einblick haben müßten, so viel zur Förderung des Tamtam und so gar nichts dagegen tun. Damit bängt die Beobachtung zu- sammen, daß die allgemeine Pflege der Erdkunde im Sinne der positiven Verbreitung guter geographischer KeMitnisse durchaus keine Fortschritte bei den zivilisierten Nationen macht. Am liebsten würde man die Hauptlehrstllhle überall mit berühmten Reisenden besetzen oder doch mit solchen Professoren, die in fremden Ländern mindestens fünf Kilo Tagebücher zusammengeschrieben haben. Das gibt natürlich ein Spezialisten- tum. mit dessen praktischen Lehrerfolgen, am Bedarf der Studierenden gemessen, unmöglich viel zu gewinnen ist. Um aber auf Mr. Cook und den Nordpol   zurückzukommen: der Mann hat ohne Zweifel daS Verdienst erworben, daß die Jagd nach diesem geo- graphischen Punkt nun für ein paar Jahre minder heftig und innlos betrieben wird. Schon längst könnten die äußersten arktischen Gegenden zuverlässiger erschlossen sein, wenn eS sich nicht ast immer um persönliche. Ruhmsucht und um ein rein sportliches Ziel gehandelt hätte. Wer imstande rst. einmal von der moralischen Seite des Falles abzusehen, wird einräumen milssen, daß Cook eine ziemliche GeisteSklarheit mit gutem Humor verband, als er die Menschheit von der Unkontrollierbarkeit dieses Wettlaufs überführte." 1 zustellen, würde unzweckmäßig sein. Wissen wir doch nicht, ob der einzige große Staat, der bisher noch am Freihandel fest» hält, bis dahin zum Schutzzoll übergegangen ist. Jetzt schon die Fragen zu erörtern, ob die Erhöhung einzelner Zollpofitionen, ob ein durchgängiger Doppeltarif mit Maximal- und Minimalsätzen sich empfiehlt, ist unangängig. Bis 1917 find unsere Zollsätze durch die Handelsverträge festgelegt. Die Forderung nach einem ReichSkartellgesetz ist leichter g e» st e l l t als durchgeführt; die Publizität, die man den Syndikaten auferlegen könnte, wird immer nur eine beschränkte sein können, schon mit Rücksicht auf das Ausland. Bei der Verschiedenheit der wirtschaftlichen Wirkungen der Syndikate sollte man mit einem Syndikatsgesetz»undestenS noch einige Jahre warten. Wohl könnte man gesetzgeberisch gegen ein einzelnes Syndikat wegen seiner besonderen schädlichen Wirkungen vorgehen. Herr Sttese-- mann forderte eine Beschleunigung der im vorigen Jahre vom Reichstage gewünschten Denkschrift über die Walzwerke. Aber ich trage Bedenken, Einzelheiten über diese Werke hier mitzuteilen, es könnte das perniziös(verderblich) für diese Werke sein. An einen Gesetzentwurf zur Regelung der Pensionsverhältnisse der Privatbeamten werden wir sofort herangehen, sobald die Reichs« versicherimgsordnung erledigt ist. Abg. Ärejski(Pole): In Deutschland  , insbesondere in Preußen. wird den Ausländern die wirtschaftliche Niederlassung erschwert, ja sogar am Studium auf Hochschulen werden sie vielfach gehindert I Wir verlangen deshalb eine gesetzliche Regelung deS Aufenthalts- rechts der Ausländer im Deutschen   Reiche, und zwar sollte baldigst ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt werden. Mau sucht die Berufsvereine an jedem Gebrauch der polnischen Sprache zu hindern. Auch die Gerichte verlassen sich vielfach einfach auf die Ausführungen des Polizcikommissars; so kommt eS, daß vielfach Berufsvereine als polttische Vereine erklärt werden! Wir müssen für die polnischen Berussorganisationen dieselbe Behandlung verlangen, wie sie die christlichen Berussorganisationen erfahren. Auch für die Landarbeiter verlangen wir das Koalitionsrecht. Im Interesse der Bergarbeiter fordern- wir vor ollem ein einhettliches Bergrecht für das ganze Reich; dieses Reichsberggesetz muß die geheime Abstimmung bei den Wahlen der Knappschafts  - ältesten bringen, sowie die Maximalarbeitszeit der unter Tage Be- schäftigten je nach den Verhält«, ssen von 68 Stunden. Natürlich werden wir auch der sozialdemokratischen Resolutton zustimmen, nach welcher für alle Stein- und Braunkohlen-, Erz« und Kali« bergwerke sowie fiir die Schiefer» und Tongruben die Arbeitszeit vom 1. Oktober 1919 ab nicht S'/z, vom 1. Oktober 1911 ab nicht 3 Stunden soll überschreiten dürfen. Wir selbst verlangen in einer weiteren Resolution einen Gesetzentwurf, durch welchen den Berg- arbeitern die Freizügigkeit und die Freiheit des Arbeitsvertrages ge« währleistet wird und paritätische ArbeitSnachweiSstellen errichtet werden. Die Resolution derKonservativen. die Graf Carmer so warm befürwortet hat, können wir nicht unterstützen; wir können den Arbeiterinnen in den Molkereien die ununterbrochene zehnstündige Arbeitszeit, die ihnen das Gesetz gewährt, nicht verkürzen. Abg. R»eseberg(Wirtsch. Vg.) betont, wie wertvoll die soziale Gesetzgebung sei. die von den Sozialdemokraten nicht genügend ge- würdigt werde. Der Redner klagt dann über daS Aufblühen der sozialdemokratischen Konsumvereine, durch welche viele Mittelstands» existenzen vernichtet werden, und jammert über die hohe Belastung deS Mittelstandes durch die Sozialpolitik, die nur für die Arbeiter sorge. Wenn die Regierung nicht helfend eingreife, müsse der Mittel» stand zugrunde gehen. Daraus vertagt sich daS Hau?. Persönlich bemerkt Abg. Dr. Meycr-Kausbeure»<Z.): Gegenüber dem Abg. Strese» mann mutz ich bestreiten, daß in oem von ihm zitierten Flugblatt gesagt ist, der Hansabund und daS Zentrum haben gleiche Wirtschaft» liche Anschauungen. Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Uhr.(Fortsetzung der Etats« beratung.) Schluß S Uhr. Hbgeordmtenhauö. (98. Sitzung. Mittwoch, den 23. Februar, vormittags 11 Uhr.) Am Ministerttsch: v. Moltke. Ein Gesetzeirtwurf, betreffend die Erweiterung deS Stadtkreises Magdeburg wird an die Gemeindekommission derwiesen. Es folgt die erste Beratung de« Gesetzentwurfs, betreffend Erweiterung deS Stadtkreises Spandau  . Abg. Lüdick«(freik.) begrüßt die Vorlage im Interesse der Stadt Spandau   und beantragt Ueberweifung an die Gemeindekommission. PariS   Peking   in neun Tagen. Jn-etwa zwei Jahren wird nun auch das zweite Gleis der sibirischen Bahn westlich vom Bailkasee vollendet fein. Schon jetzt ist von den beiden Eisenbahnstrecken durch die die Fahrt von St. Petersburg   nach Ostasien   verkürzt wird, die eine Linie (Perm Jelaterinenburg) soweit fertiggestellt, daß ein Probeverkehr statt» finden konnte, an der anderen Strecke(Tjumsn Omsk) wird zurzeit noch gebaut. Die neue Linie Perm Jelaterinenburg schafft, wie die Zeit- schritt des Vereins Deutscher Ingenieure berichtet, eine Verkürzung des Durchgangswcges von 196 Kilometer, durch die im Bau befiitd- liche wird eine solche von 162 Kilometer erreicht werden, so daß die Gesamtverkürzung, die bis 1912 fich ergeben wird, 263 Kilometer beträgt. Dazu wird nun in den folgenden Jahren eine weitere, ganz bedeutende Verkürzung des Schienenstranges treten, der Europa   mit Peking  , der Endstation, verbiudet. Heute geht die Strecke bekanntlich durch die Mandschurei  ; nun soll aber eine neue durch die Mongolei   geführt werden; ein kleiner Teil davon, die Strecke Peking   Kalgan  , ist bereits gebaut und ihre Fortführung bis zur mongolischen   Grenze geplant. Diese Mongoleibahn wird über Kjachta   gehen und fich bei der Station Myssowaja mit der sibirischen Eisenbahn vereinigen. Alle diese teils schon ausgeführten, zum Teil in Aussicht genommenen Neuerungen und Verkürzungen werden eS möglich machen, daß die künftigen direkten Züge Paris   Peking   etwa« über 9 Tage zu fahren haben werden, während die jetzige Reisezeit 14 Tage beträgt.' Notizen. Ein Künstlerporträt Bebel». Der Berliner Maler» Radierer Hermann Struck   hat im Verläge von Hugo Heller   u. Cie., Wien  , ein lebensgroßes Porträt Bebels, eine Originallithographie in 299 vom Künstler signierten uitd handschriftlich numerierten Ab» zügen hergestellt. Jedes Exemplar trägt außer der Unterschrist des Künstlers auch die eigenhäildige Unterschrift Bebels. Das Exemplar kostet 39 M, Eine Fabrik ohne Kohle. Selbst in solchen Fabriken, wo die Elektrizität durch Wasserkraft erzeugt wird, ist der Kohlen- verbrauch, teils um Neservemaschinen zu treiben, teils um Wasser in Dampf zu verwandeln, der bei der Fabrikation vieler Materialien unumgänglich ist, immer noch ziemlich stark. In Notodden   in Norwegen   befindet fich aber eine Nitratfabrik, in der die Ber- Wendung von Kohlen vollständig ausgeschaltet ist. Die aus einem gewaltigen Wasserfall verwandte Kraft, die die elektrischen Motore in Bewegung setzt, wird auch bei der Heizung im Großen und bei den zahlreichen Verdampfungsprozessen verwandt. Die aus den elektrischen Oefen strömenden heiße» Gase werden unter große Wasserkessel geleitet, wo sie die Stelle des Kohlenfeuers vertreten. Die Fabrik rühmt sich, seit neun Jahren ohne ein Kilo Steinkohle gearbeitet zu haben.